E-Book, Deutsch
Verne Die geheimnisvolle Insel (Vollständige Ausgabe)
1. Auflage, Rechtschreibung und Schreibweise des Originaltextes wurden behutsam angepasst 2021
ISBN: 978-3-95870-656-9
Verlag: nexx verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
nexx classics - WELTLITERATUR NEU INSPIRIERT
E-Book, Deutsch
Reihe: nexx classics - WELTLITERATUR NEU INSPIRIERT
ISBN: 978-3-95870-656-9
Verlag: nexx verlag
Format: EPUB
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Während des amerikanischen Bürgerkrieges gelingt dem Ingenieur Cyrus Smith zusammen mit seinen Kameraden (seinem Diener Nab, dem Reporter Spilett, dem Seemann Pencroff, einem jungen Mann namens Harbert und dessen Hund Top in einem Ballon die Flucht aus einem Gefangenenlager der Südstaaten in Richmond / Virginia. Nach einem langen Irrflug müssen sie auf einer vermeintlich verlassenen Pazifikinsel notlanden. Cyrus und seine Gefährten richten sich auf der Insel, die sie nach Abraham Lincoln benennen, so gut es geht ein. Aber bald merken sie, dass sie doch nicht alleine sind - ein Unbekannter rettet ihnen mehrfach das Leben. Aber wer ist dieser Fremde, und warum gibt er sich nicht zu erkennen? Können die Freunde jemals diese Insel verlassenen? Diese Ausgabe enthält alle drei Teile der Geschichte. nexx classics - WELTLITERATUR NEU INSPIRIERT
Jules-Gabriel Verne (1828-1905), war ein französischer Schriftsteller, der in einer Zeit des enormen technischen Fortschritts für die damalige Zeit einzigartig fantasievolle Abenteuer- und Science Fiction-Romane schrieb, die ihn unsterblich machten. Bekannt wurde er vor allem durch seine Romane »Die Reise zum Mittelpunkt der Erde«, »20.000 Meilen unter dem Meer« und »Reise um die Erde in 80 Tagen«. Neben H. G. Wells gilt Jules Verne als einer der Begründer der Science Fiction-Literatur.
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Elftes Kapitel
Auf dem Gipfel des Kegels – Das Innere des Kraters – Ringsherum Wasser – Kein Land in Sicht – Das Ufer aus der Vogelschau – Hydrographie und Orographie – Ist die Insel bewohnt? – Taufe der Buchten, Kaps, Flüsse usw. – Die Insel Lincoln Eine halbe Stunde später waren Cyrus Smith und Harbert wieder bei der Lagerstätte zurück. Der Ingenieur begnügte sich, seinen Gefährten mitzuteilen, dass das Land, auf welches der Zufall sie geworfen, eine Insel sei und dass man am andern Tag das Weitere überlegen wolle. Hierauf richtete sich Jeder bestmöglichst in der Basaltkluft, 2.500 Fuß über dem Meer, ein, und »die Insulaner« verbrachten eine friedliche Nacht in tiefem Schlummer. Am Morgen des 30. März beabsichtigte der Ingenieur, nach einem kurzen Frühstücke auf Unkosten des gebratenen Tragópans, den Vulkan wieder zu ersteigen, zur genaueren Besichtigung der Insel, auf der Alle vielleicht für die Zeit ihres Lebens gefangen waren, wenn diese sehr entfernt von jedem anderen Land oder außerhalb der Straße derjenigen Schiffe lag, welche die Inselgruppen des Pazifischen Ozeanes besuchen. Diesmal folgten ihm auch alle seine Gefährten, denn auch sie reizte es, die Insel zu betrachten, welche für die Zukunft ihnen alle Lebensbedürfnisse liefern sollte. Es war gegen sieben Uhr morgens, als Cyrus Smith, Gedeon Spilett, Harbert, Pencroff und Nab die Lagerstätte verließen. Alle schienen sich über die gegenwärtige Lage beruhigt zu haben. Ohne Zweifel hatten sie Vertrauen zu sich, doch ist wohl zu bemerken, dass der Grund dieses Zutrauens bei Cyrus Smith nicht derselbe war, wie bei seinen Genossen. Beim Ingenieur erklärte es sich durch das Gefühl seiner Fähigkeit, dieser wilden Natur jedes Lebensbedürfnis für sich und seine Genossen abzuringen, und Letztere sorgten sich um Nichts, eben weil Cyrus Smith bei ihnen war. Diesen Unterschied begreift man wohl; Pencroff vor Allen hätte seit der Wiederentfachung des Feuers keinen Augenblick verzweifelt, selbst wenn er sich auf einem nackten Felsen befunden hätte, wenn nur Cyrus Smith mit auf diesem Felsen war. »Bah! sagte er, aus Richmond sind wir ohne Erlaubnis der Behörden herausgekommen, es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn wir nicht heute oder morgen von einem Ort wegkommen sollten, an dem uns gewiss Niemand zurück hält!« Cyrus Smith verfolgte den nämlichen Weg, wie am Abend vorher. Man ging auf der Stufe zwischen beiden Kegeln um den oberen bis an die Mündung des Seitenkraters herum. Das Wetter war prächtig. Glänzend stieg die Sonne am Himmel empor und vergoldete mit ihren Strahlen die ganze Ostseite des Berges. Man trat in den Krater ein. Er erschien so, wie ihn der Ingenieur im Halbdunkel erkannt hatte, d.h. ein ungeheurer Trichter, der sich bis zur Höhe von 100!! Fuß über dem Plateau nach und nach erweiterte. Unterhalb der Seitenmündung schlängelten sich dicke und breite Lavaströme hinunter und zeichneten so den Weg der Auswurfmassen vor, bis in die tieferen Täler hinab, welche den nördlichen Teil der Insel fürchten. Das Innere des Kraters, dessen Neigung fünfunddreißig bis vierzig Grade nicht überschritt, setzte der Besteigung keinerlei Hindernisse entgegen. Noch fand man Spuren sehr alter Laven, die wahrscheinlich früher über den Rand des Kraters flossen, so lange die Seitenmündung ihnen jenen neuen Ausweg noch nicht bot. Der Schlund des Vulkans, welcher die Verbindung zwischen den unterirdischen Schichten und dem Krater herstellte, war seiner Tiefe nach nicht mit den Augen abzuschätzen, da er sich in der Dunkelheit verlor. Über das vollständige Verlöschen des Vulkans konnte man jedoch keinen Augenblick im Zweifel sein. Noch vor acht Uhr befanden sich Cyrus Smith und seine Gefährten auf dem Gipfel desselben, auf einem kleinen konischen Hügel, der am nördlichen Rand einer großen Blase ähnlich erschien. »Das Meer! Überall das Meer!« riefen sie, als hätten ihre Lippen dieses Wort, das sie zu Insulanern machte, nicht zurückhalten können. Wirklich erstreckte sich rings um sie die ungeheure kreisförmige Wasserfläche. Als Cyrus Smith den Gipfel noch einmal bestieg, leitete ihn vielleicht die Hoffnung, irgend eine Küste, eine nahe gelegene Insel zu entdecken, die er in der Dunkelheit des vergangenen Abends nicht hatte erkennen können. Aber Nichts zeigte sich am ganzen Horizont, d.h. in einem Umkreise von mehr als fünfzig Meilen. Kein Land war in Sicht, kein Segel auf dem Wasser! Der ganze unendliche Raum wüst und leer, und in seiner Mitte lag die verlassene Insel, ein Steinchen im Weltmeer! Stumm und unbeweglich musterten der Ingenieur und seine Gefährten einige Minuten lang den Ozean. Ihre Augen durchdrangen ihn bis zu den äußersten Grenzen. Doch selbst Pencroff, der ein so ausgezeichnetes Sehvermögen besaß, bemerkte Nichts, und er hätte doch ohne Zweifel selbst die geringste Spur eines entfernten Landes, und wenn es sich nur durch einen noch so seinen Dunstkreis verriet, wahrgenommen, denn unter seine Augenbrauen hatte die Natur zwei wahrhafte Teleskope eingepflanzt. Vom Meer weg schweiften die Blicke über das umgebende Land, welches der Berg vollständig beherrschte, als Gedeon Spilett zuerst das Schweigen mit der Frage brach: »Wie viel mag die Größe dieser Insel wohl betragen?« Wenn man sie so mitten in dem grenzenlosen Ozean liegen sah, schien dieselbe nicht sehr beträchtlich zu sein. Cyrus Smith überlegte eine kurze Zeit; er fasste unter Beachtung der Höhe, in welcher er sich befand, den Umfang der Insel ins Auge. »Ich glaube nicht zu irren, meine Freunde, sagte er dann, wenn ich die Küstenentwickelung unseres Reiches auf mehr als hundert Meilen [Fußnote: Etwa 180 Kilometer] abschätze. – Folglich beträgt ihre Oberfläche?… – Das ist schwer zu sagen, antwortete der Ingenieur, dafür ist das Ufer zu unregelmäßig zerrissen.« Wenn sich Cyrus Smith in seiner Abschätzung nicht täuschte, so hatte die Insel ungefähr die Ausdehnung von Malta oder Xanthes im Mittelmeer; doch erschien dieselbe weit unregelmäßiger gestaltet, und reicher an Kaps, Vorgebirgen, Spitzen, Buchten und Schlüpfhafen. Ihre sonderbare Form fiel unwillkürlich ins Auge, und als Gedeon Spilett diese auf des Ingenieurs Wunsch in ihren Umrissen gezeichnet hatte, fand man, dass dieselbe einem phantastischen Tier mit geflügelten Füßen ähnelte, das auf der Oberfläche des Pazifischen Ozeans eingeschlafen war. Wir geben hier eine kurze Beschreibung der Gestalt der Insel, von der der Reporter sofort eine Karte mit hinreichender Genauigkeit entwarf. Der Küstenstrich, an dem die Schiffbrüchigen ans Land gekommen waren, bildete einen weit offenen Bogen und umgrenzte damit eine ausgedehnte Bucht, die im Südosten mit einem spitzigen Kap endigte, das Pencroff bei seiner ersten Umschau wegen zwischen liegender Hindernisse nicht hatte sehen können. Im Nordosten schlossen diese Bucht zwei andere Landvorsprünge, zwischen denen eine schmale Bucht verlief, so dass das Ganze dem geöffneten Rachen eines ungeheuren Hals nicht unähnlich erschien. Von Nordosten nach Nordwesten zu rundete sich die Küste ähnlich dem flachen Schädel eines wilden Tieres ab, und erhob sich nach innen zu einer Art Landrücken, dessen Mittelpunkt der Vulkanberg einnahm. Von hier aus strich das Ufer ziemlich regelmäßig von Norden nach Süden, und war nur in zwei Dritteilen seiner Länge von einem engen Schlüpfhafen eingeschnitten, über den hinaus dasselbe mit einer schmalen Landzunge, ähnlich dem Schwanz eines riesigen Alligators, endigte. Dieser Schwanz bildete eine wirkliche, gegen dreißig Meilen weit ins Meer vorspringende Halbinsel, welche von dem schon erwähnten südöstlichen Kap aus eine weit offene Rede abschloss. In ihrer geringsten Breite, d.h. zwischen den Kaminen und dem Schlüpfhafen an der nördlichen Küste, maß die Insel höchstens zehn Meilen in der Breite, wogegen ihre größte Länge, von dem Haifischrachen im Nordosten bis zur Schwanzspitze im Südwesten, nicht weniger als fünfzig Meilen betrug. Das Innere des Landes selbst zeigte etwa folgenden Anblick: Bei reichlichem Waldbestände im Süden, von dem Vulkan aus bis zum Ufer hin, erschien es im Norden dagegen sandig und dürr. Cyrus Smith und seine Gefährten erstaunten nicht wenig, zwischen sich und der Ostküste einen See liegen zu sehen, von dem sie bis jetzt keine Ahnung gehabt hatten. Von dieser Höhe aus betrachtet, schien der See zwar in gleichem Niveau mit dem Meer zu liegen; nach einiger Überlegung erklärte der Ingenieur aber seinen Begleitern, dass jene Wasserfläche mindestens dreihundert Fuß über dem Meer liegen müsse, denn das Plateau, auf dem er sich befand, war nichts anderes als eine Fortsetzung des Oberlandes der Küste. »Das wäre demnach ein Süßwassersee? fragte Pencroff. – Ganz gewiss, erwiderte der Ingenieur, denn er nährt sich von dem Wasser, das aus den Bergen abfließt. – Ich sehe auch einen kleinen Fluss, der in denselben mündet, sagte Harbert, und wies nach einem schmalen Wasserlaufe, dessen Quell offenbar in den westlichen Vorbergen zu suchen war. – Wirklich, bestätigte Cyrus Smith, und da dieser Bach dem See zufließt, ist es wahrscheinlich, dass das Wasser nach der Seite des Meeres hin auch einen Abfluss hat. Doch das werden wir bei unserer Rückkehr in Erfahrung bringen.« Dieser kleine, sehr geschlängelte Wasserlauf und der schon bekannte Fluss bildeten das ganze hydrographische System, soweit es die Beobachter augenblicklich zu übersehen vermochten. Damit war die Möglichkeit jedoch nicht ausgeschlossen, dass unter den Bäumen, welche ja aus zwei Dritteln der Insel einen ungeheuren Wald machten,...