Thomas Porkchoppers
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-89581-414-3
Verlag: Alexander
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Thriller
E-Book, Deutsch, 309 Seiten
Reihe: Ross-Thomas-Edition
ISBN: 978-3-89581-414-3
Verlag: Alexander
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Donald Cubbin, Alkoholiker und Vorsitzender einer der größten Gewerkschaften Amerikas, weiß, dass der Kampf um seine Wiederwahl hart wird. Er weiß, dass sein Assistent mit seiner Frau schläft, dass sein Gegenkandidat ein Psycho ist und dass die Wahlen höchstwahrscheinlich manipuliert werden.
Cubbin weiß jedoch nicht, dass jemand einen Killer auf ihn angesetzt hat ...
Ross Thomas ist 'der Mann für die unaufgeregt präsentierte Analyse jener Verbrecherpools, die man Politik, Wirtschaft, Militär und Medien nennt'. Wiglaf Droste
Porkchopper n [pork chops, Gewerkschaftsslang für wirtschaftliche Vorteile + -er]: ein Gewerkschaftsfunktionär, der nach Ansicht seiner Kollegen hauptsächlich von Eigennutz motiviert wird.
(Webster's Third New International Dictionary)
Ironie ist ein anderes Wort für Realismus. Ross Thomas
Ross Thomas, geboren 1926 in Oklahoma, war ein amerikanischer Autor. Er schrieb bereits als Jugendlicher Sportberichte für eine Lokalzeitung, kämpfte im Zweiten Weltkrieg als Infanterist auf den Philippinen und arbeitete danach als Reporter in Louisiana. In den fünfziger Jahren lebte er in Bonn und richtete dort das deutsche AFN-Büro ein, sowie in Frankfurt am Main. Er arbeitete als Public Relations- und Wahlkampfberater für Politiker wie beispielsweise Lyndon B. Johnson sowie als Journalist und Gewerkschaftssprecher in den USA und Nigeria.
Seine Karriere als Schriftsteller begann er erst mit vierzig Jahren mit dem Schreiben vor allem von Politthrillern, in denen er die Hintergründe des amerikanischen Politikbetriebs entlarvt und bloßstellt. Für seinen ersten Roman The Cold War Swap (Kälter als der kalte Krieg) erhielt er den Edgar Allan Poe Award. Ab 1982 verfaßte er auch Drehbücher für Fernsehserien wie Simon und Simon oder Die unglaublichen Geschichten von Roald Dahl. Ross Thomas starb am 18. Dezember 1995 in Santa Monica.
Autoren/Hrsg.
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Es waren alte Hundert-Dollar-Scheine, inzwischen ein bißchen schlaff, sogar ein bißchen schmierig, und einer von ihnen hatte einen Riß, den jemand säuberlich mit einem Streifen Tesafilm geklebt hatte. Anfangs hatte es fünfundsiebzig davon gegeben, aber als sie Truman Goff erreichten, waren nur noch fünfzig übrig – fünfzig Einhundert-Dollar-Scheine, 5.000 Dollar, und genau der Preis, den Truman Goff beschlossen hatte, in diesem Jahr in Rechnung zu stellen. Die 5.000 Dollar hatten drei Wochen gebraucht, um bei Goff anzukommen. Das lag nur zum Teil an der chronischen Trödelei der Post. Der größere Teil der Verzögerung war auf die fünf anderen Personen zurückzuführen, die sich an der ursprünglichen Summe von 7.500 Dollar bedient hatten, wobei jeder zwei, drei oder sogar zehn der Scheine für sich herausnahm, bevor er die übrigen zusammen mit der weißen 7,5 x ?12,5 cm großen Karte, die den mit Bleistift in – wie es die meisten Zeitungen gern nennen – einfachen Druckbuchstaben geschriebenen Namen trug, wieder versiegelte und an die nächste Adresse schickte. Erster Anlaufpunkt für die 7.500 Dollar und den Namen in Druckbuchstaben war das im vierten Stock in der Innenstadt von Minneapolis gelegene Ein-Raum-Büro eines zweiundfünfzig Jahre alten Privatdetektivs gewesen, der sich auf etwas spezialisiert hatte, was er Klienten gegenüber immer als elektronische Überwachung bezeichnete. Der Name des Detektivs lautete Karl Syftestad, und die meisten seiner Klienten waren Ehemänner mittleren Alters, die glaubten oder nur hofften, daß Syftestad hintenrum etwas über ihre Frauen rausfinden könnte, was vor Gericht im Scheidungsverfahren verwendbar wäre. In guten Jahren brachte Syftestads Agentur im Benser Building ihm ein Nettoeinkommen von 9.000 Dollar ein, das er pflichtschuldig den Leuten von der Steuer in Staat und Bund meldete. Normalerweise schaffte er es, weitere, nicht gemeldete neun- oder zehntausend Dollar damit zu verdienen, daß er etwas arrangierte, das er als Vorstellung betrachtete. Für 300 Dollar konnte er dich jemandem vorstellen, der dir einen neuen Cadillac oder Continental für nur 3.500 Dollar verkaufen würde, wenn du dir nicht allzuviel Gedanken über die Gültigkeit seines texanischen Fahrzeugbriefs machtest. Für eine Tracht Prügel berechnete Syftestad 500 Dollar und versicherte seinen Kunden immer, daß das angehende Opfer »todsicher mitkriegt, daß er eine anständige Abreibung bekommen hat«. Die Tracht Prügel wurde von einem Feuerwehrmann aus Minneapolis nach Dienstschluß verabreicht. Syftestad und der Feuerwehrmann teilten sich das Honorar von 500 Dollar paritätisch. Der Brief mit den 7.500 Dollar wurde Syftestad am 14. August, einem Montag, um 11 Uhr zugestellt. Die einzige andere Post war eine Werbesendung von einem Großhändler für Kameras aus St. Louis, die Syftestad gewissenhaft las, bevor er sie in den Papierkorb warf. Er las seine ganze Post gewissenhaft, weil er nicht viel bekam. Bei dem braunen rechteckigen Briefumschlag, der die 7.500 Dollar enthielt, gab es außer dem mit Bleistift geschriebenen Namen auf der weißen Karte nichts zu lesen. Syftestad kannte den Namen und hatte den Eindruck, daß er ihm irgendwie Gerechtigkeit widerfahren lassen müsse, weshalb er die Lippen spitzte und zwei falsche Töne pfiff. Dann zählte er das Geld. Es war das siebte Mal in vier Jahren, daß Syftestad so einen Brief erhalten hatte, wie er jetzt vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Der erste, der kam, hatte nur 5.000 Dollar enthalten – und einen mit Bleistift geschriebenen Namen. Er war zwei Tage nach einem Anruf angekommen, den Syftestad von einem Mann erhalten hatte, der sich ihm als Bill, Just Bill, vorstellte. »Wird Ihnen gefallen, was ich Ihnen erzählen werde«, hatte der Mann gesagt, der behauptete, sein Name sei Just Bill. »Was wird mir gefallen?« »Wir lassen Sie dann und wann zwei Scheine dafür verdienen, daß Sie nichts tun.« »Was ist nichts tun?« »Nichts tun ist nichts tun. Sie kriegen einen Umschlag mit etwas Geld drin. Sie müssen nur Ihre zwei Scheine rausnehmen, einen anderen Umschlag finden, und das, was übrig ist, an eine Adresse schicken, die ich Ihnen geben werde. Sie müssen Ihre eigenen Briefmarken kaufen.« »Das ist alles?« hatte Syftestad gefragt. »Das ist alles. Das ist absolut alles. Wie gesagt, es ist dafür, daß Sie nichts tun.« »Yeah, nun, ich weiß nicht – « »Syftestad.« »Yeah?« »Wir mögen Sie. Tun wir wirklich. Wir möchten nicht erleben, daß Ihnen irgendwas zustößt, und wir haben Sie aus dem Grund ausgesucht, weil wir glauben, Sie wissen, wie leicht jemand etwas zustoßen kann. Mache ich mich verständlich?« »Yeah«, hatte Syftestad gesagt. »Gewissermaßen.« »Na, das ist ja prima. Es geht einfach nur darum, ein bißchen Post zu spielen. Das ist eigentlich alles.« »Sind Sie sicher, daß das alles ist?« »Warum sollte ich Sie anlügen?« »Warum nicht? Alle anderen tun es auch.« Der Mann, der sich Bill nannte, hatte auf eine traurige, blecherne, humorlose Art gelacht, als wollte er demonstrieren, daß er wisse, wie es geht. »Also auf unserer Seite gibt’s keine betrügerischen Machenschaften, und ich bin mir sicher, daß es auch auf Ihrer Seite keine betrügerischen Machenschaften geben wird, wenn Sie mir folgen können, und ich glaube, daß Sie das tun.« »Hmh-mhm. Ich kann Ihnen folgen.« »Gut, dann ist das geklärt. Haben Sie was zum Schreiben?« »Ich hab was.« Über das Telefon hatte der Mann, der sich Bill nannte, Syftestad langsam einen Namen und eine Adresse in East St. Louis, Illinois, diktiert. Es war eine einfache Adresse, und der Name war noch einfacher, aber Bill forderte Syftestad zweimal auf, ihn vorzulesen. Als er überzeugt war, daß Syftestad alles richtig notiert hatte, sagte Bill: »Nur noch eins.« »Was?« »Verlieren Sie die Adresse nicht.« Dann hatte Bill aufgelegt, und Syftestad hörte nie wieder von ihm – außer indirekt durch die Briefe, die das Geld und die mit Bleistift geschriebenen Namen enthielten. Der erste Brief hatte 6.000 Dollar enthalten. Die nächsten drei stiegen auf 6.500 Dollar, dann auf 7.000 Dollar, wo sie bis zum siebten und letzten geblieben waren, der 7.500 Dollar enthielt. Weil Syftestad ein ungebildeter Mann war, hatten ihm die mit Bleistift geschriebenen Namen in den vorangegangenen sechs Briefen nichts gesagt. Falls er ein gewissenhafter, sorgfältiger Leser der Minneapolis Tribune gewesen wäre, hätte er vielleicht einen, zwei oder sogar drei der Namen im Lauf eines Jahres gesehen, sich allerdings vermutlich nicht an sie erinnert, weil sie in kurzen, langweiligen Meldungen von AP oder UPI über etwas ziemlich Anspruchsvolles und daher Uninteressantes begraben gewesen wären, das in Los Angeles oder New York oder Chicago oder Washington passiert war. Aber Syftestad las nicht mehr viel Zeitung, von einem gelegentlichen Blick in den Sportteil abgesehen. Das an Nachrichten, was er seiner Ansicht nach brauchte, bekam er vom Fernsehen geliefert, und da bekamen die meisten Leute ihre Nachrichten her, und die sechs Namen, die während der vergangenen vier Jahre auf seinem Schreibtisch gelandet waren, gehörten nicht zu der Sorte, die bei den Nachrichtensendern auftauchten. Deshalb war Syftestad mit seiner Unkenntnis ganz zufrieden, weil er schlau genug war zu glauben, daß er wüsste, warum ein Fremder ihm die Aufgabe übertrug, große Geldsummen an eine Adresse in East St. Louis zu schicken. Ich würde meinen Namen todsicher nicht auf einer dieser kleinen weißen Karten geschrieben sehen wollen, dachte Syftestad immer, wenn er überhaupt daran dachte, was nicht oft war, weil nicht genug Geld darin steckte, um oft daran zu denken, und außerdem war es irgendwie unangenehm, und Syftestad dachte nicht gern an etwas Unangenehmes, wenn er es vermeiden konnte, und das konnte er normalerweise. Aber der Name, der auf der Karte geschrieben stand, die jetzt vor ihm auf dem Schreibtisch lag, sagte ihm etwas, weil er zu einem Mann gehörte, der Leute engagierte, die dafür sorgten, daß er gelegentlich in den Fernsehnachrichten genannt wurde. Die Leute, die er dafür engagierte, waren ziemlich erfolgreich, weil die Position, die der Mann bekleidete, hinlänglich wichtig war, um einiges an nationalem Interesse zu erregen. Vielleicht nicht viel, aber einiges. Syftestad stieß mit dem rechten Zeigefinger gegen die Karte. Der Name auf der Karte bedeutete Geld, falls er rauskriegen konnte, wie man ihn einsetzte. Einen oder zwei Augenblicke lang wurde Syftestad beinahe enthusiastisch angesichts der Möglichkeiten. Der Enthusiasmus ließ...