Voss | Im Eis | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Voss Im Eis


1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-96629-313-6
Verlag: Verlag Torsten Low
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

ISBN: 978-3-96629-313-6
Verlag: Verlag Torsten Low
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Amelie Fischer ist Professorin am Institut für Ethnologie in Hamburg und weiß alles über die dritte deutsche Polarexpedition 1878 zum Nordpol. Das denkt sie jedenfalls, bis ihr ein Dachbodenfund in die Hände gespielt wird. Nicht die Entdeckung einer eisfreien Passage, nicht die Erforschung des ewigen Eises war das eigentliche Ziel, sondern ein Schiff namens »Sirene« sicher ins Eis zu geleiten. Je mehr sie herausfindet, umso geheimnisvoller erscheint die Expedition in der Nachbetrachtung. Und als sie beschließt, selbst eine Gruppe von Wissenschaftlern in den Nord-Osten Grönlands zu führen, um die Sirene zu bergen, bringt sie ihr Leben in Gefahr ... »Im Eis« ist die deutsche Antwort auf Dan Simmons' »Terror«: dunkel, spannend und atmosphärisch dicht. Nicht ausgeschlossen, dass dem Leser heiß UND eiskalt wird. Creepy Creatures Reviews Vincent Voss spielt auf der Klaviatur des Horrors wie kaum ein Zweiter. Selbst Alltägliches mutiert bei ihm zu einer Allegorie des Grauens. Meisterhaft! Thomas Finn

Nach seinem Abitur an »der grünen Schule« hat Vincent Voss allerorts verlauten lassen, er werde Schriftsteller. Ein halbes Jahr und ca. 70 Manuskriptseiten auf einer elektronischen Schreibmaschine später hat er dann eingesehen, dass man davon nicht leben kann und erst einmal etwas Vernünftiges unternommen. Eine Reise nach Südostasien. 2008 hat Vincent Voss eher zufällig wieder mit dem Schreiben begonnen, ein Internetforum rief zu einem Schreibwettbewerb auf und seine Geschichte wurde entweder in den höchsten Tönen gelobt oder total verrissen. 2009 nahm er dann gleich an mehreren Ausschreibungen teil und die ersten Veröffentlichungen in Kurzgeschichtenbänden folgten. Mittlerweile hat Vincent Voss mehrere Romane und knapp 50 Kurzgeschichten veröffentlicht. Er wünscht seinen Lesern für dieses Buch ein unangenehmes Gruseln und einen feinen Sinn für Humor.

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  III     28. März 1878: 60° 45' nördliche Breite; 2° 4,3' westliche Länge; 8 Knoten, Nordost bei 42 Faden Tiefe, steiniger Grund Tümmler. Dr. Weber hatte eine Schule Tümmler gesichtet, die uns steuerbord in einem Abstand von einhundert Metern und manchmal sogar darunter folgten. Ein schöner Anblick, wie sich die glänzenden Körper aus der Gischt erheben, in der Luft liegen, um dann wieder einzutauchen, ohne dass dabei Wasser aufspritzt. »Elegant wie die Teutonia!«, rief ich Heinrich zu, der backbord neben uns unter vollen Segeln fuhr. »Eher wie die Morgenröte!«, antwortete er nicht minder laut, und die Männer an Deck lieferten sich nun über das Wasser hinweg eifrige Wortgefechte. Dr. Weber holte sich indes meine Erlaubnis ein, die Tiere jagen zu dürfen, und ich erteilte sie ihm. Durch das Fernglas beobachteten die Wissenschaftler die Schule und machten in ihr ein einzelnes männliches Tier aus, auf das sie anlegten. Wir sprachen uns mit Heinrichs Mannschaft ab und sie gewährten uns den ersten Schuss auf das Tier. Ich glaube, es war Dr. Webers Schuss, der traf. Jedenfalls trieb das Tier obenauf und wir holten es ein. Ein geschlechtsreifer Bulle, der, nachdem die Wissenschaftler ihre Untersuchungen vorgenommen haben würden, uns leckeren Speck und Gulasch einbringen würde, wie uns unser Smutje versicherte. Danach verließ uns die Herde. Auf einen weiteren Jagderfolg verzichteten wir also.   Ergänzung aus dem dritten Tagebuch Wir fuhren weiter unter Segel Kurs Nord-Nord-West und Fritz sichtete alsbald die Segel der dickbauchigen Sirene, die uns auf ihrem Kurs kreuzen würde. Das wunderte sowohl Heinrich als auch mich. Wir hatten die Sirene bewusst mit Abstand hinter uns gelassen und wollten bei gleichbleibendem Wind die Segel runternehmen, damit sie bis zum Abend aufschließen konnte. Dass sie nun vor uns fuhr, konnten wir uns beide nicht erklären. Und auch der navigationskundige Rest der Besatzung nicht, so dass unverzüglich das Gerede wie die Pest um ging, das man landläufig Seemannsgarn nannte. Heinrich und ich verbaten es uns ausdrücklich, und glücklicherweise sprangen uns die Herren Gelehrten bei, die allerhand wissenschaftliche Erklärungen auffuhren. Unter uns; sicherlich fabulierten hier auch einige ins Blaue hinein, aber immerhin beruhigte sich dadurch die Besatzung, und ein unterseeischer Strom, der ein Schiff über mehrere Seemeilen beschleunigte, war nicht nur denkbar, sondern auch tatsächlich möglich. Statt uns zu kreuzen, ging die Sirene dann auf Kurs, als wüsste sie unser Ziel, und anstatt die Segel herunterzunehmen, ließen wir sie voll aufziehen, um die Sirene einzuholen. Sowohl Heinrich als auch ich standen auf der Brücke und beschlossen mit Braun ein ernstes Wort zu sprechen, denn es war ausgemacht, dass die Sirene uns folgen und nicht überholen sollte. An seinem Blick und meinem Gefühl machte ich unser Unbehagen aus. Sicher konnte eine Strömung das Schiff an uns vorbeigetragen haben, aber wir hätten sie sichten müssen, denn sowohl die Teutonia als auch die Morgenröte hatten den Ausguck besetzt. Gewiss ist manches Mal einer der Matrosen schläfrig und schludert etwas auf offener See, aber dass zwei Männer sich gleichzeitig irrten, ist mir noch nicht vorgekommen. Und die Segel der Sirene hätten auch irgendjemandem an Deck auffallen müssen. Es war und blieb also sonderbar und auch für Heinrich und mich, trotz aller Versuche, nicht wirklich erklärbar. Doch was dann geschehen sollte, wunderte uns weitaus mehr, und ich will gestehen, es war auch das erste Mal, dass ich so etwas wie Angst verspürte. Max und Dr. Westermann wurden als erste darauf aufmerksam und ich sah von der Brücke aus, wie sie den anderen etwas zuriefen. Bald hatten sich alle am Klüvernetz versammelt, stakten mit Harpunen ins Wasser, warfen Eimer ins Meer und holten sie an Seilen wieder heraus, um dann den Fang zu überprüfen. Als mich die ersten hilfesuchenden Blicke Dr. Westermanns trafen, wusste ich, es war kein gewöhnlicher Fang. Währenddessen zogen die Männer den kopflosen Kadaver eines Tümmlers an Bord, dazu hatten sie mit einigen Eimern Teile eines Tümmlers gefangen, die sie nun an Deck mit dem Wasser ausgossen. Rückenflossen, Innereien, Haut- und Fleischfetzen. »Dat sünn ma Schlachtabfälle, so sühd dat ut«, stellte Fiete fest. Schweigend standen wir um die Kadaverreste, während Dr. Westermann und Max noch an der Reling hantierten. Fragende Blicke ruhten auf mir und ich hob den Blick auf das Meer hinaus und sah weitere Teile, ganze Leiber toter Tümmler an uns vorbeitreiben. Und am Horizont die Sirene, die unter vollen Segeln vorweg fuhr. Es war naheliegend, dass die toten Tiere von ihr stammten. Als Abfall. Jedoch stellte sich mir die Frage, warum sie die Tiere getötet hatten. »Seht euch das an!«, empörte sich in diesem Augenblick Dr. Westermann und wir gingen an die Reling Steuerbord, um zu sehen, was ihn so wütend werden ließ. Ein weiterer Tümmler, der im Wasser taumelte. »Die Augen! Irgendwer hat ihm die Augen ausgestochen und es gezielt auf die Lungen abgesehen. Da! Und da! Das sieht nach gezielten Stichen aus. Jeder, der sich mit Fangmethoden auskennt weiß, dass man so kein Tier tötet, sondern nur verwundet und es elendig leiden muss!« »Wer mokt denn sowat?«, wollte Fiete wissen und ich weiß, er brachte sein Ansinnen rein rhetorisch hervor, denn auf den Kopf gefallen war der Matrose mit Sicherheit nicht. Er wusste sehr genau, wer im Verdacht für diese Untat stand; die Sirene und allen voran Kapitän Braun. Unter Anleitung des eifrigen und empörten Dr. Westermann wurden wir aller Teile der getöteten Tümmler habhaft, die in unsere Reichweite trieben. Wir kamen auf sieben getötete Tiere, waren uns aber sicher, dass es wohl weit mehr sein mussten. Ein Tier, dem sämtliche Flossen abgetrennt worden waren, fanden wir etwas später. Wir holten es an Bord und die Männer hatten Mitleid mit dem Tier, glaubten in seinem Blick einen stummen Hilfeschrei nach Erlösung zu sehen und waren froh, als Erich, unser Smutje, das Tier mit einem Stich erlöste und ausbluten ließ, um das verwertbare Fleisch zu retten. »Davon ess’ ich nix«, murrte jemand aus der zweiten Reihe. »Dann kannst du verhungern«, antwortete ich knapp in die Runde. »Dr. Westermann, bitte nehmen Sie sich für Ihre Untersuchungen, was Sie brauchen, und der Rest geht zurück über Bord. Wer immer dafür verantwortlich ist und dafür keine hinreichende Erklärung hat; Gott und das Meer werden ihn richten. Und nun geht jeder seiner Arbeit nach, hier gibt es nichts weiter zu sehen!« Ich löste die ängstliche Gesellschaft auf.   Das Kommando übergab ich Wilhelm und ging unter Deck in den Raum, den wir zur See Fahrenden nur ›das Labor‹ nannten und der den Wissenschaftlern für ihre Arbeit vorbehalten war. Er lag direkt neben der Messe. Man musste zwei Schritte eine Treppe hinab. Ich hatte schon beobachtet, dass die Plätze in der Nähe des Labors bei den Männern eher unbeliebt waren, angeblich, weil es dort manchmal sonderbar roch. Und in der Tat, so war es auch. Manchmal roch es dort verbrannt oder leicht nach Schwefel, aber die Wissenschaftler hatten mir versichert, dass keinerlei Gefahr von den Dünsten ausging. Ich klopfte an und trat ein, Dr. Westermann und unser Meeresbiologe Herr Hagen Leupertz standen um den festverschraubten großen Arbeitstisch in der Mitte herum und begutachteten die Leichenteile der Tiere. Westermann sichtete mit einer Lupe, während Leupertz die Wunden mit Hilfe medizinischen Werkzeugs offenlegte. »Die Tiere sind nicht einfach getötet, sie sind gequält und beinahe hingerichtet worden, Kapitän Werkmeister«, eröffnete Dr. Westermann das Gespräch und sah auf. Leupertz nickte. Auch im Gesicht des Biologen sah ich Abscheu und Verachtung. »Verstehe«, antwortete ich und umrundete den Tisch, um mir einen ganzheitlichen Eindruck verschaffen zu können. Schnittwunden, aber vor allem tiefe Wunden mit zerfetzten Wundrändern. »Schätze, die haben noch gelebt, Kapitän«, sagte Leupertz und zeigte mir eine Wunde, als ich bei ihm stand. »Die Wunden sind voller Blut, da hat das Herz noch gepumpt«, erklärte er. Ich nickte und umrundete den großen Arbeitstisch, begutachtete die Tierkadaver. »Und gibt es dafür eine Erklärung, die Ihnen einfällt?«, wollte ich von den beiden wissen. Leupertz und Dr. Westermann sahen sich lange an, ehe Dr. Westermann zu einer Antwort fand. »Ich muss gestehen, Kapitän, etwas Gescheites will uns dazu nicht einfallen, außer …« Er ließ seinen Blick über den Arbeitstisch schweifen. »Nur Mut, Doktor«, ermunterte ich ihn zu einem offenen Wort. »… außer jemand wollte die Tiere mit Absicht quälen«, schloss er seinen Bericht. Ich hatte den Tisch beinahe umrundet, prägte mir alle Einzelheiten ein und dachte über das Gesagte nach. Für mich lag auf der Hand, wer die Tiere so zugerichtet hatte, jedoch suchte ich nach einer anderen Plausibilität in dem Massentod der Tiere. Erst hatte ich noch auf einen Unfall gehofft, aber gerade die tiefen Wunden mit den ausgefransten Wundrändern passten auf kein nautisches Werkzeug, das sie versehentlich hätte verursachen können. Es sah eher so aus, als hätte ein Wahnsinniger mit einem gezackten Löffel bis auf die Knochen der Tümmler das Fleisch aus deren Leibern geschabt. Es gab immer mal wieder einen, dem es Vergnügen bereitete, Tiere zu quälen, aber der Kapitän hätte dies sofort unterbinden müssen. Das hatte er offensichtlich nicht getan. »Vielen Dank für Ihre Beurteilung«, bedankte ich mich und verließ das Labor.   02. April 1878:...



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