E-Book, Deutsch, 268 Seiten
Tanner Bergkristall
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7543-8317-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 268 Seiten
ISBN: 978-3-7543-8317-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine abenteuerliche Geschichte über den Fund von Kristallen und deren Transport über den Grimselpass ins Wallis beschäftigt das ganze Dorf Guttannen.
Paul Tanner wuchs mit sechs Geschwistern als ältester Sohn eines Kleinbauern und Webers auf. Schon früh wurde er zur Mithilfe auf dem Hof angehalten. Gerne wäre er Schriftsteller geworden aber das war wegen den ärmlichen Verhältnissen nicht möglich. So führte er vierzig Jahre lang ein kleines Baugeschäft. Nach seiner Pensionierung begann er zu schreiben. Er ist unterdessen 83 Jahre alt. Acht Bücher hat er bisher veröffentlicht und viele Manuskripte liegen noch in der Schublade.
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Ansonsten ging das Leben in seinem gewohnten Trapp weiter. Säumer kamen und gingen auf dem Weg über die Grimsel bis ihnen der Schnee den Weg versperrte. Kristallsucher beuteten ihre Klüfte aus und brachten ihre Ware an den Saumpfad. Der Winter kam und nach ihm der Frühling und ein neuer Alpsommer. „Ich werde alt, du wirst wohl nächstes Jahr mein Amt übernehmen müssen, ich fühle es in allen Knochen.“ Eine Feststellung, die der Grabenhännel am Abend auf der Bank vor der Hütte seinem Enkel eröffnete. „Es wird wohl nicht so bös sein“, erwiderte Thys. „Ich bin nun dreissig Jahre lang hier der Senn gewesen, das ist lange genug.“ So vergeht die Zeit. Der Anne auf der hintern Trift erging es nicht viel besser. Es war die Gicht, die sie plagte, und sie fragte sich, ob sie den Weg auf die Trift noch einmal schaffen würde. Nun fragte sich Matthias, ob er seinen Grossvater doch in sein Geheimnis einweihen sollte. Jener war ja in jungen Jahren Strahler gewesen und könnte ihm sicher viele gute Ratschläge erteilen. „Warum hast du mir das nicht schon lange gesagt?“ „Manchmal, wenn zwei etwas wissen, ist es einer zuviel.“ „So, schäme dich. Du traust also deinem Grossvater nicht zu, dass er seinen Mund halten kann!“ „Das schon, aber manchmal geschieht es aus Unbedacht!“ „Du meinst also, es sei eine ergiebige Kluft?“ „Ich bin mir fast sicher.“ „Nach dem Müsterchen, das du heimgebracht hast, könnte es durchaus Mailänderware sein. Wie gross waren die Zapfen, die du gesehen hast?“ „Der grösste, den ich gesehen habe, war sicher ein Fuss lang.“ „Alle Wetter, da hast du wahrscheinlich wirklich etwas Wertvolles entdeckt. Es ist nun so, wenn du die Kluft allein ausbeuten kannst, gehört alles dir. Ich glaube, das Monopol ist gegenwärtig aufgehoben. Ich habe gehört, Kristalle seien zurzeit in Mailand sehr gefragt. Es würden gute Preise bezahlt. Mir scheint aber, du seist noch etwas zu jung um schwere Lasten zu tragen. Solange du noch wächst, schadet das deinen Knochen und Gelenken. Helfen kann ich dir nicht mehr, dazu bin ich nun doch zu alt. Die Frage ist nun noch, ob die Kluft reif ist. Ob sich die Kristalle lösen lassen oder ob der Felsen noch massig ist. Dann gingen die Kristalle beim Lösen die meisten kaputt. Konntest du die Stufe, die du heimgebracht hast einfach so auflesen?“ „Ja, ich brauchte dazu keine Gewalt.“ „So ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass die Kluft reif ist. Wenn du mir Zeit lässt, versuche ich mit dir aufzusteigen, um mir die Sache einmal anzusehen. Findest du die Stelle überhaupt wieder?“ „Ich glaube schon, ich habe mir verschiedene markante Blöcke eingeprägt.“ „Gut, dann steigen wir morgen nach dem Käsen hinauf.“ „Anne und die Barbara werden uns sehen.“ „Sag der Barbara, wenn sie dich liebhabe, so solle sie dich nicht verraten und die Anne auch nicht.“ Der Junge leichtfüssig, der Alte keuchend mit schweren Beinen und langsam, so stiegen sie anderntags zur Kluft hinauf. Matthias fand sie ohne Mühe. „Und wie soll ich da hinuntersteigen?“ „Ich gehe zuerst und du kannst mir dann auf die Schultern stehen.“ „Aha, da läuft Wasser und versickert gleich wieder.“ „Deshalb habe ich die Kluft ja gefunden!“ „Du hast es faustdick hinter den Ohren!“ „Ich habe halt so manches gehört.“ „So deck einmal ab.“ Das war schnell getan, nur das Loch war zwar für den Buben gross genug aber für den Grossvater nicht. „Wenn ich da hinunterschlüpfen soll, müssen wir das Loch vergrössern!“ „Können wir es dann wieder decken, dass es niemand sieht?“ „Da drüben liegt eine grosse Platte. Ich glaube, mit der sollte es gehen.“ Um eine Kluft hat es meistens ausgelaugtes Nebengestein, das sich in der Regel mit etwas Aufwand abbauen lässt. So liess sich der Einstieg mit dem Bergstock vergrössern, so dass sich auch der Grossvater durchzwängen konnte. In einer Tiefe von etwa drei Ellen war fester Boden, und der Hohlraum war so gross, dass beide gebückt nebeneinanderstehen konnten. Überall glitzerte es von kleineren und grösseren Zapfen, so schön, dass es dem Sennen die Sprache verschlug. Worte hätte da wohl vorerst niemand gefunden. Matthias hatte einen Rucksack mitgenommen. Den hatte er vollgestopft mit Heu, um eventuell eine etwas grössere Stufe zu bergen und sie so vor Schlägen zu schützen. In diesem Tragsack hatte er auch eine Kerze und Zunder. Die packte er aus und steckte sie in Brand. „Du hast an alles gedacht“, lobte ihn der Grossvater. „Eine Kerze brauchst du beim Strahlen immer. Beginnt sie zu flackern oder droht sogar zu erlöschen, musst du die Kluft sofort verlassen, weil sich giftiges Gas darin befindet.“ Vorläufig brauchten sie sie aber um die Kluft auszuleuchten. Ihr Schein reichte zwar nicht bis zum Ende, aber was sie sahen übertraf alle ihre Träume. Nebst wunderbaren Schaustufen sahen sie einzelne Kristalle von einem Gewicht von wahrscheinlich mehr als dreissig Pfund in bester Mailänderqualität. „Du bist reich Bub.“ Mehr brachte der Senne vor lauter Staunen nicht hervor. „Das Beste daran, die Kluft ist reif, die Platten, auf denen die Kristalle aufgewachsen sind lassen sich lösen, das sehe ich schon jetzt, aber ob du diese Arbeit allein bewältigen kannst, da bin ich mir nicht so sicher.“ „Wenn du nur noch einmal jung wärst!“ „Das bin ich nun einmal nicht, aber ich würde mich in diesem Falle auch niemandem anvertrauen. Die Kristalle müssen ja nicht alle auf einmal ausgebeutet werden. Da hast du Arbeit für viele Jahre!“ „Was meinst du Ätti, ich würde gerne so einen grossen Zapfen mit hinunter in die Hütte nehmen.“ „Und dort vorläufig verstecken, meinetwegen. Zuerst nimmt man immer die am Boden, weil sie sonst durch Herunterfallende zerstört werden können. Nimm diesen dort, aber du musst wissen, dass er eigentlich zu schwer ist für dich.“ Er steckte nur in Kluftlehm und liess sich gut bergen. Sapperlot, war der schwer. „So, in den Tragsack mit ihm und gut gepolstert. Für einmal will ich dir gestatten, eine so schwere Last zu tragen, aber denk daran, es ist nicht gut für deine Knochen. Ich würde mit Ausbeuten warten bis zum nächsten Sommer und dann nimm nicht die Schwersten zuerst. Ein guter Bergstock ist die halbe Arbeit, das merke dir und nimm nicht immer den gleichen Weg zum Absteigen, sonst bildest du einen Trampelpfad und deine Kluft wird über kurz oder lang entdeckt. So traten sie den Abstieg an, nicht ohne vorher den Einstieg wieder sorgfältig zu decken. Auf der Hinteren Trifft waren die zwei Frauen beim Brunnen vor der Hütte und wuschen die Käsetücher aus. Anne verschwand sofort in der Hütte als sie die Zwei kommen sah, aber Barbara ihrerseits ging ihnen ein paar Schritte entgegen. „Was zum Kuckuck! Ich glaube bald, ihr habt gewildert. Was hättet ihr sonst in diesem Sack?“ „Der enthält eben ein streng gehütetes Geheimnis. Komm hinüber in unsere Hütte, dir wollen wir es verraten.“ „Es geht um euer Glück Barbara, und wenn du es jemanden verrätst, würde es wahrscheinlich zerstört!“ Diese Mahnung sprach der Grossvater aus, bevor Matthias den Sack öffnete. „Maria und Josef, das ist ja fast wie ein Klumpen Gold, woher habt ihr den?“ „Deine verlorene Ziege hat ihn gefunden und das Beste daran, es hat oben noch viele davon.“ „Ja, Barbara, Matthias ist reich, steinreich.“ Statt sich zu freuen hatte Barbara Tränen in den Augen und Matthias fragte sie, weshalb sie nun weine. „Ich, ich will keinen reichen Mann, ich will hier oben Ziegen hüten und Käse machen solange ich lebe!“ „Dummerchen, und ich will hier oben Senne sein solange ich lebe. Aber im Winter wird es nicht schaden, wenn wir ein bisschen Geld haben. Vielleicht bauen wir uns ein schönes Haus und ich möchte die schönsten Kühe haben im ganzen Land!“ „Noch hast du mich nicht, obwohl du wahrscheinlich reich sein wirst. Reiche sind hochnäsig und das mag ich nicht!“ „Mit Speck fängt man die Mäuse. Dich werde ich schon erwischen!“ „So, werdet zuerst einmal erwachsen, dann wird es sich ergeben ob ihr zueinander passt, das zu entscheiden scheint mir zu früh. Die Anne wird dich ausfragen. Sage ihr, dass es ein Geheimnis bleiben muss. Ich glaube, sie kann es für sich behalten. Wie ich das sehe, geht es ja auch um euer Glück.“ „So, nun habe ich aber Hunger, wie lange haben wir schon nichts mehr gegessen?“ Graben Hännel, der Senne, hatte schlaflose Nächte. Was sollte er dem Buben raten. Die Kluft...