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E-Book, Deutsch, 246 Seiten
Thielemann Kita-Sozialarbeit
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-17-046579-4
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Grundlagen, Konturen, Perspektiven
E-Book, Deutsch, 246 Seiten
ISBN: 978-3-17-046579-4
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dr. phil. Nurdin Thielemann ist Professor für Soziale Arbeit an der IU Internationalen Hochschule Magdeburg. Mit Beiträgen von: Ruth Büllesbach, Jennifer Brehm, Sabine Clausen, Jessica Ferber, Bastian Fischer, Sandra Frisch, Annegret Gaßmann, Michael Görtler, Raingard Knauer, Victoria Jankowicz, Barbara Lochner, Mandy Model, Jens Müller, Noreen Naranjos Velazquez, Johannes Pecht, Ute Pospischil, Elke Reichmann, Armin Schneider, Vanessa Schnorr, Sara Sielaff, Janine Stoeck, Nurdin Thielemann, Andreas Wiere und Lara Irene Wintzer.
Autoren/Hrsg.
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1 Entwicklung(en) und Momentaufnahme(n) – Zur Einleitung
Nurdin Thielemann
Kita-Sozialarbeit ist ein neues Handlungsfeld der Sozialen Arbeit, dessen Ansätze weitgehend unabhängig voneinander entstanden sind. Ein Blick auf die einzelnen Bundesländer bzw. die Praxis zeigt, dass es nicht die eine Entwicklung von Kita-Sozialarbeit gibt, sondern vielmehr eine Gleichzeitigkeit von unabhängigen, unterschiedlichen Ansätzen und verschiedenen (Selbst-)Verständnissen. Während es erste landesweite Modellprojekte (z.?B. Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt) bis hin zu einer gesetzlichen Rahmung (Rheinland-Pfalz) gibt, finden sich auch kommunale und trägerangeschobene Initiativen (z.?B. in Dortmund, im brandenburgischen Senftenberg oder im baden-württembergischen Hohelohekreis u.?v.?m.). Zudem engagieren sich bundesweit einzelne Sozialarbeiter*innen in Rahmen von Kita-Sozialarbeit, um Träger von der Sinnhaftigkeit Sozialer Arbeit in Kitas zu überzeugen ebenso wie jene, die Kitas als neues Handlungsfeld kennenlernen und Netzwerke und Ausgestaltungsideen suchen.
Seit 2015 ist ein rasches Anwachsen des Handlungsfeldes Kita-Sozialarbeit zu beobachten (Thielemann 2022), welches sich auch ca. zehn Jahre nach seiner beginnenden Expansion als unübersichtlich, in seinen Begriffen uneindeutig und in seinen Ansätzen als wenig ausgeleuchtet darstellt. Kita-Sozialarbeit kann in vereinzelten Bundesländern in der Fläche als konzeptualisiert, gut ausgebaut und sozial- und bildungspolitisch verankert nachgezeichnet werden. Im scheinbaren Widerspruch dazu erscheint Kita-Sozialarbeit in manchen Bundesländern weitgehend unbekannt. Mit Blick auf die berufspraktische, aber auch gesellschaftspolitische, bundesweite Debatte kann immer noch festgestellt werden, dass es bisher keine gemeinsame geteilte Idee einer Praxis (oder Bezeichnung) von Kita-Sozialarbeit gibt. Innerhalb der fachwissenschaftlichen, aber auch handlungspraktischen Auseinandersetzung kann zudem ein Ringen um ein tragfähiges, allgemeingültiges Profil konstatiert werden, da Kita-Sozialarbeit bisher vom jeweiligen lokalen Verständnis und der damit verbundenen Praxis geprägt ist.
Kita-Sozialarbeit ist nicht nur als ein relativ neues Handlungsfeld der Sozialen Arbeit und Kindheitspädagogik zu verstehen, sondern ist damit auch im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe zu betrachten. Karin Böllert (2018) folgend, stellt die Kinder- und Jugendhilfe einen gesellschaftspolitischen Konsens dar. Das Handlungsfeld Kita-Sozialarbeit wird seit ca. zehn Jahren in das zugrunde liegende gesellschaftspolitische Ringen um eben diesen Konsens eingepflegt. In den einleitenden Worten zu ihrem »Kompendium Kinder- und Jugendhilfe« schreibt Böllert, dass die Kinder- und Jugendhilfe
»die soziale Infrastruktur des Aufwachsens junger Menschen und der Unterstützung ihrer Familien, die sozialstaatlich regulierte Angebote der Betreuung, Erziehung und Bildung sowie des Schutzes, der Förderung und Beteiligung beinhaltet, mit dem Ziel der individuellen Befähigung zur Entwicklung selbstbestimmter Lebensentwürfe und gemeinwohlorientierter Lebenspraxen sowie der strukturellen Ermöglichung gesellschaftlicher Teilhabe als Ausdruck der Wahrnehmung einer öffentlichen Verantwortung für gleichberechtigte Lebenschancen und den Abbau sozialer Ungleichheiten« (Böllert 2018, S. 4)
darstellt. Im vorliegenden Sammelband werden verschiedene, in diesem Zitat verbürgte Annahmen im Lichte der Kita-Sozialarbeit diskutiert. Die wissenschaftliche Perspektive wird dabei mit Studien unterstützt, um das Handlungsfeld besser zu verstehen. Es darf nämlich gelten, dass es bisher kaum1 Forschung zum Stand der Kita-Sozialarbeit gibt. Dieser steckt in den – Sprichwort getreuen – Kinderschuhen.
Der vorliegende Sammelband adressiert entsprechend Wissenschaftler*innen und Praxisgestalter*innen, versucht die aktuellen wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Diskussionen nachzuzeichnen sowie Wege der Gestaltung in der Praxis aufzuzeigen. Der aktuellen Suchbewegung im Handlungsfeld Kita-Sozialarbeit Rechnung tragend, vereint der Sammelband Beiträge, die sich thematisch, wenn auch nicht immer trennscharf, in die Schwerpunkte Grundlagen, Konturen und Perspektiven einordnen. Unter Grundlagen subsumieren sich Texte, die zur theoretischen Einordnung von Kita-Sozialarbeit sowie einem Verständnis von elementar damit verbundenen Begriffen beitragen. Der Abschnitt Konturen umfasst Studien, die die Forschungslandschaft zur Kita-Sozialarbeit erweitern und damit das Verständnis vom Handlungsfeld punktuell vertiefen sollen. Unter Perspektiven sind Beiträge gefasst, die Ausgestaltungsmöglichkeiten aufzeigen. Dabei werden nicht nur Ansätze, die bereits in der Praxis umgesetzt werden, besprochen, sondern auch Potenziale andiskutiert.
Im ersten Abschnitt – Grundlagen – unternehmen Nurdin Thielemann, Barbara Lochner, Noreen Naranjos Velazquez, Armin Schneider und Andreas Wiere den Versuch der Schärfung und Vermittlung verschiedener aktueller Diskussionslinien (? Kap. 2). Dieses Vorgehen ermöglicht es, Konturen eines noch zu bestimmenden Profils ›Kita-Sozialarbeit‹ aufzuzeigen.
Lara Sielaff beleuchtet in ihrem Beitrag, wie Kita-Sozialarbeit an den Schnittstellen zu pädagogischen Fachkräften, Kita-Leitung und Kita-Fachberatung sowie sozialen Diensten fungiert (? Kap. 3). Zudem wird die Relevanz einer Aufgabenverteilung und Professionsabgrenzung besprochen.
Vanessa Schnorr zeigt anhand der Erfahrungen in Rheinland-Pfalz, wie die Kita-Sozialarbeit Einzelfallhilfe und Sozialraumorientierung verbindet, um Familien individuell zu unterstützen und gleichzeitig strukturelle Rahmenbedingungen im Sozialraum zu verbessern (? Kap. 4). Sie verdeutlicht dabei, wie durch eine bewusste methodische Gestaltung und enge Kooperation mit Akteur*innen im Sozialraum die Kita-Sozialarbeit nachhaltig zur Chancengerechtigkeit und sozialen Teilhabe von Familien beitragen kann.
Armin Schneider gibt Einblicke in das in Rheinland-Pfalz verankerte Sozialraumbudget (? Kap. 5). Sein Beitrag stellt Möglichkeiten, Chancen und Erfahrungen des Sozialraumbezuges der Kita-Sozialarbeit dar.
Janine Stoeck und Sandra Frisch zeigen, dass Familienbildungsprozesse sowohl im pädagogischen Handeln von Frühpädagog*innen als auch durch Kita-Sozialarbeiter*innen stattfinden (? Kap. 6). Es wird herausgearbeitet, dass Zuständigkeitsfragen zwischen den Berufsgruppen klärungsbedürftig sind und fallspezifisch, kontext- sowie einrichtungsbezogen unterschiedlich ausfallen müss(t)en. Im Beitrag gehen die Autorinnen diesem Zusammenhang nach und besprechen ihre Annahmen anhand eines Fallbeispiels.
Bastian Fischer fragt danach, inwieweit Verstehen bzw. verstehendes Diagnostizieren als Grundkompetenz von Kita-Sozialarbeiter*innen angesehen werden sollte (? Kap. 7). Ausgehend von aktuellen Überlegungen zu den Kompetenzen von Kita-Sozialarbeiter*innen wird die Relevanz einer solchen Grundkompetenz vor dem Hintergrund der Inklusion von Kindern mit (besonders) herausfordernden Verhaltensweisen anhand eines Fallbeispiels aufgezeigt.
Der zweite Abschnitt – Konturen – beginnt mit einem Beitrag von Nurdin Thielemann, in dem Ergebnisse einer qualitativen Studie vorgestellt werden, die sich mit dem Ankommen von Sozialarbeiter*innen in einem ihnen potenziell unbekannten Terrain (der Kita) befassen (? Kap. 8). Besprochen werden Felderschließungs- und Aushandlungsprozesse sowie exemplarische Aufgabenhorizonte seitens der Kita-Sozialarbeiter*innen.
Annegret Gaßmann und Barbara Lochner beleuchten die Rolle der Kita-Sozialarbeit in frühpädagogischen Handlungsfeldern und deren Umsetzung anhand von Ergebnissen eines Lehrforschungsprojekts (? Kap. 9). Diskutiert wird, welche »Antworten« von Kita-Sozialarbeit mit Blick auf die Bedarfe von Eltern, Teams und Leitungen erwartet werden und welche Herausforderungen sich im Etablierungsprozess zeigen.
Victoria Jankowicz stellt dar, was passieren kann, wenn Kita-Sozialarbeit wegfällt (? Kap. 10). Die Autorin begleitete ein Kita-Team respektive eine Kindertagesstätte auf dem Weg zum Kinder- und Familienzentrum. Während dieses Prozesses entfiel dort die Kita-Sozialarbeit aufgrund einer Finanzierungslücke.
Jens Müller und Elke Reichmann fokussieren die noch unterrepräsentierte Kita-Sozialarbeit in Baden-Württemberg (? Kap. 11). Präsentiert werden ausgewählte Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung eines Pilotprojekts in zwei Modellkommunen. Ihre Studie fokussiert Eltern, da diese bei kindlichen und familialen Herausforderungen wichtige Adressat*innen für Kita-Sozialarbeiter*innen darstellen und eine Zusammenarbeit mit ihnen unerlässlich ist.
Der Beitrag von Ute Pospischil und Nurdin Thielemann bespricht die Potenziale und Herausforderungen der Kita-Sozialarbeit in der Übergangsgestaltung zwischen Kita und Grundschule (? Kap. 12). Ein besonderer Fokus liegt auf einem in Berlin...