E-Book, Deutsch, Band 24, 416 Seiten
Reihe: Dorian Hunter
Vlcek / Davenport / Warren Dorian Hunter 24 - Der weiße Mönch
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-95572-024-7
Verlag: Zaubermond Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 24, 416 Seiten
Reihe: Dorian Hunter
ISBN: 978-3-95572-024-7
Verlag: Zaubermond Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Dorian Hunter, den die meisten seiner Freunde immer noch für tot halten, kommt nicht zur Ruhe. Luguri, der uralte Erzdämon, heckt Teuflisches aus. Der Bayerische Wald soll zu einer beispiellosen Menschenfalle werden. Gleichzeitig wird das Castillo Basajaun Ziel massiver Dämonenattacken. Dorian sieht bald keinen Ausweg mehr, als abermals den eigenen Tod zu inszenieren ... Der 24. Band der legendären Serie um den 'Dämonenkiller' Dorian Hunter. - 'Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ?Dorian Hunter? und sein Spin-Off ?Das Haus Zamis? vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction.' Kai Meyer enthält die Romane: 111: 'Der Werwolf und die weiße Frau' 112: 'Herrin der Seelen' 113: 'Das Spukschloss' 114: 'Der weiße Mönch' 115: 'Die Bluteule'
Autoren/Hrsg.
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Der Werwolf und die weiße Frau
von Neal Davenport
1. Kapitel
Jutta Hauser pfiff vergnügt vor sich hin. Der schmale Waldweg war voller Löcher. Zu beiden Seiten wuchsen hohe Tannen und Fichten. Normalerweise fuhr Jutta über die gut ausgebaute Landstraße, doch heute hatte sie sich für den Waldweg entschlossen, der eine Abkürzung zum Haus ihrer Eltern war.
Ma wird mit mir schimpfen, dachte das fünfzehnjährige blonde Mädchen. Um zehn Uhr hätte sie zu Hause sein sollen, jetzt war es kurz vor elf Uhr.
»Soll sie ruhig schimpfen«, sagte Jutta laut und kicherte.
Dann lächelte sie versonnen, während sie an die vergangenen Stunden dachte. Endlich nach so vielen Wochen hatte Werner plötzlich Interesse für sie gezeigt. Es kam ihr noch immer wie ein Wunder vor.
Lachend betätigte sie die Klingel. Irgendetwas raschelte in einem Gebüsch. Jutta wich geschickt einem tiefen Loch aus, stieg vom Fahrrad ab, hob es über eine dicke Luftwurzel, schwang sich wieder in den Sattel und fuhr weiter.
Wieder raschelte es im Unterholz. Sie blickte nach rechts, konnte jedoch nichts erkennen.
Plötzlich fiel ihr die Warnung ihres Vaters ein. Er hatte ihr ausdrücklich verboten, den Waldweg während der Nacht zu benutzen. Vor ein paar Jahren war hier ein Mädchen ermordet worden.
Von einem Augenblick zum anderen war ihre gute Laune wie weggeblasen. Sie stieg stärker in die Pedale.
Ein unheimliches Heulen erschreckte Jutta. Ihr Herz schlug schneller. Der Schein der Fahrradlampe glitt über einen Strauch, dessen Zweige leicht bewegt wurden.
Hinter dem Strauch hat sich jemand versteckt, dachte Jutta entsetzt. Keuchend radelte sie vorbei.
Irgendwo zerbrach ein Ast. Das Mädchen wagte nicht, den Kopf umzuwenden. Der schmale Waldweg mit den unzähligen Löchern erforderte ihre ganze Aufmerksamkeit.
Vor Angst begann Jutta zu schwitzen. Bitte, lieber Gott, betete sie, lass mich gut nach Hause kommen!
Sie schrie entsetzt auf, als ein riesiger Hund auf den Weg sprang. Nein, es war kein Hund, wie sie sofort feststellte. Es war ein grauer Wolf, ein ungewöhnlich großes Tier. Die Schulterhöhe betrug etwa einhundertvierzig Zentimeter, die Länge ungefähr zwei Meter.
»Hilfe!«, brüllte Jutta und versuchte, am Wolf vorbeizukommen. Das Tier brummte wütend und sprang sie an. Verzweifelt versuchte sie das Gleichgewicht zu halten, doch es gelang ihr nicht. Sie kippte nach links, ließ das Fahrrad fallen und warf sich vorwärts.
Vor Angst war sie zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. Die Fahrradlampe erlosch; nur der hoch stehende Mond erhellte noch ein wenig den düsteren Waldweg.
Keuchend lief sie weiter. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an das diffuse Licht. Nach ein paar Schritten blieb sie stehen und presste beide Hände vor die Brust.
Vor sich sah sie fünf glühende Augenpaare – fünf Wölfe, die auf den Hinterbeinen saßen und sie bösartig anknurrten.
Juttas Beine gaben nach. Sie zitterte vor Grauen am ganzen Leib.
»Hilfe!«, schrie sie mit versagender Stimme.
Sie wandte sich nach links und verfing sich in einigen Ästen. Die Wölfe liefen auf sie zu. Einer schnappte nach ihrem rechten Bein und verbiss sich in den Jeans, ohne sie zu verletzen. Ein zweiter sprang sie von hinten an und riss sie zu Boden. »Nicht! Bitte nicht!«, wimmerte Jutta.
Das Knurren der Wölfe wurde lauter. Einer zerrte an ihrer Bluse und riss sie in Stücke.
Das junge Mädchen heulte auf, als sich scharfe Zähne in ihrem rechten Oberarm verbissen. Sie versuchte sich aufzurichten, doch in diesem Augenblick sprang ein Wolf auf ihren Rücken. Heißer Atem strich über ihren Nacken, dann spürte sie den Druck der spitzen Zähne, die sich leicht in ihren Hals verbissen.
Sie wagte sich nicht mehr zu bewegen und schloss die Augen. Das ist das Ende, dachte das junge Mädchen, dann wurde sie bewusstlos.
Jutta wusste nicht, wie lange sie bewusstlos gewesen war. Zögernd öffnete sie die Augen. Sie lag noch immer bäuchlings auf dem Waldweg.
Ich lebe!, war ihr erster verwunderter Gedanke. Sie wagte kaum zu atmen. Es war ruhig um sie herum; nur der Wind bewegte leicht die Zweige der alten Bäume.
Vorsichtig hob das junge Mädchen den Kopf. Von den Wölfen war nichts mehr zu sehen. Sie setzte sich langsam auf und blickte sich um. Ihr Fahrrad lag vor einer Fichte. Als sie den rechten Arm bewegte, stöhnte sie leise. Ihr Oberarm schmerzte und war stark angeschwollen. Die weiße Bluse hing in Fetzen herunter. Jutta versuchte den rechten Arm zu heben, doch es gelang ihr nicht; er war wie gelähmt. Sie stand auf und schloss die Augen. Alles drehte sich um sie herum.
Einige Minuten blieb sie ruhig stehen, dann hob sie das Fahrrad auf und schob es vor sich her. Aufsteigen wollte sie nicht. Der Schmerz in ihrem Oberarm breitete sich rasch weiter aus. Jede Bewegung fiel ihr schwer.
Sie war froh, als sie den Wald hinter sich gelassen hatte. Nur noch eine sanft ansteigende Wiese musste sie überqueren, dann hatte sie das Haus ihrer Eltern erreicht.
Das Fahrrad wurde ihr zu schwer. Sie ließ es einfach fallen und taumelte über die Wiese. Jetzt schmerzte auch ihr rechter Unterarm, und sie hatte rasende Kopfschmerzen, die ihr die Tränen in die Augen trieben.
Jutta wusste nicht, wie sie das Haus erreicht hatte. Sie wunderte sich auch nicht, dass die Eingangstür weit offen stand. Sie wankte die Stufen hoch und torkelte in die Diele. Vor dem Spiegel blieb sie einen Augenblick stehen. Ihr schulterlanges blondes Haar war feucht, das Gesicht schmutzig. Die weiße Bluse war voll Blut, und der Oberarm schillerte bläulich.
Das Mädchen klammerte sich an einem Türstock fest. Ihr wurde übel. Mühsam unterdrückte sie den Brechreiz. Schwer atmend trat sie ins Wohnzimmer.
Der runde Tisch und zwei Stühle waren umgeworfen worden. Juttas Mutter lag bewusstlos auf der Couch. Ihr Kleid war über der Brust zerrissen, und ihr linker Oberarm wies einen Wolfsbiss auf.
»Ma«, sagte Jutta leise und kam näher. »Ma!«
Doch ihre Mutter bewegte sich nicht. Jutta stolperte über den Teppich und fiel der Länge nach hin. Wenige Sekunden später versuchte sie aufzustehen, doch sie war zu schwach dazu. Einen Augenblick hob sie den Kopf und sah ihren Vater, der ebenfalls von den Wölfen angefallen worden war; er lag vor dem Fernsehapparat.
»Vater«, flüsterte Jutta, dann schloss sie die Augen und wurde bewusstlos.
Drei Monate waren seit dem Tod des Schwarzen Samurais vergangen, drei Monate, in denen sich nichts ereignet hatte.
Mir war es mittels meines Ys-Spiegels gelungen, das Tor zu verschütten, durch das die Janusköpfe zur Erde gelangt waren. Aber deshalb war die Gefahr nicht gebannt, die von den Janusköpfen drohte. Ich konnte nur hoffen, dass es den Janusköpfen nicht so rasch gelang, ein neues Tor zu unserer Welt zu bauen. Wenn ich daran dachte, dass Olivaro quasi der gute Hirte seines Volkes war, dann konnte ich mir lebhaft vorstellen, wie die anderen waren.
Von Luguri hatte ich auch schon lange nichts mehr gehört. Das neue Oberhaupt der Schwarzen Familie hatte sich irgendwohin zurückgezogen und brütete sicherlich neue Teufeleien aus.
Nachdem ich Hermes Trismegistos' Nachfolge angetreten hatte, war ich hauptsächlich in der Maske Richard Steiners aufgetreten. Der Dämonenkiller Dorian Hunter war für die Welt tot; nur meine Gefährtin Coco Zamis, Unga, Don Chapman und Dula wussten, dass ich lebte. Anfangs war es mir als eine gute Idee vorgekommen, in der Maske Rudolf Steiners aufzutreten, doch jetzt wurde mir diese Gestalt immer lästiger. Ich war zwar so groß wie Dorian Hunter und auch so alt, aber sonst unterschied sich Richard Steiner grundlegend vom Dämonenkiller, der ich einmal gewesen war. Mein Körper war dünn – fast dürr. Steiner hatte einen blassen Teint, Sommersprossen und eine brandrote Haarmähne; das Gesicht war schmal, die Stirn hoch, und dazu trug er noch eine Nickelbrille, die aus einem Museum zu stammen schien. Ich musste bei allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten als ängstlicher Tollpatsch erscheinen, der sogar gelegentlich rot wurde. Mit einem Wort – ich war zu einem Feigling geworden; eine Rolle, die mir gar nicht behagte.
Das waren aber nicht die einzigen Schwierigkeiten. Vor allem musste ich befürchten, dass ich mich früher oder später verraten würde. Außerdem hatte ich Angst vor Phillip, dem Hermaphroditen, denn ich war sicher, dass er wusste, wer sich hinter der Maske Richard Steiners verbarg. Irgendwann würde Phillip einmal eine Andeutung machen. Dazu kam noch Abi Flindt, der ständig hinter mir herschnüffelte. Er hatte sich in die fixe Idee verrannt, dass Coco und Richard Steiner den Dämonenkiller ermordet hatten.
Das Leben im Castillo Basajaun war äußerst langweilig. In den vergangenen Tagen waren Trevor Sullivan, dem Leiter der »Mystery Press«, und Unga Meldungen zugegangen, wonach Luguri im Bayerischen Wald einen großen Coup planen sollte. Bei der nächsten Gelegenheit wollte ich nach Island springen und mich mit Unga darüber unterhalten.
Ich hatte allein sein wollen und einen kurzen Spaziergang unternommen. Langsam kehrte ich zur Burg zurück, die in einem Seitental des Valira del Norte lag. Ich überquerte die schmale Steinbrücke, blieb kurz stehen und musterte die Burg.
Sie war 1550 erbaut worden und unterschied sich grundlegend von den anderen spanischen Burgen, die ich kannte. Einige Gebäude und die Ringmauer, die einst die Burg umgaben, waren schon längst...