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E-Book, Deutsch, 185 Seiten

Veen Das Bild der DDR in Literatur, Film und Internet

25 Jahre Erinnerung und Deutung

E-Book, Deutsch, 185 Seiten

ISBN: 978-3-412-50396-3
Verlag: Böhlau
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Dieser Band widmet sich der Frage, mit welchen Bildern, Stereotypen, Konstruktionen, Mustern und Deutungen die DDR in Literatur, Film und Internet rückblickend erinnert wird. Welche Themen, Probleme, Gestalten und Ereignisse sind vorherrschend? Welche Wertungen zwischen Ostalgie und kritischer Aufarbeitung dominieren? Wie breit ist das Spektrum der Erinnerungen und Deutungen in der Rückschau auf die DDR als Parteidiktatur und als sozialistische Gesellschaftsordnung? Und: Haben sich die Erinnerungen und Deutungen des untergegangenen Regimes in den letzten 25 Jahren verändert? Welche Sicht auf die DDR herrscht heute vor?
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Hans-Joachim Veen Einführung Mit dem Thema »Das Bild der DDR in der Literatur und den audiovisuellen Medien – 25 Jahre Erinnerung und Deutung« des 13. Internationalen Symposiums der Stiftung Ettersberg am 17. und 18. Oktober 2014 verließen wir die Grenzen unseres Faches, die Zeitgeschichte und Politikwissenschaft, und wagten uns in die Literatur- und die Medienwissenschaften vor. So interdisziplinär war bisher noch keines unserer internationalen Symposien, aber im Jubiläumsjahr 2014, dem Jahr der europäischen Zeitgeschichte, schien uns dieses weite Ausgreifen in die geistig-kulturelle Rezeptionsgeschichte der Friedlichen Revolution mehr als angemessen. 2014 wurde an den Beginn des Ersten Weltkrieges vor einhundert Jahren, an den Beginn des Zweiten Weltkrieges vor 75 Jahren und an die Friedliche Revolution, die vor 25 Jahren die SED-Diktatur hinwegfegte, erinnert. Im Erinnern und im Gedenken dürften die Deutschen im Nationenvergleich ganz vorn sein. Manchmal gewinnt man den Eindruck, dass das Erinnern und Gedenken fast übermächtig wird, dass wir uns in Deutschland mehr mit der Vergangenheit als mit der Zukunft beschäftigen. Aber wenn man am 9. Oktober 2014 in Leipzig beim Lichterfest dabei war und die geschätzten 200.000 Menschen erlebt hat, die dieses psychologisch entscheidenden Tages vor 25 Jahren gedachten, als die Menschen ihre Angst überwanden, auf die Straße gingen und das Regime zurückwich, hat man gespürt, wie tief das Bedürfnis ist, diesen Wendepunkt der SED-Diktatur in Erinnerung zu behalten. Ich habe diesen Tag jedenfalls als einen stolzen Tag, nicht nur für die Oppositionellen von damals, sondern für die Demokratie in ganz Deutschland verinnerlicht. Aber das Groß-Gedenken hat natürlich auch seine Gefahren. Bundespräsident Joachim Gauck hat auf dem Deutschen Historikertag 2014 in Göttingen eine davon zur Sprache gebracht, als er die Frage stellte, »ob die Geschichte nicht dabei ist, über die Gegenwart und Zukunft zu siegen?« Der Bundespräsident fuhr fort: Hat man noch nicht vor allzu langer Zeit Anklagen von der »Geschichtslosigkeit« oder »Geschichtsvergessenheit« der Gegenwart gesprochen, so scheint mir heute das Gegenteil zuzutreffen! Unaufhörlich und fast ausschließlich, so sieht es aus, [<<7||8>>] sind wir gegenwärtig mit der Geschichte, sind wir mit Jubiläen, Gedenktagen, Erinnerungen und Denkmälern oder Denkmalplanungen konfrontiert. Wo ist nur die Zukunft hin?1 Wo ist nur die Zukunft hin? Wie wurden die Weichen dafür intellektuell, künstlerisch und medial nach dem Ende der DDR gestellt? Diese Fragen haben auch bei der Planung unseres 13. Internationalen Symposiums eine wesentliche Rolle gespielt. Wir waren uns rasch einig, dass es nicht genug wäre, einfach in den vielstimmigen Chor der Erinnerung an die Ereignisse vor 25 Jahren einzufallen. Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung listet in seinem informativen Internetportal »Freiheit und Einheit« dutzende von Veranstaltungen unterschiedlichster Art auf, die sich 2014 deutschlandweit der Erinnerung an den Sieg der Friedlichen Revolution widmeten. Dass die dortigen Auflistungen keineswegs vollständig sind, zeigt schon die Tatsache, dass ausgerechnet unser 13. Internationales Symposium zum »Bild der DDR in der Literatur und den audiovisuellen Medien – 25 Jahre Erinnerung und Deutung« dort nicht genannt wurde. Aber auch das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung ist eben nicht perfekt. Vielleicht mag auch die Kompliziertheit unserer Fragestellung dazu beigetragen haben, die eben nicht nur 25 Jahre Friedliche Revolution rekapitulieren will. Mit unserem Symposium wollten wir vielmehr versuchen, einen Beitrag zur Aufarbeitung der Aufarbeitung zu leisten. Es ging uns also nicht einfach um die Rückerinnerung an das Ende der SED-Diktatur, über deren Qualifizierung als Unrechtsstaat ja gerade im Vorfeld der Bildung einer rot-rot-grünen Koalition in Thüringen unter Führung eines ersten linken Ministerpräsidenten ein heftiger Streit in der LINKEN getobt hat. Es ging uns auch nicht um die Rückerinnerung an die gloriosen Wochen der Friedlichen Revolution, als die DDR-Führung die Botschaftsflüchtlinge in Prag und Warschau in die Freiheit entlassen musste, als die Friedensandachten sich zu Massendemonstrationen ausweiteten und die SED-Machthaber hilflos zusehen mussten, wie ihnen die Macht entglitt, bis am 9. November 1989 in Folge eines Missverständnisses eines überforderten SED-Spitzenfunktionärs über Nacht die Mauer fiel und von den friedlichen Massen überrollt wurde. Gewiss: »Wahnsinn« war das alles, und auch die, die das alles damals aktiv mitgestaltet oder am Fernsehen miterlebt hatten, möchten manchmal dem eigenen Erinnerungsvermögen misstrauen: Wieso war das plötzlich auf so wundersame Weise einfach und die Welt über Nacht eine andere geworden? [<<8||9>>] Wir fragten in unserem Symposium danach, wie die Literatur und die Medien mit allen diesen verschiedenen, widersprüchlichen, geteilten und allmählich auch verblassenden Erinnerungen umgehen. Literatur und Medien schreiben ja auf ihre Weise ein Protokoll der Zeitgeschichte und des Aufarbeitungsprozesses. Sie gestalten damit ganz wesentlich auch den Weg in die Zukunft des vereinigten Deutschlands mit, jener Zukunft also, nach deren Verbleib der Bundespräsident so eindringlich gefragt hat. Mit welchen Bildern, Stereotypen, Konstruktionen, Mustern und Deutungen wird die DDR demgemäß in der Literatur, in Film und Fernsehen erinnert? Welche Wertungen zwischen Ostalgie und kritischer Aufarbeitung dominieren? Wie breit ist das Spektrum der Erinnerungen und Deutungen in der Rückschau auf die DDR als Parteidiktatur und als sozialistische Gesellschaftsordnung? Und: Haben sich die Erinnerungen und Deutungen des untergegangenen Regimes in den letzten 25 Jahren verändert? Welche Sicht auf die DDR herrscht heute vor? Die Ergebnisse des 13. Internationalen Symposiums der Stiftung Ettersberg liegen nun in gewohnter Weise in Form dieses Tagungsbandes vor. Ohne im Einzelnen auf alle Autorinnen und Autoren eingehen zu wollen, soll an dieser Stelle nur der Aufsatz von Matthias Steinle Erwähnung finden, der am Symposium als Referent nicht mitwirken konnte, aber mit seinen Ausführungen zum DDR-Bild im deutschen Dokudrama eine vorzügliche Ergänzung zu den in diesem Band versammelten Beiträgen liefert. Schaue ich auf das Fernsehen, dann hat es dort in den letzten Jahren gewiss unzählige hochwertige Dokumentationen, auch einprägsame Spielfilme und viele informative Gesprächsrunden, bei denen jene mit Zeitzeugen immer am eindrücklichsten waren, gegeben. Inzwischen, so scheint es, ist das Thema insgesamt aber entschieden auf die hinteren Plätze weggerutscht. Ich erinnere nur an das meines Erachtens wenig fokussierte Fernsehabendprogramm des 3. Oktober, des Tages der Deutschen Einheit. ARD und ZDF erfreuten das Publikum mit einer Komödie um eine Rentner-Lottotippgemeinschaft und einem Krimi; der MDR zeigte So schön ist Deutschland, und 3sat brachte zur besten Sendezeit den liebenswerten Hauptmann von Köpenick mit Heinz Rühmann. Der Erinnerung, um hier gar nicht von Aufarbeitung zu sprechen, wurde dann mit einigen wohlbekannten Konserven vom Der Turm (Christian Schwochow, 2012) bis zur Nikolaikirche (Frank Beyer, 1995) im Spätprogramm ein Platz eingeräumt. Vielfach ist in der letzten Zeit nach dem großen Roman oder dem großen Film gerufen worden, in denen SED-Diktatur, Friedliche Revolution oder gesamtdeutscher Wiedervereinigungsprozess so zur Geltung kommen, dass eine breite Öffentlichkeit sagen kann: »Ja, so war es. Ja, so haben wir es erlebt und erinnern uns an jene Geschehnisse, die im Herbst 1989 die Welt veränderten.« [<<10||11>>] Zugestandenermaßen: Christa Wolf, Stefan Heym, Thomas Brussig, Christoph Hein, Uwe Tellkamp, Monika Maron, Reinhard Jirgl, Volker Braun, Jana Hensel, Eugen Ruge und manch andere haben wichtige, auch glanzvolle Beiträge zur sogenannten »Wendeliteratur« geleistet, vor allem im geschichtspolitischen Deutungskampf um den SED-Staat. Fast unmittelbar vor Beginn unseres Symposiums hatte der Thüringer Lutz Seiler für Kruso, einen Roman, der von Hiddensee und vom Untergang der DDR erzählt, den Deutschen Buchpreis auf der Frankfurter Buchmesse bekommen. Im Leitartikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 8. Oktober 2014 wurde dazu angemerkt: Vor sechs Jahren ging die viel beachtete Auszeichnung, die regelmäßig sechsstellige Verkaufszahlen für die prämierten Bücher garantiert, an Uwe Tellkamp für den »Turm«, 2011 an Eugen Ruge für »In Zeiten des abnehmenden Lichts«. Die drei Bücher stammen von Männern, was bemerkenswert genug ist, weil der Deutsche Buchpreis bislang häufiger von Autorinnen gewonnen worden ist. Noch interessanter ist, dass sowohl Tellkamp als auch Ruge und Seiler aus der DDR stammen.2 Das Genre des sogenannten »Wenderomans« ist also eine eindeutig ostdeutsche Angelegenheit. Dazu passt auch der vierte und früheste, noch vor Buchpreiszeiten erzielte große Verkaufserfolg des Genres »Wenderoman«: Thomas Brussigs 1995...


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