Turini | Der Fluch der Dunkelgräfin | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 232 Seiten

Turini Der Fluch der Dunkelgräfin

E-Book, Deutsch, 232 Seiten

ISBN: 978-3-95869-352-4
Verlag: Amrun Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Geister, Dämonen, finstere Götter – das gibt es doch alles nicht! Oder doch?
Turini erzählt von unglücklichen Menschen, Häusern, die zum Gefängnis werden, misslungenen Fluchten und schrumpfenden Herzen. Neun Geschichten aus dem Grenzgebiet zwischen Wahnsinn und Wahrheit.
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Autoren/Hrsg.


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Aus der Tageszeitung der Stadt M. vom 24. Juli 19xx Vermischtes In der Nacht brannte das Haus des angesehenen Arztes Dr. Clemens Bromer bis auf die Grundmauern nieder. Die Feuerwehr konnte lediglich ein Übergreifen der Flammen auf die benachbarten Häuser verhindern. Zur Stunde ist noch nicht bekannt, ob es Überlebende gibt. Dr. Bromer hatte das Haus gemeinsam mit seiner Ehefrau Maria Bromer, geborene Lüttich, bewohnt. Das Paar hatte keine Kinder. Aus der Tageszeitung der Stadt M. vom 26. Juli 19xx Entsetzlicher Fund in Brandruine Nachdem in der Nacht zum Mittwoch das Haus des Arztes Dr. Clemens Bromer vollständig abbrannte (wir berichteten), machte die Feuerwehr bei der Untersuchung der Ruine eine grauenhafte Entdeckung. Neben den Leichen von Dr. Clemens Bromer und seiner Frau Maria Bromer fanden sich die Überreste von mindestens einem Dutzend Kleinkindern. Noch gibt es keine Hinweise auf die Identität der Kinder oder die Art ihres Todes, doch scheinen die meisten von ihnen unter verschiedenen Missbildungen gelitten zu haben. Die Leichen wurden im ehemaligen Keller des Hauses gefunden. Einige von ihnen waren vom Feuer bis zur Unkenntlichkeit verbrannt oder waren noch ganz oder teilweise begraben. Die Ermittlungen dauern zur Stunde noch an. Nach vorläufigen Angaben der Feuerwehr brach das Feuer im Wohnzimmer im Erdgeschoss des Hauses aus, wo auch die Leiche Maria Bromers aufgefunden wurde. Ihr Mann befand sich im Schlafzimmer. Brandstiftung kann nicht ausgeschlossen werden. Protokoll der Aussage der Zeugin S. W. M., den 28. Juli 19xx Anwesende: Polizeihauptkommissar Peter Bauer, Polizeikommissar Harald Steiger, Polizeiobermeister Arnd Pjetrowski, Zeugin S. W. Die Befragung wird durch PK Steiger durchgeführt, das Protokoll führt POM Pjetrowski »Bitte nennen Sie Ihren vollständigen Namen, Ihren aktuellen Wohnort und Ihren derzeitigen Beruf.« »Mein Name ist S. W. Ich wohne in W. und habe als Krankenschwester im Kloster St. Maria gearbeitet, aber zurzeit bin ich Hausfrau.« »Woher kannten Sie Doktor Clemens Bromer?« »Ich war lange die persönliche Assistentin von Dr. Bromer. Er schätzte meine große Diskretion. Es war schön, für ihn zu arbeiten, für einen so großen und klugen Mann, einen regelrechten Helden. Dr. Bromer ist der beste Arzt der Welt. Vermutlich auch der berühmteste. Doch sein eigentliches Können ist wohl kaum einem Menschen bewusst. Es wissen wohl auch nur wenige zu schätzen.« »Wie meinen Sie das?« »Lassen Sie es mich so sagen: Der Doktor hat schon so manche Frau glücklich gemacht, die das überhaupt nicht erwartet hätte. Oder gewünscht.« »Werden Sie doch bitte etwas konkreter, Frau W.!« Die Zeugin wirkt nervös. »Bitte, erst müssen Sie mir versprechen, dass Sie meinen Namen nicht weitergeben! Ich will nicht als Verräterin dastehen. Auch, wenn jetzt alle sagen, dass es falsch war, habe ich doch nur getan, was der Doktor verlangt hat – und ich habe es gerne getan. Also versprechen Sie mir, dass Sie Stillschweigen bewahren, wenn es an meine Identität geht!« »Streichen Sie den Namen der Zeugin aus dem Protokoll. Erzählen Sie von Ihrer Arbeit in dem Krankenhaus, Frau W.« »Ich nahm meine Arbeit im Kloster im Jahr 19xx auf. Ich war ein junges Mädchen aus armen Verhältnissen, meine Mutter war froh, dass ich diese Anstellung gefunden hatte. Eine Ausbildung, das müssen Sie sich mal vorstellen! Das Land lag in Trümmern, man kämpfte ums Überleben, aber ich, eine einfache Bauerstochter aus dieser unbedeutenden Familie, durfte in einer der Bedienstetenkammern in diesem schönen großen Haus wohnen. Das Kloster diente, wie so viele andere in jenen harten Zeiten, auch als Hospital, und die Ordensschwestern und wir Pflegeschülerinnen taten alles, um den Kranken und Verletzten beizustehen. Ich lernte, was man als Pflegerin können muss. Und ich putzte, wusch die Patienten, verband ihre Wunden und verteilte die Medikamente. Ich sprach mit ihnen, wann immer ich ein wenig Zeit dafür hatte. Das ist wichtig, wissen Sie: Wenn man krank ist, braucht man jemanden, der sich kümmert. Es ist wichtig für die Heilung, dass ab und zu jemand fragt, wie man sich fühlt. Oder ob man etwas braucht. Das war meine Aufgabe: den Patienten bei der Heilung helfen.« »Sie waren nur eine Pflegehelferin?« »Genau, nur eine Pflegehelferin. Dr. Bromer war ein wahrer Heiler, der beste Arzt im ganzen Hospital. Ich glaube manchmal, er war der Einzige, der wirklich etwas für die Kranken tun konnte. Er war so zärtlich, so fürsorglich und aufmerksam. Besonders zu den Frauen, die zu uns kamen. Dr. Bromer war Gynäkologe, aber natürlich musste bei uns jeder alles können.« »Warum das?« »Na, weil wir so wenige waren. Es waren harte Zeiten, jeder wurde gebraucht. Es gab nicht allzu viele Ärzte, die während und nach dem Krieg arbeiten konnten. Dr. Bromer waren die Kämpfe erspart geblieben, weil er so kurzsichtig war. Er war nahezu blind, nur mithilfe seiner dicken Brille konnte er sehen, und dann auch nur Dinge in seiner Nähe. Jeder wusste es, und Dr. Bromer wusste, dass sich alle mehr oder weniger offen darüber lustig machten. Dr. Maulwurf nannten sie ihn, oder Dr. Blindschleiche. Dumme kleine Scherze machten sie, auf Kosten eines Genies. Ich habe nie über den Doktor gelacht, oder ihm einen solch geschmacklosen Namen gegeben. Sie wussten alle nicht, was er durchmachen musste. Sie wussten doch alle nichts!« Die Zeugin erregt sich sehr und erhebt die Stimme. »Wollen Sie eine Pause machen?« Die Zeugin nickt. Zehn Minuten Pause. »Was wissen Sie über das Privatleben von Dr. Bromer?« »Er war verheiratet und hatte einmal eine Tochter gehabt, Melissa, die mit multiplen Fehlbildungen zur Welt gekommen war. Was für ein schlimmer Ausdruck ist das. Ich war zu der Zeit aber noch nicht im Hospital, man hat mir nur davon erzählt. Melissa konnte sich nicht richtig bewegen, sie hat angeblich nicht einmal geweint. Immer nur gewimmert, ganz leise. Wie ein kleines, verletztes Tier. Man kann ja immer mehr Krankheiten behandeln, aber als Melissa geboren wurde, konnte man nichts tun, es tobte ja noch der Krieg. Man konnte nur hoffen, dass das Kind überleben und sich das Problem auswachsen würde. Aber das passierte natürlich nicht.« »Wissen Sie, was für Fehlbildungen das Kind hatte?« »Keiner sprach gerne über die genaue Natur von Melissas Behinderungen, aber einige der Ordensschwestern erwähnten eine der vielfältigen Prüfungen Gottes. Ich glaube, so spricht man nur über ein besonders hartes Schicksal. Nun, auf jeden Fall starb die Kleine schon nach wenigen Wochen.« »Und zu diesem Zeitpunkt, der Geburt und dem frühen Tod der Tochter von Dr. Bromer, waren Sie noch nicht in dem Hospital?« »Nein, damals noch nicht. Ich fing erst einige Monate später dort an.« »Wann erfuhren Sie von den Machenschaften des Doktors?« »Machenschaften?« Die Zeugin runzelt die Stirn. »Als er mich das erste Mal ins Vertrauen zog, das war 19xx, da hatten sie gerade das Untersuchungsverfahren eingestellt. Vermutlich hatte es ihn beeindruckt, dass ich ihn vor dem Ausschuss in Schutz genommen hatte.« »Welcher Ausschuss?« »Der Untersuchungsausschuss, wegen der Medikamente und der Bücher. Sie müssen wissen, dass das Hospital einen hervorragenden Ruf hatte, besonders in Anbetracht der Tatsache, dass es seinen Ursprung allein im Wunsch der Ordensschwestern hatte, einen mildtätigen Beitrag in Kriegszeiten zu leisten. Nun war es so, dass seit Monaten Medikamente verschwanden. Es waren allzu viele, und es waren sehr teure darunter. Auch welche, die sich nicht ohne Probleme ersetzen ließen. Die Ausgaben für den Ersatz waren groß, es musste auffallen. Besonders, da wir ja nicht viel hatten, was wir ausgeben konnten. Dennoch war es merkwürdig, denn auch nach Wochen sagten die Angestellten alle, dass sie nichts Ungewöhnliches gesehen hätten. Ich dagegen wusste durchaus, was los war. Sofort als die ersten Schwestern befragt wurden, war mir klar, was passiert sein musste. Ich hatte ihn nämlich gesehen. Es war an einem Sommerabend gewesen, Juli und sehr heiß, zu Beginn meiner Nachtschicht. Wir hatten alle Fenster und auch die großen Flügeltüren zum Garten geöffnet, eine warme Brise strich durch die Flure und blähte die Vorhänge. Es ist so himmlisch, wenn der Wind durch den dünnen Stoff fährt und ihn hochhebt, als wolle er tanzen … Ich konnte nicht widerstehen: Ich stellte mich unter den Vorhang und ließ mich von dem Stoff und dem warmen Wind streicheln. Es wäre mir peinlich gewesen, wenn mich eine der anderen Pflegerinnen oder gar ein Arzt bei diesem unerlaubten Müßiggang erwischt hätte, aber ich war sicher, dass das nicht passieren konnte, weil ich noch wenigstens bis Mitternacht allein sein würde. Das Abendessen war längst ausgegeben und die Medikamente verteilt, also war nun nichts mehr zu tun, wenn nicht ein Patient plötzlich Probleme bekam. Ich stand also in der Tür zum Garten und genoss die Brise und die sanfte Berührung des Vorhangs, da sah ich ihn aus dem Schwesternzimmer kommen. Dr. Bromer meine ich. Er war irgendwie merkwürdig. Vielleicht wirkte er nervös. So kannte ich ihn nicht, denn er war sonst immer so ruhig, so gelassen...


Die Wahl-Karlsruherin Simona Turini schreibt und liest Geschichten über unglückliche Menschen und genervte Götter, gestörte Familien in Häusern, die zum Gefängnis werden, oder Drogentrips mit Flora & Fauna. Manchmal präsentiert sie klassischen Horror, manchmal eher den Horror des Lebens, aber makaber wird es immer. Gibt man ihr Rotwein, trägt sie besagte Geschichten auch gerne dem geneigten Publikum vor.


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