E-Book, Deutsch, Band 4, 256 Seiten
various Berühmte Märchen aus aller Welt Band 4
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-95958-758-7
Verlag: Bild und Heimat Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Von Schneewittchen bis Zwerg Nase
E-Book, Deutsch, Band 4, 256 Seiten
Reihe: Berühmte Märchen aus aller Welt Band
ISBN: 978-3-95958-758-7
Verlag: Bild und Heimat Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mit vielen prachtvollen Illustrationen
Die Märchen von Hans Christian Andersen, Charles Dickens, den Brüdern Grimm, Wilhelm Hauff, Alexander Puschkin …
Mit den Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht, chinesischen Volksmärchen, "Die Schöne und das Biest" aus Frankreich, "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" aus Tschechien, Märchen aus Amerika, Afrika, Indien …
Weitere Infos & Material
Salz ist wertvoller als Gold
Aus der Slowakei
Von Pavol Dobšinský
Es war einmal ein König, der hatte drei Töchter, Agnes, Ludmila und Maruschka, die er wie sein Augenlicht liebte. Er war schon alt und des Herrschens müde, und so sann er oft darüber nach, welche seiner Töchter nach seinem Tode Königin werden sollte.
Die Wahl wurde ihm schwer, denn er liebte alle drei gleichermaßen. Endlich, nach reiflichem und langem Erwägen entschloss er sich, diejenige zur Herrscherin zu bestimmen, die ihn am innigsten liebte. Er berief die Prinzessinnen vor seinen Thron und sprach zu ihnen: »Meine lieben Töchter! Ich bin alt und schwach geworden und werde nicht mehr lange unter euch weilen. Doch bevor ich sterbe, will ich eine von euch zu meiner Nachfolgerin ernennen. Vorerst aber will ich prüfen, welche mich am liebsten hat. Sage du mir, Agnes, meine Älteste, wie liebst du deinen Vater?« – »Ach, lieber Vater, ich liebe dich mehr als Gold!«, antwortete Agnes und küsste seine Hand.
»Und du, Ludmila, wie sehr liebst du mich denn?« – »Ach, mein gutes Väterchen«, rief das Mädchen und umarmte den König, »ich liebe dich wie mein Brautgeschmeide.« – »Und nun du, meine Jüngste, sage mir, wie du mich liebst?«, fragte der König und wandte sich Maruschka zu. »Ich, Vater, liebe dich wie Salz«, antwortete sie nach kurzem Überlegen und sah den König allerliebst an. »Oh, du böses Mädchen, du liebst deinen Vater nur wie Salz! Schäme dich«, riefen ihre beiden Schwestern empört. »Ja, wie Salz liebe ich meinen Vater«, wiederholte Maruschka. Da wurde auch der alte König böse. Er konnte nicht verstehen, dass Maruschka ihre Liebe zu ihm mit einem so einfachen Dinge verglich, das jedermann, auch der Ärmste, besaß und nur für wenige Groschen erwerben konnte.
»Geh, mir aus den Augen, du undankbares Mädchen!«, rief er. »Ich will dich erst dann wiedersehen, wenn den Menschen Salz wertvoller als Gold und Edelsteine erscheinen wird. Dann kehre zurück, denn dann will ich dich zur Königin machen!« Dass jemals eine so böse Zeit kommen könnte, daran glaubten weder der alte König noch seine beiden älteren Töchter. Ohne zu widersprechen, mit tränenüberströmtem Antlitz, verließ die stets gehorsame Maruschka das Schloss ihres Vaters. Einsam und verlassen stand sie auf der Straße und wusste nicht, wohin sie ihre Schritte wenden sollte. Schließlich beschloss sie, der Richtung des Windes zu folgen. Sie wanderte über Berge und Täler, bis sie zu einem dichten Birkenwäldchen kam. Da trat ihr eine alte Frau in den Weg. Maruschka grüßte freundlich und wünschte der Alten einen guten Morgen. Die Alte sah die rotgeweinten Augen des Mädchens und sagte mitfühlend: »Was bedrückt dich denn, mein Kind, dass du so bitterlich weinst?«
»Ach, Mütterchen«, antwortete Maruschka, »fragt nicht nach meinem Kummer! Ihr könnt mir ja ohnehin nicht helfen!« – »Vielleicht doch!«, sagte die Alte lächelnd. »Öffne mir dein Herz und sage mir, was dich quält. Wo graue Haare sind, da ist auch Vernunft.« Ermutigt erzählte nun Maruschka, was sich zugetragen hatte, und weinend fügte sie hinzu: »Ich will ja gar nicht Königin werden, sondern will nur allzu gerne meinen Vater von meiner aufrichtigen Liebe zu ihm überzeugen!« Die Alte ließ Maruschka zu Ende erzählen, obwohl sie von Anfang an wusste, was der Grund ihres Kummers war, denn sie war keine gewöhnliche alte Frau, sondern eine gute Fee.
Freundlich nahm sie das Mädchen bei der Hand und forderte es auf, in ihre Dienste einzutreten. Maruschka war überglücklich und ging mit der Alten. Die gute Fee führte sie in ihr Waldhäuschen und gab ihr zu essen und zu trinken. Als sich Maruschka gelabt hatte, fragte die alte Frau: »Kannst du Schafe hüten? Kannst du melken? Kannst du spinnen und weben?« – »Nichts desgleichen habe ich gelernt«, antwortete das Mädchen traurig, »doch wenn Ihr es mir zeigen wollt, will ich es versuchen und sicherlich schnell lernen!« – »Dies werde ich gerne tun und dich in allem unterweisen. Sei nur stets gut und gehorsam und tue, was ich dir sagen werde. Wenn sich die Zeit zur Zeit gesellt, wird dir Glück und Freude erwachsen!« Maruschka versprach folgsam zu sein, und da sie fleißig und willig war, lernte sie schnell, und die Arbeit machte ihr viel Freude.
Inzwischen lebten die beiden älteren Prinzessinnen auf dem Schloss in Saus und Braus. Mit falschen Worten und vorgetäuschten Liebkosungen umgarnten sie den alten König und verlangten täglich neue und neue Geschenke. Die älteste Prinzessin stand den lieben Tag lang vor dem Spiegel und kleidete sich in prächtige Gewänder, während ihre Schwester sich mit Gold und Edelsteinen schmückte und unaufhörlich tanzte. Ein Festmahl folgte dem anderen, und die Mädchen hatten nichts anderes als nur ihr Vergnügen im Sinn. Da gingen dem alten König die Augen auf, er musste erkennen, dass seinen Töchtern Gold und Tanz lieber waren als er. Er gedachte seiner jüngsten Tochter und erinnerte sich an die aufrichtige Liebe, mit der sie ihn immer umgeben, ihn geherzt und liebkost hatte. Er wusste nun, dass er sie allein zur Königin hätte ernennen sollen. Wie gern hätte er sie zurückgeholt, wenn er nur gewusst hätte, wo sie sich befand! Kamen ihm aber ihre Worte in den Sinn, dass sie ihn nur so wie Salz liebe, wurde er wieder ärgerlich und zweifelte an ihr.
Eines Tages sollte ein Festmahl im Schloss gegeben werden. Da stürzte der Koch vor des Königs Thron und rief: »Herr, ein großes Missgeschick hat uns befallen! Das Salz in der Küche und auch im ganzen Lande ist zerflossen und hat sich aufgelöst. Womit soll ich denn die Speisen salzen?« – »Kannst du denn nichts anderes zum Würzen verwenden?«, fragte der König ärgerlich. »Oh, Herr, welches Gewürz könnte denn Salz ersetzen?«, rief der Koch verzweifelt. Auf diese Frage wusste der König keine Antwort. Er wurde böse und befahl dem Koch, das Festmahl ohne Salz zuzubereiten. »Wenn es dem König recht ist, mir kann es sicherlich recht sein«, dachte der Koch und sandte ungesalzene Speisen zur Königstafel. Den Gästen wollten die Gerichte nicht munden, obwohl sie sonst schmackhaft und wohlgefällig zubereitet waren.
Der König sandte seine Boten nach allen Windrichtungen aus, um Salz zu holen, doch sie alle kehrten unverrichteter Dinge und mit leeren Händen ins Schloss zurück. Das gleiche Missgeschick hatte auch die Nachbarländer betroffen, und wer noch einen kleinen Salzvorrat hatte, wollte sich nicht für alles Gold der Welt von ihm trennen. Auf Befehl des Königs bereitete nun der Koch nur noch süße Speisen und Gerichte zu, die keines Salzes bedurften. Doch auch diese Speisen wollten den Gästen auf die Dauer nicht schmecken, und als sie sahen, dass keine Besserung abzusehen war, verließen sie, einer nach dem anderen, das königliche Schloss. Die beiden Prinzessinnen waren untröstlich, aber es blieb ihnen nichts anderes übrig, als die Gäste ziehen zu lassen.
Doch nicht nur die Menschen, sondern auch das Vieh in den Ställen litt unter diesem Salzmangel. Kühe, Ziegen und Schafe gaben wenig Milch, es war ein Unglück für jedermann im Lande. Die Leute wankten müde zur Arbeit und wurden schwach und krank. Sogar den König und seine beiden Töchter verschonte die Krankheit nicht. Da erst erkannten sie, welch seltene Gabe des Himmels das Salz war und wie wenig sie diese geschätzt hatten. Die Schuld, Maruschka unrecht getan zu haben, lastete schwer auf des Königs Gewissen.
In der Zwischenzeit lebte das Mädchen in der Hütte im Wald glücklich und zufrieden. Sie ahnte nicht, wie schlecht es ihrem Vater und ihren beiden Schwestern zu Hause erging. Die weise Frau jedoch wusste nur zu genau, was sich dort zutrug. Eines Tages sprach sie zu Maruschka: »Stets sagte ich dir, dass wenn die Zeit sich zur Zeit gesellt, deine Stunde kommen wird. Deine Stunde hat nun geschlagen, kehre nach Hause zurück!« – »Ach, mein gutes Mütterchen, wie könnte ich denn jemals wieder zurückkehren, wenn mich mein eigener Vater aus dem Haus gewiesen hat«, antwortete das Mädchen und fing zu weinen an. Da erzählte ihr die gute Fee, was sich während ihrer Abwesenheit zugetragen hatte. Dass nun die Worte an ihren Vater wahr geworden und Salz wertvoller als Gold und Edelsteine sei.
Ungern verließ Maruschka die gute Fee, die sie so viele nützliche Dinge gelehrt hatte, doch ihre Sehnsucht nach dem Vater war erwacht, und sie konnte es kaum erwarten, ihn wiederzusehen. »Du hast mir treu gedient, Maruschka«, sprach die Alte beim Abschied, »und ich will dich gut entlohnen. Sage mir, was du dir wünschst.« – »Ihr wart gut zu mir und habt mich so vieles gelehrt«, antwortete Maruschka, »ich will nichts anderes von Euch, Mütterchen, als ein wenig Salz, welches ich meinem Vater bringen will.« – »Und nichts weiter wünschst du? Ich könnte jeden deiner Wünsche erfüllen«, fragte nochmals die gute Fee. »Nein, nichts mehr begehre ich, Mütterchen, als das Salz«, beharrte Maruschka. »Da du das Salz so hochschätzt, möge es dir niemals daran fehlen«, sprach die Alte. »Nimm hier diese kleine Weidenrute, und wenn einmal der Mittagswind zu wehen beginnt, folge ihm. Gehe durch drei Täler und über drei Berge, dann halte ein und berühre den Boden mit der Weidenrute. Die Erde wird sich öffnen, tritt getrost ein. Was du dort finden wirst, gehört dir.«
Dankend nahm Maruschka die Weidenrute und verwahrte sie sorgfältig. Dann gab ihr die alte Frau ein Beutelchen, welches sie mit Salz füllte. Schweren Herzens nahm das Mädchen Abschied von dem kleinen Waldhäuschen, das ihr zur...




