Theisen | Uncover - Die Trollfabrik | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Theisen Uncover - Die Trollfabrik

Ein Thriller über Fake News, Trolls und russische Propaganda ab 14 Jahren
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7320-1414-9
Verlag: Loewe Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Thriller über Fake News, Trolls und russische Propaganda ab 14 Jahren

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

ISBN: 978-3-7320-1414-9
Verlag: Loewe Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Fake News. Alternative Fakten. Lügenpresse.  Auf seinem YouTube-Kanal Uncover deckt der 17-jährige Phoenix Fake News auf. Dabei wird er in den Fall 'Alexander' verwickelt. Der 6-Jährige verschwindet nach einer Geburtstagsfeier spurlos. Kurz darauf geht ein Video viral, das einen syrischen Flüchtling beschuldigt. Phoenix entlarvt das Video als Fake und wird mit einem riesigen Shitstorm konfrontiert. Als er der Spur zu einer russischen Trollfabrik folgt, ist aber nicht nur sein Online-Ruf in Gefahr. Leonid sitzt gelangweilt in einer Trollfabrik in Estland, wo er tagtäglich Hate-Kommentare verfasst, um Stimmung gegen die deutsche Regierung und für Russland zu machen. Da kommt ihm der Fall des vermissten Alexander gerade recht. Wie praktisch, dass ein syrischer Flüchtling seinen Sohn von Alexanders Geburtstagsparty abgeholt hat. Suchen die Deutschen nicht immer nach einem Grund, um Flüchtlinge zum Sündenbock zu machen?  Nur ärgerlich, dass dieser nervige YouTuber von Uncover seine Pläne durchkreuzt. Aber Leonid weiß, wie man mit Störenfrieden umgeht. Und falls es ihm online nicht gelingt, kennt er offline noch ganz andere Methoden ... Ein topaktueller Politthriller - Hochspannung garantiert! Gekonnt werden in Uncover die Mechanismen von Fake News beschrieben und mit einer spannenden Geschichte verknüpft, die puren Nervenkitzel verspricht. Mit dem hochaktuellen Thema, dem YouTuber als Identifikationsfigur und dem internationalen Setting schafft Manfred Theisen einen brisanten Politthriller mit All-Age-Potenzial.

Der Politologe Manfred Theisen greift in seinen Büchern gerne politische Themen auf. Er wohnt in Köln, aber er hat in den verschiedensten Winkeln der Welt recherchiert: im Nahen Osten genauso wie in Weißrussland, Kasachstan, Frankreich, Estland, Äthiopien, Armenien, USA ... Dabei geht es dem gelernten Medienredakteur um neue Perspektiven und den Einfluss der Medien und unseren Umgang damit. Mehr über ihn auf seiner Homepage: www.manfredtheisen.de In einem Interview für die Bundeszentrale für politische Bildung ('Empathie macht Demokratie erst möglich') erklärt er sein Verständnis davon, warum und wie jungen Menschen politische Themen nähergebracht werden können: http://www.bpb.de/gesellschaft/kultur/kulturelle-bildung/135138/interview-mit-manfred-theisen

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Sonntag, 29. Juli
Berlin, Kreuzberg
Berlin ist der Zwergpudel, der am Breitscheidplatz an eine Anti-Terror-Absperrung pisst, ist der speckige Typ, der mitten in der Nacht zwei Alditüten über den Ku’damm schleppt, ist ein chinesischer Tourist, der gerade am Brandenburger Tor einen Herzinfarkt erleidet – und Berlin ist das Studio des YouTube-Kanals Uncover in dem Hinterhof an der Reichenberger Straße. Zu Uncover gehören meine Freundin Sarah, mein Kumpel Khalil, der für die Technik zuständig ist, und ich als Sprecher. Mein Name ist Phoenix Zander, auf YouTube kurz PhoenixZ. Wir nehmen ein Video auf. Ich stehe vor der Kamera im Aufnahmeraum und rede über Fridays for Future. Aber ich kann mich nicht konzentrieren. Denn schräg vor mir bewegt sich ein Stock. Er hebt seine dürren Vorderbeinchen und versucht, sich an einem zweiten Stock hochzuziehen. Doch sein Kumpel lässt los und so stürzen beide in die Tiefe. Geräuschlos fallen sie auf den Boden des Terrariums. Khalil sitzt hinter der Glasscheibe am Laptop und hebt die Hand. »Stopp! Was ist los mit dir, Phoenix? Du musst in die Kamera gucken!« »Sorry, diese Stabheuschrecken sind einfach zu bescheuert«, sage ich. Es gibt keine langsameren, keine leiseren und ganz sicher keine unauffälligeren Tiere als Stabheuschrecken. Manche sehen aus wie Stöcke, andere wie Blätter. Khalil betrachtet mich durchs Glas und seine Stimme dröhnt in meine Kopfhörer: »Ich komm jetzt rein und decke das Terrarium ab. Diesen Take machen wir nun schon zum vierten Mal. Bisher hatte doch alles problemlos geklappt.« Da hat er recht. Im ersten Beitrag ging es um die East Stratcom Task Force der EU, die seit fünf Jahren russische Fake News entlarvt. Und ich habe jedes Wort sauber rübergebracht. Aber dann fiel mein Blick auf diese bekloppten Stabheuschrecken. »Schon okay. Ich konzentriere mich wieder«, verspreche ich ihm. Normalerweise würden wir nicht mitten in der Nacht ein Video für Uncover produzieren. Normalerweise. Doch es gibt kein Normalerweise mehr, denn seit ich mein Abi in der Tasche habe, bin ich tagsüber in der Redaktion der Berliner Nachrichten eingespannt. Es nennt sich »Praktikum«, aber es ist in Wahrheit ein Zwölfstundenjob. Also stehe ich hier nun nachts am Mikro und schwitze mir die Seele aus dem Leib. Denn hier drinnen ist es noch wärmer als draußen. Die Wände um mich herum sind mit hellbraunem Schaumstoff ausgelegt – richtig oldschool sieht das aus. Die Schalldämmung saugt jeden Hall aus der Luft und sie scheint die ganze Hitze der Stadt in sich gespeichert zu haben. Ich würde jetzt am liebsten kalt duschen. »Bist du bereit?«, fragt Khalil. Ich nicke, schaue direkt in die Kamera und nicht mehr auf die Stabheuschrecken. Der Schweizer Soziologe Benno Gerber behauptet, dass der friedliche Protest von Fridays for Future keinen Fortschritt bringt: »Weil die bedrohliche Konfrontation fehlt. Das herrschende System reagiert nur, wenn Regeln gewalttätig übertreten werden. Das Fernbleiben von der Schule oder das Besetzen von Straßen wie etwa bei Extinction Rebellion reicht dazu nicht aus. Die Politiker werden erst handeln, wenn es zur massiven Konfrontation kommt, wenn Demonstrierende die Polizisten angreifen oder Politiker mit Steinen bewerfen. Es bedarf der Eskalation durch Radikalität.« Das sehe ich anders und sage es ins Mikro: »Ich wohne in Berlin. Hier gab es eine friedliche Revolution. Hier sind die Leute auf die Straße gegangen. Kein Schuss ist gefallen, kein Blut vergossen worden und trotzdem haben sie eine Mauer eingerissen. Wer das genauso sieht wie ich, der kann seine Meinung gerne hier« – ich deute mit dem Finger nach unten – »in die Kommentare hämmern. Oder meint ihr auch, dass Fridays for Future gewalttätig werden muss? Reagieren Politiker nur auf extremen Druck? Wir von Uncover freuen uns auf eure Kommentare. Nur eines: Bleibt fair! Hater sind nicht erwünscht.« Ich höre mich selbst reden, ohne Punkt und Komma, ganz im Flow, und verabschiede mich mit den Worten: »Danke euch fürs Zuschauen. Ihr wisst, einen Daumen hoch ist ein Traum für uns. Wir sehen uns bald wieder – hier bei Uncover.« Ich schnippe zum Schluss laut mit den Fingern. Das war’s. Khalil hebt den Daumen. Er ist zufrieden. Die beiden Stabheuschrecken sind wieder auf dem Weg nach oben und ich gehe rüber in den Regieraum zu Khalil. Der ist hinter einem riesigen Mischpult aus den 80er-Jahren verborgen, das mehr Knöpfe als das Cockpit eines Airbus hat. Daneben stehen Bongos und ein Keyboard, ein Mini-Synthesizer und ein megagroßes Tamburin. Doch all das braucht Khalil nicht. Ihm genügen sein Computer und die beiden Bildschirme auf dem Tisch neben dem Mischpult. Dort schneidet er routiniert die Einspieler ins Video. Ganz nebenbei will er von mir wissen: »Was ist eigentlich mit Sarah?« Die Frage habe ich schon den ganzen Abend erwartet. »Beim nächsten Mal ist sie wieder dabei«, verspreche ich, obwohl ich es selbst nicht weiß. »Alles in Ordnung mit euch beiden?« »Ja«, sage ich, obwohl ich das auch nicht weiß. Sarah ist knapp zwei Jahre älter als ich, studiert Politik und Geschichte auf Lehramt und ist gerade bei einem ihrer Kommilitonen. Sie lernen für die letzte Klausur in diesem Semester, die sie morgen schreiben. Ich vertraue ihr. Trotzdem ist mir nicht wohl bei dem Gedanken, dass sie bei einem anderen Typen zu Hause ist. Seit ein paar Tagen ist ziemlich dicke Luft zwischen uns. Denn ihr gefällt es nicht, dass ich das Praktikum bei den Berliner Nachrichten mache. Schließlich wollten wir in ihren Semesterferien ursprünglich zum Segeln nach Korsika fahren. »Morgen früh entscheidet es sich, ob wir den Stick kriegen«, sagt Khalil. »Triffst du dich mit Hammed?« »Exakt.« »Ich hoffe, er hält diesmal, was er verspricht.« »Er kann doch nichts dafür, dass ihn dieser Typ immer wieder hängen lässt.« »Na, mal sehen, ob die vertraulichen Dokumente aus Syrien« – dabei setze ich mit meinen Zeigefingern »vertraulich« in Gänsefüßchen – »tatsächlich so topsecret sind.« Khalil schaut nicht zu mir rüber, sondern schneidet am Laptop das Video. Ich boxe Khalil aufmunternd gegen die Schulter. »Morgen wissen wir mehr. Dann haben wir hoffentlich endlich den Stick mit den Daten.« »Ich hoffe es. Willst du ’nen Kaffee?« Wir beide gehen in den Wohnungsflur. Auf der 50er-Jahre-Kommode stehen mehrere weiße und goldene Köpfe von Schaufensterpuppen mit uralten Perücken und darüber hängen gerahmte Google-Earth-Aufnahmen der fünf Kontinente. Überall in der Wohnung gibt es Vintage-Sachen: Aschenbecher, die keiner mehr braucht, Kassettenrekorder, die keiner mehr benutzt, und ein orangefarbenes Telefon aus den 70ern, das nicht angeschlossen ist. Der Vormieter mit dem Künstlernamen Rodeo hatte die wohl durchgeknallteste Studiowohnung in Berlin. Jetzt gehört sie Uncover und Khalil. Wir gehen hinüber zur Bar. Ich stelle mich dahinter, mache den Espresso und schäume Mandelmilch auf. Kuhmilch gibt es hier nicht, denn Khalil lebt vegan. Mittlerweile weiß ich auch, dass ich die Mandelmilch auf keinen Fall heiß aufschäumen darf, sonst bricht sie gleich in sich zusammen. Früher war Khalil richtig speckig, aber seit anderthalb Jahren ist er vegan und dünn, obwohl er so unsportlich ist. Er sitzt auf einem der Barhocker, die mit Tigerfell überzogen sind. Ich habe mich schon am ersten Tag gefragt, ob es von einem echten Tiger stammt. In diesem Studio halte ich alles für möglich. Die Wand hinter Khalil ist mit Marvel-Comicseiten aus den 60ern tapeziert: The Fantastic Four, Iron Man, Thor, Spider-Man und Hulk. Wir quatschen über die Stabheuschrecken, darüber, dass sich diese Stöcke wie Karnickel vermehren, nippen Cappuccino und essen veganes Baklava von Khalils Mutter. Ich bin müde und zugleich total aufgedreht. Über das Video reden wir nicht. Vielmehr will Khalil wissen, wie es heute in der Redaktion war. Ich sage: »Mein Vater nervt ein bisschen.« »Wieso?« »Er wollte, dass ich heute Abend länger bleibe. Unseren Kanal nimmt er nicht wirklich ernst.« »Wir seine Zeitung ja auch nicht wirklich. Kennst du einen unter fünfzig, der noch Zeitungen kauft?« »Die machen jedenfalls eine Story über die Influencer-Szene in Berlin. Und mein Vater meinte, dass ich mich da doch am besten auskenne.« »Ich hab dich gleich gewarnt. Es ist nie einfach, in einem Betrieb zu arbeiten, wo der eigene Vater der Chef ist. Welcher Praktikant muss denn sonntags ran?« »Er ist nur Chef vom Ressort Politik, kein Chefredakteur. Und du hast den Bart voll Mandelmilch.« Khalil lacht und macht sich den Bart sauber. Warum ich seit zwei Wochen das Praktikum bei den Berliner Nachrichten überhaupt mache? Weil die Ausbildung gut ist. Papa hat mir versprochen, dass ich ein Volontariat erhalte, falls ich mich im Praktikum geschickt anstelle. Und sonntags arbeite ich nur, weil er mir gesagt hat, dass ich dafür freitags freibekomme. Mein Handy vibriert. Sarah schreibt, dass sie schon in meiner Wohnung ist und auf mich wartet. Wo bist du?, will sie wissen. Ich antworte: Bei Khalil. Wir haben eben das Video aufgenommen. Jetzt noch?, fragt sie. Ich musste länger in der Redaktion bleiben, erkläre ich. Sie schreibt, dass sie sich auf mich freut. Khalil kann...



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