Tarr | Ein Weihnachtsmärchen in London | E-Book | www2.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 130 Seiten

Reihe: Digital Edition

Tarr Ein Weihnachtsmärchen in London


1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7337-2902-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 130 Seiten

Reihe: Digital Edition

ISBN: 978-3-7337-2902-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Fionas Zukunft scheint allein ihrer kleinen Buchhandlung zu gehören - bis ein mysteriöser Mann durch die Tür tritt und ihr Herz in seltsame Schwingungen versetzt. So, als würden sich ihre Seelen schon lange lieben und sich dieses Jahr zur Weihnachtszeit finden ...



Als lebenslange Leseratte träumte Hope Tarr schon davon Autorin zu sein, seitdem sie das erste mal auf der Tastatur ihrer Fisher-Price-Schreibmaschine spielte. Dieser Traum überlebte einen Masterabschluss in Psychologie und einen PhD in Lehramt. Eines Tages, als sie gerade beruflich Statistiken auswertete, wurde ihr die kalte und harte Wahrheit klar: Sie wollte keine Daten analysieren, die ihr von anderen Menschen vorgegeben wurden und sie in keinster Weise kreativ forderten. Was sie wollte, war über sie zu schreiben. Ihr Debut als Autorin 2006 war glorreich. Wichtige Aspekte in ihren Romanen, waren die Orte, an denen sie spielten. So ließ sie auch immer wieder eigene Gedanken und Empfindungen über die Städte, Regionen und Landschaften, an denen sie lebte und war, einfließen. Eine ihrer Liebesgeschichten spielt in New York City. Das erste Buch aus ihrer neuen Heimat Manhattan, wo sie hingezogen war, nachdem sie über fünf Jahre in Fredericksburg, Virginia gelebt hatte. Im Stile von Candace Bushnella 'Sex and the City', berichtete sie über ihr Lieblingsstätten in New York - den 'Union Square', den 'Strand' Buchladen, das Roosevelt Hotel und 'Sardi's'. Hope Tarr ist ein regelmäßiger Gast in Blogs und Foren über romantische Literatur. Sie veröffentlicht regelmäßig in ihrem Blog www.hopetarr.com der monatlich über aktuelle Inhalte informiert.
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1. KAPITEL

Fiona räumte den Tisch ab. Während sie die Kuchenkrümel in den Abfallkorb warf, tat sie ihr Bestes, sich nicht dem Gefühl der Einsamkeit hinzugeben. Jetzt, da Addie und Claire gegangen waren, kam ihr die Buchhandlung bedrückend leer vor. Das Ticken der Kuckucksuhr und das leise Schnarchen ihrer Katze, die am Erkerfenster döste, waren die einzigen Geräusche im ansonsten stillen Raum.

Sie seufzte schwer, stellte den Stapel Teller ab und ging zum Fenster hinüber. Ihre Katze Grey Ghost rührte sich nicht, als Fiona die beschlagene Scheibe sauber rieb und hinausblickte. Die Straßenlampe beleuchtete den heftig fallenden Schnee. Keine einzige Fußspur war auf dem Gehweg zu sehen. In Covent Garden, wo sich das Royal Opera House, unzählige Varietétheater, Wirtshäuser, Türkische Bäder und Freudenhäuser befanden, wimmelte es für gewöhnlich von Menschen – sowohl der zwielichtigen Sorte als auch der kultivierteren. Aber an diesem Abend schienen die Blumenverkäuferinnen und Obsthändler, die Gastwirte und selbst die Dirnen ihre Geschäfte auf nach dem Fest verschoben zu haben. Fiona hätte es nicht für möglich gehalten, aber der übliche Lärm der Trinkfreudigen fehlte ihr. Mr Dickens’ Scrooge hatte ja so recht.

Weihnachten war ein einziger Humbug!

Und doch hatte es eine Zeit gegeben, da sie das Fest und ihren Geburtstag als die Schwelle zu einem ereignisreichen neuen Jahr und wundervoller Möglichkeiten gesehen hatte. Doch diese Zeit – lediglich fünf Jahre waren vergangen – schien so weit entfernt zu sein wie der Mond und ein ebensolches Märchen wie die Geschichte vom Weihnachtsmann. Was gäbe sie nicht darum, wieder daran glauben zu können!

Sie musste an den heutigen Leseabend denken und fragte sich, ob sie nicht etwas zu barsch gewesen war. Wie sie zugeben musste, hatte sie sich noch nie besonders in der Kunst der Diplomatie hervorgetan. Als geliebtes einziges Kind ihres verwitweten Vaters, eines großen, kräftigen Schotten, war sie dazu erzogen worden, ungezwungen ihre Meinung zu äußern und frei ihre Lektüre zu wählen.

„Ich möchte eine Hexe werden, wenn ich groß bin“, hatte sie verkündet, nachdem sie das Grimm’sche Märchen „Hänsel und Gretel“ gelesen hatte. Es waren nicht die kleinen Pfefferkuchendiebe gewesen, die ihr Mitleid erregt hatten, sondern die arme, misshandelte Hexe, die in ihrem eigenen Heim von den Kindern überfallen wurde.

Ihr Vater hatte gelacht, ihr die Locken zerzaust und sie altklug genannt. „Sie wird dem Unsinn bald entwachsen“, hatte er den erschrockenen Anwesenden versichert.

Was jedoch nicht geschehen war.

Allerdings erinnerte die hochgewachsene, sommersprossige rothaarige Gestalt, der sie jeden Morgen vor dem Spiegel begegnete, sie an alles andere als eine Hexe. Selbst ihre verschiedenfarbigen Augen waren eher seltsam als beängstigend. Nicht einmal ihre Katze war besonders unheimlich. Sie wog fast zwanzig Pfund, watschelte wie eine Ente und machte dabei einen solchen Lärm, dass kein Vogel und keine Maus etwas vor ihr zu befürchten hatten.

Fiona trat vom Fenster zurück und spürte wieder die schwere Last ihrer Probleme, die sie während der Leseabende immer ein wenig verdrängen konnte. Ihre Hauptsorge war der Ehrenwerte Tobias Templeton – ein vornehmer Gelehrter und Sammler von Antiquitäten und in den vergangenen fünf Jahren der größte Rivale ihres Vaters auf der Suche nach seltenen Büchern. Fiona war schon bald nach ihres Vaters Tod rücksichtslos von Mr Templeton belästigt worden. Wenn sie seinen Worten trauen durfte, hatte er die Buchhandlung mitsamt Inhalt von ihrem Vater erstanden, und das gerade einen Monat vor dessen Tod. Und nun gedachte Mr Templeton sein Eigentum am ersten Tag des neuen Jahres in Besitz zu nehmen!

Dieser Schlag hatte Fiona wie der Tod eines weiteren geliebten Menschen getroffen. Sollte Mr Templetons Behauptung der Wahrheit entsprechen, und der Brief seines Anwalts schien das zu unterstützen, würde sie in nur einer Woche ihr Heim räumen müssen! Als Ausgleich würde sie einen Scheck über fünftausend Pfund erhalten – immerhin ein kleines Vermögen. Doch die Buchhandlung war das einzige Zuhause, das sie je gekannt hatte. Sie war nach dem Unfall ihre einzige Zuflucht gewesen und der Ort vieler geliebter Erinnerungen. Obwohl sie den neuen Besitzer noch nicht zu Gesicht bekommen hatte, hasste sie Tobias Templeton bereits jetzt aus tiefster Seele.

Mr Templeton schien besonders an einem seltenen, wenig bekannten Manuskript von Aristoteles gelegen zu sein. Vor fünf Jahren hatte ihr Vater es ihm bei einer Auktion sozusagen vor der Nase weggeschnappt. Was gäbe Fiona nicht darum, hätte sie damals dabei sein und Templetons enttäuschte Miene sehen können! Auf dem Weg zu dieser Auktion war es ja auch gewesen, dass sie auf dem Bahnsteig ausrutschte und gezwungen gewesen war, zu Hause zu bleiben.

Und seitdem hatte sich ihr Vater durch keinerlei Druck seitens Mr Templetons dazu bringen lassen, seinen Schatz zu verkaufen. Seine angeschlagene Gesundheit musste ihn schließlich veranlasst haben, seine Meinung zu ändern. „Ich bin entschlossen, mein Mädchen versorgt zu wissen“, hatte er oft in seinen letzten Monaten gesagt. Erst als Mr Templetons Brief eintraf, hatte Fiona erkannt, wie ernst es ihm damit gewesen war. Der Gedanke, dass ihr geliebter Vater mit der ihm verbliebenen Kraft darum gekämpft hatte, ihr eine sichere Zukunft zu garantieren, schmerzte sie zu sehr. Bis jetzt war sie nicht bereit gewesen, Mr Templetons erstaunlich hohen Stapel von Briefen und Telegrammen auch nur zu beachten. Wenn er die Buchhandlung und das verflixte Manuskript denn so sehr haben wollte, dann sollte er gefälligst persönlich nach London kommen und beides fordern!

Sie drehte das Schild an der Tür auf „Geschlossen“ und stieß Grey leicht in die Seite. „Komm, lass uns zu Bett gehen. Mit ein wenig Glück werde ich Heiligabend, Weihnachten und Neujahr einfach durchschlafen.“

Damit würde ich nicht rechnen, meine Liebe.

Fiona erstarrte mitten im Gehen. Sie hatte deutlich eine kichernde weibliche Stimme gehört, was sowohl albern als auch unmöglich war. Bis auf Grey und sie hielt sich niemand sonst in der Buchhandlung auf. Und dennoch hätte sie schwören können …

Um sicherzugehen, durchsuchte sie alle Räume und prüfte den Türriegel ein zweites Mal. Auf dem Weg die Treppe hinauf ertappte sie sich dabei, wie sie über die Schulter blickte, aber nur Grey folgte ihr. In ihrem Zimmer machte Fiona die Lampe an, zog die schweren Vorhänge zurück und kniete sich hin, um unter das Bett zu schauen. Kein Schreckgespenst lauerte dort auf sie, nicht einmal ein eingebildetes. Ein wenig verlegen richtete sie sich wieder auf und hinkte zum Schrank, während sie mit von der Kälte ein wenig ungeschickten Fingern ihr Kleid aufknöpfte. Sie empfand es als große Erleichterung, das schwere Trauerkleid und das Korsett ablegen zu können. Schließlich schlüpfte sie aus den Schuhen und ihren an vielen Stellen geflickten Strümpfen. Erschaudernd zog sie sich rasch Nachthemd und Morgenrock über und hängte das Kleid neben die vielen farbigen, die sie ein ganzes Jahr lang nicht würde tragen können.

Bedrückt kehrte sie zum Bett zurück, löschte die Lampe und schlüpfte unter die eisigen Laken, die sie rasch bis ans Kinn hochzog. Insgeheim schwor sie sich, Weihnachten, Geburtstage und vor allem Tobias Templeton aus ihren Gedanken zu vertreiben.

Tobias Templeton zog die Schultern hoch, sodass der aufgestellte Kragen seines Mantels ihn etwas besser vor dem scharfen Eisregen schützen konnte. Kaum eine halbe Stunde, nachdem er auf sein Pferd gestiegen war, um zum nächstgelegenen Bahnhof zu reiten, war das Wetter immer ungemütlicher geworden. Ein gewöhnlicher Mensch hätte kehrtgemacht. Ein gewöhnlicher Mensch hätte zumindest Unterschlupf für die Nacht gesucht.

Tobias allerdings war alles andere als gewöhnlich.

Mit seiner schimmernd blassen Haut, dem weißblonden Haar und den fast schmerzhaft lichtempfindlichen Augen sah er eher wie ein Geist aus als wie ein Mensch. Bisher hatte jeder Arzt lediglich seinen seltsamen Zustand festgestellt, ohne etwas dagegen unternehmen zu können.

Er war das einzige Kind zweier Menschen, die für ihre dunkle Schönheit bewundert wurden. Und so galt er nicht nur als Missgeburt in der Gesellschaft, sondern auch als Ausgestoßener in seiner eigenen Familie. Er war der Grund, weswegen seine Eltern kein zweites Kind in die Welt gesetzt hatten in der Furcht, der Fehler, der Fluch, könnte sich wiederholen. Selbst jetzt machte seine verwitwete Mutter den Eindruck, sie könne seinen Anblick kaum ertragen.

Zu ihrer beider Glück brauchte sie das auch nicht, jedenfalls nicht sehr oft. Tobias blieb in seinen eigenen Räumen, besonders in seiner Bibliothek, und überließ ihr das übrige mehr als weitläufige Herrenhaus. Eine Schutzbrille mit dunklen Gläsern, eine Vorrichtung, die er selbst ersonnen hatte, erlaubte es ihm, sich bei Tageslicht außer Haus zu wagen, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Meistens jedoch war es einfacher für ihn, bei zugezogenen Vorhängen bis zum Ende des Tages auszuharren.

Statt also wie jeder gewöhnliche Mensch sein Herrenhaus in Hungerford bei Tagesanbruch zu verlassen, hatte Tobias die Dämmerung abgewartet, da das schwächere Licht freundlicher zu seiner Haut und seinen Augen sein würde. Als er den Bahnhof erreichte und er sein Pferd in einem Mietstall untergebracht hatte, stand die Abfahrt des letzten Zuges nach London kurz bevor. Tobias beabsichtigte nicht, einen Platz in der zweiten Klasse zu erstehen, aber nicht etwa, weil ihm die Gesellschaft nicht behagen...



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