E-Book, Deutsch, 464 Seiten
Toon Du bist mein Stern
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-10-400841-7
Verlag: S.Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 464 Seiten
ISBN: 978-3-10-400841-7
Verlag: S.Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Paige Toon ist eine internationale Bestsellerautorin, ihre Bücher haben sich weltweit knapp 2 Millionen Mal verkauft. Sie schreibt dramatische und emotionale Liebesgeschichten mit unvergesslichen Figuren und Settings, die ihre Leserinnen auf einzigartige Reisen mitnehmen. Ihre Liebesromane behandeln oft große Themen, die nachdenklich stimmen, und laden immer zum Träumen ein. Lachend und weinend wird man Teil einer neuen Familie. Paige Toon lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Cambridgeshire. Auf TikTok, Instagram und Facebook ist sie unter @paigetoonauthor zu finden.
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Kapitel 1
Autsch! Mir brummt der Schädel. Welcher Idiot feiert schon am Abend vor seinem ersten Tag im neuen Job eine Abschiedsparty?
Normalerweise bin ich nicht so chaotisch. Wahrscheinlich bin ich sogar der bestorganisierte Mensch, der euch je unterkommen wird. Dass ich am Vorabend meiner Abreise nach L. A. eine Party schmeiße, ist absolut untypisch für mich. Aber mir blieb kaum etwas anderes übrig. Ich hab den Job nämlich gerade erst bekommen.
Vor sieben Tagen war ich noch Persönliche Assistentin in einem Architektenbüro. Meine Chefin, Marie Sevenou (Anfang fünfzig, Französin, sehr hoch angesehen in der Branche), bestellte mich am Montagmorgen in ihr Büro und bat mich, die Tür zu schließen und Platz zu nehmen. Weil das in den neun Monaten, die ich für sie arbeitete, noch nie vorgekommen war, fragte ich mich als Erstes, ob ich irgendwas falsch gemacht haben könnte. Da ich allerdings ziemlich davon überzeugt war, dass nicht, wurde ich vor allem neugierig.
»Meg«, begann sie, und in ihren starken französischen Akzent mischte sich Verzweiflung. »Was ich Ihnen jetzt sage, schmerzt mich wirklich sehr.«
Verdammt, war sie etwa sterbenskrank?
»Ich möchte Sie nicht verlieren.«
Verdammt, war sterbenskrank? Sorry, blöder Scherz.
»Ich habe den ganzen gestrigen Tag mit mir und meinem Gewissen gerungen«, jammerte sie weiter. »Soll ich es ihr sagen? Soll ich es ihr lieber verheimlichen? Schließlich ist sie die beste P.A., die ich je hatte. Ich wäre untröstlich, wenn ich sie gehen lassen müsste.«
Ich kann meine Chefin echt gut leiden, wirklich, aber normalerweise ist sie nicht halb so melodramatisch.
»Marie«, erwiderte ich also, »was wollen Sie mir denn eigentlich sagen?«
Sie sah mich mit ausdrucksloser Miene an. »Aber ich sagte mir, Marie, denk daran, wo du vor dreißig Jahren gestanden hast. Für so eine Chance hättest du einfach alles getan. Wie könnte ich es ihr also verschweigen?«
Worüber redete sie, zum Teufel?
»Ich war am Samstagabend bei einem sehr guten Freund zum Essen eingeladen. Erinnern Sie sich an Wendel Redgrove? Äußerst einflussreicher Anwalt. Ich habe vor Jahren sein Haus in Hampstead entworfen. Na ja, jedenfalls hat er mir erzählt, seinem wichtigsten Mandanten wäre vor kurzem die Assistentin weggelaufen und er fände partout keinen Ersatz. Ich habe natürlich Mitgefühl gezeigt. Ich habe von Ihnen erzählt und gesagt, dass ich sterben würde, wenn ich Sie jemals verlieren sollte. Im Ernst, Meg, ich weiß nicht, wie ich ohne Sie überhaupt jemals klargekommen bin … «
Doch sie fasste sich wieder und senkte ihre kühlen blauen Augen tief in meine dunkelbraunen, als sie die Worte aussprach, die mein Leben für immer verändern sollten:
»Meg, Johnny Jefferson braucht eine neue Persönliche Assistentin.«
Johnny Jefferson. Heißer Rockstar. Stechend grüne Augen, dunkelblonde Haare und ein Body, für den Brad Pitt schon vor fünfzehn Jahren hätte zum Mörder werden können.
Das war die Chance meines Lebens: nach Los Angeles zu ziehen, für ihn zu arbeiten und auf seinem Anwesen zu wohnen. Seine Vertraute zu werden, seine Nummer eins, der Mensch, auf den er sich verlässt wie auf niemanden sonst auf der Welt. Und meine Chefin hatte mich in einem Moment geistiger Umnachtung für diesen Job vorgeschlagen.
Noch am selben Nachmittag lernte ich Wendel Redgrove und Johnny Jeffersons Manager Bill Blakeley kennen, einen Londoner Prolotyp Ende vierzig, der Johnny betreut, seit er sich vor sieben Jahren von seiner Band Fence getrennt hat. Dabei zog Wendel einen Vertrag und eine Vertraulichkeitsvereinbarung aus der Tasche, und Bill bat mich, gleich nächste Woche anzufangen.
Marie brach tatsächlich in Tränen aus, als ich ihr berichtete, dass schon alles unter Dach und Fach war. Sie hatten mir den Job angeboten, und ich hatte zugegriffen. Marie war von Wendel bereits überredet worden, auf meine einmonatige Kündigungsfrist zu verzichten, und so blieben mir gerade mal noch sechs Tage in London, was erschreckend war, um es harmlos auszudrücken. Als ich meine Bedenken vortrug, erwiderte Bill Blakeley ohne Umschweife: »Tut mir leid, Kleines, aber wenn du erst Zeit brauchst, um dein Leben zu sortieren, dann bist du nicht die Richtige für den Job. Pack nur das ein, was du brauchst. Wir kommen in den ersten drei Monaten hier für deine Miete auf. Wenn alles gutgeht, kannst du dir danach ein bisschen freinehmen, um zurückzukommen und das zu erledigen, was auch immer du hier noch erledigen willst. Aber du sofort anfangen, denn ehrlich gesagt hab ich die Schnauze gestrichen voll davon, Johnny seine Unterhosen kaufen zu müssen, seit das letzte Mädchen von der Bildfläche verschwunden ist.«
Und hier sitze ich nun also mit einem Mega-Kater im Flieger nach L.A. Ich schaue aus dem Fenster auf die Stadt runter. Smog hängt wie eine dicke schwarze Wolke darüber, als wir uns dem Flughafen nähern. Die unverkennbare weiße Silhouette des Theme Building sieht aus wie eine fliegende Untertasse oder eine weiße, vierbeinige Spinne. Marie hat mir aufgetragen, Ausschau danach zu halten, und als ich es entdecke, fühle ich mich noch mehr wie im Rausch.
Nach der Zollabfertigung gehe ich auf den Ausgang zu, wo mich der Fahrer erwartet, wie man mir mitgeteilt hat. Als ich meinen Blick über die Menge schweifen lasse, entdecke ich tatsächlich jemanden, der ein Schild mit meinem Namen hochhält.
»Ms Stiles! Hallo! Wie geht es Ihnen?«, sagt der Fahrer, als ich mich zu erkennen gebe. Er schüttelt energisch meine Hand, und auf seinem Gesicht breitet sich ein perlweißes Lächeln aus. »Willkommen in Amerika! Ich bin Davey! Freut mich, Sie kennenzulernen! Lassen Sie mich die Tasche für Sie tragen, Ma’am! Kommen Sie! Hier entlang!«
Ich bin zwar nicht sicher, ob ich in meinem Zustand so viele Ausrufezeichen vertrage, aber sein Enthusiasmus ist einfach bewundernswert. Grinsend folge ich ihm durch das Terminal nach draußen. Sofort schlägt mir die feucht-schwüle Luft entgegen, und mir wird ein bisschen schwummerig. Als wir am Wagen ankommen – einer langen schwarzen Limousine –, bin ich regelrecht erleichtert. Ich steige hinten ein und lasse mich auf die kühlen, cremefarbenen Ledersitze fallen. Kaum haben wir den Parkplatz verlassen, geht die Klimaanlage an, und meine Übelkeit und meine Mattigkeit lassen nach. Ich öffne das Fenster.
Davey erzählt mir, dass es sein größter Traum wäre, einmal im Leben der Queen zu begegnen. Als ich die jetzt weniger feuchte Luft von draußen in meine Lungen sauge, geht es mir allmählich besser. Es riecht nach Barbecues. Die höchsten Palmen, die ich je gesehen habe, säumen die extrem breiten Straßen, und als ich den Kopf zum Fenster rausstrecke und an ihnen hochschaue, staune ich noch mehr. Ich kann nicht fassen, dass sie nicht in der Mitte durchbrechen, denn sie sind dünner als Zahnstocher. Es ist Mitte Juli, aber manche Leute haben immer noch die Weihnachtsdeko an ihren müde wirkenden Häuserfassaden hängen. Sie sieht inzwischen traurig aus und glitzert in der Nachmittagssonne. Kein Wunder, dass diese Stadt auch Tinseltown – Stadt des oberflächlichen Glanzes – genannt wird. Ich halte nach dem berühmten Hollywood-Schriftzug Ausschau, kann ihn aber nicht finden.
Noch nicht.
O Gott, wie kann es sein, dass mir das hier passiert?
Keine meiner Freundinnen kann es glauben, weil ich mir noch nie viel aus Johnny Jefferson gemacht hab. Klar, ich finde, er sieht super aus – wer findet das nicht? –, aber ich steh eigentlich nicht auf ihn. Und was Rockmusik angeht, na ja; ich finde Avril schon ziemlich Hardcore. Take That dagegen kann ich jeden Tag hören.
Jede, die ich kenne, würde, um an meiner Stelle zu sein, ihren kleinen Zeh hergeben, oder gar ihren ganzen Fuß. Ach und wo wir schon mal dabei sind: und eine Hand noch dazu.
dagegen würde mich schon damit schwertun, mehr als den Nagel meines großen Onkels herzugeben. Geschweige denn, dass ich auf einen ganzen Zeh verzichten würde.
Was nicht heißen soll, dass ich den Job nicht total spannend finde. Und die Tatsache, dass alle meine Freundinnen verrückt nach Johnny sind, macht ihn sogar noch aufregender.
Davey fährt durch das Tor nach Bel Air, Zufluchtsort der Reichen und Berühmten.
»Da drüben hat Elvis gewohnt«, zeigt er mir, während wir an sogar noch eindrucksvolleren Anwesen vorbei bergauf fahren. Ich verrenke mir den Hals, um einen Blick auf die gepflegten Gärten hinter den hohen Mauern und Hecken zu erhaschen.
Die Schmerzen in meinem Kopf sind offenbar durch Schmetterlinge im Bauch abgelöst worden. Ich wische mir den Schweiß von der Stirn und sage mir, dass das eine ganz normale Nebenwirkung von zu viel Alkohol ist.
Wir fahren weiter bergauf, dann hält Davey plötzlich vor einem imposanten Holztor. Kameras an stählernen Pfosten beiderseits des Wagens sind bedrohlich auf uns gerichtet. Ich fühle mich beobachtet und möchte mein Fenster am liebsten sofort wieder hochfahren. Davey meldet über eine Gegensprechanlage unsere Ankunft, und wenige Augenblicke später öffnet sich das Tor. Meine Hände sind feucht.
Die Auffahrt ist nicht lang, fühlt sich aber endlos an. Zunächst verbergen Bäume das Haus, doch als wir um eine Kurve biegen, taucht es vor uns auf.
Es wirkt modern: Rechteckig, Außenwände aus weißem Beton, zwei Stockwerke, klare Linien.
Davey hält an und steigt aus, um mir die Tür aufzuhalten. Dann stehe ich da und versuche, meine Nervosität zu unterdrücken, während er mein Gepäck aus dem Kofferraum holt. Die riesige, schwere Haustür schwingt auf, und schon steht eine rundliche...