Buch, Deutsch, Band 8, 112 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 205 mm, Gewicht: 145 g
Reihe: Caracol Lyrik
Lyrik
Buch, Deutsch, Band 8, 112 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 205 mm, Gewicht: 145 g
Reihe: Caracol Lyrik
ISBN: 978-3-907296-19-6
Verlag: Caracol Verlag der Autorinnen & Autoren
Der Archaeopteryx als Übergangsform passt gut zu diesen Texten, die oft zwischen Prosa und Lyrik stehen, zwischen Literatur und Philosophie. Typisch für den Autor sind auch sich ineinander (ver)schiebende Zeiten, Epochen, Gedankengänge. Er denkt oft in Bildern, manchmal Traumbildern; dabei hat er sich überschlagende Einsichten. Clemens Umbricht spickt seine dichten Texte mit Anspielungen auf Kulturgeschichte und bekannte Figuren der Vergangenheit wie der Gegenwart. Lesend kann man sich in des Autors verschlauften Assoziationen verlaufen – und das durchaus geniessen. Umbrichts Hauptgeste beim Schreiben ist das Hinterfragen. Beim ernsthaften Nachdenken findet er auch humorvolle Bilder und Selbstironie ist ihm nicht fremd:
Und das Nichtgeschriebene, flink wie ein Tempelaffe
der den Baum der Erkenntnis hochklettert.
Der neue Lyrikband umfasst sieben Kapitel: Heute, nicht aufgeschoben entführt die Lesenden in vorgestellte Gedankenwelten verschiedenster Figuren. Fata Morganen der Wirklichkeit versammelt atmosphärisch dichte Reiseerinnerungen oder Reisevorstellungen, Reiseträume. Schnee verbrannt im Wunderland zeugt vom Denken in Bildern. Profile von lange davor enthält Gedanken zu, von, aus Gemälden und Fotos. Buch der Könige versammelt erheiternde Texte über Typen, deren Ebenbilder man in der Realität, der Zeitgeschichte ahnt und sucht, darunter «Der König der Irrtümer», «Der König des Zögerns», «Der König der Widerrede». Aus der Ahnung der Wörter überdenkt ein «Leben als Leser». Archiv der Zwischenrufe ist eine Sammlung von Vierzeilern – Berichte von Gedankenreisen, Selbstbefragungen: «Das Icholot ausgepackt.».
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Der Tunnel
In der Spiegelung der Bahnhofsuhr
springen die Zeiger rückwärts.
Ich bin wieder einmal zu spät
und rufe mein zukünftiges Ich an.
Auch der nächste Zug ist abgefahren.
Sollte die Bahn einmal pünktlich sein,
wird das nackte Chaos ausbrechen.
Aber es ist Morgen, und ich habe Zeit.
An der Haltestelle ausserhalb des Fahrplans
gibt es kostenlose Bonuspunkte.
Ich will aussteigen und sie einsammeln.
Wieder einmal täusche ich mich.
Das Einkaufszentrum ist geschlossen,
und der Tunnel ist noch ein Stück länger.
Es gilt, die Alpen zu durchqueren.
Blauer Schnee funkelt auf den Seen.
Das alles kann nur ein Alptraum sein!
Ich habe die Augenbrauen einer Stoffeule
und erwäge meine Alternativen.
An die Party der Lokomotivführer gehen?
Nochmals mein zukünftiges Ich anrufen?
Schwer zu sagen, wer abnehmen wird.
Party? Zukunft? War das nicht gestern?
Ich wirke deeskalierend auf mich ein.
Ich muss auf der Höhe der Zeit bleiben.