E-Book, Deutsch, Band 15, 168 Seiten
Reihe: Time Squad
Terrid Time Squad 15: Der Zeit-Architekt
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-8328-5113-2
Verlag: Bildner Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 15, 168 Seiten
Reihe: Time Squad
ISBN: 978-3-8328-5113-2
Verlag: Bildner Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Time Squad ist eine deutsche Science-Fiction-Serie, die in 21 Heften zwischen 1977 und 1985 erschien. Die Protagonisten der Serie sind die Agenten der Zeitpolizei, die zu verschiedenen Zeitpunkten und an den unterschiedlichsten Orten die Gegner der Menschheit bekämpfen und Veränderungen der Zeitlinie verhindern.
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4.
»Ich werde euch begleiten.«
Sen'chers Stimme ließ keinen Zweifel aufkommen, er meinte seinen Wunsch ernst, und er würde seinen Willen durchzusetzen wissen.
»Ich habe selbst noch dem großen Imhotep ein Opfer darzubringen«, erklärte Sen'cher.
Wir wußten inzwischen, daß er der militärische Befehlshaber der Region um Sakkara war, die den Namen Gau der Weißen Mauer trug. Angesichts der Bevölkerungsdichte in dieser Region hieß das einiges. Zu Sen'chers Einflußbereich gehörten immerhin so wichtige Städte wie Abusir, Memphis, Gizeh und der Bezirk des späteren Kairo. Er brachte im Notfall einige Tausend gut ausgerüstete Krieger auf die Beine, und das war in dieser Zeit eine beachtliche Streitmacht. Sich gegen seinen Willen aufzulehnen, wäre völlig sinnlos gewesen.
Mir paßte dieses Arrangement überhaupt nicht, aber was blieb uns anderes übrig, als gute Miene zum Spiel zu machen.
»Unter Eurem Schutz zu reisen, ist eine Ehre für uns«, erklärte ich.
»Wir werden ein Boot nehmen«, verkündete Sen'cher. »Auf dem Nil werden wir sicher fahren können.«
Unwillkürlich wechselten wir rasche Blicke. Bei dem Wort Boot mußte jeder von uns sofort an Joshua Slocum denken, der in der Time-Squad als Seefahrtexperte galt. Josh war noch immer bewußtlos, sein Zustand hatte sich zwar gebessert, war aber nach wie vor kritisch. Wir wußten jedoch, daß er die beste Pflege bekam, die in diesem Zeitalter zur Verfügung stand.
»Ist der Nil nicht über die Ufer getreten?« fragte Inky.
Sen'cher nickte.
»Es ist die Zeit der Nilüberschwemmung«, erklärte er, »aber das soll uns nicht stören. Unsere Reise wird das Hochwasser eher fördern als hindern.«
»Und wohin geht die Fahrt?« wollte Charriba wissen. Er sprach sehr langsam, sein Ägyptisch war nicht das beste. Überhaupt vermißten wir an allen Ecken und Enden unsere Expertin, Marleen de Vries. Bislang hatten wir von ihr keinerlei Spuren finden können.
»Nach Süden«, verkündete Sen'cher. »In den unteren Naru-Baumgau, nach Meidum.«
In meinem Hinterkopf klingelte ein Glöckchen, aber ich wußte damit nichts anzufangen. Es gab eine wichtige Information, die irgendwo in meinem Gedächtnis schlummerte, zu der mir aber der Schlüssel fehlte.
Nun, vielleicht kam ich noch darauf, was es mit dem unteren Naru-Baumgau auf sich hatte.
»Ich bleibe hier«, verkündete Charriba mit steinernem Gesicht. »Während ihr nach... Wie hieß der Ort?«
»Meidum«, half ich aus.
»Nun gut, ich werde unterdessen nach den Räubern Ausschau halten. Und ich schwöre euch, ich werde sie finden!«
Mir war diese Arbeitsteilung lieb. In Spurenlesen war Charriba unübertroffen. Wenn es eine Möglichkeit gab, den Räubern auf die Fährte zu kommen, dann konnte das nur Charriba schaffen. Zwar würde Charriba einige Schwierigkeiten haben, sich in dieser Kultur allein zurechtzufinden, aber ich war sicher daß er auch dieses Problem lösen konnte. Immerhin hatte er auch unsere erste Expedition nach Ägypten mitgemacht.
Damals waren wir in Alexandria auf den Leichnam des Alexander gestoßen und durften später feststellen, daß es sich bei dieser Leiche um einen Eingeschläferten handelte, dessen Persönlichkeit auf seltsame Weise gespalten gewesen war.
Der eine Teil war ein trinkfreudiger Raufbold gewesen, der hinter allem hergejagt war, was Röcke trug. Bei diesem Rüpel hatte es sich um den großen Alexander gehandelt. Der andere Teil dieser Doppelpersönlichkeit war unser Freund Divorsion, der Jaynum, den es auf seltsame Weise in unsere Region verschlagen hatte.
Während Alexander noch immer die Time-Squad unsicher machte hatte Divorsion einen weiteren Körper übernommen – und jetzt lag er im Sterben, dazu verurteilt, den Lebensweg zurückzugehen bis vor den Zeitpunkt seiner Entstehung. Ein merkwürdiger Gedanke.
»Nefer kann helfen«, sagte Sen'cher. Die junge Frau und Charriba wechselten einen raschen Blick. Während Charribas Gesicht wie immer unbewegt schien, überzog sich das Gesicht der jungen Frau mit leiser Röte.
»Einverstanden«, sagte Charriba. »Komm!«
Er und Nefer verließen den Raum. Ich wußte inzwischen, daß Nefer eine Sklavin war.
»Wann brechen wir auf?«
Sen'cher beantwortete meine Frage mit einem breiten Lächeln.
»Sofort«, sagte er. »Die Barke liegt abfahrbereit am Ufer.«
Viel Gepäck hatten wir nicht zu transportieren, ein wenig Kleidung, ein paar Halbedelsteine, ein wenig Gold, das wir für unsere verbliebenen Waren eingetauscht hatten.
Wir waren daher nach wenigen Minuten bereits reisefertig. Unser wertvollstes Gepäck stellten einstweilen unsere Waffen dar.
Zusammen mit Sen'cher schritten wir durch die Straßen von Sakkara. Hinter uns ragte, groß und gewaltig, das Bauwerk in die klare Luft, das diesen Ort berühmt gemacht hatte – die Stufenpyramide des Djoser.
Ich hätte zu gerne nachgeforscht, ob in diesem künstlichen Berg von Stein tatsächlich der tote Pharao beigesetzt worden war, und die Antwort hätte die Ägyptologen sicherlich sehr interessiert. In keinem einzigen Fall hatte man nämlich später die Leiche des Pharaos gefunden, der angeblich in der Pyramide beigesetzt worden war. Die Pyramiden von Gizeh waren ebenso leer wie die des Djoser und die anderen.
Ich hatte allerdings inzwischen gelernt, solche Fragen zu unterdrücken. Sen'cher traute uns nicht ganz, dafür sprach auch die Tatsache, daß er unsere Reise nach Meidum begleiten wollte. Er hatte auch auf Fragen, die die Pyramiden betrafen, stets sehr ausweichend geantwortet. Als militärischer Oberbefehlshaber war er offiziell auch für den Schutz der Pyramide verantwortlich, daher war seine Schweigsamkeit erklärlich.
Sakkara brütete unter der Mittagssonne. Bei jedem Schritt wirbelten unsere Füße den Staub der Hauptstraße auf, die fast menschenleer war. In schattigen Winkeln lagen Hunde mit heraushängender Zunge und hechelten. Die Menschen hatten sich in die Kühle der Häuser geflüchtet.
Wir hatten nicht weit zu gehen. Der Nil, Segen und Fluch des Landes, war uns entgegengekommen. Die Nilflut reichte bis an den Stadtrand von Sakkara. In diesen Monaten lagerte der Nil Millionen Tonnen fruchtbaren Schlammes auf den überfluteten Feldern ab, auf denen später, nach dem Rückgang des Hochwassers, gesät und geerntet wurde. Diese Besonderheit des Landes hatte mit dazu beigetragen, daß die Ägypter schon früh in der Menschheitsgeschichte hervorragende Kenntnisse in der Vermessungskunde entwickelt hatten, und auch ihr Kalendersystem war erstklassig – das Abendland nannte diesen Kalender den Julianischen, weil ein gewisser Gaius Julius Caesar ihn aus Ägypten importiert und im Imperium Romanum eingeführt hatte.
Am Ufer festgemacht war eine große Barke, ein Schiff von knapp dreißig Metern Länge, das in der Form einem zusammengebundenen Papyrusbündel ähnelte. Charakteristisch für die ägyptische Schiffsbaukunst war das dicke Sprengtau. Es zog sich der Länge nach über das Schiff hin und sorgte dafür, daß Bug und Heck nicht zu tief in das Wasser tauchten. An diesem Sprengtau waren Sonnensegel befestigt.
Auf ein Zeichen des Besitzers hin stiegen wir an Bord. Uns waren Plätze unter dem Segel reserviert worden
– die Besatzung saß im Freien. Ich schätzte, daß die Barke von knapp fünfzig Ruderern vorwärts bewegt wurde. Auch dies galt als Zeichen für den Einfluß und die Macht des Sen'cher.
Unter den Sonnensegeln war es einigermaßen kühl, zudem wehte über dem Nil ein erfrischender Wind.
Sen'cher gab ein Handzeichen. Die Leinen wurden gelöst, die Reise konnte beginnen.
Ein Trommler schlug den Takt, nachdem die Ruderknechte die Riemen bewegten. Der Takt war nicht sehr flott, Sen'cher hatte es nicht eilig oder wollte seine Rudersklaven nicht überanstrengen.
Ich ließ mich in die Polster zurücksinken und sah nach oben. Das hatte nichts mit Faulheit zu tun, es war eine reine Reflexhandlung, die es mir ersparte, die Rudersklaven bei der Arbeit sehen zu müssen.
Für einen Mann wie Sen'cher, der in diesem Zeitalter geboren und aufgewachsen war und niemals etwas anderes kennengelernt hatte, war der Anblick der schweißüberglänzten Rücken normal. Der stete Takt der Trommel gehörte zu den alltäglichen Geräuschen, ebenso wie das Pfeifen der Peitschen in der Luft und das Klatschen, mit denen die Peitschen auf nackten Rücken landeten.
Sen'cher war ein freundlicher, gebildeter und intelligenter Mann, der wußte, was er wollte. Ich hätte mich vielleicht mit ihm anfreunden können.
Auf der anderen Seite aber war Sen'cher ein Sklavenhalter, daran ließ sich nicht rütteln. Es war ein Glück –
für uns –, da wir es uns in unserer Lage gar nicht erlauben durften, unangenehm aufzufallen. Wir mußten mit den Wölfen heulen, weil wir einfach keine andere Wahl hatten, wenn wir überleben wollten. Das enthob uns der Beantwortung der Frage, ob wir überhaupt mit einem Sklavenhalter befreundet sein durften.
Am Himmel tauchte eine vereinzelte Wolke auf und trieb langsam über das Blau. Wenn man nur nach oben blickte, war diese Fahrt das reinste Idyll.
Ich bemühte mich, die trüben Gedanken zu verscheuchen. Es wollte mir nicht gelingen. Vieles von dem, was ich zu sehen bekommen hatte, ließ sich mit den Moralvorstellungen nicht vereinbaren, mit denen ich zu leben gewohnt war. Das bezog sich nicht allein auf die Sklaverei, das galt auch für die allgemeine Menschenverachtung, die für dieses Zeitalter charakteristisch war.
»Kennt man das Grab des Imhotep?« wollte Inky wissen.
»Selbstverständlich«, erklärte Sen'cher. »Ich jedenfalls kenne...




