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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 5, 415 Seiten

Reihe: Hauptkommissar Peter Nachtigall

Steinhauer Wortlos

Peter Nachtigalls fünfter Fall
2023
ISBN: 978-3-8392-3417-4
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection

Peter Nachtigalls fünfter Fall

E-Book, Deutsch, Band 5, 415 Seiten

Reihe: Hauptkommissar Peter Nachtigall

ISBN: 978-3-8392-3417-4
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection



Cottbus. An der Stadtmauer findet ein Skateboarder die Leiche einer schwarzen Frau, die auf äußerst brutale Weise getötet wurde. Schnell stellt sich heraus, dass es sich bei dem Mordopfer um Claudine Caro handelt, eine aus Haiti stammende Studentin an der Brandenburgischen Technischen Universität. Die Staatsanwaltschaft befürchtet einen fremdenfeindlichen Hintergrund der Tat, eine Vermutung, die auch in der Presse die Runde macht. Doch Hauptkommissar Peter Nachtigall entdeckt mysteriöse Gegenstände im Zimmer der jungen Frau, die in eine ganz andere Richtung weisen: Offensichtlich wollte sich Claudine Caro mithilfe eines Voodoo-Zaubers vor einer tödlichen Gefahr schützen. Beunruhigt folgt er dieser Spur und dringt tief ein in die Vorstellungen des Voodoos - nicht ahnend, dass es schon bald weitere Tote geben soll. Jeder, der die Haitianerin kannte, scheint plötzlich in Lebensgefahr zu schweben ...

Franziska Steinhauer ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und lebt seit 1993 in Cottbus. Nach dem Abitur studierte sie Pädagogik. Seit 2004 arbeitet sie als freie Autorin. Die Schwerpunkte ihrer literarischen Tätigkeit sind Kriminalromane und Kurzgeschichten, in und um Cottbus und den Spreewald. 2014 hat sie außerdem ein Studium in Forensik (M.Sc.) an der Technischen Universität Cottbus abgeschlossen. Das hierdurch erworbene Wissen setzt sie ein, um die in ihren Krimis beschriebenen kriminaltechnischen Untersuchungen und die Rekonstruktion von Tathergängen realitätsgetreu darzustellen. Ihre psychologisch ausgefeilten Kriminalromane ermöglichen tiefe Einblicke in das pathologische Denken und Agieren des Täters. Mit Geschick verknüpft sie mörderisches Handeln mit Lokalkolorit und dem Blick auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen.
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Autoren/Hrsg.


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1;1 Haiti;6
2;2 Freiburg im Breisgau;7
3;3 Drei Wochen später, Cottbus;10
4;4;13
5;5;19
6;6 Haiti;26
7;7;28
8;8;31
9;9 Haiti;34
10;10;35
11;11 Haiti;44
12;12;46
13;13;54
14;14;61
15;15;64
16;16;66
17;17;72
18;18;74
19;19 Haiti;82
20;20;83
21;21;84
22;22 Haiti;99
23;23;104
24;24;107
25;25 Haiti;108
26;26;110
27;27;117
28;28;121
29;29;124
30;30;129
31;31;135
32;32;147
33;33;152
34;34;155
35;35 Unterwegs;160
36;36;162
37;3 7;165
38;38;169
39;39;172
40;40;186
41;41;193
42;42;198
43;43;203
44;44;205
45;45;210
46;46;217
47;47;225
48;48;229
49;49;231
50;50;233
51;51;239
52;52;243
53;53;244
54;54;251
55;55;253
56;56;255
57;57 Unterwegs;259
58;58;260
59;59;267
60;60;269
61;61;271
62;62;273
63;63;276
64;64;279
65;65;281
66;66;283
67;67;286
68;68;289
69;69;290
70;70;296
71;71;301
72;72;307
73;73;309
74;74;313
75;75;319
76;7 6;320
77;Danksagung;322


4


Kriminalhauptkommissar Peter Nachtigall lag im Solebecken der Therme in Burg und versuchte, sich zu entspannen. Missgestimmt betrachtete er das, was sich unterhalb des Brustkorbes als fleischfarbener Berg aus dem Wasser wölbte. Er streckte den Zeigefinger der rechten Hand und stupste dagegen. Kein Zweifel. Das gehörte zu ihm. Er grunzte unzufrieden.

Wieso war es dem Fett nicht möglich, sich gleichmäßiger zu verteilen? Bei einer Körpergröße von fast zwei Metern gab es doch wahrlich genug Platz, unauffällig mit dem Rest zu verschmelzen. Aber wie auf eine geheime Absprache hin, versammelte sich bei ihm alles Fett an der Körpermitte. Gut, räumte er ein und knurrte unwillig, als er einen athletisch gebauten jungen Mann am Becken vorbeistolzieren sah, nicht nur dort. Conny meinte zwar immer aufmunternd, sie liebe jeden Zentimeter an ihm, was hoffentlich auch stimmte, doch sein Hausarzt hatte beim letzten Besuch die Stirn gerunzelt und ihm die Gefahren des ›Metabolischen Syndroms‹ in den schillerndsten Farben ausgemalt.

Nachtigall schob sich aus dem Becken und duschte das Salz ab. Es war einfach nicht fair. Er trieb doch Sport – fast regelmäßig.

Er sah an sich herunter.

Die schwarze Badehose konnte ihre schlank machende Wirkung nicht gänzlich entfalten, stellte er fest.

»Herr Nachtigall?«

Unvermittelt stand einer der Schwimmmeister neben ihm.

»Ja?«

»Stimmt doch, nicht wahr? Der Herr am Telefon meinte: zwei Meter groß, nicht ganz schlank, mit Zopf und schwarzer Badehose. Sie waren leicht zu finden«, der junge Mann musste den Kopf weit in den Nacken legen, um zu Nachtigall aufzusehen. Seine Augen glänzten vor Stolz.

»Gut, Sie haben mich also gefunden. Und nun?«

»Oh – äh, ja. Telefon für Sie.«

In der gläsernen Kanzel neben dem Bewegungsbecken reichte er dem Hauptkommissar ein schnurloses Telefon.

»Nachtigall!«

»Hier Peddersen. Wir haben eine weibliche Leiche im Park. Hinter der Klosterkirche, über den Platz, durch den Durchgang, gleich links. An der Unnatürlichkeit ihres Todes besteht kein Zweifel, meint der Arzt.«

»Na gut. Dann sperren Sie alles ab. Rufen Sie bitte schon das Team zusammen. In etwa 40 Minuten bin ich da.«

»Wir haben schon ein Zelt errichtet – aber durch den Regen wird es schwer werden, überhaupt irgendwelche Spuren zu sichern«, meinte Peddersen illusionslos und legte auf.

Albrecht Skorubski, Michael Wiener und das Team des Erkennungsdienstes würden sicher schnell am Tatort eintreffen, überlegte der Hauptkommissar und nickte dem Schwimmmeister zum Abschied zu. Nachtigall duschte zügig und zog sich rasch an. Während er die Haare trocknete, warf er einen Blick in den Spiegel und fand, in seinen schwarzen Jeans, dem schwarzen Rollkragenpullover und der ebenfalls schwarzen Jacke sah er richtig gut aus.

Kein bisschen zu dick!

Am Fundort herrschte hektische Betriebsamkeit.

Mehrere Streifenwagen standen mit zuckendem Blaulicht auf dem Klosterkirchplatz, einige der Mannschaftswagen mit der Aufschrift ›Kriminalpolizei‹ waren unübersehbar auf der schmalen Zufahrt zur Jugendherberge geparkt, das rot-weiße Absperrband der Polizei knatterte im lebhaften Wind, der den Regen über die freie Fläche peitschte, und einige Teams waren mit der Sicherung eventueller Spuren beschäftigt. Das gesamte Areal wurde von gleißendem Scheinwerferlicht ausgeleuchtet.

Eine Handvoll Beamte versuchte neugierige Passanten zu verscheuchen und andere, die ängstlich nachfragten, was denn geschehen sei, zu beruhigen. Außerhalb der Absperrung konnte man Gestalten erkennen, die eifrig mit Handys oder professioneller Ausrüstung fotografierten.

Peter Nachtigall, noch vom warmen Wasser der Therme erhitzt, zog seinen Schal enger um den Hals und schloss den obersten Knopf seiner Jacke.

Für eine Erkältung war nie der richtige Zeitpunkt.

Albrecht Skorubski ging weit vornüber gebeugt, als versuche er, unter dem beißenden Wind und den harten Tropfen hindurchzutauchen.

Nachtigalls Augen suchten nach Michael Wiener. Er entdeckte den jungen Kollegen etwas abseits, offensichtlich im Gespräch mit einem Zeugen. Dabei hielt er sich die Haare aus dem Gesicht, die der Wind beharrlich über seine Augen blies.

»Da ist Michael. Komm!«

Er wies Albrecht Skorubski den Weg. Durch den Regen hatten sich der Pfad wie die angrenzende Rasenfläche in einen schlüpfrigen Grund verwandelt und forderte ihnen eine gewisse Geschicklichkeit ab. Nachtigall runzelte die Stirn. Viele verwertbare Spuren würde es hier wohl nicht zu sichern geben, Peddersen hatte die Situation richtig eingeschätzt.

»Da seid ihr ja!« Michael Wiener unterbrach sein Gespräch sofort und stellte vor: »Das ist Jakob Stegmann. Er hat das Opfer gefunden.«

»Wo ist sie?«, fragte Nachtigall und nickte dem Zeugen kurz zu. »Herr Stegmann, bitte erzählen Sie dem Kollegen Wiener jede Kleinigkeit. In dieser Phase ist wirklich alles von Bedeutung, was Sie uns sagen können.«

»Das Opfer liegt dort drüben«, Michael Wiener wies auf die Reste der Stadtmauer. »Unter einem Busch, ganz nah an der Mauer. Dr. Manz ist noch dort.«

»Ausgerechnet«, schimpfte Peter Nachtigall mürrisch. Er war schon einmal mit diesem Arzt aneinandergeraten, der sein Empathievermögen als Schwäche auslegte. Nun gut, das war nicht zu ändern.

»Wissen wir schon irgendetwas über die Tote? Name, Adresse?«

»Nein. Ihre Tasche ist verschwunden, falls sie eine dabei hatte«, gab Michael Wiener achselzuckend zurück. »Keine Papiere, keine Schlüssel in der Hosentasche, kein Handy in der Jacke.«

Nachtigall wandte sich um und wäre um ein Haar mit Staatsanwalt Dr. März zusammengestoßen.

»Oh – das war knapp. Sie auch schon hier?«

»Wie Sie sehen. Bei Fällen mit Verdacht auf einen fremdenfeindlichen Hintergrund ist stets Eile geboten.«

»Wieso fremdenfeindlicher Hintergrund?«, fragte Nachtigall verblüfft.

Sie hatten Dr. Manz erreicht, der noch immer neben dem Opfer kniete.

Über den Fundort war eine Plane gespannt, die weiteren Regen abhalten sollte, der Wind griff gierig hinein und spielte mit dem knisternden Plastik. Das grelle Kunstlicht fiel auf eine Szene, die so sonderbar irreal erschien wie ein Filmset.

Selbst der sonst eher forsche, junge Arzt war außergewöhnlich ernst.

»Weil das Opfer afrikanischer Abstammung ist«, beantwortete Nachtigall sich seine letzte Frage selbst und atmete tief durch.

Die große Frau lag auf dem Bauch.

Ihre schwarzen Haare waren blutdurchtränkt, und auch unter ihrem Körper hatte sich eine große Lache gebildet, die am Rand des überdachten Bereichs mit dem regennassen Untergrund verschmolz. Die hellen Handflächen wiesen nach oben, Jacke und Pullover waren verrutscht, die Jeans bis unter das Gesäß heruntergezogen, Schuh und Strumpf des linken Fußes fehlten.

»Sie wurde vergewaltigt?«, wollte Skorubski wissen.

Der Arzt sah ihn einen Moment verständnislos an, sein Blick wanderte zum Körper des Opfers zurück, und er schüttelte den Kopf. »Oh – ich verstehe. Sie meinen wegen der Jeans. Nein, das war ich. Ich musste doch ihre Körpertemperatur messen. Ob eine Vergewaltigung vorliegt, wird der Gerichtsmediziner feststellen.«

»Wie lange liegt sie schon hier?«, fragte Nachtigall mit belegter Stimme.

»Sie ist noch nicht kalt, wenn Sie das meinen. Die Feuchtigkeit und den Wind berücksichtigt – vor zwei, drei Stunden hat sie noch gelebt, denke ich. Mehr kann ich nicht zum Todeszeitpunkt sagen.«

Seine behandschuhten Hände betasteten den Hinterkopf der Toten, suchend, forschend, dann stockend. Er warf Nachtigall einen seltsamen Blick zu, als wolle er abschätzen, wie viel er ihm zumuten konnte, dann meinte er: »Todesursache ist allerdings ziemlich eindeutig. Ein heftiger Schlag. Scharfe Gewalt würde ich mal vermuten.« Er atmete schnaubend aus, als könne er so den Schrecken über das, was er nun sagen musste, verscheuchen. »Der Täter hat ihr den Schädel gespalten.«

Mit beiden Händen drückte er die Schädelhälften leicht auseinander. Grau-beige Hirnmasse mit Blut vermengt quoll ihm entgegen.

Dr. März stöhnte und kehrte mit ataktischen Schritten zu Michael Wiener und dem Zeugen zurück.

Peter Nachtigall hob seinen Blick, fixierte einen Punkt an der Mauer und zählte langsam bis zehn. Dann atmete er tief durch.

»Schlimm, nicht wahr?« Der Notarzt warf dem Hauptkommissar einen prüfenden Blick zu.

»Womit kann man einen Kopf derart spalten? Mit einer Axt?«, erkundigte sich Nachtigall, ohne auf die Frage einzugehen und ohne seine Augen von den Reflexionen der Scheinwerfer auf dem Backstein zu lösen.

»Ehrlich gesagt, bin ich da nicht kompetent. Der Rechtsmediziner wird eher eine Antwort auf diese Frage wissen. Ich persönlich glaube, es war eine lange Klinge, viel länger als bei einer Axt«, er räusperte sich. »Vor ein paar Jahren habe ich als Notarzt bei einem dieser Kampfspektakel gearbeitet, bei dem eine Kriegsszene nachgestellt wurde. Dabei habe ich Verletzungen behandelt, die dieser hier ähnlich waren.« Er bemerkte den ratlos-überraschten Ausdruck in Nachtigalls Gesicht und setzte eilig hinzu: »Natürlich wurde niemand erschlagen, die Waffen waren selbstverständlich stumpf, aber es gab unbeabsichtigte Hiebe auf Unterarme oder gegen Beine. Sie wurden durch Schwerthiebe verursacht. Vielleicht wurde hier eine vergleichbare Waffe verwendet.«

»Ein Schwert ist in unseren Breitengraden eine ziemlich ungewöhnliche Waffe....


Steinhauer, Franziska
Franziska Steinhauer ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und lebt seit 1993 in Cottbus. Nach dem Abitur studierte sie Pädagogik.
Seit 2004 arbeitet sie als freie Autorin. Die Schwerpunkte ihrer literarischen Tätigkeit sind Kriminalromane und Kurzgeschichten, in und um Cottbus und den Spreewald. 2014 hat sie außerdem ein Studium in Forensik (M.Sc.) an der Technischen Universität Cottbus abgeschlossen. Das hierdurch erworbene Wissen setzt sie ein, um die in ihren Krimis beschriebenen kriminaltechnischen Untersuchungen und die Rekonstruktion von Tathergängen realitätsgetreu darzustellen. Ihre psychologisch ausgefeilten Kriminalromane ermöglichen tiefe Einblicke in das pathologische Denken und Agieren des Täters. Mit Geschick verknüpft sie mörderisches Handeln mit Lokalkolorit und dem Blick auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen.



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