E-Book, Deutsch, Band 59, 64 Seiten
Reihe: Familie mit Herz
Stephan Familie mit Herz 59
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7325-8842-8
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
... und jeden Abend wartet Moritz
E-Book, Deutsch, Band 59, 64 Seiten
Reihe: Familie mit Herz
ISBN: 978-3-7325-8842-8
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
... und jeden Abend wartet Moritz
Bewegender Roman um eine verwundete Kinderseele
Von Sabine Stephan Moritz gilt als ein bockiges, geradezu unausstehliches Kind, und kein Babysitter hält es lange bei ihm aus. Dabei ist er nur ein zutiefst verstörter kleiner Junge, der unter dem Tod seiner Mutter leidet.
Da bringt sein Vater Anne Weinberg ins Haus, und merklich entspannt sich die Situation, denn die Frau bemüht sich aufrichtig darum, das Vertrauen des Kindes zu gewinnen.
Als Moritz jedoch erfährt, wer Anne wirklich ist, versetzt ihm das einen solchen Schock, dass er sich mehr denn je in Aggressionen flüchtet ...
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… und jeden Abend wartet Moritz Bewegender Roman um eine verwundete Kinderseele Von Sabine Stephan Moritz gilt als ein bockiges, geradezu unausstehliches Kind, und kein Babysitter hält es lange bei ihm aus. Dabei ist er nur ein zutiefst verstörter kleiner Junge, der unter dem Tod seiner Mutter leidet. Da bringt sein Vater Anne Weinberg ins Haus, und merklich entspannt sich die Situation, denn die Frau bemüht sich aufrichtig darum, das Vertrauen des Kindes zu gewinnen. Als Moritz jedoch erfährt, wer Anne wirklich ist, versetzt ihm das einen solchen Schock, dass er sich mehr denn je in Aggressionen flüchtet … „Sei vorsichtig“, mahnte Anne Weinberg ihren Mann Alexander, der mit andächtigem Staunen seinen zwei Wochen alten Sohn Christian in den Armen wiegte. „Mach dir keine Sorgen.“ Alexander lächelte über die Besorgnis seiner Frau. „Ich passe schon auf. Unseren Kleinen werde ich wie meinen Augapfel hüten. Lange genug hat er auf sich warten lassen.“ Er legte das Baby behutsam in die Wiege zurück und wandte sich seiner Frau zu. Zärtlich zog er sie an sich. „Du musst nicht so überängstlich sein, Anne.“ „Du weißt doch, warum ich so reagiere.“ Anne seufzte. „Ich kann es immer noch nicht fassen, dass wir nun doch Eltern geworden sind. Für mich ist es wie ein Wunder, nach so vielen Jahren vergeblichen Hoffens endlich unser Kind in den Armen halten zu dürfen.“ Glücklich schmiegte sie sich an ihren Mann und betrachtete das Baby, das schläfrig an seinem Nuckel saugte. Es war ein hübscher Junge. Die braunen Haare kringelten sich in vorwitzigen Löckchen um den Kopf, und die großen, dunklen Augen blickten neugierig in die Welt. Die Locken hat er von Alexander, dachte Anne glücklich und kuschelte sich noch enger an ihren Mann. Alexander war ein Bild von einem Mann, groß, kräftig, sonnengebräunt. Die braunen Locken trotzten jedem Versuch, sie in einer Frisur zu bändigen. Aber gerade das machte Alexander so anziehend, und das spitzbübische Lächeln, das ihm eigen war, ließ ihn jünger erscheinen als achtunddreißig. Auch Anne musste sich nicht verstecken. Sie war eine attraktive Frau, die sich ihre grazile Figur trotz der späten Schwangerschaft bewahrt hatte. Die brünetten Haare trug sie glatt zu einem Pagenkopf frisiert, der gut zu ihr passte. Die neckischen Grübchen in den Mundwinkeln ließen vergessen, dass sie bereits vierunddreißig Jahre alt war. Die Grübchen hatte ihr Sohn von ihr geerbt. Kein Zweifel, er war ihr Kind, und er war rundherum gesund. Es hatte nicht immer so ausgesehen, als würde das Kind gesund zur Welt kommen. Die Schwangerschaft war alles andere als einfach verlaufen, und auch bei der Geburt hatte es Komplikationen gegeben. Doch nun war alles überstanden, und Annes sehnlichster Wunsch, Mutter zu werden, war endlich in Erfüllung gegangen. „Es ist ein Wunder, dass uns dieses Kind doch noch geschenkt wurde“, sagte nun auch Alexander. „Aber wir dürfen es deshalb nicht in Watte packen, Anne. Der Junge muss unbekümmert heranwachsen können.“ Anne wollte etwas erwidern, doch ein Windstoß wehte durch das offene Fenster, löste den liebevoll drapierten Blümchenüberwurf von der Wiege und wehte ihn über das Gesicht des Säuglings. Der spuckte unwillig den Nuckel aus und begann, leise zu weinen. Alexander schloss schnell das Fenster, während Anne den Vorhang wieder festzog. Dann richtete sie fürsorglich die Decke über dem Kind und summte leise ein Lied. Das Baby beruhigte sich und fiel in einen sanften Schlummer. Anne wandte sich ihrem Mann zu. „Mit der Zeit wird es mir schon gelingen, meine Angst in den Griff zu bekommen. Ich weiß, ich bin übervorsichtig und sehe Gefahren, wo keine sind. Aber ich lebe ständig in der Furcht, dem Kind könnte etwas passieren. Wahrscheinlich ist das noch Unsicherheit, ich muss erst lernen, mit einem Baby zurechtzukommen.“ „Das wird dir schon gelingen.“ Alexander lächelte zuversichtlich und zog seine Frau behutsam von der Wiege fort. Sie konnte sich kaum von dem Kind trennen. „Du wirst bestimmt die beste Mama, die sich unser Sohn wünschen kann.“ „Und du ein hervorragender Vater.“ Anne fuhr ihrem Mann zärtlich durch die Haare. Sie war dem Schicksal unendlich dankbar, das ihr endlich Nachwuchs beschert hatte, aber tiefer in ihrem Innern bohrte eine unerklärliche Angst, die sie einfach nicht abschütteln konnte. ??? Christian gedieh prächtig. Er war ein aufgewecktes Kerlchen, das bald munter durch die Zimmer krabbelte, seine ersten Stehversuche unternahm und die Eltern gehörig auf Trab hielt. Anne hatte sich in ihre Mutterrolle hineingefunden, die Überängstlichkeit der ersten Zeit hatte sich gelegt. Sie ließ den Kleinen seine Erfahrungen machen und engte ihn in seinem Bewegungsdrang nicht ein. An diesem Tag war Ruth, Alexanders Mutter, zu Besuch gekommen. Sie war nicht mehr gut zu Fuß, und der lange Spaziergang hatte sie erschöpft. Stöhnend ließ sie sich auf einem Stuhl in der Küche nieder. Anne bereitete gerade für Christian das Essen zu. „Wie geht es dem Kleinen, kann er jetzt schon stehen?“, erkundigte sich Ruth und betrachtete wohlwollend ihren Enkel, der friedlich mit seinen Bauklötzchen auf dem Fußboden spielte. Anne seufzte leise. „Stehen kann er schon lange, er beginnt sich gerade im Laufen zu üben. Ich fürchte, unsere Ruhe ist vorbei, wenn er erst einmal richtig laufen kann. Es ist ja jetzt schon nichts mehr vor ihm sicher.“ Sie schmunzelte amüsiert, als sie sah, wie Christian vergeblich versuchte, zwei Bauklötzchen ineinander zu stecken. Mit seinen tollpatschigen Händchen war er noch zu unbeholfen, um die Steine richtig umfassen zu können. Der Junge gab aber nicht auf. Die Lippen fest zusammengepresst, setzte er konzentriert seine Bemühungen fort. „Schön, dass der Junge so gesund und munter ist.“ Ruth lächelte froh und strich dem Kleinen liebevoll über den Lockenkopf. Christian grummelte vor sich hin, das Spiel hatte seinen Reiz verloren. Missmutig schob er die Bausteine weg. Die bunte Keksdose im Küchenregal hatte es ihm nun angetan. Flink zog er sich am Schrank hoch und versuchte, die Dose zu packen, seine Ärmchen waren aber zu kurz. Laut protestierend plumpste er auf den Po und sah auffordernd zur Mutter hin. Die ließ sich jedoch nicht beeindrucken und schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, Schätzchen“, sagte sie fröhlich. „Zuerst isst du brav dein Gemüse, dann können wir über einen Keks zum Nachtisch reden.“ Sie wandte sich um und rührte in einem Topf, der auf dem Herd stand. Christian zog einen Flunsch und robbte zum Tisch. Vorsichtig richtete er sich auf und umklammerte die Tischkante. Er konnte kaum darüber blicken. Anne hatte Gemüse geschnitten und vergessen, das Messer wegzuräumen. Es lag noch immer auf dem Tisch und erregte Christians Aufmerksamkeit. Freudig grapschte er danach. Rasch stand Ruth auf und verhinderte gerade noch rechtzeitig, dass ihr Enkel das gefährliche Werkzeug in die Finger bekam. „Solche Gegenstände gehören nicht in die Reichweite eines Kindes“, tadelte sie missbilligend, als Anne erschrocken herumfuhr. „Kinder in diesem Alter wollen alles untersuchen, sie sind wissensdurstig. Man muss immer darauf achten, alle gefährlichen Dinge aus ihrem Umkreis zu verbannen.“ „Das weiß ich selbst, Mutter“, erwiderte Anne leicht gereizt. Ihre Schwiegermutter konnte es einfach nicht lassen, sie zu maßregeln. Ruth war im Grunde ein umgänglicher Mensch, und die Frauen kamen gut miteinander aus, doch was die Kindererziehung betraf, traute sie ihrer Schwiegertochter nicht viel zu. Ständig hatte sie etwas auszusetzen. Anne verstand, dass auch Ruth lange genug auf ihr Enkelkind hatte warten müssen und deshalb überbesorgt war. Aber es verging kein Besuch, bei dem sie nicht ihre Ratschläge in mehr oder minder belehrendem Ton anbrachte. „Ich habe nicht gedacht, dass Christian schon so weit über den Tisch greifen kann“, rechtfertigte sich Anne. „Mit solchen Eventualitäten muss man immer rechnen“, entgegnete Ruth ernst. Sie stützte sich schwer auf ihren Gehstock. „Du kannst den Jungen nicht ständig im Auge behalten. Es ist auf jeden Fall besser, alle Gefahrenquellen von vornherein zu beseitigen. Er hätte sich ernsthaft verletzen können.“ Anne sah ein, dass ihre Schwiegermutter recht hatte. Schuldbewusst nickte sie. „Ich werde in Zukunft darauf achten, dass so etwas nicht wieder vorkommt.“ „Anne, ich möchte dich nicht bevormunden.“ Ruth hob beschwichtigend die Hand. „Ich möchte nur verhindern, dass du meine Fehler wiederholst. Alexander war ebenso lebhaft wie Christian. Er ist öfters mal in große Gefahr geraten, weil ich einfach zu sorglos gewesen bin. Er hatte immer einen besonders aufmerksamen Schutzengel, aber es hätte auch schiefgehen können. Bitte verstehe mich, Anne, ich möchte nicht die allwissende Schwiegermutter spielen. Viel lieber wäre...