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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 272 Seiten

Reihe: Ein Fall für Pfarrer Gabathuler

Stückelberger Feuertaufe

Ein Fall für Pfarrer Gabathuler
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7152-7548-2
Verlag: Atlantis Literatur
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Fall für Pfarrer Gabathuler

E-Book, Deutsch, Band 3, 272 Seiten

Reihe: Ein Fall für Pfarrer Gabathuler

ISBN: 978-3-7152-7548-2
Verlag: Atlantis Literatur
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Halbjährlich kommen die Pfarrer des Bezirks Winterthur zum Pfarrkapitel zusammen. Als Referent ist dieses Mal Thomas Staudinger geladen, der zu künstlicher Intelligenz forscht. Doch anstatt vorzutragen, rast Staudinger mit seinem weißen Tesla ungebremst in die Mauer der Winterthurer Zwinglikirche. Pfarrschaft und Medien fragen aufgeregt: Werden selbstfahrende Autos zu Todesfallen? Ist das die logische Konsequenz, wenn die Menschen Gott spielen wollen? Aber Roger Gabathuler erfährt: Das Auto wurde manipuliert, Staudinger eiskalt ermordet. Und während sich Gabathuler seelsorgerisch um Angela Friedrichs, Assistentin an Staudingers Institut, kümmert, meldet sich ein rätselhafter Herr Marchand: Er kennt nicht nur Friedrichs, sondern weiß auch über Staudingers Todesumstände bestens Bescheid. Außerdem scheinen sich zahlreiche Geheimdienste für diesen Marchand zu interessieren. Für den ehemaligen Kantonspolizisten Gabathuler sind Geheimdienste Neuland. Statt weiter in seine Rolle als Vater eines neugeborenen Sohns hineinzufinden, wird der Pfarrer zum Mittelsmann zwischen Wissenschaftlern und schweizerischem Nachrichtendienst.

Benjamin Stückelberger war rund 16 Jahre lang Pfarrer der reformierten Kirche Zürich in Meilen und Winterthur-Wülflingen. Dabei konzentrierte er sich vor allem auf die Arbeit mit Jugendlichen nach der Konfirmation. Anschließend machte er sich selbständig, schrieb und produzierte Musicals für junge Erwachsene. Er schreibt regelmäßig Kolumnen für eine Wochenzeitung und lebt mit seiner Frau als freier Autor in Meilen.
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2


Wie recht Wälti hatte!

Gabathuler schaute um sich und blickte in erschrockene und fragende Gesichter. Dann kam Bewegung in die Kaffeegesellschaft. Gabathuler reagierte als Erster und rannte nach draußen. Als er auf dem Kirchplatz ankam, sah er, was geschehen war. Ein weißer Tesla war offensichtlich ungebremst in die Mauer der Kirche gerast. Die Front des Wagens war komplett eingedrückt. In der Fahrerkabine war lediglich der weiße Ballon des Airbags zu sehen.

»Oh mein Gott«, hörte Gabathuler eine Stimme hinter sich rufen. »Das ist Staudingers Tesla!«

Es war Angela Friedrichs. Sie hielt sich vor Schreck die Hände vor den Mund. Kurz darauf stand nahezu das ganze Pfarrkapitel auf dem Platz vor der Kirche. Wieder war für den Bruchteil einer Sekunde alles erstarrt. Dann sagte Gabathuler zu einem Kollegen neben sich: »Ruf die Polizei!« Er eilte zum Tesla und versuchte die Tür an der Fahrerseite selbst zu öffnen. Er rüttelte heftig daran. Erst nach mehreren Versuchen und mithilfe eines weiteren Kollegen gelang es ihm, die Tür so weit aufzustemmen, dass er an Staudinger herankam. Der hing reglos in seinem Gurt. Gabathuler hielt zwei Finger an seinen Hals. Er spürte keinen Puls.

»Wir müssen ihn herausholen«, sagte er schnell und versuchte irgendwie, an Staudinger vorbei den Sicherheitsgurt zu lösen. Da spürte er eine Hand auf seiner Schulter und eine Stimme, die sagte: »Lass es, Roger. Lass es.« Es war Weber, der gerade eben noch ganz mit Kaffee und Hörnchen beschäftigt gewesen war. »Lass es«, wiederholte er. »Das ist zu heikel. Das müssen die Profis von der Feuerwehr machen.« Gabathuler sah seinen Kollegen an, der ihm schon beim Öffnen der Fahrertür geholfen hatte. Dann schaute er noch einmal auf den reglosen Staudinger.

»Du hast recht.« Gabathuler ließ von Staudinger ab.

Wieder war es einen Moment lang still. Nun übernahm die Dekanin das Wort.

»Also. Christian und Roger bleiben hier beim Verunfallten. Alle anderen gehen bitte zurück in den Kapitelsaal.«

Langsam begaben sich die Pfarrer und Pfarrerinnen zurück in den Saal, während Weber sich neben Staudinger hinkniete und dessen linke Hand, die schlaff herunterhing, in seinen Händen barg. Gabathuler ging zur Straße und hielt Ausschau nach Polizei und Feuerwehr. Als er zurück zur Unfallstelle blickte, sah er Friedrichs, die nicht mit den Pfarrern und Pfarrerinnen in den Saal zurückgegangen war und nun etwas verloren auf dem Kirchenplatz stand. Er ging zu ihr hin und nahm sie in den Arm. Sie begann zu weinen.

»Kommen Sie«, sagte Gabathuler und führte sie zu einer kleinen Mauer, auf die sie sich setzen konnte.

»Schauen Sie mich an.« Er blickte in ihre verstörten Augen. »Hilfe ist unterwegs. Wenn jemand Herrn Staudinger helfen kann, dann die Profis von Feuerwehr und Sanität.« Er schnippte mit den Fingern, sah ihr in die Augen und erklärte ihr eindringlich: »Wichtig ist, dass Sie jetzt hier sitzen bleiben. Ich bin gleich zurück.«

Sie nickte.

Dennoch behielt Gabathuler Friedrichs mit einem Auge im Blick, nachdem er sich wieder an die Straße gestellt hatte und auf die Blaulichtfahrzeuge wartete. Dabei fiel ihm der Verkehr auf, der sich unmittelbar vor der Kirche abspielte. Und er fragte sich, wie Staudinger seinen Wagen so sehr hatte beschleunigen können, dass er mit solcher Wucht in die Kirchenmauer gedonnert war. Denn vor der Kirche befand sich eine dicht befahrene Kreuzung, die eigentlich eine derartige Beschleunigung unmöglich machte. Bevor er aber weiter grübeln konnte, hörte er die Sirenen der sich nahenden Rettungsfahrzeuge. Er wies den Polizeiwagen ein.

Die Polizistin, die als Erste aus dem Wagen stieg, informierte er über das Geschehen, während ihr Kollege auf die Straße trat und die nun eintreffende Feuerwehr und Sanität zu sich lotste.

Kneubühler hatte in der Zwischenzeit mit der Winterthurer Pfarrschaft ein kurzes Gebet für Thomas Staudinger gesprochen und schließlich alle gebeten, über den Hinterausgang das Gebäude zu verlassen und in ihre Gemeinden zurückzukehren.

Als Gabathuler mit Friedrichs den Konferenzsaal betrat, war der Raum nahezu leer.

»Kann ich euch mitnehmen?« Esther Wälti war noch da.

Gabathuler war froh, dass er nicht mit Friedrichs in den Bus steigen musste. »Gerne«, sagte er dankbar.

Wälti ging mit Friedrichs voraus zum Hinterausgang.

Gabathuler packte derweil seine Tasche und griff sich die Jacke. Instinktiv verließ er auf der anderen Seite den Saal und sah, wie Polizei, Feuerwehr und Sanität ihre Arbeit taten. Das Autowrack war aufgebrochen und leer. Zwei Sanitäter standen neben der Krankentrage. Der Körper, der auf der Trage lag, war vollständig zugedeckt.

»Ich muss zurück an die Hochschule«, meinte Friedrichs, als Gabathuler sich zu ihr ins Auto gesetzt hatte. Also fuhr Wälti die zwei ins Zentrum. Bei einer Bushaltestelle ließ sie die beiden aussteigen.

Als Gabathuler mit Friedrichs die Büroräumlichkeiten der School of Engineering an der ZHAW betrat, wurden sie von der Dame am Empfang mit »Ach gut! Sie sind zurück« begrüßt. »Bei uns ist heute der Teufel los! Das neue Putzinstitut ist hier, obwohl sie erst nächste Woche kommen wollten. Komische Typen! Anstatt einfach vors Gebäude zu fahren, haben sie fein säuberlich in der Tiefgarage geparkt und müssen nun alles Gerät hochschleppen. Zu allem Überfluss wollten sie dann auch noch, dass wir die Gebühren fürs Parkhaus übernehmen! Und dann«, sie schaute kurz auf, fuhr aber in geschäftigem Ton fort, »kennen Sie einen Herrn Schulz?« Petra Gummersbach nahm den Blick jeweils nur kurz vom Bildschirm, der vor ihr stand.

»Schulz?«, fragte Friedrichs zurück.

»Ja, er sagte, er sei ein Forscherkollege aus Düsseldorf und wolle Sie treffen.«

»Wo ist er jetzt?«

»Ich habe ihn in Ihr Büro geschickt. Habe ihm aber gesagt, dass er unter Umständen lange warten müsse. Ist alles okay bei Ihnen?« Endlich war Gummersbach der abwesende Gesichtsausdruck Friedrichs’ aufgefallen. Durch die dicken Brillengläser erschienen Gummersbachs Augen riesig. Ihre mit Haarspray gebändigte Frisur, die sich rund um ihr Gesicht rankte, betonte die etwas altmodische Erscheinung.

»Ja. Das heißt, nein«, stammelte Friedrichs. »Ich erzähl’s Ihnen später. Dieser Herr Schulz ist nun also in meinem Büro?«

»Nicht mehr«, sagte eine Stimme hinter ihnen.

»Das ist John Ha«, stellte Friedrichs den Mann Gabathuler vor. »Er ist der Assistent von Staudinger. Wir arbeiten im selben Büro.« Ha war vielleicht fünfunddreißig Jahre alt. Seine asiatischen Gesichtszüge erklärten den seltsamen Nachnamen und ließen vermuten, dass zumindest seine Eltern nicht in der Schweiz geboren waren.

»Er saß im Büro, als ich von der Pause zurückkam«, nahm Ha das Thema wieder auf. »Wir plauderten ein wenig. Kurz darauf entschuldigte er sich und ging. Er wird sich wieder bei dir melden.« Ha sprach ein einwandfreies Zürichdeutsch.

Friedrichs schien beruhigt. »Kann ich euch bitte kurz sprechen? Im Sitzungszimmer? Alle.«

»Was ist denn geschehen, dass wir dafür ins Sitzungszimmer müssen?«, fragte Gummersbach. Und Ha fügte mit Verweis auf Gabathuler an: »Und wer ist er?«

»Entschuldigung. Das ist Pfarrer Gabathuler. Ich habe ihn bei der Pfarrerkonferenz kennengelernt, bei der Staudinger reden sollte.« Das Sitzungszimmer war nun kein Thema mehr. »Staudinger hatte einen Unfall. Ich weiß nicht, ob er überlebt hat.«

»Hat er nicht«, meinte Gabathuler.

»Scheiße!«, entwischte es Ha.

»Mein Gott!« Gummersbachs Mund blieb offen, und ihre Augen erschienen noch größer, als duldeten sie die Konkurrenz des Mundes nicht. »Wie konnte das nur geschehen?«

»Ich kann jetzt nicht mehr sagen. Sagen Sie alle Termine von Staudinger ab. Ohne Begründung. Und meine auch gleich. Und du«, sagte sie an Ha gewandt und überlegte einen Moment. »Ich weiß auch nicht. Mach, was du für gut befindest.« Wieder an Ha und Gummersbach gerichtet, meinte sie: »Wir drei treffen uns heute Nachmittag und besprechen das weitere Vorgehen. Die Zeit gebe ich noch bekannt.«

Gabathuler staunte, wie klar die Anweisungen Friedrichs’ waren. Er fragte sich, welche Stellung sie in dieser Abteilung hatte. Friedrichs ging in ihr Büro. Gabathuler folgte ihr. Sie setzte sich an den Computer und weckte den Bildschirm. Die Arbeitsfläche ihres Pults war nahezu leer. Wohl deshalb fiel Gabathuler das Buch auf, das neben ihrer Maus lag. Es war eine Bibel. Erst recht staunte er, als er beim Blick in das kleine Bücherregal in ihrem Rücken noch eine Bibel entdeckte. Eine alte, dicke Ausgabe. Zudem entdeckte er auf dem Regal eine kleine Kirche aus Kunststoff und eine ähnlich kleine Bibel. Gabathuler wollte eine Bemerkung fallen lassen, aber Friedrichs schaltete in diesem Moment unvermittelt den Bildschirm aus und sagte: »Ich muss etwas essen.« Sie nahm Handy und Geldbeutel und stand auf.

»Soll ich Sie begleiten?«

»Sie müssen«, antwortete Friedrichs, wiederum überraschend deutlich. Sie ging zur Tür und meinte zu Ha, der etwas ratlos hinter seinem Bildschirm saß: »Ich bin in der Mensa. Um vierzehn Uhr im Sitzungszimmer. Einverstanden?«

»Ich sag’s Petra.«

Friedrichs wandte sich zum Gehen. Da fiel ihr Blick auf die Schlüsselbox neben dem Türrahmen. Sie stand offen. »Wieso ist die nicht geschlossen?«

Ha fühlte sich angesprochen und sagte: »Keine Ahnung. Vielleicht hatte Staudinger es eilig.«

»Der Schlüssel ist drin. Aber die Box ist nicht zu. Seltsam. Das passt nicht zu Staudinger.«

Sie drückte die Box zu, drehte am Zahlenschloss alle Zahlen auf null und ging....


Stückelberger, Benjamin
Benjamin Stückelberger war rund 16 Jahre lang Pfarrer der reformierten Kirche Zürich in Meilen und Winterthur-Wülflingen. Dabei konzentrierte er sich vor allem auf die Arbeit mit Jugendlichen nach der Konfirmation. Anschließend machte er sich selbständig, schrieb und produzierte Musicals für junge Erwachsene. Er schreibt regelmäßig Kolumnen für eine Wochenzeitung und lebt mit seiner Frau als freier Autor in Meilen.



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