E-Book, Deutsch
Verne Von der Erde zum Mond
1. Auflage, Rechtschreibung und Schreibweise des Originaltextes wurden behutsam angepasst 2021
ISBN: 978-3-95870-657-6
Verlag: nexx verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
nexx classics - WELTLITERATUR NEU INSPIRIERT
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Reihe: nexx classics - WELTLITERATUR NEU INSPIRIERT
ISBN: 978-3-95870-657-6
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Nach dem Ende des Bürgerkriegs in den Vereinigten Staaten von Amerika fühlen sich die führenden Mitglieder des »Gun Club« in Baltimore gelangweilt. Man einigt sich schließlich auf den verrückten Vorschlag, eine so große Kanone zu bauen, dass sie ein Geschoss von der Erde zum Mond schießen kann. Trotz vieler Kritiker will der »Gun Club« diese Herausforderung annehmen - doch dann kommt ein geheimnisvoller Besucher aus Frankreich, der eine interessante Idee hat ... nexx classics - WELTLITERATUR NEU INSPIRIERT
Jules-Gabriel Verne (1828-1905), war ein französischer Schriftsteller, der in einer Zeit des enormen technischen Fortschritts für die damalige Zeit einzigartig fantasievolle Abenteuer- und Science Fiction-Romane schrieb, die ihn unsterblich machten. Bekannt wurde er vor allem durch seine Romane »Die Reise zum Mittelpunkt der Erde«, »20.000 Meilen unter dem Meer« und »Reise um die Erde in 80 Tagen«. Neben H. G. Wells gilt Jules Verne als einer der Begründer der Science Fiction-Literatur.
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Das Gussfest
Während acht Monate lang die Grubenarbeit vorgenommen wurde, waren zu gleicher Zeit die Vorarbeiten für den Guss äußerst rasch vorgeschritten; ein Fremder, der nach Stone's Hill kam, wäre durch den Anblick, der sich seinen Blicken darbot, sehr überrascht worden. Sechshundert Yards von dem Schacht entfernt, im Kreise um diesen Mittelpunkt, erhoben sich zwölfhundert Streichöfen, jeder sechs Fuß breit und drei voneinander entfernt. Es war eine Linie von zwei Meilen Länge, woran diese zwölfhundert Öfen gereiht waren. Alle nach dem nämlichen Muster mit viereckigen Rauchfängen erbaut, machten einen ganz besonderen Eindruck. J. T. Maston fand diese Anordnung prachtvoll. Sie erinnerte ihn an die Monumente Washingtons. Für ihn gab's nichts Schöneres auf der Welt; selbst in Griechenland oder sonst irgendwo gab's nie etwas der Art, meinte er. Wir erinnern uns, dass das Komitee in der dritten Sitzung für die Columbiade Gusseisen, insbesondere graues, zu verwenden beschloss. Dieses Metall ist in der Tat zäher, dehnbarer, weicher, leichter zu feilen, für alle Verrichtungen des Formens geeigneter, und mit Steinkohlen behandelt, von vorzüglicher Beschaffenheit für die Stücke großer Widerstandskraft, wie Kanonen, Dampfmaschinen-Zylinder, hydraulische Pressen etc. Aber das Gusseisen ist, wenn es nur einmal geschmolzen wird, selten gleichartig genug, und man reinigt und läutert es durch ein zweites Schmelzen, indem man es seiner letzten erdigen Bestandteile dadurch entledigt. Daher wurde auch das Eisenerz, bevor man es nach Tampa Town schaffte, in den Hochöfen zu Goldspring behandelt, und mit Steinkohlen und Kieselstoff in Berührung einem hohen Hitzegrade ausgesetzt, war es mit Kohlenstoff verbunden zu Gusseisen geworden. Nach dieser ersten Zubereitung wurde das Metall nach Stone's Hill geschafft. Aber die Masse von hundertsechsunddreißig Millionen Pfund war für Beförderung durch Eisenbahn zu kostspielig; die Kosten wären durch den Transport aufs Doppelte gestiegen. Man zog daher vor, zu New York Schiffe zu mieten, um sie mit dem Gusseisen in Barren zu befrachten. Es waren nicht weniger als achtundsechzig Fahrzeuge von tausend Tonnen erforderlich, eine wahre Flotte, die am dritten Mai aus den Gewässern von New York auslief, den Ozean längs der amerikanischen Küste durchfuhr, durch den Kanal von Bahama um die Spitze von Florida wieder aufwärts am zehnten desselben Monats in der Bai Espiritu Santo ankam und ohne Schaden und Gefahr im Hafen von Tampa Town ankerte. Hier wurde die Ladung der Schiffe in die Waggons der Bahn nach Stone's Hill gebracht und um die Mitte des Januars befand sich die enorme Masse Metall an ihrem Bestimmungsort. Es ist leicht begreiflich, dass, um diese sechzigtausend Tonnen Eisen zu gleicher Zeit zu schmelzen, zwölfhundert Öfen nicht zuviel waren. Jeder dieser Schmelzöfen konnte etwa hundertundvierzehntausend Pfund dieses Metalls fassen; sie wurden nach dem Muster derjenigen erbaut, welche man beim Guss der Rodmans-Kanone gebraucht hatte; sie waren trapezförmig und sehr niedrig. Der Heizungs-Apparat und der Rauchfang befanden sich an den beiden Enden des Ofens, so dass dieser seiner ganzen Länge nach gleichmäßig geheizt war. Diese aus feuerfesten Ziegelsteinen erbauten Öfen bestanden lediglich aus einem Rost, um die Steinkohlen darauf zu brennen, und einem Herd, »Sole«, worauf die Gussbarren gelegt wurden; diese unter einem Winkel von fünfundzwanzig Grad geneigte »Sole« ließ das Metall in die Auffangbecken abfließen; von da leiteten es zwölfhundert Rinnen dem Zentralbecken zu. Sobald die Grab- und Mauerarbeit beendigt war, schritt Barbicane zur Fertigung der inneren Gießform. Es handelte sich darum, im Mittelpunkt des Schachtes seiner Achse entlang einen neunhundert Fuß langen und neun Fuß breiten Zylinder herzustellen, der genau den für die Seele der Columbiade bestimmten Raum enthalten sollte. Der Zylinder wurde aus einer tonartigen Erde und Sand gefertigt, mit einer Beimischung von Heu oder Stroh. Der Zwischenraum, welcher zwischen dem Zylinder und dem aufgemauerten Mantel leer blieb, sollte mit dem geschmolzenen Metall ausgefüllt werden, welches demgemäß die sechs Fuß dicken Wände bilden sollte. Dieser Zylinder musste, um das Gleichgewicht zu halten, durch eiserne Beschläge zusammengehalten und in gewissen Entfernungen vermittelst Querstäbe, die in der steinernen Umkleidung eingelassen wurden, befestigt werden; nach dem Guss mussten diese Querstäbe sich in der Masse des Metalls befinden, was keinen Nachteil brachte. Diese Arbeit wurde am 8. Juli fertig, und nun wurde der Guss auf den folgenden Tag festgesetzt. »Der Guss wird ein hübsches Fest werden, sagte Maston zu seinem Freund Barbicane. – Allerdings! erwiderte dieser, »aber ein öffentliches Fest darf's nicht sein. – Wie so! Wollen Sie nicht die Pforten Jedem öffnen? – Davor werd' ich mich hüten, Maston; der Guss der Columbiade ist eine bedenkliche, wo nicht gefährliche Sache, und es wird besser sein, dass man dabei die Türen schließt. Beim Abschießen des Projektils, wenn man ein Fest will, meinetwegen, aber eher nicht!« Der Präsident hatte Recht; es konnten sich bei der Vornahme des Gusses unvorhergesehene Gefahren ergeben, bei welchen eine große Menge von Zuschauern hinderlich gewesen wäre. Man musste Freiheit der Bewegung haben. Es wurde daher in den umschlossenen Raum Niemand zugelassen, außer Abgeordnete des Gun Clubs, die nach Tampa Town kamen. Da sah man den muntern Bilsby, Tom Hunter, den Obrist Blomsberry, den Major Elphiston, den General Morgan, und Alle, denen der Guss der Columbiade eine persönliche Angelegenheit wurde. Maston wurde ihr Cicerone; er verschonte sie mit keinem Detail, führte sie überall umher, in die Magazine, Werkstätten, mitten unter die Maschinen, ja sie mussten die zwölfhundert Schmelzöfen der Reihe nach alle besuchen. Bei dem zwölfhundertsten waren sie ein wenig erschöpft. Der Guss sollte gerade um Mittag vorgenommen werden; tags zuvor wurden in jeden Ofen hundertundvierzehntausend Pfund Metall in Barren geschafft und diese kreuzweise über einander gelegt, damit die heiße Luft frei zwischen ihnen spielen konnte. Seit dem frühen Morgen spien die zwölfhundert Essen ihre Feuerströme in die Lüfte, und der Boden war in dumpf zitternder Bewegung. Es schmolz eine so ungeheure Menge Metall, glühte eine so ungeheure Masse Kohlen. Die achtundsechzigtausend Tonnen Kohlen mussten wohl einen dichten Vorhang schwarzen Rauchs vor die Sonnenscheibe ziehen. In der Umgebung der Öfen, die mit dumpfem Getöse, das dem Rollen des Donners glich, weithin vernehmlich waren, wurde die Hitze bald unerträglich; gewaltige Kühlmaschinen wehten beständig frische Luft zu, und sättigten alle glühenden Essen mit Sauerstoff. Sollte der Guss gelingen, so musste er rasch ausgeführt werden. Auf ein Signal mit einem Kanonenschuss musste jeder Ofen die flüssige Masse frei lassen und sich gänzlich entleeren. Gemäß dieser Anordnungen warteten die Werkmeister und Arbeiter auf den bestimmten Moment mit unruhig gespannter Ungeduld. Es befand sich Niemand mehr im inneren Raum, und jeder Gießmeister auf seinem Posten bei den Abflusslöchern. Barbicane mit seinen Kollegen wohnte auf einer nahen Erhöhung der Ausführung bei. Vor ihnen stand ein Geschützstück bereit, auf einen Wink des Ingenieurs das Zeichen zu geben. Einige Minuten vor zwölf Uhr begannen die ersten Tröpfchen Metall zu fließen; die Becken füllten sich allmählich, und als der Guss völlig flüssig war, ließ man ihn einige Minuten ruhig stehen, um leichter fremdartige Teile daraus zu entfernen. Schlag zwölf donnerte der Kanonenschuss und blitzte durch die Lüfte. Die zwölfhundert Abflusslöcher öffneten sich zu gleicher Zeit und zwölfhundert feurige Schlangen rieselten dem Schacht in der Mitte zu mit glühenden Ringen. Da stürzten sie, mit erschrecklichem Getöse, neunhundert Fuß tief hinab. Es war ein erhebender, prachtvoller Anblick. Der Boden erbebte, während diese Fluten von Guss Rauchsäulen zum Himmel empor wirbelten, zugleich die Feuchtigkeit der Form verflüchtigend, welche als undurchdringlicher Dampf durch die Zuglöcher der Umkleidung hervorqualmte. Diese künstlichen Wolken wälzten ihre dichten Spiralsäulen bis dreitausend Fuß hoch zu dem Zenit empor. Mancher außerhalb des Gesichtskreises streifende Wilde mochte glauben, es bilde sich im Schoße Floridas ein neuer Krater, und doch war kein Vulkanausbruch, kein Wetterwirbel, kein Gewitter, noch sonst ein Ringen der Elemente, noch ein fürchterliches Naturereignis wie sie sich mitunter begeben! Nein! Lediglich Menschenwerk waren diese geröteten Dampfwolken, diese eines Vulkans würdigen Riesenflammen, diese erdbebengleichen donnernden Erschütterungen, dieses stumme und gewittergleiche Dröhnen; seine Hand stürzte einen ganzen Niagara strömenden Metalls in einen selbstgegrabenen Abgrund. Die Columbiade
War der Guss gelungen? Man konnte darüber nur Vermutungen haben. Doch ließ Alles an den guten Erfolg glauben, weil die Gießform die ganze Masse des in den Öfen geschmolzenen Metalls in sich aufgenommen hatte. Wie dem auch sei, es sollte noch lange dauern, bis man darüber Gewissheit haben konnte. In der Tat, als der Major Rodman seine Kanone von hundertsechzigtausend Pfund goss, waren nicht weniger als vierzehn Tage zum Abkühlen erforderlich. Wie lange noch sollte die riesenhafte Columbiade, umgeben von ihren Dampfwirbeln und durch ihre große Hitze geschützt, sich den Blicken ihrer Bewunderer entziehen? Das war schwer zu berechnen. Die Ungeduld der Mitglieder des Gun Clubs wurde inzwischen auf eine harte Probe gestellt. Aber es ließ sich nichts dafür tun. Maston...