Sullenberger / Zaslow Man muss kein Held sein
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-641-05133-4
Verlag: C.Bertelsmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Auf welche Werte es im Leben ankommt
E-Book, Deutsch, 352 Seiten
ISBN: 978-3-641-05133-4
Verlag: C.Bertelsmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Am 15. Januar 2009 startet der Inlandsflug 1549 in New York. In einer Höhe von etwa 1000 Metern - die Maschine befindet sich gerade über der Bronx - kollidiert ein Schwarm Wildgänse mit dem Airbus, an Bord sind 150 Passagiere und fünf Besatzungsmitglieder. Kapitän Sullenberger meldet Schubverlust in beiden Triebwerken und entscheidet sich wegen der geringen Flughöhe für eine hochriskante Notwasserung. Nur sechs dramatische Minuten nach dem Start trifft die Maschine im Gleitflug auf dem Hudson auf, rund anderthalb Kilometer vom Times Square entfernt. Rettungskräften gelingt die Evakuierung der Passagiere. Die Bilder von der spektakulären Landung und Rettungsaktion gehen bald um die Welt.
Chesley Sullenberger, der sich eher ungern als 'Der Held vom Hudson' tituliert sah, blickt nun auf sein Leben zurück und beschreibt, wie er zu dem Ausnahmepiloten wurde, der in schwierigster Notsituation Augenmaß und Entschlusskraft bewahrt und der Verantwortung für die ihm anvertrauten Mitmenschen gerecht wird. Er berichtet von seiner Kindheit in Texas, wie er bereits im Alter von fünf Jahren den Traum hegte, Pilot zu werden, und bereits mit sechzehn seinen ersten Soloflug bestritt; er erzählt von den prägenden Jahren bei der Air Force und seinen Erlebnissen als Flugkapitän, seit er 1980 zur zivilen Luftfahrt wechselte.
Sullenberger ist überzeugt, dass seine gesammelten Lebenserfahrungen ihn auf die dramatischen Augenblicke, die sein Leben radikal verändern sollten und die er minutiös und mitreißend schildert, vorbereitet haben, als er sich - entgegen der Anweisung aus dem Flughafentower - für die Landung im Hudson entschied. Hier, so der Kapitän, konnte er auf all das an Einsichten und Tugenden zurückgreifen, was er nicht nur in seinem Beruf, sondern für sein gesamtes Leben als unerlässlich ansieht: Disziplin und Pflichtgefühl, Genauigkeit und Sorgfalt, Verantwortungsgefühl und Vertrauen, aber auch den Mut, notfalls im Alleingang eine Entscheidung zu treffen.
Jeffrey Zaslow arbeitete als Journalist und Kolumnist beim Wall Street Journal und war Co-Autor des Weltbestsellers 'Last Lecture' von Randy Pausch. Er kam im Februar 2012 bei einem Autounfall ums Leben.
Weitere Infos & Material
(S. 120-121)
Im März 1964 sah ich im Alter von 13 Jahren einen Beitrag in den Abendnachrichten, der mir nicht mehr aus dem Kopf ging. Meine Eltern, meine Schwester und ich aßen von kleinen Tabletts zu Abend und schauten auf unseren Schwarz-Weiß-Fernseher, einen plumpen Kasten in einem hellbraunen Holzschrank. Wie üblich drehten meine Eltern an dem cremefarbenen Senderknopf, bis sie den Huntley-Brinkley Report auf NBC empfingen.
David Brinkley hatte seinen Sitz in Washington, D. C., und Chet Huntley saß in New York. Von dort kam ein Bericht über eine 28-jährige Frau namens Kitty Genovese.Sie lebte in Queens und war vor ihrer Wohnung erstochen worden. Ihre Nachbarn hatten die Schreie gehört, als sie angegriffen und sexuell von einem Fremden missbraucht wurde. Angeblich unternahmen sie nichts, um ihr zu helfen. Laut dem Bericht hatten 38 Menschen ihre Hilferufe gehört und nicht die Polizei gerufen, weil sie mit der Sache nichts zu tun haben wollten. Ihre Untätigkeit wurde später von Soziologen als »Zuschauereffekt« bezeichnet.
Menschen legen weniger Eifer an den Tag, in einem Notfall zu helfen, wenn sie davon ausgehen oder hoffen, dass andere Zuschauer vortreten und einschreiten werden. Diese ersten Meldungen über den Vorfall sollten sich später als übertrieben erweisen. Einige Nachbarn unternahmen nichts, weil sie dachten, sie würden den Streit eines Liebespaares mit anhören. Andere waren sich nicht sicher, was sie überhaupt hörten, weil sie in der kalten Nacht die Fenster geschlossen hatten. Einer verständigte tatsächlich die Polizei. Aber an jenem Abend im Jahr 1964 wusste ich über die Sache nur das, was ich im Huntley-Brinkley Report gehört hatte. Die Meldungen waren ein schwerer Schock für die ganze Familie.