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E-Book, Deutsch, 1093 Seiten

Sternheim Bühnenwerke


1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-8496-4274-7
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 1093 Seiten

ISBN: 978-3-8496-4274-7
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Carl Sternheim, geboren 1878 in Leipzig, war ein herovrragender Dramatiker. Sein Leitthema war der Zustand der Gesellschaft in der Wilhelminischen Zeit. Dieser Sammelband enthält die Werke: Der entfesselte Zeitgenosse Die Schule von Uznach Tabula rasa Der Snob Bürger Schippel Perleberg Der Nebbich Die Hose Das Fossil Der Abenteurer 19

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Schmettow (taucht vor dem geschlossenen Tor im Autodreß und Brille auf): Sind Sie allein?

Mayer: Wer ist das?

Schmettow (lüpft die Brille und setzt sie sofort wieder auf)

Mayer: Herr von Schmettow wieder!

Schmettow: Noch einmal im Flug vorbeibrausend. Streng inkognito. Mein Schatten gleichsam.

Mayer: Wie es hier schließlich ablief, wollen Sie wissen?

Schmettow: Aus höherer Schickung peinlich für mich und die andern. Das steht leider fest.

Mayer: Aber – –

Schmettow: Was verschlägt's? Das ist Vergangenheit. Aber Zukunft bleibt, die trotzdem gelebt sein will. Die Gräfin bei leider überstürztem Abschied –

Mayer: Die Herren waren wirklich Hals über Kopf verschwunden!

Schmettow: Nur zu begreiflich aus Umständen. In die Versenkung. Flucht in der Tat. Die Gräfin gab trotzdem auf ferneren Lebensweg mir einige Rezepte mit.

Mayer: Wie?

Schmettow: Darunter das für die unvergeßliche, geradezu königliche Reispunschtorte. Leider – sehen Sie hier – blieb mir ein Hauptingredienz völlig unverständlich. Hören Sie (er liest) Man kocht Reis mit Schlagrahm und Zucker dick und weich, mischt ihn mit einem Eßlöffel Punsch und streicht das Ganze in kleine Formen Butterteig, gibt auf diese ein wenig Marillensalse –

Mayer: Marillensalse?

Schmettow: Marillen sind Aprikosen, gelang mir festzustellen. Aber Salse – was ist Salse? Und ich bin überzeugt, von dieser Salse hängt des Ganzen Gelingen ab.

Mayer: Das ist mir auch vollständig fremd.

Schmettow: Kurz, ich will von Ihnen nichts, als Sie kundschaften unbedingt, und ohne daß ich als Frager genannt werde, von der Gräfin aus, was Salse bedeutet, und geben mir, am besten telegrafisch, Bescheid. Hier Adresse und Kostenvorschuß.

Mayer: Danke, Herr von Schmettow. Wird besorgt. Und keine Bestellung sonst der Herrschaft?

Schmettow: Um Gottes willen. Hin ist hin. Es kostete mich Überwindung genug, hier im Flug noch einmal aufzutauchen. Aber – –

Mayer: Marillensalse! Wird besorgt

Schmettow: Zu Gegendiensten stets bereit, und damit – holla! (verschwindet)

Mayer durchs Tor ihm nach

Zweite Szene

Es treten auf Klara, die Gräfin, Professor

Professor: Nach Ausflug in unmittelbare Todesnähe, so mühsamer Genesung müßte er Wochen wenigstens in neue Kräfte hinein erst ausruhen.

Gräfin: Mit keinen Gründen ist er mehr zu halten, will heut noch fort. Schon locken ihn neue größere Horizonte.

Professor: Was will er arbeitsunfähig draußen?

Gräfin: Wieder erlebensfähig muß er hinaus.

Professor: Dann soll er! Uns aber trifft bei einer Katastrophe kein Vorwurf. Was stört ihn hier im Eldorado?

Klara: Meine nicht verheimlichte Dankbarkeit vielleicht.

Professor: Die sich doch wirklich aufdringlicher Manifestation enthielt. Mein Gott, der Mann mit voller Gewißheit, ersaufen zu müssen, springt im Impuls für Sie ins Wasser. Jede andere wäre ihm dafür erschüttert und gleich um den Hals gefallen, hätte aus Gefühlsfülle ihn nicht wieder losgelassen. Sie mit günstigen Voraussetzungen in Ihnen nahmen auch dies menschliche Wunder verhältnismäßig gefaßt auf, so daß ich als Arzt stolz auf Ihre zeitgenössische Enthaltsamkeit bin, und jetzt soll trotzdem –?

Gräfin: Kleinste Sorgfalt, die er nötig hat, ist ihm Greuel.

Klara: Ein paar Worte kühlen Danks, die ich ihm gestern endlich sagte, brachten ihn aus Rand und Band. Unhöflich – ich sage besser die Wahrheit – unverschämt lehnte er ab.

Professor: Sie selbst dürfen sich nicht sehr beklagen. Ihnen kommt er zu eigenen Wünschen zu Hilfe, sich Ihrem in dem Fall ausnahmsweise berechtigten Drang erwiderter Nächstenliebe dennoch zu entziehen. Nachdem er Sie von fünf über Ermessen schmählichen Freiern schon befreit hat.

Gräfin: Von vier brillanten Schwimmern, die im gegebenen Augenblick restlos versagten und einem Admiral, der, Nonsens, überhaupt nicht schwimmen konnte.

Professor: Das war der Gipfel! Welch schimpfliche Bande, die noch dazu Europas Auslese schon in die Flucht geschlagen hatte.

Gräfin: Ihr jähes Verschwinden zur gleichen Stunde war das Peinlichste in meinem mit Peinlichkeiten gesegneten Leben und wird nur von Briefen Weinsteins und Pfeffers übertroffen, die heute ankamen, und die ich vorlese. (liest) Pfeffers! »Sie, als einzig korrekt erzogene Frau von Stand in diesem fadenscheinigen Haus, begreifen ohne weiteres meine plötzliche indignierte Flucht aus Exzessen, die mir für keine Qualität der betreffenden ›Dame‹ – das Wort in Anführungsstrichen –!

Klara (lacht): Ich – Dame in Anführungsstrichen!

Gräfin (liest): Mehr Gewähr boten.«

Klara: Reizend! Und Weinstein?

Gräfin (liest): »Ich halte es für selbstverständlich, entschlösse Fräulein Cassati sich, mich für in ihrem Haus zwecks Erziehung zu Zeitidealen nutzlos vergeudete Zeit und Arbeit, über die ich der Epoche und den von mir Geführten Abrechnung schulde, angemessen zu entschädigen, wobei ich annehme, daß in Anbetracht der Höhe des von mir mit meinem Leben angestrebten Zieles, die Summe nicht zu niedrig gesetzt wird.«

Professor: Bravo!

Klara: Das ist stark.

Gräfin: Während Kothe nur blöde kicherte, würdigte mich Schmettow, der bei weitem Wertvollste, mündlichen Abschieds und nahm nur unseres Reispunschpuddings Rezept auf fernere Reisen mit. Schnalzte vor Wollust mit der Zunge.

Professor: Sie sollten, liebe Freundin, Europa für ein Weilchen verlassen und jenseits der Meere neue Ausschau halten.

Klara: Ich finde, ich selbst blieb nicht bei der Stange, und (zum Professor) auch Sie sind letzthin nicht mehr konsequent mit mir. Was hätte ich nach unserer Theorie Besseres als meiner sämtlichen Verehrer glattes Versagen wünschen können, das mir Sicherheit und Freiheit des Gefühls ließ, die ich glühend verlangte? Sondern schon vor meiner Tat war im Plan selbst aus Klettes Worten im letzten Augenblick ein Bruch, der sich in mir noch nicht wieder gefügt hat.

Professor: Aber gerade nach den Ereignissen Ihre Haltung bis zu diesem Augenblick beweist, daß selbst überraschendstes Phänomen Sie nicht irre machte, Sie sogar Elementarem gegenüber fest im Entschluß blieben. Ekelte Sie neben des Jünglings Ekstase der Liebhaber Erbärmlichkeit, ist das naives Ressentiment, das Sie für Zukunft nur sicherer macht Nach dem Ereignis sehe ich in dem von Ihnen früher gefürchteten Sinn überhaupt keine Gefahr mehr für Sie.

Gräfin: Keinen Moment gingst du ihm gegenüber aus Grenzen überlegten Danks.

Professor: Der berechtigt ist und zum Teil der Genugtuung über seine eigene Rettung entspringt

...



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