Steinmetz | Politik | Buch | 978-3-593-38446-7 | sack.de

Buch, Deutsch, Band 14, 512 Seiten, Format (B × H): 142 mm x 213 mm, Gewicht: 622 g

Reihe: Historische Politikforschung

Steinmetz

Politik

Situationen eines Wortgebrauchs im Europa der Neuzeit

Buch, Deutsch, Band 14, 512 Seiten, Format (B × H): 142 mm x 213 mm, Gewicht: 622 g

Reihe: Historische Politikforschung

ISBN: 978-3-593-38446-7
Verlag: Campus


Die Geschichte des Begriffs 'Politik' reicht bis in die Antike zurück. Seitdem hat sich seine Bedeutung vielfach gewandelt und ausdifferenziert. Was 'Politik' bedeutete und was als 'politisch' bezeichnet wurde, veränderte sich je nach der historischen Situation des Wortgebrauchs. An den Beispielen Deutschland, Frankreich, England und Russland untersuchen die Autorinnen und Autoren des Bandes diesen semantischen Wandel für die Zeit vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Dabei entwickeln sie eine neue, umfassende Begriffsgeschichte des Politischen.

Ausgezeichnet von H-Soz-u-Kult "Das Historische Buch 2009", Offene Kategorie (3. Platz).
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Weitere Infos & Material


Theoretische Perspektiven

Neue Wege einer historischen Semantik des Politischen
Willibald Steinmetz 9

›Politik‹ im Bild? Überlegungen zum Verhältnis von Begriff und Bild
Bettina Brandt 41

Diachrone und vergleichende Überblicke

Politik - ein symptomatischer Aufriss der historischen Semantik im europäischen Vergleich
Jörn Leonhard 75

Von edlen Staatsmännern und eitlen Kannegießern: Der ›Politiker‹ in deutschen, englischen und französischen Lexika des 18. bis
20. Jahrhunderts
Isolde Zimmermann, Johannes Wagemann, Philipp Sprick 134

"En ce monde chacun a sa politique": Aspekte einer Begriffsgeschichte
von ›politique‹ in Frankreich vom 16. bis 19. Jahrhundert
Martin Papenheim 162

"Die Sache des Herrschers und des Landes": Das Aufkommen der
öffentlichen Politik in Russland im 16. und 17. Jahrhundert
Mikhail Krom 206

Semantiken des Politischen im Russland des 18. Jahrhunderts
Ingrid Schierle 226

Vom Randbegriff zum Kampfbegriff: Semantiken des Politischen
im ausgehenden Zarenreich (1850-1917)
Walter Sperling 248

Politikbegriffe in Staat, Wissenschaft und Literatur

Von der ›Policey‹ zur ›Politik‹: Die Semantik des Politischen in der
Grafschaft Lippe in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
Lars Behrisch 291

"… die zarten Künste der Damenpolitik": Zur geschlechtlichen Dimension
des Politischen in der deutschsprachigen Nationalhistoriographie
Svenja Kaduk 314

›Politik‹ in der konservativen deutschen Kulturkritik: Paul de Lagarde,
August Julius Langbehn, Thomas Mann
Jan Andres 339

"Gesundheitspolitik - möglichst unpolitisch": Die ›Politik‹ der Mediziner
von 1848 bis zur Bundesrepublik
Tobias Weidner 362

"… nichts war mehr Privatangelegenheit": Zur Semantik von Politisierungsprozessen in autobiographischen Berichten aus der Zeit
des Nationalsozialismus
Christian Meyer 395

Das Politische zwischen Staat und Gesellschaft: Politikbegriffe in den
deutsch-französischen Beziehungen der 1950er und 1960er Jahre
Gesa Bluhm 417

Hüter der Politik: Der deutsche Bundespräsident im Fokus öffentlicher Erwartungen (1949-1999)
Tobias Kies 451

Poesie, Politik und das Politische in der literarischen Sprache der
1960er Jahre: Das Beispiel Hans Magnus Enzensberger
Henning Marmulla 479

Autorinnen und Autoren 498


Der Begriff des Politischen scheint sich selbst unsicher zu werden. So formulieren die Soziologen Armin Nassehi und Markus Schroer angesichts der gegenwärtig zu beobachtenden Zweifel, ob die Politik die ihr gemeinhin zugedachte Rolle der "Herstellung und Durchsetzung kollektiver Verbindlichkeiten" noch erfülle. Die im vorliegenden Band versammelten Aufsätze zeigen, dass die Begriffe des Politischen und der Politik immer unsicher waren, seit das Politikvokabular zu Beginn der Frühen Neuzeit vermehrt in die europäischen Sprachen Eingang fand. Zu keiner Zeit in der neueren Geschichte, nicht einmal in begrenzten Zeit- und Handlungsräumen, hat es einen verbindlichen Begriff des Politischen gegeben. Was ›Politik‹ bedeutete, was als ›politisch‹ bezeichnet wurde, änderte sich im Zeitablauf und variierte je nach Land, Sprache, Sprecher und Situation. Mit den Wortbedeutungen änderten sich zugleich die Konturen und Merkmale des jeweils gedachten politischen Kommunikationsraums. Die sozialwissenschaftliche Debatte des beginnenden 21. Jahrhunderts über Entgrenzungen der Politik ist nur das vorläufig letzte Glied in einer Kette von Auseinandersetzungen um Politikbegriffe, die in den folgenden Aufsätzen in diachron-vergleichenden Überblicken und vertiefenden Studien zu einzelnen Situationen rekonstruiert werden.
Der Rückblick in die Begriffsgeschichte offenbart allerdings nicht nur semantischen Wandel, sondern lässt auch Kontinuitäten in Gestalt langlebiger Topoi sichtbar werden. So sehr sich die konkreten Gegenstände und Verhältnisse, denen eine politische Qualität zugesprochen wurde, im Laufe der neueren Geschichte geändert haben, so auffällig ist der Befund, dass einmal artikulierte Positionen und formale Unterscheidungen oft über Jahrhunderte hinweg abrufbar blieben und das Reden über Politik strukturierten. Die Aufsätze des Bandes thematisieren diesen Zusammenhang. Sie enthalten Beispiele für kurzlebige semantische Neuerungen ebenso wie für lang währende Stabilität basaler Definitionen und Argumentationsfiguren.
Die gegenwärtige sozialwissenschaftliche Debatte ist durch ein derartiges Mischungsverhältnis aus innovativem Wortgebrauch und Rückgriff auf ältere Deutungsmuster gekennzeichnet. Wenn heute ›Politik‹ mit aktiver Steuerung gleichgesetzt wird, wenn also angenommen wird, dass "der Politik die entscheidende Rolle bei der Steuerung der Gesellschaft" zukomme, so ist dies, wie Nassehi und Schroer betonen, eine inzwischen in die Jahre gekommene Vorstellung der Moderne, an deren Herausbildung die Sozialwissenschaften seit dem späten 19. Jahrhundert nicht unerheblich mitgewirkt haben. Mitgedacht war lange Zeit, dass der Staat die Steuerungsrolle zu übernehmen habe. Diese Vorstellung ist in den letzten Jahrzehnten ins Wanken geraten. Die Lenkungsansprüche der Politik wie auch die Zumutungen an die Politik, die Richtung weisen zu sollen, werden zunehmend als prekär empfunden. Mit dem vielfach diagnostizierten Versagen des Staates als Problemlöser gerät auch die lange wie selbstverständlich vollzogene semantische Kopplung, ja Identifikation von ›Staat‹ und ›Politik‹ in die Krise.


Steinmetz, Willibald
Willibald Steinmetz ist Professor für Geschichte an der Universität Bielefeld.

Willibald Steinmetz ist Professor für Geschichte an der Universität Bielefeld.


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