E-Book, Deutsch, Band 7, 430 Seiten
Reihe: Dorian Hunter
Vlcek / Davenport / Warren Dorian Hunter 7 - Der tätowierte Tod
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-95572-007-0
Verlag: Zaubermond Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 7, 430 Seiten
Reihe: Dorian Hunter
ISBN: 978-3-95572-007-0
Verlag: Zaubermond Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Eine obskure Erbschaftsangelegenheit zwingt die junge Hexe Coco Zamis zu einer Reise in ihre Heimatstadt Wien. Dort hält der dämonische Anwalt Skarabäus Toth das Schwarze Testament ihres Vaters bereit. Coco, die wegen ihrer Liebe zu Dorian Hunter aus der Schwarzen Familie ausgestoßen wurde, soll mit dem dämonischen Grafen von Behemoth verheiratet werden. Auf Dorians Hilfe darf sie nicht hoffen, denn der tätowierte Tod wartet bereits auf Dorian Hunter ... Der siebte Band der legendären Serie um den 'Dämonenkiller' Dorian Hunter. - 'Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ?Dorian Hunter? und sein Spin-Off ?Das Haus Zamis? vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction.' Kai Meyer enthält die Romane: 28: 'Werwolf in der Nacht' 29: 'Das Monster und die Schöne' 30: 'Der tätowierte Tod' 31: 'Hexensabbat' 32: 'Die Stunde der Ameisen'
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Werwolf in der Nacht
von Earl Warren
1. Kapitel
Furchtbare Schmerzen durchrasten Elmar Larssons Eingeweide. Sein Inneres krampfte sich zusammen. Kalter Schweiß trat aus seinen Poren. Er fror am ganzen Körper.
So also ist es, wenn man stirbt, dachte der alte Mann. Oft schon hatte er seine Erben gerufen – die auch jetzt an seinem Bett warteten – und ein grimmiges Vergnügen dabei empfunden, denn immer hatte er gewusst, dass das Leben noch lange nicht aus seinem knochigen, zähen alten Körper, der von der Hüfte abwärts gelähmt war, entweichen würde. Diesmal aber war es ernst. Elmar Larsson spürte das Ende nahen. Sein Atem ging rasselnd, und immer wieder schüttelten Krämpfe seinen Körper.
Die Tür flog auf, und Dr. Tage Erking, der Hausarzt Larssons, trat ein. Er war ein großer, knochiger Mann mit einem eckigen Gesicht und graublondem Haar. Geschäftig zog er den Mantel aus und wusch sich zunächst im Waschbecken am Fenster die Hände. Gunnar Larsson, Elmars Sohn, instruierte ihn über den Zustand des Alten.
Dr. Erking trat zu dem alten Mann ans Bett. Er schickte alle hinaus – bis auf Gunnar. Dann deckte er Elmar Larsson ab und streifte sein Nachthemd hoch. Der Greisenkörper war knochig, die Haut welk und fahl. Dr. Erking tastete den Bauch des Kranken ab. Elmar Larsson schrie auf.
»Wollen Sie mich umbringen, Sie verdammter Quacksalber? Sie hätten Viehdoktor werden sollen.«
Dr. Erking war von seinem Patienten einiges gewöhnt. Ruhig setzte er die Untersuchung fort. Er hatte kalte Hände, wie immer.
»Können Sie Ihre Pfoten nicht warm halten, Erking?«, fragte Larsson. »Man wird ja zum Eiszapfen, wenn Sie einen anfassen.« Wieder schüttelte ein Krampf seinen Körper. Der alte Mann biss die Zähne zusammen und verdrehte die Augen vor Schmerz.
Dr. Erking sah Gunnar Larsson an. »Eine sehr ernste Sache. Die Leibschmerzen und Krämpfe rühren von einer Kolik her. Nierensteine vielleicht. Oder mit der Blase ist etwas nicht in Ordnung. Die Kolik allein wäre nicht so schlimm, aber das Leerschlagen des Herzens und der schwache, schnelle Puls deuten zusätzlich auf einen Kreislaufkollaps hin. Das Blut sackt in den Bauch, die Kolik verschlimmert sich, und dadurch wird wiederum der Kreislauf immer mehr belastet. Es ist ein Teufelskreis.«
Er lagerte den Kopf des Patienten tief, die Beine hoch. Dann zog er eine Spritze auf und stocherte im Arm des fast Bewusstlosen herum, da er die schlaffe Vene nicht gleich finden konnte.
Das Lobelin sollte das Atemzentrum Elmar Larssons anregen. Dr. Erking zog eine zweite Spritze auf; sie enthielt Veritol für den Kreislauf. Anschließend blieb er am Bett Elmar Larssons sitzen. Immer wieder prüfte er den Puls. Er wurde schwächer und schneller.
Larsson ächzte. Jetzt schimpfte er nicht mehr; es ging ihm zu schlecht. Ihm war sterbensübel, im wahrsten Sinne des Wortes, aber zäh klammerte er sich ans Leben. Er spürte kaum, wie ihm eine Heizdecke untergeschoben wurde, wie seine Beine mit elastischen Binden umwickelt wurden.
»Bleiben Sie bei ihm!«, sagte Dr. Erking zu Gunnar Larsson. »Ich will die Klinik in Falun anrufen, damit sie Blutplasma herschickt. Anders können wir Ihren Vater nicht mehr retten. Er ist ein alter Mann. Sein Zustand ist äußerst ernst.«
Gunnar Larsson nickte schweigend, und der Arzt ging hinaus.
Elmar Larsson rang mit dem Tode. Zäh und verbissen leistete er ihm Widerstand. Er wollte nicht sterben, wollte sein Leben und seinen Besitz nicht aufgeben; er wollte ihn den Erben nicht zukommen lassen, die alle darauf spekulierten. Zeitweise war er bewusstlos, dann wieder sah er wie durch einen Nebel das Gesicht seines Sohnes Gunnar. Es hatte einen bösen, gierigen Ausdruck. Kein Zweifel, Gunnar gönnte ihm die Schmerzen und wünschte seinen Tod herbei. Alle warteten sie auf seinen Tod, warteten darauf, dass sie sein Geld bekamen, Gut Falö, die unermesslichen Wälder und die drei Sägewerke. Keiner von seinen Angehörigen und Verwandten mochte Elmar Larsson. Im Grunde ihres Herzens hassten sie ihn wohl alle – außer Birgit vielleicht, Gunnars Tochter.
Heiliger Gott, wenn er doch noch einmal davonkäme! Es musste doch einen Weg geben, den Tod zu überlisten, ihm noch ein paar Jahre abzutrotzen.
Die Krämpfe wurden immer schlimmer. Es war, als würde Stacheldraht durch Elmar Larssons Eingeweide gezogen. Darmschlingen rissen, und Blutungen setzten ein.
Plötzlich wusste Elmar Larsson: Er war vergiftet worden. Noch nie in seinem Leben hatte er mit der Verdauung Schwierigkeiten gehabt. Einer der Erben hatte nicht länger auf das natürliche Ableben des hartherzigen, geizigen, bösen alten Mannes warten wollen und nachgeholfen. Elmar Larsson wusste es, und er würde sein Wissen mit in den Tod nehmen.
Herrgott oder Satan, dachte der Sterbende, hilf mir, wer mir helfen mag! Ich will leben, egal um welchen Preis. Ich will nicht sterben, hörst du, Gott – oder du, Teufel? Rette mich vor dem Tod, und ich will dir gehören! Er konnte nur noch röcheln und stöhnen, aber sein Geist schrie in der Agonie, sandte Gedankenimpulse.
Ein Glöckchen ertönte, und eine dunkle Gestalt in einer Mönchskutte trat ans Bett des Sterbenden. Gunnar Larsson riss die Augen auf. Er konnte das Gesicht des Besuchers nicht erkennen, denn es lag im Schatten der Kapuze. Ein Strick umschnürte die Taille des Mönchs; kein Kreuz baumelte daran.
Mit einer Handbewegung wies der Kuttenträger Gunnar Larsson aus dem Zimmer. Der feiste Mann mit dem blassblonden Haar und den hervorquellenden Fischaugen gehorchte. Sicher wollte der Mönch dem Alten die letzte Ölung geben, ihn mit den Sterbesakramenten versehen. Woher er gekommen war, wusste Gunnar Larsson nicht; er dachte im Moment auch nicht darüber nach. Vielleicht hatte der Pastor von Falun, der bereits angefordert worden war, den Mönch geschickt. Elmar Larsson hatte sich schon ein dutzendmal die letzte Ölung geben lassen und war immer wieder aufgestanden – gesünder, zäher und boshafter als zuvor.
Der Kuttenträger legte Elmar Larsson die Hand auf die Stirn. Es war, als würde ein belebender Strom durch den verkrampften, schweißnassen Körper des im Todeskampf Liegenden fließen. Die Schmerzen ließen nach und verschwanden dann ganz. Elmar Larssons Blick wurde klar. Der alte Mann war todesmatt, aber noch am Leben. Er begriff, dass es kein gewöhnlicher Mönch war, der da an seinem Bett stand.
»Wer – bist du?«, ächzte der Gutsbesitzer.
»Du hast mich gerufen«, erklang eine leise Stimme.
Elmar Larsson konnte nicht einmal erkennen, ob es die eines Mannes oder die einer Frau war. Ein Schauer rieselte über seinen Rücken. Er konnte das Gesicht in der Kapuze nicht erkennen. Die Hände waren in den Falten der weiten Ärmel verborgen.
»Der – Tod?«
Die Gestalt schüttelte den Kopf. »Den hast du nicht gerufen. Er stand schon an deinem Bett, aber ich habe ihn vertrieben.«
»Du bist der Teufel«, sagte Larsson.
Er hörte ein halblautes Kichern. »So wichtig ist deine Seele nicht. Ich bin nur ein unwürdiger Diener. Doch ich habe die Macht, dir das zu geben, was du haben willst. Allerdings verlange ich eine Gegenleistung, denn umsonst ist nichts.«
Elmar Larsson empfand Furcht vor seinem Besucher; aber noch mehr Furcht hatte er vor dem Tod, der ihm das Leben und alles andere nehmen würde. »Was verlangst du?«
»Nicht viel«, antwortete der Dämon in der Mönchskutte. »Nur deine Seele nach deinem Ableben. Und du bekommst noch eine Ausnahmeklausel von mir: Ich gebe dir Jugend, Gesundheit und einen starken, widerstandsfähigen Körper. Hundert Jahre und mehr kannst du damit leben, wenn du den Pakt mit mir eingehst.«
Elmar Larsson fühlte sich schon wieder viel besser. Er war ein gerissener alter Bursche, und wenn es ans Schachern und Feilschen ging, war er Meister. Er schacherte auch mit einem Dämon um seine Seele.
»Keine Tricks!«, sagte er. »Du und deinesgleichen, ihr wollt die Menschen nur übers Ohr hauen. Viel versprechen, nichts geben und nur nehmen, das ist eure Devise. Eine Seele findet man nicht alle Tage, eh? Schließlich ist sie unsterblich und kostbar.«
Rotglühende Augen blickten ihn an. Die Stimme klang jetzt lauter und kräftiger, aber hohl und dumpf, als käme sie von weit her. Ob sie weiblich oder männlich war, war beim besten Willen nicht zu erkennen. Doch darauf kam es Elmar Larsson auch nicht an.
»Es gibt Milliarden Menschen auf der Erde, von denen jeder eine Seele hat«, antwortete der Dämon. »Warum sollen wir also deinetwegen Amok laufen?« Er tat, als würde er sich der Tür zuwenden.
Elmar Larsson setzte sich auf. »Halt! So warte doch! Noch habe ich schließlich nicht nein gesagt. Ich habe nur die eine Seele. Da muss ich schon ein wenig überlegen. Und so belanglos ist die Angelegenheit für dich und deinesgleichen auch nicht. Das kannst du mir nicht weismachen. Ich bekomme also einen jungen, starken und gesunden Körper, ja? Wie willst du das denn bewerkstelligen? Ich meine, das fällt doch auf, wenn ich plötzlich als strahlender Jüngling vom Totenbett aufstehe und nicht einmal mehr im Rollstuhl zu sitzen brauche.«
»Das zu bewerkstelligen, ist meine Sache, Larsson. Es wird keinen Verdacht erregen, das garantiere ich dir.«
»Ich muss natürlich der reiche Herr von Gut Falö bleiben, das ist Bedingung. Wenn ich irgendwo als zwar starker und gesunder, aber bettelarmer Holzfäller leben soll, kannst du mir mit deinem Pakt gestohlen bleiben, verstehst du mich?«
Ein leises Lachen war zu hören....