Stern Maddrax - Folge 327
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8387-2040-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Mit eisernem Willen
E-Book, Deutsch, Band 327, 64 Seiten
Reihe: Maddrax
ISBN: 978-3-8387-2040-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Maddrax und Aruula mögen zwar voneinander getrennt sein - und zwar örtlich wie seelisch - , doch eines verbindet sie jetzt: Verletzt und untätig herumzusitzen ist nicht ihr Ding. Während Matt in Kourou den Schlangenbiss auskuriert, stemmt sich Aruula mit aller Macht gegen ihre Lähmung. Entgegen aller Vernunft zwingt sie ihren Körper zu einem mörderischen Training - das ihr zum Verhängnis werden soll.Und Matt muss seine Schwäche überwinden, als Xij von angeblich 'Unsichtbaren' in den Dschungel verschleppt wird...
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Xij Hamlet ließ den Kampfstab fliegen und auf Merles Gesicht zurasen. Die dunkelhäutige Amrakanerin parierte, wich zurück und startete ihrerseits einen Angriff. Sie war kleiner als Xij, aber wendig und schnell. In Sachen Gerissenheit stand die Gegnerin ihr in nichts nach, doch sie besaß weniger Erfahrung. Trotzdem dauerte der Kampf bereits mehrere Minuten, ohne dass ein eindeutiger Treffer vorlag. Mit Finten lockte Xij Merle aus der Reserve. Sie zuckte an, hart und schnell, um dann auf der anderen Seite zuzustoßen. Der Angriff gelang. Merle stolperte zurück, drohte zu stürzen. Auf ihrer Stirn lagen Schweißtröpfchen, die Augen waren grimmig gegen das Licht zusammengekniffen. Sie will sich nicht die Blöße geben, gegen mich zu verlieren, dachte Xij anerkennend. Merle gibt wirklich alles, dabei ist der Kampfstab nicht ihre bevorzugte Waffe. Schon flog Merles Stock heran. Xij wich aus und blockte. Ein Stück entfernt hörte sie zwei Männer klatschen, die stehengeblieben waren, um das Training zu beobachten. Die beiden Legionäre standen im Schatten einer Buritii-Palme und betrachteten die kämpfenden Frauen aufmerksam. Das Grinsen auf ihren Gesichtern gefiel Xij nicht. Fehlt nur noch, dass sie Buritii-Schnaps trinken und uns auffordern, uns auszuziehen. Xij ignorierte die Schaulustigen, um sich nicht ablenken zu lassen. Sie ging tiefer und hämmerte den Stab nach Merles Knie, änderte aber die Richtung, als sie sah, dass Merle nicht rechtzeitig wegkam, und traf den weniger verletzlichen Oberschenkel. Unterdrückt stöhnend ließ sich Merle fallen. Das Ende von Xijs Stab fuhr herum und zielte auf Merles Schläfe. Es verharrte vor einer Tätowierung, die dem Tatzenmuster eines Panthaas nachempfunden war. Mit einem Lächeln machte Xij einen Schritt zurück und pflanzte ihren Stock im Staub auf. „Nicht übel, Merle. Besonders weil der Stab nicht zu den Waffen gehört, mit denen du sonst kämpfst.“ Merle atmete heftig. Einen Augenblick sah sie wütend zu Xij auf, dann entspannten sich ihre Züge. „Du bist einfach besser. Du musst gute Lehrmeister gehabt haben.“ Obwohl sie französisch mit starkem Akzent sprach, verstand Xij sie dank des eingepflanzten Translators problemlos. Ihr Lächeln erstarb, ihr Gesicht wurde ernst. Sie hatte hervorragende Lehrmeister gehabt, und das nicht nur in diesem Leben. Als auf dem Mars geborene Geistwanderin war sie Merle gegenüber um einige Tausend Leben im Vorteil. Aber dieses Geheimnis kannten die Herren von Kourou nicht, und Xij sah auch keinen Grund, das zu ändern. Sie reichte Merle die Hand und zog sie auf die Füße. „Hast du in deinem Stamm so zu kämpfen gelernt?“ Merle nickte. Sie lebte erst seit ein paar Monaten in der BASTILLE; ihre Mutter gehörte einem Stamm in der Nähe an, ihr Vater war ein Legionär aus dem Raumhafen. „Und du? Wer hat dir beigebracht zu kämpfen?“ „Viele Lehrmeister“, antwortete Xij vage. Sie schob den Stab, den sie in den letzten Tagen selbst gefertigt hatte, zusammen und befestigte ihn an ihrem Gürtel. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie die beiden Legionäre weitergingen. „Ein schönes Stück“, sagte sie mit der Hand auf dem Kampfstock, um vom Thema abzulenken. „Danke, dass du mir bei der Auswahl des Holzes und beim Bau geholfen hast. Er ersetzt meine alte Waffe in jeder Hinsicht.“ „Keine Ursache.“ Merle griff nach einer Karaffe mit Wasser und einem Tuch. Sie hielt Xij beides entgegen. Xij trank und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Wir sollten das am Abend wiederholen“, schlug sie vor. „Falls du eine Revanche willst.“ „Du vergisst die Moskitoos. Sie würden uns bei lebendigem Leib auffressen.“ Merle lächelte bereits wieder. Sie war eine gute Verliererin. „Wie wäre es morgen Vormittag, mit stumpfen Eskabaas?“ Ihre Hand legte sich auf einen gekrümmten Dolch, den sie am Gürtel in einer ledernen Scheide trug. Der Eskabaa war die traditionelle Waffe einiger Dschungelstämme. Xij zögerte. „Ich muss zuerst zu Chevalier. Vielleicht beginnt die Expedition schon morgen.“ Sie gab Merle die halb volle Karaffe und bewunderte die Disziplin, mit der ihre Trainingspartnerin trank. Merle nahm nur kleine Schlucke, obwohl sie nach dem Kampf sicher ebenso durstig war wie Xij. Mit einer anmutigen Geste wischte sich Merle über den Mund. Sie sah Xij intensiv an. „Wenn Capitaine Chevalier eine Expedition unternimmt, werde ich mitkommen. Einem weiteren Trainingskampf steht nichts im Weg. Wir können ihn unterwegs austragen.“ Xij spürte, wie sie unter Merles Blick unruhig wurde. Die dunkelbraunen Augen des Halbbluts betrachteten sie eine Spur zu intensiv. Merle machte kein Geheimnis daraus, dass sie Xij interessant fand. Sicher war sie für mehr zu haben als nur für einen Kampf. Mit einem Grinsen dachte Xij an die beiden Legionäre, die weitergegangen waren. Bestimmt würden sie das gerne sehen: Merle und mich beim Schlammcatchen. Ob der Anblick auch Matt aufheitern würde? Ich habe ihn schon lange nicht mehr lachen hören. Matthew Drax’ Heilung ging nur langsam voran. Das machte ihn unleidlich. Bei einem Überfall auf den Raumhafen vor einer Woche hatte ihn eine geflügelte Schlange gebissen. Trotz medikamentöser Behandlung hatte sich die Wunde entzündet.1) „Gut“, sagte Xij knapp. Sie wollte zu Chevalier. Der Gedanke an Matts schlechten Zustand ließ Zorn in ihr aufsteigen. Noch immer war unklar, wer hinter dem Anschlag gesteckt hatte. Sicher war nur, dass die Indios gefiederte Reptilien um den Hals getragen und auf Waffen aus gewesen waren. Und sich jetzt auf dem offenen Meer befanden, auf dem Rückweg in ihre Heimat – wo immer die lag. Miki Takeo hatte ihnen einen Peilsender untergejubelt. Sie würde ihnen mit dem Shuttle folgen, sobald sie irgendwo an Land gingen. Bis dahin konnte es aber noch einige Tage dauern. Um der Langeweile zu entkommen, hatte Xij sich für eine Exkursion ins Landesinnere gemeldet, die Capitaine Chevalier leiten würde. Xij marschierte in Richtung der Lagerhallen, bei denen sie Chevalier vermutete. Mit langen Schritten ging sie an einem Gebüsch vorbei, als ein Knacken sie aufschreckte. Sie blieb stehen und starrte auf das grüne Dickicht, die Finger um den Stab gekrampft. Nichts regte sich in den Blättern. Langsam ließ Xij den Arm sinken. Vielleicht hatte ein Vogel an den Macuuja-Früchten gefressen. Sie drehte sich um und setzte ihren Weg fort. Hunapee schob die Blätter des Macuuja-Strauchs beiseite. Er sah zu, wie die beiden Frauen ihren Kampf beendeten. Kleine Staubfahnen wehten über den Platz, die Morgensonne ließ einzelne Sandkörner funkeln. Hunapee war zufrieden. Die Nachricht hatte sich als wahr erwiesen. Als man seinem Stamm Kunde von der Sonnenköpfigen brachte, konnte Kuxetlan es kaum glauben. Der Medizinmann hatte Hunapee losgeschickt, um es zu überprüfen. Einige daumengroße Feuchtfleggen, unbeeindruckt von der morgendlichen Kühle, umschwirrten Hunapee. Er verjagte sie mit einer unwirschen Handbewegung. Erregt beobachtete er, wie die Sonnenköpfige den Kampfplatz verließ. Da plötzlich knackte es links von ihm im Gebüsch. Hunapee duckte sich. Die Sonnenköpfige blieb stehen und starrte herüber. Der Kundschafter wagte kaum zu atmen. Wenn sie ihn entdeckte, war alles aus; Kuxetlan würde ihn hart bestrafen. Aber sie ging weiter. Hunapee suchte mit Blicken den Buschwald ab. Woher war das Geräusch gekommen? Vor seinen Augen surrten Moskitoos, ein Legguan streckte seinen Kopf aus dem Farn. Weiter konnte Hunapee nichts Außergewöhnliches entdecken. Er schlich durch den Urwald, folgte der Sonnenköpfigen in sicherem Abstand. Sie schlenderte zu einem der großen steinernen Häuser. Hunapee entdeckte eine Gruppe von Soldaten, die sich davor versammelt hatte. Die Sonnenköpfige erreichte die Gruppe und unterhielt sich mit einem der Männer. Der Soldat wies mit dem Finger auf den Steinbau. Gebannt verharrte der Kundschafter zwischen den Palmwedeln. Ein Mann kam aus dem Bau, die Sonnenköpfige sprach ihn an. Irgendwo hinter Hunapee erklang ein gedehntes Schaben. Er drehte sich in der Hocke und sah sich lauernd um. Der Buschwald lag unberührt da. Breite Sonnenstrahlen bahnten sich ihren Weg durch das Kronendach des Waldes und beschienen den herabrieselnden Morgendunst. Ein mulmiges Gefühl überkam Hunapee. Vielleicht schlich ja einer der Soldaten durch den Busch. Er beschloss, sich den Rücken freizuhalten, und lehnte sich gegen einen breiten Stamm. Die Sonnenköpfige war von seiner Position aus gut zu erkennen. Sie unterhielt sich immer noch angeregt mit dem Soldaten. Ein einzelner Mann kam auf die beiden zu. Sein Haar schimmerte ebenfalls hell. Wie viele der Hellhäutigen war er groß, und breit in den Schultern. Allerdings machte er einen geschwächten Eindruck, als litte er am Sumpffieber. Über Hunapee raschelte das Laub. Ruckartig hob er den Kopf – und seine Augen weiteten sich. Auf einem der Äste saß ein Groyl und fixierte ihn! Ein Schauer rann Hunapee über den Rücken. Er hasste diese widerwärtigen Vögel. Wenn sie im Schwarm angriffen, konnten sie ein ganzes Dorf verheeren. Das Tier plusterte sich auf, sein schwarzes Gefieder zitterte, die kräftigen, verkürzten Schwingen flatterten nervös. Langsam hob Hunapee seinen Speer. Angstvoll betrachtete er die gewaltigen Krallen des Vogels, die durch menschliche Haut schnitten wie ein Eskabaa durch frischen Brotteig. Der messerscharfe Hackschnabel klappte langsam auf. Die Augen schienen rot zu leuchten, ein...