Sue | Die Geheimnisse von Paris. Band V | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 5

Reihe: Die Geheimnisse von Paris

Sue Die Geheimnisse von Paris. Band V

Historischer Roman in sechs Bänden
Neuausgabe des ungekürzten Textes in der ursprünglichen Übersetzung 2020
ISBN: 978-3-96130-201-7
Verlag: apebook Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Historischer Roman in sechs Bänden

E-Book, Deutsch, Band 5

Reihe: Die Geheimnisse von Paris

ISBN: 978-3-96130-201-7
Verlag: apebook Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Entführung, Mord und Prostitution: Eugène Sues 'Die Geheimnisse von Paris' entführt die Leser in die elenden Arbeiterviertel und die Unterwelt von Paris im Jahre 1838. In den schmutzigen Spelunken, wo sich die Verbrecher der Stadt treffen, werden finstere Pläne geschmiedet, während sich in den schicken Salons der adligen Oberschicht familiäre Dramen abspielen, aber um jeden Preis die Fassade gewahrt werden muss. Der Moloch Paris lässt hier mit seiner Enge, seinem Dreck und den allgegenwärtigen Verbrechen die Menschen verrohen. Und mitten in diesem Sumpf der zwielichtigen Gassen des Großstadtdschungels erscheint wie aus dem Nichts ein fremder Retter, der sich den Hilflosen und Entrechteten zur Seite stellt, um das Boshafte zur Rechenschaft zu ziehen. Auf insgesamt knapp 2000 Seiten entfaltet sich ein detailreiches und farbenprächtiges Bild des Pariser Alltags Mitte des 19. Jahrhunderts. Dutzende von Figuren aus unterschiedlichen sozialen Ständen und ihre Geschichten werden mit dem Haupthandlungsfaden des Werkes verwoben. Sue verbindet Elemente des Kriminalromans, des Gesellschaftsromans und des Melodrams und erschafft daraus ein bildgewaltiges Epos einer vergangenen Zeit, das durch sein Rachemotiv und die intriganten Verwicklungen zuweilen an den Graf von Monte Christo von Alexandre Dumas erinnert, der von Sue inspiriert wurde. Der Abenteuer-Klassiker liegt hier in der ungekürzten Übertragung ins Deutsche von August Diezmann vor. Zeichensetzung und Rechtschreibung der Erstübertragung wurden teilweise dem heutigen Sprachgebrauch angenähert, teilweise beibehalten. Dies ist der Versuch eines Kompromisses zwischen einem Zugeständnis an die Lesegewohnheiten heutiger Leserinnen und Leser sowie der Bewahrung des damaligen Sprachkolorits, welches wesentlich zur Atmosphäre der Geschichte beiträgt. Dieses ist der fünfte von sechs Bänden des monumentalen Werkes. Der Umfang des fünften Bandes entspricht ca. 340 Buchseiten.

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I. Erinnerungen.
Jacob Ferrand hatte leicht und schnell die Freilassung der Marien-Blume erlangt, die von einem einfachen administrativen Beschlusse abhing. Nachdem er durch die Eule den Aufenthalt der Schallerin in St. Lazarus erfahren, hatte er sich sogleich an einen seiner Klienten, einen ehrenwerten und einflußreichen Mann gewendet, und diesem gesagt, ein junges Mädchen, das anfangs allerdings auf Abwege gekommen sei, jetzt aber aufrichtige Reue fühle, und neuerdings in St. Lazarus eingesperrt worden, sei der Gefahr ausgesetzt, durch den Umgang mit den andern in ihren guten Vorsätzen wieder erschüttert zu werden. Da ihm, hatte Jacob Ferrand hinzugesetzt, das Mädchen durch achtbare Personen dringend empfohlen worden sei, die sich ihrer annehmen wollten, sobald sie aus dem Gefängnisse entlassen, so ersuche er seinen vielvermögenden Gönner im Namen der moralischen Religion und im Interesse der Unglücklichen, sich für die Freilassung derselben zu verwenden. Auch hatte der Notar, um sich vor jeder weitern Nachforschung sicher zu stellen, seinen Gönner vor allen Dingen und dringend gebeten, ihn bei der Ausführung dieses guten Werkes nicht zu nennen. Dieser Wunsch, den man der menschenfreundlichen Bescheidenheit Ferrand's, des ebenso frommen als angesehenen Mannes, zuschrieb, wurde gewissenhaft befolgt. Die Freilassung der Marien-Blume wurde bloß unter dem Namen des Gönners erbeten, der, um sich noch gefälliger zu zeigen, dem Notar den Entlassungsbefehl direkt zuschickte, damit er denselben den Beschützern des jungen Mädchens zufertigen könnte. Mad. Seraphin übergab den Entlassungsbefehl dem Direktor des Gefängnisses und setzte hinzu, sie habe den Auftrag, die Schallerin zu den Personen zu bringen, welche sich für dieselbe interessierten. Nach den vortrefflichen Zeugnissen, welche die Aufseherin der Frau von Harville über Marien-Blume gegeben hatte, zweifelte Niemand, daß dieselbe ihre Freilassung der Vermittlung der Marquise verdanke. Die Haushälterin des Notars konnte deshalb das Mißtrauen ihres Opfers in keiner Weise erregen. Mad. Seraphin konnte bei Gelegenheit eine recht gutmütige Miene annehmen, und es gehörte ein ziemlicher Grad von Beobachtungskunst dazu, um etwas Hinterlistiges, Falsches und Grausames in ihrem Blicke, in ihrem heuchlerischen Lächeln zu erblicken. Trotz ihrer tiefen Verdorbenheit, die sie zur Mitschuldigen oder Mitwisserin der Verbrechen ihres Herrn gemacht hatte, fiel der Mad. Seraphin die rührende Schönheit des jungen Mädchens auf, die sie als Kind der Eule überliefert hatte, und die sie jetzt zum sicheren Tode führen wollte. »Nun, meine liebe Mademoiselle«, sagte Mad. Seraphin mit süßlicher Stimme, »Sie sind gewiß recht froh, aus dem Gefängnisse herauszukommen.« »Ach ja, Madame, und gewiß verdanke ich diese Gnade der Gunst der Frau von Harville, die so gütig gegen mich war?« »Sie irren sich nicht. — Aber kommen Sie, wir haben uns schon etwas verspätet und müssen noch einen weiten Weg machen —« »Wir gehen nach Bouqueval, zu der Mad. Georges, nicht wahr?« fragte die Schallerin. »Ja — wir gehen auf das Land, zu Mad. Georges«, antwortete die Haushälterin, um jeden Argwohn des Mädchens zu entfernen. Dann setzte sie hinzu: »aber nicht sogleich; ehe Sie Mad. Georges sehen, steht Ihnen eine kleine Überraschung bevor. Kommen Sie, kommen Sie, ... der Fiacre wartet. — Wie frei müssen Sie jetzt aufatmen, liebe Mademoiselle, da Sie das Gefängnis hinter sich haben!« Mad. Seraphin verbeugte sich vor dem Secretair und ging mit der Schallerin fort. Ein Diener folgte ihnen, um ihnen das Tor zu öffnen. Dieses hatte sich hinter den beiden Frauen wieder geschlossen, und sie standen unter dem großen Portal, das auf die Straße Faubourg-Saint-Denis geht, als sie einem jungen Mädchen begegneten, das ohne Zweifel eine Gefangene besuchen wollte. Es war Lachtaube, — die immer flinke und zierliche Lachtaube. Ein sehr einfaches, aber frisches mit kirschroter Bandschleife ausgeputztes Häubchen faßte ihr hübsches Gesicht ein; ein sehr weißer Kragen fiel aus ihren langen brauncarrirten Shawl. Am Arme trug sie ein Strohkörbchen und in Folge ihres vorsichtigen Ganges waren ihre Stiefelchen völlig rein, ob sie gleich weit her kam. »Lachtaube!« rief Marien-Blume aus, als sie ihre ehemalige Gefängnisgenossin erkannte. »Schallerin!« rief ihrerseits die Grisette. Und die Mädchen sanken einander in die Arme. Man kann sich nichts Lieblicheres denken als den Contrast dieser beiden sechzehnjährigen Mädchen, die einander umschlungen hielten, beide so hübsch und doch ganz verschieden waren: Die eine, blond, mit großen blauen melancholischen Augen, einem idealen, etwas bleichen, englischreinen Profil; die andere, eine pikante Brünette mit vollen rothen Wangen, schönen schwarzen Augen und heiterer Miene, ein reizendes Bild der Jugend und Sorglosigkeit, ein seltenes Beispiel von Glück in der Armut, der Rechtlichkeit bei aller Verlassenheit und der Freude bei der Arbeit. Nachdem die beiden jungen Mädchen einander aufrichtig geliebkost hatten, sahen sie einander an. Lachtaube war über dieses Zusammentreffen hocherfreut; Marien-Blume konnte ihre Verlegenheit nicht bergen. Der Anblick ihrer Freundin erinnerte sie an die wenigen Tage des ruhigen Glückes, die ihrer ersten Entwürdigung vorausgegangen waren. »Du bist es? Welches Glück!« rief Lachtaube nochmals aus. »Ja, ... welche liebe Überraschung! Wir haben einander so lange nicht gesehen«, antwortete die Schallerin. »Jetzt wundere ich mich nicht mehr, Dich seit sechs Monaten nicht gesehen zu haben«, fuhr Lachtaube mit einem Blicke auf die ländliche Kleidung der Schallerin fort: »Du wohnst auf dem Lande?« »Ja—seit einiger Zeit«, — antwortete Marien-Blume mit niedergeschlagenen Augen. »Und Du willst wie ich Jemanden in dem Gefängnisse besuchen?« »Ja — ich habe—ich habe Jemanden besucht«, sagte Marien-Blume stotternd und errötend. »Jetzt gehst Du nach Hause? wohl weit fort von Paris? Liebe kleine Schallerin, Du bist immer so gut, daran erkenne ich Dich. — Erinnerst Du Dich noch der armen Frau, die niedergekommen war und der Du Deine Matratze, Wäsche und das wenige Geld gabst, das Du noch besaßest und das wir auf dem Lande verzehren wollten? Damals schon liebtest Du das Land —« »Und Dir gefiel es gar nicht, Lachtaube, aber Du warst so gefällig und begleitetest mich nur meinetwegen.« »Doch auch meinetwegen, denn Du warst immer ein wenig ernst und wurdest so zufrieden, so heiter, so lustig, sobald Du auf dem Felde oder im Walde warest, daß es mir schon Vergnügen machte, Dich zu sehen. Aber laß mich Dich ansehen! Wie gut Dir das runde Häubchen steht! Wie hübsch Du geworden bist! Ja, ja, es war Deine Bestimmung, ein Bauernhäubchen zu tragen, wie es die meinige war, ein Grisettenhäubchen zu tragen. Du hast Deinen Wunsch erreicht und mußt nun recht zufrieden sein, das wundert mich nicht. — Als ich Dich nicht mehr sah, dachte ich bei mir: die gute kleine Schallerin ist nicht für Paris geschaffen; sie ist ein wahres Waldblümchen und diese Blumen gedeihen in der Hauptstadt nicht; die Lust da sagt ihnen nicht zu. Die Schallerin wird also zu braven Leuten auf das Land gegangen sein, und das hast Du denn wirklich getan, nicht wahr?« »Ja — «, antwortete Marien-Blume errötend. »Einen Vorwurf habe ich Dir aber doch zu machen.« »Mir?« »Du hättest mir es anzeigen sollen; man läuft doch nicht so voneinander fort, und gibt seinen Freundinnen wenigstens Nachricht.« »Ich—, ich habe Paris so schnell verlassen«, antwortete Marien-Blume in immer größerer Verlegenheit, »daß mir es nicht möglich war —« »Ich bin ja auch nicht böse darüber, — ich freue mich zu sehr, Dich wiederzusehen. Du hast Recht daran getan, Paris zu verlassen; es ist so schwer, hier ruhig zu leben, ungerechnet, daß ein armes einzelnes Mädchen, ohne es zu wollen, auf einen schlechten Weg kommen kann. Wenn man Niemanden kennt, der einem einen guten Rat gibt, — die Männer versprechen immer so viel, und — die Armut tut bisweilen so weh. Erinnerst Du Dich noch der kleinen Julie, die so hübsch war, und der Rosine, der Blondine mit den schwarzen Augen?« »Ja, ich erinnere mich ihrer —« »Nun siehst Du, arme Schallerin, sie sind beide hintergangen und dann verlassen worden. Von Unglück zu Unglück sanken sie tiefer und tiefer, bis sie solche schlechte Mädchen wurden, die man hier einsperrt —« »Ach Gott!« rief Marien-Blume aus, die den Kopf sinken ließ und feuerrot wurde. Lachtaube, welche die Bedeutung dieses Ausrufes ihrer Freundin nicht erriet, fuhr fort: »Sie sind sehr schlecht, sehr verächtlich selbst, wenn Du willst, aber wir dürfen nicht zu streng gegen die Andern sein, weil wir beide rechtlich geblieben sind, Du, weil Du auf dem Lande bei braven Leuten lebtest, ich, weil ich keine Zeit mit Liebhabern zu verlieren hatte, weil ich ihnen meine Vögel vorzog und mein größtes Glück darin fand, mir durch meine Arbeit eine hübsche kleine Wirtschaft zu erwerben. — Wer weiß, ob nicht Gelegenheit, Betrug und Not viel zum Verderben der Rosine und Julie beitrugen und ob wir es an ihrer Stelle nicht auch so gemacht hätten —« »Ach«, sprach Marien-Blume bitter, »ich klage sie nicht an, ich bedauere sie.« »Wir haben Eile, liebe Mademoiselle«,sagte Madame Seraphin, indem sie ungeduldig ihrem Opfer den Arm bot. »Gestatten Sie uns nur noch einige Augenblicke, Madame; ich habe meine arme Schallerin so...



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