Stacey (K)ein Kuss ist auch (k)eine Lösung
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-95576-330-5
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 65 Seiten
ISBN: 978-3-95576-330-5
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Mistelzweige - irgendwie kommt es Justin gleich suspekt vor, als Claire ein Bund kauft. Obwohl das als Deko andererseits auch wieder
zu Weihnachten gehört, mit diesem romantischen Küssen in der Tür und so. Nur, das will er nicht: Claire küssen! Na ja, insgeheim schon. Aber sie ist die Witwe seines besten Freundes. Auch wenn er und Claire sich hervorragend verstehen, so ist Justin überzeugt: Eine wirklich heiße Beziehung kommt da nicht infrage! Doch dann steht er mit Claire plötzlich unterm Mistelzweig. Und Claire ist in Margarita-Laune ...
Mit ihrem Mann und zwei Söhnen lebt die Bestsellerautorin Shannon Stacey in New England, das für seinen farbenprächtigen Indian Summer bekannt ist, aber auch für sehr kalte Winter. Dann macht sie es sich gerne zu Hause gemütlich. Leider weigern sich Shannons Katzen hartnäckig, auf ihrem Schoß als Wärmflasche zu dienen, während sie schreibt.
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2. KAPITEL
Es war noch dunkel, als Claire aufwachte. Ihr war heiß und sie wusste erst nicht, wo sie war.
Sie hatte seit einer Weile oft erotische Träume, was wahrscheinlich für eine Frau von achtundzwanzig Jahren vollkommen normal war, wenn sie seit zwei Jahren keinen Sex mehr gehabt hatte. Doch dieser Traum war besonders intensiv gewesen, und Claire sehnte sich danach, ihn weiter zu träumen.
Dann fiel ihr auf, dass sie zum ersten Mal von Justin geträumt hatte. Das konnte kein Zufall sein.
Moxie merkte, dass Claire wach war, stand auf und lief vom Fußende des Betts zum Kopfkissen, um sie mit dem Kopf anzustupsen. Doch Claire drehte sich auf den Bauch und vergrub das Gesicht im Kissen. Sie hatte gerade den besten Sex ihres Lebens gehabt. Leider hatte der sich aber nur in ihrer Fantasie abgespielt und dann auch noch mit der einen Person auf dieser Welt, die nichts in ihren erotischen Träumen zu suchen hatte.
Nichts ruinierte eine Freundschaft so schnell wie Sex. Das wusste jeder.
Moxie miaute vorwurfsvoll und bearbeitete Claires Schulter mit den Pfoten. Claire seufzte. Es war zwar erst halb sechs, aber am besten stand sie jetzt auf. Andernfalls würde sie vielleicht wieder von Sex mit ihrem besten Freund träumen und mehr als einmal pro Nacht ertrug sie das nicht.
„Das ist alles nur Pennys Schuld“, murmelte sie, setzte sich auf und schaute Moxie an. „Die hat mir diesen Floh ins Ohr gesetzt.“
Claire schaltete die Kaffeemaschine an und ging dann ins Bad, aber das seltsame verwirrende Gefühl ließ sich nicht vertreiben. Auch die erste Tasse Kaffee und die Frühnachrichten schafften das nicht. Moxie stupste sie mit dem Kopf an und wollte offenbar wissen, was los war. Claire war allerdings noch nicht so verzweifelt, dass sie ihrer Katze von ihren erotischen Träumen mit ihrem besten Freund erzählte.
Vielleicht wollte sie ja gar keinen Sex mit Justin. Vielleicht machte ihr Körper sie damit nur sanft darauf aufmerksam, dass es Zeit wurde, sich wieder ins Getümmel zu stürzen und sich ein Date zu suchen. Um genau zu sein, fand ihr Körper, sie sollte das am besten sofort machen. Ihr Herz spielte da nur leider nicht mit.
Claire merkte, dass sie mit ihrem Ehering spielte, den sie noch immer trug, und zwang sich, damit aufzuhören. Kein Mann auf dieser Welt wollte ein Date mit einer Frau, die einen Ehering trug. Jedenfalls kein Mann, mit dem sie etwas zu tun haben wollte.
Vielleicht war der Moment gekommen, um den Ring endgültig abzunehmen und in die Schublade zu verfrachten. Kurz und schmerzlos.
Das wäre es jedenfalls gewesen, wenn der Ring nicht an ihrem Fingerknöchel hängengeblieben wäre. Geschirrspülmittel half nicht. Butter ebenfalls nicht. Als auch eine Ladung Olivenöl nichts brachte, lehnte Claire sich an die Arbeitsplatte und begann zu weinen. Die Tränen liefen ihr über die Wangen, und weil ihre Hände so schmierig waren, konnte Claire sie nicht einmal abwischen.
Möglicherweise war das ein Zeichen. Solange sie den Ring nicht vom Finger bekam, konnte sie Dates vergessen. Durch einen Tränenschleier lachte sie Moxie an, die sie eine Weile missbilligend beobachtet hatte, und sich jetzt aufs Sofa zurückzog.
„Okay, der Traum ist kein Zeichen“, erklärte Claire laut. „Ich habe gestern Abend einfach zu viel Pizza gegessen.“
Nachdem sie ihre Hand zehn Minuten zwischen zwei Packungen gefrorener Erbsen gekühlt hatte, schaffte Claire es schließlich mithilfe einer weiteren Ladung Olivenöl, den Ring vom Finger zu bekommen.
Sie legte das fettig glänzende Schmuckstück auf die Arbeitsfläche und wusch sich dann die Hände. Es wurde langsam winterlich und kalt, und Claire hatte auch im Herbst noch viel Zeit im Freien verbracht. Deshalb war da, wo der Ring gesessen hatte, jetzt ein weißer Streifen zu sehen. Die Bräune würde erst in einigen Wochen endgültig verschwinden. Claire griff nach dem Ring, wusch ihn und trocknete ihn ab.
Brendans Ehering lag in einer muschelbesetzten Schachtel auf Claires Nachttisch. Die Schachtel war ein Souvenir, das sie aus ihren Flitterwochen am Cape Cod mitgebracht hatten. Das Ding war so kitschig, dass sie es einfach kaufen mussten. Claire nahm den Deckel ab und holte Brendans Ring heraus. Er war etwas größer als ihrer und trotzdem war er bei der Hochzeit auf Brendans Fingerknöchel stecken geblieben. Fast hätten sie sich von einem ihrer Gäste Handcreme erbetteln müssen, und Brendan meinte schon, sie solle einfach drauf spucken. Doch Claire schaffte es schließlich mit roher Gewalt. Hinterher beim Empfang hatten sie darüber gelacht.
Der Beerdigungsunternehmer hatte sie damals gefragt, ob er Brendan mit dem Ring bestatten sollte. Doch Claire hatte sich nicht davon trennen können. Nach der Beisetzung trug sie ihn dann lange an einer Kette um den Hals, aber weil sie eigentlich keine Ketten mochte, hatte sie damit aufgehört.
Entschlossen legte sie nun beide Ringe in die Schachtel, klappte den Deckel zu und holte tief Luft. Fühlte sie sich jetzt anders? Befreit, leichter oder …?
Nein, das Einzige, was sie empfand, war eine gewisse Leere. Auch der unwiderstehliche Drang, sich sofort bei einer Singlebörse im Netz anzumelden, blieb aus. Hoffentlich gab sich ihr Unterbewusstsein mit diesem symbolischen Akt zufrieden und quälte sie nicht wieder mit heißen Träumen von Justin.
Ein paar Minuten vergingen, dann klingelte plötzlich das Telefon. Claire schreckte auf und hätte sich beinahe den Kaffee aufs T-Shirt gekippt. Auf dem Display stand Justins Name. „Hallo?“, meldete sich Claire und hoffte, dass sie ganz normal dabei klang.
„Bist du schon wach?“
„Nein, ich schlafwandle gerade.“
„Komikerin. Ich wollte nur wissen, ob wir vielleicht etwas früher aufbrechen können, falls du schon auf bist.“
„Ich bin sogar schon seit halb sechs wach, danke der Nachfrage.“
Er lachte. „Du? Ist dein Rauchmelder losgegangen oder was ist los?“
„Sehr witzig.“ Sie konnte ihm schlecht sagen, dass sie wegen des großartigen Sex aufgewacht war, den sie in ihrer Fantasie mit ihm genossen hatte. „Wir müssen nicht vor zwei bei meinen Eltern sein.“
„Dann lade ich dich zum Frühstück ein. Ich weiß nicht genau, wie lange ich brauche, bis die Reifen gewechselt sind, aber danach muss ich auch noch ein Geschenk für Nicole besorgen.“
„Die Kleine wird drei, und du kannst sicher sein, dass meine Eltern einen ganzen Spielzeugladen für sie leergekauft haben.“
„Man kann nicht ohne Geschenk auf einer Geburtstagsparty auftauchen. Sonst habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich mir noch ein zweites Stück Torte hole.“
Claire lachte und fühlte sich endlich wieder halbwegs normal. „Na schön. Wann willst du denn los?“
„Soll ich um acht da sein?“
„Klingt gut.“ Claire legte auf und fühlte sich viel besser. Es war eben nur ein dummer Traum gewesen.
Justin bemerkte sofort den weißen Streifen an ihrem Finger, wo der Ring gesessen hatte, und sein Herz zog sich zusammen.
Eigentlich hätte er jetzt etwas sagen müssen … Hallo zum Beispiel. Doch er bekam keinen Ton heraus. Schweigend starrte er weiter auf ihren Finger, während Claire den Reißverschluss ihres Mantels hochzog. Was, zum Teufel, hatte das zu bedeuten?
Vor fünf Jahren war er dabei gewesen, wie Brendan ihr den Ring angesteckt hatte, und seitdem hatte er sie nie wieder ohne gesehen. Der Ring war das stete Symbol dafür gewesen, dass sie Brendans Frau war. Und nun war der Ring verschwunden.
„Alles okay?“
Nein, war es nicht. Sein Puls überschlug sich, seine Hände wurden feucht und der konstante Schmerz, mit dem er immer lebte, hatte sich in grässliche Qual verwandelt.
Claire war bereit für einen neuen Mann.
„Justin? Hallo?“
„Ach, ja, ähm, hallo. Fertig?“
Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und stieg die Treppe hinunter. Er brauchte Abstand zu ihr. Natürlich half das auch nichts, wenn Claire und ihr nackter Ringfinger kurz darauf neben ihm im Truck saßen. Justin fühlte sich plötzlich, als würde er unter Klaustrophobie leiden. Es war viel zu eng in diesem Wagen.
Wenn der beste Freund eine Frau ist, hat man es auch so schon nicht leicht. Eine Frau ist nicht kräftig genug, um einem beim Motorwechsel zu helfen. Dann heult sie bei traurigen Filmen und bestellt Cocktails mit kleinen Papierschirmchen statt einer ehrlichen Flasche Bier. Ja, er hatte Claire sogar schon mal Tampons besorgt, verdammt. Damals war sie krank gewesen und hatte ihm ein Bild mit der richtigen Schachtel aufs Handy geschickt, andernfalls würde er wohl jetzt noch im Laden stehen. Mein Gott, was es alles für Hygieneartikel für Frauen gab! Die Auswahl war unendlich!
Aber in die beste Freundin auch noch verliebt zu sein, war die absolute Hölle! Bisher hatte er sich tapfer geschlagen, aber er würde auf keinen Fall dabei zusehen, wie sie das richtige Outfit für ihr erstes Date aussuchte. Oder wie sie seufzend die SMS von ihrem neuen Kerl las. Oder sich anhören, wie sie ihm kichernd Details von der ersten Nacht mit ihm erzählte.
„Was hat dir denn so die Laune verdorben?“
„Wieso glaubst du, ich hätte schlechte Laune?“
„Sieh dir nur mal an, wie du das Steuer umklammerst. Als ob du jemanden erwürgen willst. Und deine Augenbrauen berühren sich fast. Außerdem hast du die Räder durchdrehen lassen beim Losfahren.“
Justin lockerte seinen Griff, brachte aber nicht einmal die Andeutung eines Lächelns zustande. „Ach, alles in Ordnung. War nur...