E-Book, Deutsch, 168 Seiten
Storr Sofortratgeber Leaky Gut
4. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7519-4230-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Verstehen, erkennen, behandeln - So wird's gemacht
E-Book, Deutsch, 168 Seiten
ISBN: 978-3-7519-4230-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Professor Dr. Martin Storr ist Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie, am Zentrum für Endoskopie in Starnberg. Sein Spezialgebiet umfasst die Behandlung von Patienten mit funktionellen Magen- und Darmerkrankungen, Patienten mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Er kennt die Sorgen und Nöte der Patienten und gilt als einer der renommiertesten Experten für diese Erkrankungen. Ein ausgesprochen wichtiger Beratungsanlass sind Fragen zu Verdauungsbeschwerden und Fragen zur Ernährung. Gerade weil die ganzheitliche, wissenschaftlich fundierte Beratung eine so bedeutende Rolle hat, engagiert er sich für die Betroffenen mit gut verständlichen Sachbüchern und zahlreichen Hinweisen aus der Praxis.
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Für das bessere Verständnis zunächst ein paar Begriffe vorab:
Leaky Gut: Unter Leaky Gut wird eine Störung der Darmbarriere verstanden, die verschiedene Ursachen haben kann. Die Darmbarrierestörung führt dazu, dass über den Darm verschiedenste Partikel unkontrolliert in unseren Körper gelangen können.
Leaky Gut Syndrom: Unter dem Leaky Gut Syndrom werden verschiedene Beschwerden und Erkrankungen verstanden, die durch verschiedenste Partikel, die durch den Leaky Gut unkontrolliert in unseren Körper gelangen, ausgelöst werden.
Darmbarriere: Die Darmbarriere besteht aus mehreren Schichten: Einer Schleimbarriere, einer Schleimhautbarriere, einer Mikrobiomkomponente und aus Abwehrzellen, die alle zusammen im Darm kontrollieren, was aus dem Darminhalt in den Körper gelangt.
Durchlässigkeit der Darmbarriere: Die Durchlässigkeit für kleine oder große Partikel wird für verschiedene kleine und große Substanzen von der Darmbarriere kontrolliert. Verschiedenste Schutzmechanismen sind für verschiedenste Substanzen verantwortlich.
Die Darmbarriere
AUFGABEN DER DARMBARRIERE
- Gewährleistung der Durchlässigkeit für notwendige Nährstoffe und Nahrungsbestandteile
- Schutz vor Allergenen, Giftstoffen, entzündungsfördernden und unverträglichen Nahrungsmitteln
- Schutz vor Eindringlingen wie Bakterien, Viren, Pilzen, Parasiten
Die Darmbarriere kontrolliert eine riesige Fläche. Wenn wir alle Falten und alle Zotten des Darms flach ausbreiten würden, dann wäre diese Fläche etwa 400 Quadratmeter groß. Eine Fläche die einem Handballfeld entspricht und damit die Oberfläche unserer Haut um ein vielfaches übertrifft.
Eine Störung der Darmbarriere geht mit einer Schwächung der Funktion dieser Schutzbarriere und in der Folge mit einer erhöhten Durchlässigkeit einher. Diese erhöhte Durchlässigkeit ermöglicht es unverdauten Nahrungsbestandteilen, insbesondere Eiweißen, Allergenen, entzündungsfördernden Substanzen, Giftstoffen (Toxinen), bakteriellen Abbauprodukten, Mikroben (Bakterien, Pilzen, Viren, Parasiten) und vielen anderen Partikeln die Darmbarriere unkontrolliert zu überwinden. Dadurch gelangen diese Substanzen in unseren Körper. Hier haben sie direkten Kontakt zum Immunsystem, unserem körpereigenen Abwehrsystem, was wiederum Entzündungsvorgänge bewirkt. Diese Entzündungen führen über Nervenzellen des Darmnervensystems zu Fehlfunktionen im Verdauungsvorgang. Dieser Kontrollverlust an der Darmbarriere wird als Leaky Gut bezeichnet.
Um zu verstehen, wie es zu dieser Darmbarrierestörung kommt, wollen wir uns im Folgenden mit der Darmbarriere und den Einflussfaktoren auf diese Darmbarriere beschäftigen. Zwei Funktionen der Darmbarriere sind dabei als zentral anzusehen. Zum einen soll die Darmbarriere für unseren Körper einen wirksamen Schutz nach außen darstellen, denn der Darm ist eine wichtige Eintrittspforte über den Eindringlinge oder belastende Substanzen in den Körper eindringen können. Dies gilt es im Rahmen der Schutzfunktion zu verhindern. Daher der namensgebende Bestandteil Barriere. Auf der anderen Seite soll an der Darmbarriere aber auch die Aufnahme von wichtigen und lebensnotwendigen Nahrungsbestandteilen ermöglicht werden. Es bedarf also einer gewissen Durchlässigkeit, sonst würden wir verhungern. Um diese beiden Funktionen zu beschreiben ist der Begriff der selektiven Durchlässigkeit, genauer gesagt der kontrollierten Durchlässigkeit, am besten geeignet. An der Darmbarriere entscheidet sich also, was hinein darf und was nicht.
Hoch selektiv und dennoch durchlässig, was für eine Leistung! Ein perfektes Zusammenspiel, das durch verschiedenste Strukturen und Kontrollinstanzen koordiniert wird.
Unbeliebt ist der Leaky Gut auf wissenschaftlicher Seite vor allem wegen des gewählten Namens - Leaky Gut - sowie der oftmals über das wissenschaftliche Fundament hinausgehenden Erklärungskonzepte und Lösungsvorschläge. In Grundzügen ist der Leaky Gut wissenschaftlich aber sehr gut belegt und in der deutschen Behandlungsleitlinie zum Reizdarmsyndrom ist die Permeabilitätsstörung, also die erhöhte Durchlässigkeit, als eine der wesentlichsten Ursachen des Reizdarmsyndroms benannt. Lediglich die Verwendung des Begriffs Leaky Gut wird vermieden.
Aufbau der Darmbarriere
Die Darmbarriere besteht aus 4 Schichten. Von innen nach außen sind dies eine Bindegewebsschicht, eine Schicht aus Darmschleimhautzellen, eine Schleimschicht und die Schicht der aufgelagerten körpereigenen Darmflora.
Abbildung 2: Aufbau der Darmbarriere mit 4 Schutzebenen.
In der Bindegewebsschicht befinden sich Bindegewebe, Blutgefäße und Zellen der Immunabwehr. In dieser Schicht werden der Abtransport von selektiv aufgenommenen Nahrungsbestandteilen und die Abwehr von Eindringlingen oder von schädlichen Substanzen koordiniert. Spezielle Abwehrzellen produzieren hier Antikörper (Antikörper vom Typ Immunglobulin A; IgA) und Abwehrstoffe (sogenannte Defensine, Lysozyme und Chemokine), die zu einem großen Teil in die schützende Schleimschicht abgegeben werden und dort Abwehrfunktionen koordinieren. Der Darm ist unser größtes Abwehrorgan. Tatsächlich befinden sich 4 von 5 Abwehrzellen des Körpers im Darm. Dieses Abwehrsystem wird GALT (engl.: GALT, gut associated lymphatic tissue) genannt. GALT bezeichnet das gesamte Darm-assoziierte lymphatische Gewebe. Das im Darm derartig viele Immunzellen angesiedelt sind ist kein Zufall, denn im Darm treten wir durch den Kontakt mit aufgenommenen Fremdkörpern und Keimen am intensivsten in Kontakt mit der Außenwelt. Die Bindegewebsschicht wird aufgrund der enthaltenen Abwehrzellen auch als immunologische Barriere bezeichnet.
Die Schicht der Darmschleimhautzellen umfasst flach nebeneinander liegende Schleimhautzellen. Diese Schleimhautzellen sind untereinander mit speziellen Eiweißen (Proteinen) verknüpft um eine durchgehende Barriere zu ermöglichen. Die Schicht der Darmschleimhautzellen kontrolliert den geordneten Durchtritt von Nährstoffen, der entweder durch die Zellen hindurch (transzellulär) oder durch die Spalträume neben den Zellen (parazellulär) erfolgt. Der Durchtritt durch die Zellen hindurch kann entweder passiv, also ohne spezielle Transporter, oder aktiv, mit Hilfe spezieller Transporter, erfolgen. Der transzelluläre Durchtritt ist vor allem für kleine Partikel geeignet. Der parazelluläre Durchtritt durch die Spalträume erfolgt durch Öffnung (kontrolliert) oder durch Aufbrechen der Schleimhautbrücken (unkontrolliert). Diese Schleimhautbrücken werden Tight Junctions, „enge Verknüpfungen“, genannt.
Abbildung 3: Transzelluläre und parazelluläre Passage der Darmbarriere.
Der parazelluläre Durchtritt ist für größere Partikel und Mikroben geeignet. Ein parazellulärer Transport durch die Spalträume kann, wie erwähnt, auch durch unkontrollierte Öffnungen der Spalträume auftreten. Zu solchen unkontrollierten Öffnungen kommt es zum Beispiel wenn Schleimhautzellen zugrunde gehen, ein Mechanismus der Apoptose (Zelluntergang) genannt wird. Selbstverständlich gibt es Reparaturmechanismen, die die Schleimhautbarriere rasch wieder herstellen. Beim Leaky Gut besteht oftmals ein Ungleichgewicht zwischen Zelluntergang und Reparaturvorgängen. Da es sich bei der Barriere der Darmschleimhautzellen um eine prinzipiell geschlossene Barriere handelt, wird oft von der mechanischen Barriere gesprochen.
Die Schleimschicht stellt einen vorgeschalteten Schutz dar, der zum einen vor mechanischen Belastungen, also festen Nahrungsbestandteilen, die die Schleimhaut verletzen würden, schützt und zum anderen schädliche Bakterien und Substanzen im Schleim einfängt und verhindert, dass diese überhaupt bis zur Darmschleimhautzellschicht vordringen können. Diese Schleimschicht besteht aus dem Mukus, dem eigentlichen Schleim, und den darin befindlichen Bakterien. Zusätzlich finden sich in der Schleimschicht antibakterielle Substanzen, die teilweise von den Bakterien des Mikrobioms und teilweise von Immunzellen der Darmbarriere produziert werden. 4-5 Liter Schleim werden jeden Tag neu produziert und regeneriert. Je nachdem, wo im Darm die Schleimschicht betrachtet wird, reicht diese von sehr dick, wie im Dickdarm, passend zur Abwehrfunktion, bis zu sehr dünn, wie im Dünndarm, passend zur Nährstoffaufnahme, die durch eine dickere Schleimschicht...




