Buch, Deutsch, 176 Seiten, GB, Format (B × H): 144 mm x 221 mm, Gewicht: 360 g
Buch, Deutsch, 176 Seiten, GB, Format (B × H): 144 mm x 221 mm, Gewicht: 360 g
ISBN: 978-3-88747-324-2
Verlag: Transit Buchverlag GmbH
Ein paradoxer, bislang wenig bekannter Aspekt der Nachkriegsgeschichte: Deutsche NS-Verbrecher wurden nach 1945 von kommunistischen Geheimdiensten rekrutiert, um in der Bundesrepublik zu spionieren. Nach der Wende von 1989 stehen die kommunistischen Funktionäre, die die Spione angeleitet haben, in Prag vor Gericht. Im Zuge dieser Prozesse wird Kriminalkommissar Heller als Zeuge geladen – und er findet dreißig Jahre nach zwei unaufgeklärten Morden heraus, wer und was in diesem Fall eine Rolle gespielt hat…
Halb Krimi, halb Spionageroman, führt der Plot nach Prag, Regensburg und Rom – Ende der siebziger Jahre. Es geht um einen Mord an einem Musiklehrer in Regensburg, zu dessen Aufklärung Kriminalkommissar Theodor Kolnik unbedingt nach Prag fahren will – und dort ebenfalls ermordet wird.
Sein junger Assistent Alwin Heller, der den Chef wegen seiner unkonventionellen Methoden und seines Spürsinns bewundert, ermittelt danach inoffiziell in Prag und erfährt irritierende Neuigkeiten. Kolnik, der sich als Widerstandskämpfer gegen die Nazis ausgegeben hat, ist in Wirklichkeit Mitglied einer SS-Einheit in der besetzten Tschechoslowakei gewesen, die 1945 auf der Partisanenjagd viele Menschen brutal ermordet hat. Er und seine Mitoffiziere wurden deswegen nach 1945 von den Kommunisten inhaftiert, dann aber bald wieder freigelassen – unter der Bedingung, fortan unter falschem Namen für die tschechische Staatssicherheit in der Bundesrepublik zu spionieren Einer von ihnen arbeitet in einer NATO-Abhöranlage nahe der tschechischen Grenze, vermutlich als Doppelagent – denn Heller, der die noch lebenden Täter überführen will, wird überraschend zurückgepfiffen und von Regensburg zum BKA nach Wiesbaden versetzt…
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Als Heller die Berichte an Kolnik weiterreichte, las dieser gerade in Dostojewskis Roman 'Schuld und Sühne', wobei er, wie immer, flüsterte. Kolnik kannte das Buch so gut wie auswendig, 'Schuld und Sühne' gehörte, neben dem Alten Testament und Franz Kafkas 'Der Process', zu den drei Werken, die er im Dienst zu lesen pflegte. Kolniks Kollegen hatten sich an diese Eigenheiten gewöhnt. Wenn der Chef bereit war, begann er, ebenso intensiv wie seine drei Bücher, die Akten zu studieren, mehrfach hintereinander, bis in die Nacht. Und dann, es dauerte oft nur ein, zwei Tage, hatte er die Lösung, den Zusammenhang. Manche sagten, Kolnik kenne das Böse so auswendig wie seine drei Bücher.
Das schwarze Telefon, das auf Kolniks Schreibtisch stand, stammte noch von der vorherigen Einrichtung. Hinter dem Schreibtisch hing eine Urkunde: Kolnik war im Jahr 1947 der erfolgreichste Passprüfer der amerikanischen Besatzungszone gewesen, 194 gefälschte Pässe hatte er sichergestellt. Nicht wenige SS-Leute hatten sich 1945, in den Wirren des Kriegsendes, falsche Ausweise besorgt, um im zerstörten Deutschland unterzutauchen. Und Theodor Kolnik, der, wie man sich erzählte, während des Dritten Reichs im Widerstand gewesen war, wurde nach dem Krieg beauftragt, Nazis zu enttarnen und sie vor Gericht zu bringen. 'Die allermeisten …', sagte Kolnik, wenn er über diese Zeiten sprach (was selten vorkam), 'die allermeisten sind uns aber ausgekommen.'
Jetzt war es so weit: Kolnik klappte 'Schuld und Sühne' zu. Er zog an der Zigarette, fingerte die Berichte aus dem Eingangsfach, legte sie vor sich hin. Er blätterte einen hellgrünen Umschlag auf, schob das Löschpapier beiseite, tat die Zigarette zurück, in Fäden schlang der Rauch sich in die Höhe.