Trautmann | Kritische Kommunikation in der Leitstelle | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 124 Seiten

Trautmann Kritische Kommunikation in der Leitstelle

Theorie und Praxis im Notrufdialog
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-17-043943-6
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Theorie und Praxis im Notrufdialog

E-Book, Deutsch, 124 Seiten

ISBN: 978-3-17-043943-6
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Kommunikation im Notrufdialog unterscheidet sich in vielen Punkten von der Alltagskommunikation. Der Autor geht in seinem Werk auf die Notrufkommunikation in der Leitstelle ein und entwickelt ein Konzept, mit dem die Angehörigen der Leitstelle professionell, schnell und sicher - gerade auf schwierige Notrufe - reagieren können. Ziel des Buches ist es, über die "biologischen Programme" des menschlichen Gehirns aufzuklären und mit praxisbezogenen Beispielen und Erläuterungen die Mitarbeitenden von Leitstellen in die Lage zu versetzen, Notrufgespräche souverän, zielgerichtet und anruferorientiert führen zu können.

Trautmann Kritische Kommunikation in der Leitstelle jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


[14]1Grundlagen
Bevor ich mit zwei Zitaten in das Thema einsteige, möchte ich an dieser Stelle vorsorglich erwähnen, dass es sich bei dem in dem Kapitel »Grundlagen« Thematisiertem lediglich um kurze Wiederholungen handelt. Sie sollen zur Auffrischung des bereits erworbenen Wissens dienen, und werden nicht in der Tiefe und Ausführlichkeit behandelt, welche sie eigentlich »verdienen«! »Sprache ist eine ausschließlich dem Menschen eigene, nicht im Instinkt wurzelnde Methode zur Übermittlung von Gedanken, Gefühlen und Wünschen mittels eines Systems von frei geschaffenen Symbolen.« (E. Sapir)
»Sprache ist für alle komplexeren Tätigkeiten und Denkvorgänge des Menschen unverzichtbar.« (W. von Humboldt) Unsere Sprache ist nicht im Instinkt wurzelnd. Sprache muss erlernt werden. Jeder Mensch erlernt seine eigene (Mutter-) Sprache. Sprache ist ein System von frei geschaffenen Symbolen, also Worten. Zwei Menschen, welche die gleiche Sprache sprechen, können sich miteinander unterhalten. Spricht ein Mensch diese Sprache nicht, ist eine Unterhaltung mittels Austausches von Informationen in Form von Worten nahezu unmöglich. Nur mit einem umfassenden Wortschatz sind komplexe Tätigkeiten und Denkvorgänge möglich. Dieser Wortschatz baut sich im Lauf des Lebens auf. Je nach Sozialisierung, Ausbildung oder Beruf variiert das Vokabular. Der aktive Wortschatz eines erwachsenen Menschen beträgt durchschnittlich 12 000 bis 16 000 Wörter. Schätzungen gehen von einer Streubreite von 3 000 bis 200 000 Wörtern aus. Der Gesamtwortschatz der deutschen Sprache beinhaltet – je nach Quelle – 500 000 plus X Wörter. Goethe verfügte über einen Wortschatz von 90 000 aktiv gebrauchten Wörtern. Was ist überhaupt Kommunikation? Betrachtet man dieses Wort nüchtern, handelt es sich um ein feminines Substantiv, welches aus dem Lateinischen stammt (»communicare«) und »teilen«, »mitteilen«, »teilnehmen lassen«, »gemeinsam machen« oder »vereinigen« bedeutet. Die Übersetzung ist laut Duden: »Verständigung durch die Verwendung von Zeichen und Sprache«. Kommunikation umfasst alle Fähigkeiten des Menschen, sich anderen mitzuteilen und andere zu verstehen. Sie ist das Mittel, um Botschaften, Wünsche, Erwartungen und Gefühle auszutauschen. Indem [15]Menschen miteinander kommunizieren, stellen sie durch den Austausch von Informationen Beziehungen her. In den folgenden Kapiteln werden die menschliche Sprache, die Kommunikationsformen und exemplarisch drei verschiedene Kommunikationsarten erörtert. Der letzte Block dieses Kapitels ist den Frage- und Gesprächstechniken gewidmet. Grundsätzlich sei gesagt, dass dieses Kapitel nicht mehr und nicht weniger als einen kurzen Abriss, eine kleine Wiederholung darstellen soll. Wer sich für das eine oder andere Thema tiefer interessiert, darf sich gerne aus der Fülle der weiterführenden Literatur bedienen. 1.1Die menschliche Sprache
Wie funktioniert das Sprechen? Luft passiert die Stimmbänder und erzeugt dabei einen Klang. Durch die Steuerung der Stimmbänder können Pegel und Tonhöhe der Stimme variieren. Durch die Einwirkung der Hohlräume oberhalb der Stimmbänder (Rachen, Mund- und Nasenhöhle) wird das Spektrum der Stimme gefiltert. Ändert man den Kraftaufwand der Stimme, ändern sich Pegel und Frequenzspektrum des Sprachtons. Sogar die Stimmlage ändert sich mit der Anstrengung. Schreien klingt anders, als mit einer entspannten Stimme zu reden. Um ein einziges Wort zu artikulieren, sind 18 sogenannte »Sprechwerkzeuge« und über 100 Muskeln beteiligt. Das Hörvermögen von Menschen kann Schallschwingungen von ca. 20 Hertz bis 20 000 Hertz verarbeiten. Die Grundfrequenz von Männern ist ca. 125 Hertz, die von Frauen mit ca. 250 Hertz etwa eine Oktave höher, und die von Babys ca. 450 Hertz. Da Babys noch keine Sprache beherrschen und dadurch nicht ihre Bedürfnisse verbalisieren können, ist es umso wichtiger, dass sie laut und deutlich auf sich aufmerksam machen können. Oftmals zum Leidwesen ihrer Eltern. Mit der Stimmlage werden unterschiedliche menschliche Eigenschaften verknüpft. Dieses Phänomen nennt man »Halo-Effekt«, worauf ich in einem späteren Kapitel genau eingehen werde. So suggeriert zum Beispiel eine tiefe Männerstimme Kompetenz, Souveränität, Verlässlichkeit, Dominanz und genetische Stabilität. Eine hohe Kleinmädchenstimme suggeriert Unterwerfung und eine hohe Frauenstimme Weiblichkeit und Fruchtbarkeit (Kreuziger 2014). [16]Die Stimm- und Sprachführung kann nach acht verschiedenen Ausdrucksmerkmalen bewertet werden: Stimme (warm – kalt) Lautstärke (laut – leise) Sprechgeschwindigkeit (schnell – langsam) Modulation von Lautstärke und Sprechgeschwindigkeit (viel – wenig) Sprechpausen (lang – kurz) Engagement (dynamisch – zurückhaltend) Aussprache (deutlich – undeutlich) Verlegenheitslaute (viele – wenig) »Die Sprache eines Menschen ist nicht nur wirksames – oder unwirksames Werkzeug, sondern kann auch ein Heilmittel, eine Waffe oder ein Gift sein.« (H. Eichler) Wie sprichst Du? Kennst Du Deine Stimme? Weißt Du, wie Deine Stimme auf andere Menschen wirkt? Immerhin ist sie Dein einziges und somit zeitgleich auch wichtigstes Kommunikationsmedium im Notrufdialog. Seine Stimm- und Sprachführung selbst zu bewerten ist sehr schwierig bis unmöglich. Aus diesem Grund möchte ich Dich zu einer Feedback-Übung einladen! Übung: Um diese Übung durchführen zu können, benötigst Du den Bewertungsbogen »Notruf-Analyse«, den Du in den Anhängen (?Anhang 1) findest. Suche Dir einen Kollegen, dem Du vertraust und zutraust, diese Bewertung möglichst objektiv durchführen zu können. Die Aufgabe des Kollegen ist es, Deine Stimm- und Sprachführung anhand der in dem Bewertungsbogen genannten Punkte zu bewerten und Dir ein Feedback hierüber zu geben. Höre Dir mit diesem Kollegen fünf von Dir durchgeführte Notrufgespräche an. Die Bewertung ist natürlich auch »on scene«, also: im Live-Notrufgespräch im Leitstellenbetrieb möglich. Viel Spaß dabei! Fakten zur Stimme: Es wird angenommen, dass sich in einer langen Beziehung ganz unbewusst Stimmlage und Sprechtempo aneinander annähern! Wusstest Du, dass die Stimme so individuell und unverwechselbar ist, wie ein Fingerabdruck? Wusstest Du, dass es einen stimmbasierten Lügendetektor gibt? (»Vocal Profiling« mittels »Voice-Stress-Analysis«) [17]1.2Kommunikationsformen
Verbale Kommunikation ist die Art der Kommunikation, bei der menschliche Sprache verwendet wird, um Informationen auszutauschen. Sie kann mündlich oder schriftlich erfolgen und ist ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Interaktion. Mündliche verbale Kommunikation findet häufig in Gesprächen, Vorträgen oder Präsentationen statt, während schriftliche verbale Kommunikation durch Briefe, E-Mails, SMS oder andere Formen von schriftlichen Texten erfolgt. Eine wichtige Eigenschaft der verbalen Kommunikation ist, dass sie sich auf die Verwendung von Worten und Sprache konzentriert, um Informationen auszudrücken und zu übertragen. Sie kann jedoch auch durch Ton, Betonung (paraverbale Kommunikation) und Gesten (nonverbale Kommunikation) unterstützt werden, um die Bedeutung von Worten zu verdeutlichen oder zu betonen. Verbale Kommunikation ist ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Interaktion und wird in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens verwendet, wie zum Beispiel in der Arbeit, in Beziehungen, in der Bildung und in der Freizeit. Sie hilft uns, unsere Gedanken und Ideen zu äußern, zu diskutieren und zu debattieren, und ermöglicht es uns, unsere Meinungen und Gefühle mit anderen zu teilen. Verbale Kommunikation ist auch wichtig, um menschliche Beziehungen aufzubauen und zu pflegen und um Informationen zu übertragen und zu lernen. Paraverbale Kommunikation bezieht sich auf die Art und Weise, wie wir unsere Worte aussprechen. Die paraverbalen Anteile (Sprachnebenbestandteile) lassen in der Regel einen direkten Rückschluss auf die emotionale Verfassung des Notrufenden zu, wie zum Beispiel die Lautstärke (laut: aufgebracht, leise: ängstlich) und Geschwindigkeit (schnell: aufgebracht, langsam: entspannt). Aber Achtung: Manche Menschen kommunizieren »inkongruent«, also: nicht erwartungsgemäß. So haben manche Menschen beispielsweise eine ruhige Stimmlage bei einem hochdramatischen Notfall. Inkongruente Kommunikation kann sich zu einem großen Risiko entwickeln! Paraverbale Kommunikation ist ein wichtiger Teil der Kommunikation, da sie die Bedeutung von Worten und Sätzen unterstützen und verdeutlichen kann. Sie kann [18]auch dazu beitragen, die Stimmung oder das emotionale Ausdrucksvermögen einer Person zu vermitteln. Ein Beispiel für paraverbale Kommunikation wäre, wenn jemand eine Frage mit einer hohen Stimme und betonter Stimme stellt, um Interesse oder Verwirrung auszudrücken. Oder wenn jemand eine Aussage mit einer langsamen, tiefen Stimme macht, um Autorität oder Ernsthaftigkeit zu vermitteln. Paraverbale Kommunikation kann sich auf verschiedene Weise auf die Kommunikation auswirken. Sie kann die Glaubwürdigkeit, die Autorität oder die Vertrauenswürdigkeit einer Person vermitteln oder eine engere Verbindung mit dem Gesprächspartner aufbauen. Sie kann...


Rafael Trautmann ist Beamter im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst. Er war bereits in mehreren Leitstellen in unterschiedlichen Funktionen tätig. Neben seiner feuerwehrtechnischen Ausbildung und der Ausbildung zum Notfallsanitäter ist er ausgebildeter Kommunikationstrainer, CRM-/Simulationstrainer und Berater für Stressmanagement. Zudem ist er nebenamtlich freiberuflicher Dozent und in Wissenschaft und Forschung aktiv.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.