Vollmeyer / Fricke | Die eigene Haut retten | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 136 Seiten

Reihe: BALANCE Ratgeber

Vollmeyer / Fricke Die eigene Haut retten

Hilfe bei Skin-Picking
4. Auflage 2021
ISBN: 978-3-86739-279-2
Verlag: BALANCE Buch + Medien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Hilfe bei Skin-Picking

E-Book, Deutsch, 136 Seiten

Reihe: BALANCE Ratgeber

ISBN: 978-3-86739-279-2
Verlag: BALANCE Buch + Medien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dieses Buch erklärt, was Skin Picking (auch Dermatillomanie genannt) ist und was zu dieser Erkrankung führen kann. Die Autorinnen verknüpfen dazu das vorhandene Fachwissen mit den Erfahrungen der Selbsthilfe und stellen Betroffenen Techniken vor, um weniger zu kratzen oder den Schaden möglichst gering zu halten. Angehörige erhalten Tipps, wie sie konstruktiv mit Skin Picking umgehen können. Außerdem können Hautärzt*innen und Psychotherapeut*innen ihr Wissen über diese gar nicht so seltene Erkrankung erweitern.

Katharina Vollmeyer studierte Soziologie und Amerikanistik mit dem Schwerpunkt Gender Studies und Körpersoziologie. Im Rahmen ihrer Magisterarbeit stieß sie auf das Thema Dermatillomanie. Sie arbeitet als Presse-Referentin in einer Stiftung in Hamburg.
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Weitere Infos & Material


Die Störung hat endlich einen Namen 7
Skin Picking – was ist das? 11
Zunächst ein paar Zahlen 11
Beschreibung der Erkrankung 14
Auslöser 17
Negative Folgen von Skin Picking 22
Wie Psychologinnen und Ärzte die Krankheit beschreiben 36
Abgrenzung von alltäglichen Gewohnheiten 38
Abgrenzung von ähnlichen Erkrankungen 41
Die Haut ist der Spiegel der Seele: Hintergründe 48
Ursachen von Skin Picking 48
Der Beginn der Erkrankung 61
Warum 'einfach aufhören' nicht funktioniert 63
Sich in der eigenen Haut wohlfühlen: Was Sie selbst tun können 67
Grundlegende Veränderungen für ein besseres Lebensgefühl 68
Techniken zur Bewältigung von Skin Picking-Episoden 74
Pflege der Haut 84
Umgang mit schlechteren Phasen und Rückfällen 92
Die eigene Haut retten: Sich professionelle Hilfe suchen 98
Verhaltenstherapie 99
Behandlung der Haut 108
Vertraute Personen einbeziehen 114
Wie vertraute Personen helfen können 116
Umgang mit unerwünschter Hilfe 118
Hinweise für vertraute Personen 121
Noch ein paar Worte zum Schluss 127
Dank 128
Adressen und Literaturempfehlungen 129
Informationen und Erfahrungsberichte zum Thema Skin Picking 129
Informationen zu anderen Themen 130
Im Buch verwendete Literatur 130


Skin Picking – was ist das?


Von Skin Picking betroffene Personen berühren, reiben, kratzen oder quetschen Hautstellen. Sie folgen dabei einem starken inneren Drang, dem sie kaum Widerstand entgegensetzen können. Das Bearbeiten der Haut führt in der Regel zu beachtlichen Gewebeschäden und Schmerzen sowie zu großem Schamgefühl und starker Selbstabwertung. Darüber hinaus bedeutet die Erkrankung meist eine starke Beeinträchtigung im beruflichen und privaten Alltag.

In diesem Kapitel wollen wir Sie erst einmal damit vertraut machen, was genau unter der Erkrankung Skin Picking zu verstehen ist. Wir nennen Ihnen dazu zunächst ein paar Zahlen, beschreiben die Erkrankung näher und erläutern, welche negativen Folgen Skin Picking mit sich bringt. Des Weiteren behandeln wir die diagnostische Einordnung von Skin Picking, die Abgrenzung von alltäglichen Gewohnheiten und von ähnlichen Erkrankungen. Am Schluss fassen wir noch einmal das Wichtigste zusammen.

Zunächst ein paar Zahlen


Skin Picking kommt häufiger vor, als man denkt. Trotzdem ist die Erkrankung bisher weitgehend unbekannt. Statistiken, empirische Daten und Zahlen sind daher noch recht rar und die folgenden Angaben zur Häufigkeit nur als ungefähre Schätzungen zu verstehen. Außerdem liegen erst seit kurzer Zeit einheitliche Kriterien vor, um genau feststellen zu können, wann jemand unter Skin Picking leidet und wann nicht. Davor mussten Forscher eigene Definitionen für ihre Untersuchungen entwickeln, die sich zum Teil unterschieden, was sich auf die Vergleichbarkeit der Zahlen auswirkte. Erst für die Zukunft sind daher zuverlässigere Daten zu erwarten, weil es erst jetzt diese einheitliche Definition gibt (zur diagnostischen Einordnung siehe S. 36 ff.). Trotz dieser Einschränkungen liefern auch die vorläufigen Daten Hinweise, wie häufig Skin Picking ist.

Bei einer telefonischen Umfrage, die Nancy KEUTHEN mit ihrer Forschergruppe (2010) durchführte, gaben 1,4 % der über 2.500 befragten erwachsenen Amerikanerinnen und Amerikaner an, dass sie übermäßig ihre Haut bearbeiten und deswegen aktuell sehr belastet oder in wichtigen Lebensbereichen beeinträchtigt sind. 10 % (= 251 der Befragten) sagten, dass sie zumindest einmal in ihrem Leben so stark ihre Haut bearbeitet hatten, dass Hautverletzungen entstanden waren. Von diesen 251 Personen wiederum gaben 12 % an, dass sie dadurch sehr belastet waren. Knapp 5 % äußerten sogar, dass sie deswegen wichtige Aufgaben nicht wahrnehmen konnten. HAYES und Mitarbeitende (2009) fanden in ihrer Untersuchung ähnlich hohe Zahlen. Hier litten ca. 5 % (= 19 von 354 befragten Amerikanern) unter Skin Picking.

Neben diesen beiden Untersuchungen an US-Bürgerinnen und -Bürgern aus der Normalbevölkerung gibt es weitere Untersuchungen, in denen spezielle Gruppen befragt wurden, beispielsweise Psychologiestudentinnen und -studenten: 5 % aller deutschen Psychologiestudenten sind von behandlungsbedürftigem Skin Picking betroffen, wie Antje Bohne und ihre Kollegen herausfanden (2002). Ähnlich sind die Ergebnisse für amerikanische Psychologiestudenten, nämlich 4 % Betroffene (KEUTHEN und andere 2000). Außerdem sollen 2 % aller Hautarztpatienten unter Dermatillomanie leiden, wie GRIESEMER bereits 1978 feststellte.

Skin Picking tritt auch in Kombination mit anderen psychiatrischen Erkrankungen auf: 8 % aller erwachsenen Zwangskranken und 13 % aller zwangskranken Kinder und Jugendlichen leiden gleichzeitig an Skin Picking (GRANT u. a. 2006 und 2010). Besonders betroffen sind Menschen mit einer körperdysmorphen Störung. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung, bei der sich Betroffene sehr stark mit einem (scheinbaren) äußerlichen Makel beschäftigen, der für Außenstehende gar nicht oder kaum erkennbar ist (siehe »Abgrenzung von ähnlichen Erkrankungen«). Ungefähr ein Drittel dieser Menschen sind gleichzeitig an Skin Picking erkrankt (GRANT u. a. 2006).

Dass Skin Picking gar nicht so selten ist, spiegelt sich mittlerweile sehr deutlich im Internet wider. Es gibt etliche Plattformen zum Thema, Bloggerinnen, die sich offen zu ihrer Erkrankung äußern und Tipps geben, auch auf YouTube wird das Problem thematisiert. Es gibt Interviews, Berichte von Betroffenen, Austausch mit Leidensgenossinnen.

Unter den Betroffenen überwiegen klar die Frauen. Je nach Untersuchung beträgt der Frauenanteil 60 bis 90 %. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass der Männeranteil unterschätzt wird, da Männer im Allgemeinen seltener psychologische Hilfe in Anspruch nehmen als Frauen.

Die Erkrankung kann zu jeder Zeit auftreten, entwickelt sich jedoch besonders häufig in der späten Kindheit oder frühen Jugend, wie mehrere Untersuchungen belegen (z. B. FLESSNER & WOODS 2006 sowie WILHELM u. a. 1999). Nicht selten besteht am Anfang ein Zusammenhang mit Akne. Neben den seit Kindheit und Jugend Betroffenen gibt es eine zweite Gruppe, bei denen behandlungsbedürftiges Skin Picking zwischen 30 und 45 Jahren beginnt (GRANT & ODLAUG 2010).

Die Erkrankung ist nicht immer gleich präsent. Viele Betroffene berichten von guten und von schlechten Zeiten mit schwächerem und stärkerem Skin Picking. Manche erleben auch symptomfreie Zeiträume, wenn es ihnen richtig gut geht. Wird Skin Picking nicht behandelt, so besteht das Risiko, dass die Erkrankung chronisch wird. Zumindest dauert es oft viele Jahre, bis sich jemand aufgrund von Skin Picking in psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung begibt, und nur schätzungsweise knapp die Hälfte der Betroffenen nimmt überhaupt eine solche Behandlung in Anspruch. Grund hierfür ist häufig, dass sie sich schämen oder nicht wissen, dass die Erkrankung behandelt werden kann. Fachleute wiederum fragen oft nicht nach, ob jemand unter Skin Picking leidet, weil sie die Erkrankung einfach nicht kennen.

Beschreibung der Erkrankung


Skin Picking ist ein sehr vielgestaltiges Krankheitsbild: Die Art und Weise, wie die Haut bearbeitet wird, die darum herum stattfindenden Rituale und Verhaltensweisen, die Auslöser im Vorfeld und die Folgen können von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein. Wir möchten Ihnen daher im Folgenden einen Eindruck von der Erkrankung und ihren vielfältigen Erscheinungsformen geben.

CHARLOTTE* » Ich bin in der Regel eine Stunde am Tag damit beschäftigt, meine Haut zu zerstören. Am meisten bearbeite ich mein Gesicht, ein wenig die rechte und linke Halspartie, den Nacken, das Dekolleté, meinen Rücken, die Oberarme und meinen Po. Manchmal die Kopfhaut. Im Gesicht knibbel ich mit beiden Händen vor dem Spiegel. Die anderen Stellen bearbeite ich in der Regel mit einer Hand, wenn ich z. B. am Schreibtisch oder auf der Couch sitze.

Das beginnt morgens im Bett, da sucht meine Hand schon nach Stellen, wo eine kleine Kruste abgezogen werden kann. Bin ich dann im Bad, kontrolliere ich mein Gesicht und finde meist auch ein paar Stellen, an denen ich mit beiden Händen herumdrücke. Während der Arbeit bin ich dann an der einen oder anderen Stelle noch mal dran. In der Mittagspause auch ein wenig. Dann sitze ich z. B. am Computer und kratze an meinem Rücken oder an den Oberarmen. Abends ist es am schlimmsten, weil ich dann nicht mehr aus dem Haus muss und ungeschminkt bleiben kann. Ich knibbele, drücke und ziehe kleine Hautfetzen ab. Vor dem Spiegel vergesse ich völlig die Zeit und bearbeite am Ende wieder die Hautstellen, mit denen ich angefangen habe. «

Viele Menschen, die nur gelegentlich an ihrer Haut »herumpulen«, können sich gar nicht vorstellen, dass es Menschen gibt, für die dieses »Herumpulen« keineswegs eine harmlose Angewohnheit, sondern ein großes Problem ist. Die Erkrankung Skin Picking ist mit alltäglichem Knibbeln und Kratzen nicht zu vergleichen: Sie nimmt sehr viel Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch, sie ist für Betroffene sehr belastend und führt oft zu starken Beeinträchtigungen im Alltag.

Sie knibbeln und pulen, kratzen, reiben, drücken oder quetschen ihre Haut. Sie folgen einem unwiderstehlichen Drang, dem sie kaum Widerstand entgegensetzen können. Dieser Drang ist ein wichtiges Merkmal der Erkrankung, er ist gewissermaßen untrennbar mit der Erkrankung verknüpft. Es ist, als ob das Denken aussetzt: Die Betroffenen schalten ab und geben sich völlig dem Bearbeiten der Haut hin. Warnende und rationale Gedanken sind in diesem Moment weitgehend machtlos, Gedanken an die negativen Konsequenzen existieren entweder nicht oder werden beiseitegeschoben und ignoriert. Erst wenn der ekstatische Schub nachlässt, findet eine Rückkehr in die Realität statt und auf das Getane wird meist mit Reue und Schuldgefühlen zurückgeblickt.

Bei den bearbeiteten Hautstellen handelt es sich vorwiegend um Hautunreinheiten wie Pickel oder Mitesser. Es können aber auch Insektenstiche, Entzündungen, Wunden, Narben oder Muttermale sein. Teilweise wird auch gesunde Haut bearbeitet. In der Regel ist nicht nur eine Hautpartie betroffen, sondern es gibt mehrere Bereiche, die bearbeitet werden. Am häufigsten betroffen ist das Gesicht, weil es leicht zu erreichen ist. Im Prinzip können aber alle Bereiche der Haut betroffen sein. Meist werden die Fingernägel oder Fingerspitzen verwendet, es werden aber auch Hilfsmittel wie Pinzetten, Nadeln oder andere spitze Gegenstände benutzt.

EMMA » Bin ich zu Hause...


Fricke, Susanne
PD Dr. Susanne Fricke arbeitet als Psychologische Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie) und Supervisorin in eigener Praxis und ist seit vielen Jahren auf die Behandlung von Zwangserkrankungen spezialisiert.

Vollmeyer, Katharina
Katharina Vollmeyer studierte Soziologie und Amerikanistik mit dem Schwerpunkt Gender Studies und Körpersoziologie. Im Rahmen ihrer Magisterarbeit stieß sie auf das Thema Dermatillomanie. Sie arbeitet als Presse-Referentin in einer Stiftung in Hamburg.

Katharina Vollmeyer studierte Soziologie und Amerikanistik mit dem Schwerpunkt Gender Studies und Körpersoziologie. Im Rahmen ihrer Magisterarbeit stieß sie auf das Thema Dermatillomanie. Sie arbeitet als Presse-Referentin in einer Stiftung in Hamburg.
PD Dr. Susanne Fricke arbeitet als Psychologische Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie) und Supervisorin in eigener Praxis und ist seit vielen Jahren auf die Behandlung von Zwangserkrankungen spezialisiert.



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