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Stadlin / Orsouw | Zuger Todesfelle | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Reihe: Alibi by Dörlemann

Stadlin / Orsouw Zuger Todesfelle


1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-03820-876-1
Verlag: Dörlemann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Reihe: Alibi by Dörlemann

ISBN: 978-3-03820-876-1
Verlag: Dörlemann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Mittelalter und Mord, Brenneisen und Brandzeichen, Schnabelschuhe und Schaffelle - auch in diesem Kriminalroman mit dem sympathischen Ermittler Goran Voltic geht es ans Eingemachte, als eine Leiche beim Bach gefunden wird. Die idyllische Kulisse eines Mittelaltermarkts bekommt Risse, die Recken der Fellgylde werden in die Gegenwart katapultiert. Geht es um Rache? Um ein Liebesdrama? Oder um Bestechung und Unsummen von Geld? Oder um unsaubere Machenschaften mit Bitcoins? Viele Vorurteile, unterdrückte Angst, versteckte Leidenschaften und handfeste Wirtschaftsinteressen erschweren die Ermittlungen. Doch Kriminalkommissarin Eva Brandenberg und Polizeinovize Goran Voltic, ein unkonventionelles Ermittlerteam mit Kultpotential, lassen sich nicht einschüchtern.

Judith Stadlin ist Schriftstellerin, Schauspielerin, Tanz- und Theaterfachfrau und Germanistin. Als eine im deutschsprachigen Raum bekannte und beliebte Spoken-Word-Artistin und Bühnenprofi mit jahrzehntelanger Erfahrung arbeitet sie in den Bereichen Schauspiel, Bühne, Regie und Literatur. Außerdem wirkt sie als Sprecherin und Dozentin, schreibt für die Bühne und fürs Radio. Stadlin ist Teil des Literatur- und Theaterlabels «Satz&Pfeffer» sowie Co-Leiterin der gleichnamigen Lesebühne in Zug.
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Hinz und Kunz[7]


Donnerstag, 17.30 h

Auf den vom Regen feuchten Holzböcken hatten sie zu viert mit Honigwein auf Eva Brandenbergs Geburtstag angestoßen. Es war ordentlich laut gewesen in der Schenke zum durstigen Ritter im Erdgeschoss des Huwilerturms, doch trotz all des Getöses war die kleine Ena in ihrem Kinderwagen eingeschlafen.

Nach einer zweiten Runde Met hatten sich Patrizia, Goran, Eva und Franz mit Ena dann gut gelaunt zu Zelt begeben, das keine fünfzig Meter entfernt im Park stand.

Nun saßen alle leicht angesäuselt und mit vom kühlen Wetter und Alkohol geröteten Wangen am Feuer, wo die Sau an ihrem Spieß briet. Auch , ein Trader und somit Franz’ ehemaliger Arbeitskollege bei der Rohstoffhandelsfirma Luritix, war mit dabei.

Im Gegensatz zu Eva, Patrizia und Goran, die ihre Alltagskleidung trugen, war aufs Konsequenteste mittelalterlich gekleidet: Er hatte offensichtlich viel Geld im Mittelalter-Onlineshop für seine Kostümierung ausgegeben. Unter einem Wildlederwams, das ihm bis zu den Knien reichte und mit kunstvoll geschmiedeten Verschlüssen sowie allerlei bunten Bordüren verziert war, trug er ein beiges Leinenhemd, um den Hals hing eine dicke Kette mit einer Löwenkopf-Plakette. Auf dem Kopf des Rohstoffhändlers prangte eine bordeauxrote Filzkappe mit hellem Fellrand, die nach Edelmann aussah und bestimmt teuer gewesen war.

stieß jetzt mit seinem Bierkrug so schwungvoll mit Eva auf deren Geburtstag an, dass ein ordentlicher Schluck über seine exklusiven Knebelverschluss-Schuhe lief. Er schnalzte ärgerlich mit der Zunge und rannte zum nahen Bach, um die Bierflecken zu entfernen.

Franz schnitt eben mit einem scharfen Messer ein Stück der knusprigen Schweinehaut ab, als es in seinem Hüftbeutel piepste. Peinlich berührt vom in diesem Umfeld unpassenden Ton, griff Franz hastig zum Handy und sah die Textnachricht von Emil Seindler:

Nun, stattdessen konnte mitessen, dachte Franz und wollte ihm gleich auf einer Holzgabel ein mundgerechtes Stück Spanferkel zum Probieren reichen. Doch war nicht zu sehen. Als er kurz darauf mit nassem Schuh zurückkam, meinte er: »Seitdem du nicht mehr der Chefkoch in der Firma bist, lunchen wir gar nicht mehr gut in der Luritix-Kantine. Du hast die Benchmark natürlich hoch gesetzt!« Er kaute laut, nickte anerkennend und meinte mit vollem Mund: »Eine Einladung von Franz Brandenberg kann ich unmöglich abschlagen!«

Eva wäre es zwar lieber gewesen, wenn Franz’ Einladung zu ihrem Geburtstagsessen abgelehnt hätte, der Kerl war ihr irgendwie nicht geheuer. Dass er gesagt hatte statt Mittag essen, verstärkte ihre Abneigung noch, doch sie ließ ihrem Mann die Freude, ein paar Stunden mit einem alten Kollegen zusammenzusitzen.

Goran trug seine kleine Tochter auf dem Arm und spazierte summend mit ihr im leichten Nieselregen um das Zelt herum, damit sie wieder einschlief. Patrizia fläzte sich in Franz’ Holzsessel, zog den Reißverschluss ihrer Jacke zu und freute sich aufs Essen. Eva beobachtete aus ihrem mit Fell belegten Eichenthron heraus (Geburtstag!) die mittelalterlich gekleideten Menschen auf dem Platz, und Franz holte schon mal Holzteller und Besteck aus einer Kiste im Zelt.

Die Menschen hatten ihre Kleidung sorgfältig gewählt. Eva sah Frauen mit einfachen Hauben und langen Tuchkleidern vorbeischlendern, aber auch solche mit ganzen Wieselpelzen auf dem Hut, sie entdeckte lange Zottelbärte bei den Männern, spitze Kapuzen und dicke Zöpfe bei den Damen. Sie identifizierte Waschbär- und Fuchsfelle mit ganzen Fuchsschwänzen dran, erkannte aber auch unechte Pelze, einfache Filzumhänge und Wollmäntel. Nicht alle und waren gleich authentisch herausgeputzt, nicht alle hatten so viel Geld in ihre Aufmachung gesteckt wie , der Trader, der wohl kaum wusste, wohin mit dem Geld, vermutete Eva.

Soeben eilte eine Frau mittleren Alters vorbei, die eindeutig viel weniger Geld in ihre Kostümierung gesteckt hatte. Sie trug ein schmutzig wirkendes, zerknittertes Kleid aus grobem, blassblauem Stoff, einen nicht wirklich mittelalterlich aussehenden roten Baumwollschal und schwere, durchnässte Schuhe. Aber keinen Mantel. Nun, dachte Eva, sie hatte wohl mit besserem Wetter gerechnet. Und im Mittelalter hat es zweifellos auch arme Kreaturen gegeben, vermutlich sogar mehr als wohlhabende.

Donnerstag, 18.10 h

Hinter dem Zelt, wohin Goran mit der kleinen Ena spaziert war, wurde es plötzlich laut. Zwei betrunkene Männer zankten sich. Patrizia verdrehte nur die Augen, sie kannte solche Reibereien von ihrer Zeit im Strändli, wo sie sommers das Beizli geführt und den damaligen Bademeister Goran kennengelernt hatte. Und wo dieser außerdem als Stand-up-Paddle- und Surfinstruktor von unzähligen Touristinnen und aufgebrezelten Expat-Frauen angehimmelt wurde. Ob er in seiner Funktion als Polizist wohl auch so viele Fans hatte?, überlegte Patrizia und stellte sich ihren Freund in seiner Polizeiuniform vor, unter der sein durchtrainierter Körper sehr vorteilhaft zur Geltung kam.

Der Streit hinter ihnen wurde lauter. Patrizia horchte genauer hin: Die beiden Männerstimmen kamen ihr irgendwie bekannt vor. Sie überlegte eben, die Neugierde über die Bequemlichkeit siegen zu lassen und nachzusehen, als Goran aufgeregt hinter Franz’ Zelt hervortrat. »Patti, die beiden Typen kennen wir vom Strändli! Othmar aus Cham und Guido aus Steinhausen, die zwei Brüder. Erinnerst du dich?«

Patrizia stieß genervt die Luft aus: »Klar erinnere ich mich an die beiden prototypischen Dauercamper, die wir deswegen damals nannten.« Und zu den anderen gewandt ergänzte sie: »Die beiden hatten ihre Wohnwagen nebeneinander und ständig Reibereien wegen Kleinigkeiten.«

Gorans Instinkt sagte ihm, dass er sofort eingreifen musste. Er legte seiner Partnerin das Kind in die Arme, sein Eifer als Polizist war blitzartig erwacht. Schließlich hatte er kürzlich einen Kurs in »Deeskalierender Intervention bei Zivilstreitigkeiten im öffentlichen Raum« absolviert. Er wusste jetzt genau, wie man solche Streithähne zur Vernunft brachte! Im Eiltempo ging er innerlich die relevanten Punkte und Maßnahmen lehrbuchmäßig durch:

»Goran!« Patrizia war aufgestanden und hielt ihn am Arm fest. »Lass die Typen in Ruhe. Du bist nicht als Polizist hier! Wir feiern Evas Geburtstag.«

Goran warf Eva einen Hilfe suchenden Blick zu, bestimmt würde sie als seine Chefin sein Eingreifen verstehen und unterstützen.

Doch Eva schüttelte nur den Kopf: »Lass es sein, Goran, die kommen schon klar.«

Patrizia unterstützte sie. »Ich musste diese Streithähne im Beizli ab und zu mal zurechtweisen. Einmal habe ich ihnen sogar drei Tage Beizliverbot ausgesprochen, weil sie sich gegenseitig dermaßen an den Kragen gegangen sind. Sie haben mir die anderen Campinggäste vergrault. Es ging nur um einen falsch gelagerten Müllsack und um die Lautstärke des Radios im Wohnwagen. Die brauchen ihre Streitereien, lass sie machen, Goran!«

Seit das Strändli und mit ihm das dazugehörige Beizli aufgrund von undurchschaubaren anderweitigen Plänen von Ämtern und Grundeigentümern aufgehoben worden waren, hatten sich auch die Dauercamper etwas Neues suchen müssen. Deshalb wollten ihr Bedürfnis nach Campieren und nach Zankereien offensichtlich hier auf dem Mittelalterfest ausleben.

Patrizia war aufgestanden und ging nun ihrerseits leise summend mit Ena auf dem Arm um Franz’ Zelt herum, wo einander verbal provozierten. Anstelle von stilvollen Mittelalter-Lagerzelten hatten sie dunkelgrüne Pfadfinderzelte behelfsmäßig mit alten Militärplanen bedeckt und aufgeschnittene Jutesäcke ungeschickt darübergebreitet. Abgeschabte Felle lagen bei den Eingängen, und sie waren offenkundig der Grund für den Streit. Selber trugen irgendwelche Umhänge aus Kunstfell, wahrscheinlich irgendein Fasnachtskostüm aus dem Warenhaus, und darunter ihre unverzichtbaren Outdoorjacken. An den Füßen trug der eine blaue Crocs, der andere speckige Riemchensandalen, die aus dem letzten Jahrhundert stammen mussten.

Schnell kehrte Patrizia um, sie wollte von den beiden Streithähnen auf keinen Fall erkannt werden.

Ena war unterdessen in ihren Armen eingeschlafen. »Goran, magst du Ena in Franz’ Zelt aufs Bett legen?«, fragte Patrizia und schob dann mit einem Augenaufschlag, dem Goran nie widerstehen konnte, nach: »Und … ähem ihr vorher noch kurz die Windeln wechseln?«

Goran verschwand mit dem Baby im Zelt.

Donnerstag, 18.30 h

Als Goran zu den anderen zurückkam, war die knusprige Sau und das würzige Habermus bereits auf fünf Tellern verteilt. Franz rief: »Alle zur Sau!«, dann reichte er auch Goran seinen Teller und einen Krug Bier.

Nachdem Goran sich zum Essen an die Tafel gesetzt hatte, die aus zwei schweren Holzböcken und einem rohen Brett bestand, reichte er Franz eine Visitenkarte. »Die lag auf deinem Bett, äh, ich meine auf deinem Nachtlager, zwischen den Fellen!«

Franz fingerte die Lesebrille aus dem Rohlederetui in seinem Hüftbeutel und las die Nachricht von Frederik...


Orsouw, Michael van
Michael van Orsouw ist ein schweizweit gefragter Geschichtsvermittler mit Doktortitel. Er hat mehr als ein Dutzend Sachbücher verfasst und zahlreiche Ausstellungen kuratiert. Er schreibt Romane, Kurzgeschichten, Satiren und Radiotexte. Er lebt in Zug und tritt regelmäßig mit Vorleseshows auf. Zusammen mit Judith Stadlin gründete er das Literatur- und Theaterlabel «Satz&Pfeffer» und ist Co-Leiter der gleichnamigen Lesebühne in Zug.

Stadlin, Judith
Judith Stadlin ist Schriftstellerin, Schauspielerin, Tanz- und Theaterfachfrau und Germanistin. Als eine im deutschsprachigen Raum bekannte und beliebte Spoken-Word-Artistin und Bühnenprofi mit jahrzehntelanger Erfahrung arbeitet sie in den Bereichen Schauspiel, Bühne, Regie und Literatur. Außerdem wirkt sie als Sprecherin und Dozentin, schreibt für die Bühne und fürs Radio. Stadlin ist Teil des Literatur- und Theaterlabels «Satz&Pfeffer» sowie Co-Leiterin der gleichnamigen Lesebühne in Zug.

Judith Stadlin ist Schriftstellerin, Schauspielerin, Tanz- und Theaterfachfrau und Germanistin. Als eine im deutschsprachigen Raum bekannte und beliebte Spoken-Word-Artistin und Bühnenprofi mit jahrzehntelanger Erfahrung arbeitet sie in den Bereichen Schauspiel, Bühne, Regie und Literatur. Außerdem wirkt sie als Sprecherin und Dozentin, schreibt für die Bühne und fürs Radio. Stadlin ist Teil des Literatur- und Theaterlabels «Satz&Pfeffer» sowie Co-Leiterin der gleichnamigen Lesebühne in Zug.Michael van Orsouw ist ein schweizweit gefragter Geschichtsvermittler mit Doktortitel. Er hat mehr als ein Dutzend Sachbücher verfasst und zahlreiche Ausstellungen kuratiert. Er schreibt Romane, Kurzgeschichten, Satiren und Radiotexte. Er lebt in Zug und tritt regelmäßig mit Vorleseshows auf. Zusammen mit Judith Stadlin gründete er das Literatur- und Theaterlabel «Satz&Pfeffer» und ist Co-Leiter der gleichnamigen Lesebühne in Zug.



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