E-Book, Deutsch, 180 Seiten
Summer Schutzlos - In deinen Händen
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7396-0190-8
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Liebesroman
E-Book, Deutsch, 180 Seiten
ISBN: 978-3-7396-0190-8
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Durch Zufall stößt Lara auf geheime Dokumente, die ihrem Exfreund gehören. Dokumente, die niemals für fremde Augen bestimmt waren. Laras Leben ist in Gefahr und so bleibt ihr keine andere Wahl: sie muss sich in die Obhut von Ryan, einem Ex-Cop, begeben. Doch Ryan Carter ist genau die Sorte Mann, von der sich Frau lieber fernhalten sollte. Düster, geheimnisvoll, verdammt gutaussehend - und besitzt ein Geheimnis, das Lara um jeden Preis lüften will.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 1
Erbarmungslos fährt der eisige Herbstwind durch mein Haar, zerrt an meiner Kleidung und lässt meine Hände, die meinen weinroten Schal festhalten, vor Kälte erzittern. Mir ist kalt, meine Füße schmerzen und meine Augen sind vom Weinen schon ganz rot. Aber das ist mir egal. Es ist mir auch egal, dass ich hin und wieder von Passagieren angerempelt werde, die schnellstmöglich in ihre warme Wohnung wollen, wo sie bestimmt von jemandem erwartet werden. Auf mich wartet niemand mehr. Kein Paolo, der mich mit seinen warmen, haselnussbraunen Augen ansieht. Der mir mit seinen braungebrannten Händen durch das Haar fährt. Der Gedanke an Paolo, meinen Exfreund, schmerzt. Obwohl wir nur ein paar Monate zusammen waren, habe ich ihn mehr geliebt als alle anderen Männer, mit denen ich vorher zusammen war. Vermutlich deswegen, weil er genau die Sorte Mann ist, die mich so fasziniert. Er ist keiner dieser langweiligen „Normalos“, wie ich die Kerle nenne, die nichts anderes im Kopf haben als Karriere, Urlaub und Familienplanung. Männer, die man gerne seinen Eltern vorstellt, die einen aber auf lange Sicht langweilen. Von Anfang an war mir klar - Paolo ist anders. Er hat nie über Urlaub, seine Familie oder über seinen Job gesprochen. Unsere Gesprächsthemen waren eher karg, um nicht zu sagen, wir haben uns fast gar nicht unterhalten. Wir haben eher das getan, was zwei Verliebte nun mal tun. Jetzt im Nachhinein könnte ich mich ohrfeigen. Wie konnte ich ihm nur blindlings, ohne ihn richtig zu kennen, vertrauen? Mich so schamlos von ihm ausnutzen lassen? Ich war dumm und verliebt. So dumm, dass ich ihn bei mir einziehen ließ, ohne dafür etwas zu verlangen, nicht mal Beteiligung an der Miete oder den eingekauften Lebensmitteln. Für Paolo war es selbstverständlich und ich habe mir nie darüber Gedanken gemacht, bis zu dem Zeitpunkt, an dem mein Leben aus der Bahn geworfen wurde. Es ist keine drei Tage her, dass ich für meine Naivität bestraft wurde. Der Klassiker. Der Albtraum jedes Verliebten. Vor meinem inneren Auge steigt das Bild von seinem nackten Rücken auf, von seinem Hinterteil, das gerade dabei ist, auf das Bett - mein Bett - zuzugehen, um die Frau, die darin liegt, zu beglücken. Ich sehe mich immer noch wie versteinert im Türrahmen stehen, wo ich mit ansehen muss, wie die Schlampe ihre Finger nach ihm ausstreckt. Nach meinem Freund! Nur noch schemenhaft kann ich mich daran erinnern, was danach passiert ist. Ich weiß noch, dass ich wie eine Verrückte gebrüllt habe. Dass ich geweint habe. Paolos Kleider genommen und aus dem Fenster geworfen habe. Dass er mir mit dem üblichen Spruch: „Es ist nicht so, wie du denkst“, gekommen ist. Ich habe ihn angeschrien, er solle verschwinden oder ich würde die Polizei rufen. Daraufhin sind er und seine Tussi gegangen und ich war allein. Allein in meiner Wohnung mit seinem Geruch, der wie ein Nebel im Raum hing. Das Klingeln meines Handys, welches andeutet, dass ich eine SMS bekommen habe, reißt mich aus meinen Gedanken. Mit eiskalten Händen ziehe ich es aus meiner Jackentasche, drücke auf den Knopf und sehe, dass es sich um eine Nachricht von ihm handelt.
Babe, lass uns reden. Ich möchte dir erklären, warum es passiert ist. Love, Paolo „Dieser verdammte Arsch“, fluche ich. Bis jetzt ist es mir gelungen, seine Anrufe und SMS zu ignorieren. Doch ich weiß, dass ich das nicht mehr kann. Noch immer sind seine Sachen bei mir und wenn ich sie nur einen Tag länger in meiner Wohnung sehen muss, dann drehe ich womöglich durch. Meine Schritte beschleunigen sich, tragen mich durch die nur schwach beleuchteten Straßen, auf direktem Weg zu meiner Wohnung. Während ich wütend vor mich hin stolpere, verfasse ich noch eine kurze Antwort für ihn:
In einer Stunde kannst du deinen Scheiß vor meiner Tür abholen. Und wage es ja nicht, mir noch einmal unter die Augen zu treten. Achtlos werfe ich seine Klamotten in einen Pappkarton und gebe mir die größte Mühe, meine Nase nicht in seinem grauen Wollpullover, der mir immer so gut an ihm gefallen hat, zu vergraben. Jedes seiner Kleidungsstücke, das ich berühre, hinterlässt ein unangenehmes Gefühl auf meiner Haut. So, als ob ich meine Finger daran verbrennen würde - was natürlich völliger Quatsch ist. Und doch schmerzt es mich so sehr.
„Nur noch eine Schublade, dann hast du es geschafft“, flüstere ich mir selbst zu und reiße besagte Schublade auf. Leicht ziehe ich meine Nase hoch beim Anblick seiner Unterwäsche. Ich schließe meine Augen, greife hinein und hole jedes Teil Stück für Stück heraus. Unglaublich, wie viel Unterwäsche ein Mann haben kann, schießt es mir durch den Kopf. Die Schublade ist beinahe leer, als meine Hände etwas Kaltes, Lederartiges berühren. Meine Hände ertasten dieses seltsame Objekt, das definitiv nichts in einer Schublade voll Boxershorts zu suchen hat und sich anfühlt, als ob es zwischen der Spalte der Rückwand und dem Boden festhängen würde. Ich beuge mich nach vorn, schiebe die restliche Wäsche zur Seite, um besser sehen zu können. Obwohl ich das seltsame Objekt noch nicht sehe, ertasten meine Hände es. Ganz deutlich. Vorsichtig ziehe ich es heraus und bin erstaunt, wie schwer es ist. Vor Überraschung lasse ich mich nach hinten an das Bettgestell aus Holz sinken und begutachte die Ledermappe auf meinen Oberschenkeln. Was sich auch immer in der Mappe befindet, Paolo wollte sicher nicht, dass ich es entdecke, schießt es mir durch den Kopf und ich spüre, wie mein Herz vor Aufregung etwas schneller schlägt. Ich fahre über die raue Oberfläche des Ledereinbandes und öffne ihn. Sofort springt mir ein seltsamer Zahlencode ins Auge. Was soll das denn sein? Die roten Zahlen stechen mir ins Auge: „33450“, flüstere ich leise und blättere weiter. Auf den nächsten Seiten sehe ich verschiedene Zahlencodes und dahinter Daten. Allesamt Zeitpunkte, die in der Zukunft liegen. Meine Neugierde ist geweckt und so durchforste ich die Blätter nach irgendetwas anderem außer Zahlen und Daten. Lange muss ich nicht suchen. Hinter den Zahlencodes sind Lieferscheine. Lieferscheine mit Substanzen, die ausnahmslos an ein verlassenes Fabrikgebäude, keine halbe Stunde von hier entfernt, geliefert wurden. Auch wenn ich nur die Hälfte von dem verstehe, was da steht, spüre ich genau, dass Paolo irgendwelche krummen Dinger dreht. Und dann fällt mir ein, was ich ihm vor einer guten halben Stunde geschrieben habe.
„Ganz großes Kino“, fluche ich leise und springe vom Fußboden auf. Paolo wird sicher keine Stunde warten, um seine Sachen zu holen. Erst recht nicht, wenn er solche Unterlagen in meiner Wohnung versteckt. Wie ein aufgeschrecktes Huhn renne ich durch meine Wohnung. Ich muss meinen Bruder anrufen. Er ist im Moment meine einzige Chance, aus der Nummer irgendwie rauszukommen. Bereits nach dem vierten Klingeln nimmt er ab. „Young“, hallt die beruhigende Stimme meines Bruders durch das Handy. „Aiden, ich brauche deine Hilfe. Sofort.“ Meine Stimme überschlägt sich beinahe. „Lara, was ist denn los? Wo bist du? Steckst du in Schwierigkeiten?“, will er fürsorglich wissen. „Ich glaub schon. Ich bin in meiner Wohnung und … Aiden, ich habe keine Zeit, dir alles am Handy zu erklären.“ Leicht schiebe ich den Vorhang an meinem Fenster zur Seite, blicke nach unten auf die beinah menschenleere Straße. „Kannst du vorbeikommen?“ „Ich bin schon fast im Auto. Gib mir zehn Minuten.“ „Ok“, flüstere ich leise und lege auf. Noch immer halte ich die Mappe in meiner Hand, erwäge, die Blätter darin zu kopieren. Sollte mir etwas passieren, dann hätte Aiden …
„Denk gar nicht daran“, spreche ich laut aus und versuche, die Gedanken zu verdrängen. Meine Augen bleiben an der Wanduhr hängen, fixieren den großen Zeiger, als ob ich ihn durch reine Willenskraft zu schnelleren Umdrehungen anspornen könnte. Die Zeit zieht sich endlos dahin, wie ein Bindfaden, der einfach nicht enden will. Ich stehe auf, setze mich hin und stehe wieder auf. Nervös tippe ich mit meinen Füßen auf den Boden. Gespannt lausche ich, nehme jedes Geräusch auf dem Flur vor meiner Wohnung wahr. Selbst eine Tür, die ein Stockwerk unter mir ins Schloss fällt, lässt mich aufschrecken. Die Mappe in meiner Hand fühlt sich kalt an und erst jetzt spüre ich, dass ich sie die ganze Zeit krampfhaft festgehalten habe. Es vergeht keine Minute, da höre ich schnelle Schritte, die die Treppe empor eilen, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, und ich weiß sofort, dass er es ist. „Verflucht!“ Leicht panisch sehe ich mich in meiner kleinen Wohnung um. Ich muss die Mappe irgendwo verstecken, doch leider habe ich keine große Auswahl. Genau in diesem Moment klingelt es an meiner Wohnungstür und mein Blick huscht zu meinem Sofa. Schnell beuge ich mich nach unten und schiebe die Mappe unter das blickdichte Polster. Und was jetzt? Die Mappe ist sicher. Zumindest sicher genug, um nicht gleich entdeckt zu werden. Ich ignoriere Paolo, tue so, als ob ich ihn nicht...