Tergast | Die Schule brennt | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Tergast Die Schule brennt

Ein Lehrer erlebt, wie die Bildung an die Wand gefahren wird
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7110-5316-9
Verlag: ecoWing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Lehrer erlebt, wie die Bildung an die Wand gefahren wird

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

ISBN: 978-3-7110-5316-9
Verlag: ecoWing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Digitalisierung genügt nicht: Was dem Bildungssystem in Deutschland wirklich fehltUnterrichtsausfall, digitales Lernen ohne geeignetes Equipment, schlecht ausgestattete Klassenzimmer – die Corona-Krise hat gezeigt, welche Dimension die Missstände an deutschen Schulen wirklich haben. Tablets und schnelle Internetanschlüsse alleine werden die Probleme nicht lösen. Carsten Tergast zeigt aus Lehrer- und Vaterperspektive auf, was jetzt getan werden muss, damit Bildung wieder gelingt!- Pädagogen, Schüler, Eltern: Gegner oder Hoffnung für die Schule der Zukunft?- Digitaler Unterricht: Notwendiges Übel oder naheliegende Ausrede?- Vorschläge zum Umgang mit Tabuthemen: Was tun bei Gewalt und Mobbing?- Wenn Schule krank macht: das unterschätzte Thema Lehrergesundheit- Für ein modernes Bildungswesen: So sieht guter Unterricht aus und warum wir Schulnoten brauchenReförmchen genügen nicht: So sollte Bildung aussehen!Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Schule jenseits von Politik und Ideologie neu zu denken. Kleine Lerngruppen anstatt großer unübersichtlicher Klassen, Stunden mit frei wählbaren Themen neben klassischen Unterrichtsfächern und ein neuer Umgang mit Reizthemen wie Migration und verhaltensauffälligen Schülern – Carsten Tergast hat klare Vorstellungen davon, was eine gute Schule auszeichnet.Dabei liegt sein Hauptaugenmerk nicht auf Perfektion. Im Vordergrund stehen vor allem Veränderungen hin zu mehr Freiheit in der pädagogischen Gestaltung und Mut zu einem neuen Miteinander von Lehrern, Schülern und Eltern.Sein Buch ist ein beherztes Plädoyer für eine Bildungsreform, die Rücksicht nimmt und zugleich nicht vor radikalem Umdenken zurückschreckt!
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Autoren/Hrsg.


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LEHRER, SCHÜLER UND ELTERN. TRIUMVIRAT DES GRAUENS UND HOFFNUNG FÜR DIE ZUKUNFT VON SCHULE
Wir schreiben das Jahr 1995, als eine Schülerzeitung im niedersächsischen 14 000-Einwohner-Städtchen Zeven das große Los gezogen hat. Sie bekommen einen richtig prominenten Interviewpartner, Gerhard Schröder, der sozialdemokratische Ministerpräsident ihres Bundeslandes höchstselbst hat sich bereit erklärt, den Schülern Rede und Antwort zu stehen. Und Schröder, bekannt für seine bisweilen derbe und auch leicht cholerische Art, lässt sich nicht lumpen. Man kann sich sein süffisantes Grinsen lebhaft vorstellen, als er seinen jungen Interviewern in kumpelhaftem Ton seine Ansichten über ihre Lehrer mitteilt: »Ihr wisst doch ganz genau, was das für faule Säcke sind …« Wenig später hat Schröder gleich zwölf Strafanzeigen wegen Beleidigung am Hals, und bundesweit ergießt sich ein Sturm der Entrüstung über den späteren Bundeskanzler, während gleichzeitig so mancher sich bei der Lektüre dieses Satzes in seinen eigenen Ansichten über diesen Berufsstand bestätigt gesehen haben wird. Die Anzeigen verliefen im Sand, Schröder entschuldigte sich später für seine pauschale Abwertung. Und doch zeigt diese kleine Episode, dass der Beruf des Lehrers offenbar nicht einer von vielen ist, sondern immer schon eine exponierte Stellung eingenommen hat. Gefürchtet, geliebt, gehasst, respektiert: Kaum ein Lehrer ist kaum einem Schüler jemals egal gewesen. Es gibt die, die ihren Schülern schon beim Frühstück den Appetit verderben, weil die Furcht vor ihnen sich im Kopf festgesetzt hat, und es gibt die, die eher Mentor, Vorbild und Lebensberater für einige ihrer Schüler sind als einfach nur Lehrer. Das Spannende an Lehrern ist ja letztlich: Jeder von uns hatte welche. Spätestens seit Einführung der allgemeinen Schulpflicht im Jahre 1919 in Deutschland kommt niemand durch seine Kinder- und Jugendjahre, ohne sich im Laufe eines Schülerlebens auf die unterschiedlichsten Pauker einzulassen. Die Lehrer unserer Schulzeit beeinflussen somit zu einem nicht unerheblichen Teil, wer wir im Leben werden. Ein guter Lehrer kann nachhaltig positiven Einfluss auf unsere Motivation, unser Wissen, unsere Einstellung zum Leben im Allgemeinen haben, ein schlechter Lehrer hingegen kann die Begeisterung für ein Fach töten, er kann uns schlaflose Nächte bereiten und für die Entwicklung von Ängsten sorgen. Die Bedeutung des Lehrers für das System Schule kann mithin gar nicht überschätzt werden. Er ist gewissermaßen das Scharnier, das das Ganze zusammenhält, Schnittpunkt zwischen Politik, Eltern und Schülern. Auf Scharnieren jedoch lastet stets Druck, sie müssen immer funktionieren, weil sonst alles ins Stocken gerät. Je schlechter die Scharniere geölt sind und funktionieren, desto mehr quietscht es im System. Als Quereinsteiger durfte ich die Facetten des Lehrerdaseins im Crashkurs erleben, durfte bei den Kollegen beobachten, wie erfahrene Lehrer mit den gleichen Situationen, Schülern und Anforderungen umgingen, mit denen ich als Neuling konfrontiert war. Und ich durfte erleben, wie weit die Alltagsrealität des Lehrers häufig von dem entfernt ist, was wir als Eltern, Journalisten, Beobachter von außen in diesen Beruf hineininterpretieren. WAS SOLL UND KANN EIN LEHRER EIGENTLICH LEISTEN? UND WAS BRAUCHT ER DAFÜR?
»Lehrer haben vormittags recht und nachmittags frei …« Noch so ein Satz, der an Schröders »faule Säcke« erinnert und das Berufsbild des Lehrers so beschreibt, wie es viele von außen erleben. Da ist zum einen der Mythos der Halbtagstätigkeit zum vollen (Beamten-)Gehalt. Abgesehen davon, dass längst nicht alle Lehrer verbeamtet sind. Diejenigen, die auf Angestelltenbasis arbeiten, verdienen für die gleiche Arbeit zum Teil deutlich weniger. Man halte sich vor Augen, dass der normale Vormittag in der Schule, die Arbeit mit den Schülern in der Klasse, nur der sichtbare Teil der Lehrerarbeit ist. Der zweite große Teil dieser Arbeit findet – ganz abgesehen davon, dass gerade in den höheren Klassenstufen auch nachmittags noch ein erhebliches Unterrichtspensum zu absolvieren ist – hinter verschlossenen Türen im heimischen Arbeitszimmer statt und erinnert eher an einen Büro-Fulltime-Job als an pädagogisches Wirken. Da werden Konzepte geschrieben, Klassenarbeiten und andere Aufgaben erstellt und korrigiert, in den letzten Jahren wird zunehmend Dokumentation erledigt. Und dann ist da noch die Sache mit den Eltern. Ich habe Kollegen erlebt, bei denen ich das Gefühl hatte, ihr heimisches Arbeitszimmer gleiche eher einem Callcenter. Jeden Tag wurden Eltern angerufen oder riefen von sich aus an, um Probleme mit den jeweiligen Kindern zu besprechen. Da wurde nachgehorcht, um herauszufinden, ob das merkwürdige Verhalten von Julian oder Mareike vielleicht seine Ursache in familiären Unregelmäßigkeiten hat, da wurde dem Vater von Tim mitgeteilt, dass sein Sohn sich wieder nicht an die erst jüngst vereinbarten Verhaltensregeln gehalten hatte. Und die Mutter von Iris beschwerte sich, dass das Hausaufgabenaufkommen der letzten Woche doch wohl weitaus zu hoch gewesen sei. Manchmal reicht auch die tägliche Telefonsession nicht aus, und Lehrer machen Hausbesuche, fast wie ein Arzt. Solche Hausbesuche finden auch schon mal zu zweit statt, wenn etwa der Schulpsychologe oder -sozialarbeiter mitkommt. Denn diese Stellen sind über die Jahre an fast allen deutschen Schulen geschaffen worden, weil der Alltag ohne ihre Hilfe kaum noch zu organisieren ist. Die Hausbesuche sind etwa dann sinnvoll, wenn die Eltern bestimmter Schüler gar nicht erreichbar sind, wenn Sprachbarrieren bestehen, die ein sinnvolles Telefonat verhindern, oder die Eltern es aus den unterschiedlichsten Gründen nicht schaffen, in der Schule vorzusprechen. Darüber hinaus vereinen Lehrer verschiedene Professionen in sich, für die sie niemand ausgebildet hat: Psychologe, Therapeut, Sozialarbeiter, Manager, drill instructor, Reiseveranstalter, Ernährungswissenschaftler und spätestens seit der Coronazeit auch Onlinecoach. Kurzum: So richtig frei hat man als Lehrer eigentlich nie, weshalb es für diese Berufsgruppe extrem wichtig ist, Grenzen zur Privatsphäre zu ziehen. Wer rechtzeitig lernt, auf seine eigenen Bedürfnisse zu achten, die Schule einfach mal Schule sein zu lassen, läuft weniger Gefahr, irgendwann aus lauter Frust den Eindruck zu vermitteln, dass ihm die Schüler, seine Schule und alles, was damit zusammenhängt, im Grunde egal sind. Und er läuft weniger Gefahr, krank zu werden. WENN SCHULE KRANK MACHT — DAS UNTERSCHTZTE THEMA LEHRERGESUNDHEIT
Wenn es eines gibt, worauf ich in meinem ganzen Schul- und Berufsleben immer stolz war, dann das: Nie hatte ich krankgefeiert, nie einen kleinen Schnupfen oder sonstige Unpässlichkeiten zum Anlass genommen, meinen Pflichten nicht nachzukommen. Ich fand immer, man müsse hart gegen sich selbst sein, um auch Kollegen gegenüber nicht unfair zu sein. Doch dann war er da, dieser Tag, an dem dieser mühsam aufrechterhaltene letzte Damm brach. Ich war mit neuem Elan aus den Osterferien zurück an die Schule gekommen, fest entschlossen, meine Unsicherheiten beim Einstieg hinter mir zu lassen und den Kopf oben zu behalten. Doch schon ein paar Tage später fühlte ich mich »gar« – in jeder Hinsicht. Die Lautstärke im Klassenzimmer war unvermindert hoch, das Verhalten zu vieler Schüler jenseits jeglichen akzeptablen Niveaus. Zusätzlich tauchte die Notwendigkeit der Planung für das kommende Schuljahr peu à peu am Horizont auf. Und dann passierte es: Ich nahm mein Handy, schickte dem zuständigen Kollegen eine Nachricht, dass ich heute und morgen nicht zum Unterricht kommen könne, weil ich krank sei. Anschließend besorgte ich mir eine Krankschreibung für zwei Tage. Nicht dass wir uns falsch verstehen. Was meine körperliche Gesundheit betraf, hätte ich an diesem Tag zur Arbeit gehen können, und trotzdem war diese Pause kein Krankfeiern aus Lust und Laune. Gleichwohl war das etwas, was mir früher nicht im Traum eingefallen wäre, weil ich nie zuvor einen solchen fast körperlichen Schmerz bei dem Gedanken gespürt hatte, einfach nur meinen Job zu machen. Diese zwei Tage dienten einzig und allein meinem Selbstschutz, dessen Anteil an der Gesunderhaltung allgemein zu gering geschätzt wird. Gleichwohl verspürte ich auch ein schlechtes Gewissen gegenüber Schülern und Kollegen. Ich tat das Gleiche hinterher noch ein weiteres Mal, und heute weiß ich, dass diese kurzen, selbstbestimmten Auszeiten mir geholfen haben, nicht längerfristig krank zu werden. Es musste Druck vom Kessel, sonst wäre es unweigerlich zur Explosion gekommen. Das Thema Gesundheit in Zusammenhang mit dem Lehrerberuf verdient besondere Beachtung. Untersuchungen zeigen, dass der Anteil der psychischen und psychosomatischen Erkrankungen bei Lehrern erheblich höher ist als in den meisten anderen Berufen. Auch unspezifische, nicht einem bestimmten...


Carsten Tergast, geboren 1973, Ostfriese von Geburt und aus Überzeugung, arbeitet seit mehr als 20 Jahren als Journalist und Buchautor. Der Vater zweier Kinder war als Co-Autor an den Bestsellern von Michael Winterhoff beteiligt und hat zuletzt zusammen mit Susanne Schnieder bei Ecowin das deutsche Kitasystem unter die Lupe genommen.



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