Vogel | Nachtsplitter | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

Reihe: dtv- pocket

Vogel Nachtsplitter

Roman
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-423-40752-6
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

Reihe: dtv- pocket

ISBN: 978-3-423-40752-6
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein Filmriss mit fatalen Folgen Eigentlich wollte Jenny beim Rockfestival nur ein bisschen Spaß mit ihren Freunden haben. Doch dann wacht sie mitten in der Nacht halbnackt in einem fremden Auto auf - und kann sich an nichts erinnern. Was ist passiert? Und gibt es irgendeinen Zusammenhang mit dem tödlichen Unfall, der sich auf der angrenzenden Autobahn ereignet hat? Als Jenny nachforscht, kommt die ganze schreckliche Wahrheit ans Licht.   Aus der Reihe >dtv pocket crime<

Maja von Vogel wurde 1973 geboren und wuchs im Emsland auf. Sie studierte Deutsch und Französisch, lebte ein Jahr in Paris und arbeitete als Lektorin in einem Kinderbuchverlag, bevor sie sich mit großem Erfolg als Autorin und Übersetzerin selbstständig machte.
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3


»Da seid ihr ja endlich!«

Markus lehnte am Schlagbaum, der den Beginn des Festivalgeländes markierte. Er schnippte seine Zigarette in den Sand und kam auf uns zu. Er trug das dunkelbraune -Tour-T-Shirt, das ich ihm als Erinnerung an unser erstes gemeinsames Konzert zum Geburtstag geschenkt hatte, und seine löchrige Lieblingsjeans. Seine Augen lächelten, als er mich sah, und ich bekam nun doch noch ein schlechtes Gewissen. Er war kein bisschen sauer, weil ich ihn hatte warten lassen. Wie immer.

Ich bremste und stieg vom Rad. »Sorry, ist etwas später geworden.«

»Wir mussten uns erst noch hübsch machen.« Pia kicherte.

Markus stand jetzt direkt vor mir. Er strich mir eine leicht verschwitzte Haarsträhne aus der Stirn und fuhr mit dem Finger meinen Hals entlang. »Du siehst toll aus.« Er küsste mich. Es schmeckte nach Tabak und Pfefferminzkaugummi. So vertraut und doch irgendwie schal. Seit wann eigentlich?

Sein Mund hatte mir gleich gefallen. Er war ziemlich groß, mit prallen, sanft geschwungenen Lippen. Der ideale Kussmund, hatte ich gedacht, als ich Markus zum ersten Mal ins Gesicht sah. Das war vor einem Dreivierteljahr auf einem Konzert im Alten Schlachthof gewesen. Rock und Punk von verschiedenen Newcomer-Bands. Die meisten ziemlich schlecht, es war kein besonders toller Abend gewesen. Pia und ich wollten gerade gehen, als Markus mich anrempelte. Sein Bier schwappte auf meine Jeans. Ich war ziemlich sauer. Er entschuldigte sich ungefähr tausendmal und bestand darauf, mir und Pia als Entschädigung etwas zu trinken auszugeben. Ich hatte eigentlich keine Lust, aber Pia war sofort Feuer und Flamme. Kein Wunder, Markus passt genau in ihr Beuteschema. Groß, blonde Wuschelhaare, Koteletten, Dreitagebart. Und dann noch der Kussmund und seine tollen blauen Augen. Wenn er einen damit ansieht, ist das, als würde einem die Sonne ins Gesicht scheinen. Warm, angenehm, einfach ein rundum gutes Gefühl.

Pia baggerte Markus nach allen Regeln der Kunst an, während ich etwas gelangweilt danebenstand. Aber er ging überhaupt nicht darauf ein. Er schien immun gegen Pias Charme zu sein und das kommt wirklich nicht oft vor. Statt mit meiner besten Freundin zu flirten, wollte er wissen, was ich für Musik höre. So fing alles an.

»Ihr habt noch nichts verpasst«, sagte Markus. Seine Hand lag auf meiner Hüfte. »Die erste Band hat gerade erst angefangen.«

»Na dann, nichts wie rein ins Vergnügen!« Pia marschierte sofort los.

Wir schoben unsere Fahrräder ein Stück den Sandweg entlang, lehnten sie an einen Baum und ketteten sie aneinander. Der Wald war voller Fahrräder, sie standen überall herum wie die Objekte eines seltsamen Kunstprojekts.

Der Festivalplatz war erst zur Hälfte gefüllt. Vor der Bühne hatte sich ein kleiner Pulk gebildet, vermutlich eingefleischte Fans der Band, die sich dort gerade abmühte. Sie spielten Coverversionen von AC/DC und das nicht einmal schlecht. Trotzdem kam keine richtige Stimmung auf. Die meisten Besucher warteten auf die Haupt-Acts des Abends und hielten sich bis dahin in der Nähe der Getränkebuden auf.

»Wollt ihr was trinken?«, fragte Markus über die Musik hinweg. Sein Arm lag locker auf meinen Schultern, während wir über den Platz schlenderten. Ich unterdrückte den Impuls, ihn abzuschütteln.

Anfangs hatte mir das gefallen. Händchen halten, Arm in Arm durch die Gegend laufen, eng aneinandergeschmiegt, sodass jeder sehen kann, dass man zusammengehört. Zu zweit sein, nicht mehr allein. In Sicherheit. Jetzt nervte mich dieses Beziehungsgetue immer öfter. Vielleicht machte mich zu viel Nähe einfach aggressiv.

»Für mich ein Bier«, sagte Pia.

»Okay.« Markus nahm den Arm von meiner Schulter und ich atmete sofort wieder freier. »Und für dich?«

»Dasselbe.«

Er verschwand zwischen den Leuten, die den nächstgelegenen Getränkestand umlagerten. Die Sommernacht senkte sich sanft über den Platz. AC/DC schepperte aus den Boxen. Es roch nach Fichtennadeln, trockener Erde und Gras. Nach der langen Hitzeperiode war der Boden hart und rissig. Ein dünner Staubfilm hatte sich auf meine Chucks gelegt. Selbst die hohen Fichten, die den Platz umgaben, sahen grau aus. Irgendwo hinter den Bäumen lag der See. Plötzlich sehnte ich mich nach seinem kühlen, klaren Wasser, das alles abwaschen würde. Den Staub, die leicht melancholische Stimmung, die mich gerade überkam, und den schalen Nachgeschmack von Markus' Kuss.

»Mann, hier ist ja noch überhaupt nichts los«, stellte ich fest.

Die angenehme Benommenheit vom Sekt, die ich zu Hause noch gespürt hatte, war verflogen. Der Fahrtwind hatte sie aus meinem Kopf gepustet. Ich freute mich auf ein kühles Bier.

Pia nickte. »Und die Band ist auch scheiße. Siehst du irgendwen?« Sie schaute sich suchend um.

Ich schüttelte den Kopf. Lauter unbekannte Gesichter leuchteten mir aus dem Blau der Nacht entgegen. Dabei war bestimmt unsere halbe Schule hier.

»Shit!« Pia duckte sich plötzlich und suchte hinter mir Deckung.

»Was ist denn?«

»Da vorne ist Paul mit seinen Kumpels«, zischte Pia. »Sie kommen direkt auf uns zu. Lass uns abhauen!« Sie griff nach meinem Arm und zerrte mich auf die andere Seite des Getränkestands.

Ich machte mich mit einer schnellen Bewegung los. »Was soll das?«

»Puh, das war knapp.« Pia tat so, als wäre sie gerade einem Killer-Kommando entwischt. »Wenn Paul mich sieht, werde ich ihn bestimmt den ganzen Abend nicht mehr los. Der Typ ist die reinste Klette. Darauf hab ich echt keine Lust.«

»Willst du jetzt etwa ständig vor ihm weglaufen?«, fragte ich. »Das ist doch albern!«

»Nur so lange, bis er checkt, dass ich nichts von ihm will.«

»Warum redest du nicht einfach Klartext mit ihm? Das wäre wesentlich einfacher, als jedes Mal die Flucht zu ergreifen, wenn er irgendwo auftaucht.«

»Hey, ist das da hinten nicht Jakob?« Pia reckte den Hals, um einen Blick über den Pulk von Mittzwanzigern zu werfen, die neben uns standen und sich mit ihren Plastikbechern voller Bier zuprosteten. Wahrscheinlich Studenten aus einer der umliegenden Uni-Städte. Das Festival zog nicht nur Leute aus unserem Ort an, sondern aus der gesamten Region und darüber hinaus.

»Lenk nicht ab!«, sagte ich vorwurfsvoll.

Das war typisch Pia. Mit unangenehmen Themen brauchte man ihr nicht zu kommen. Sie ging Konflikten genauso geschickt aus dem Weg wie Gesprächen, auf die sie keine Lust hatte.

»Das ist er, eindeutig.« Pia grinste, ohne auf meine Bemerkung einzugehen. »Ich glaube, heute ist mein Glückstag.«

Sie ließ mich stehen, schlängelte sich durch die Menge und tippte einem hochgewachsenen Typ auf die Schulter. Als er sich umdrehte, erkannte ich ihn auch. Jakob Irgendwas, der Neue aus unserer Klasse. Vorgestern hatte Herr Mertens ihn mitgebracht und als »neues Mitglied unserer Klassengemeinschaft« vorgestellt. Jakob hatte neben ihm gestanden und keine Miene verzogen. Er war weder rot geworden noch hatte er zu Boden geschaut. Er hatte uns einfach gemustert, einen nach dem anderen, ohne große Neugier. Dann hatte er sich auf dem einzigen freien Platz rechts von mir niedergelassen und seitdem kaum mehr als drei Worte von sich gegeben. Die Versuche einiger Mädels, in der Pause mit ihm Kontakt aufzunehmen und ihn ein bisschen auszufragen, hatte er allesamt höflich, aber bestimmt abgeblockt. Niemand wusste, woher er kam, was ihn hierher verschlagen hatte und warum es scheinbar unter seiner Würde war, mit uns zu reden.

»Cooler Typ«, hatte Pia mir zugeraunt. Ich hatte das Glitzern in ihren Augen gesehen. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, wann sie es bei ihm versuchen würde. Jetzt war offenbar der richtige Moment gekommen. Kurz erwog ich, eine Wette mit mir selbst darüber abzuschließen, ob Pia es schaffen würde, bei Jakob zu landen, oder nicht. Doch da ich ihre Chancen absolut nicht einschätzen konnte, ließ ich es bleiben.

Ich sah, wie Pia Jakob ansprach. Sie lächelte, seinen Gesichtsausdruck konnte ich nicht deuten. Er schien überrascht zu sein, aber nicht wirklich begeistert. Eher amüsiert. Pia zeigte zu mir, legte den Kopf schief. Sie griff nach seinem Arm, er folgte ihr. Sie gaben ein schönes Paar ab. Er war einen Kopf größer als sie, eher drahtig als muskulös, die dunklen Haare nachlässig mit etwas Gel gestylt. Sie tänzelte wie eine blonde Elfe vor ihm über den staubigen Platz, zwischen den Festivalbesuchern hindurch, die allmählich etwas zahlreicher wurden.

»Sieh mal, wen ich getroffen...


Vogel, Maja von
Maja von Vogel wurde 1973 geboren und wuchs im Emsland auf. Sie studierte Deutsch und Französisch, lebte ein Jahr in Paris und arbeitete als Lektorin in einem Kinderbuchverlag, bevor sie sich mit großem Erfolg als Autorin und Übersetzerin selbstständig machte.

Maja von Vogel wurde 1973 geboren und wuchs im Emsland auf. Sie studierte Deutsch und Französisch, lebte ein Jahr in Paris und arbeitete als Lektorin in einem Kinderbuchverlag, bevor sie sich mit großem Erfolg als Autorin und Übersetzerin selbstständig machte.



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