E-Book, Deutsch, 470 Seiten
Staats Aufstieg einer Heldin
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-940036-78-0
Verlag: Low, Torsten
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 470 Seiten
ISBN: 978-3-940036-78-0
Verlag: Low, Torsten
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der strahlende Held Rafahello Feeheroo hat eine Mission – die in einem pinken Turm gefangene Capuzine zu befreien. Diese ist jedoch des langen Wartens auf Helden müde und schreitet selbst zu Tat. Mit Unterstützung ihres gerade erwachten Erfindergens gelingt Capuzine die Flucht.
Währenddessen hat ihr Held ganz andere Probleme – er muss in einem Wald mit einer fleischfressenden Pflanze um sein Leben kämpfen und überlebt nur dank der Hilfe eines Gottes in Ausbildung.
Die Wege von Capuzine und Rafahello sollen sich erst in einer Stadt der Elben kreuzen – und dieses Treffen steht unter keinem guten Stern, denn auch die Elbenprinzessin hat ein Auge auf Rafahello geworfen und will ihn für sich allein.
Capuzine bleibt nichts anderes übrig, als um ihren Helden zu kämpfen ...
Ein humoriger Fantasy-Roman von Mark Staats
Autoren/Hrsg.
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Der pinke Turm
Am nächsten Morgen, viele, viele Meilen von Rafahello entfernt, zogen Siegesfeld und Joy, zwei Drachen, ihre Kreise um einen pinken Turm auf einer Lichtung, so groß wie zwei Fußballfelder und beobachteten die Umgebung nach etwaigen Befreiern der Person, die im Turm eingesperrt war. Die beiden waren eher kleine Vertreter ihrer Rasse, mit einer Flügelspannweite von fünfzehn Schritt und einer Rumpflänge von zehn Schritt bei Siegesfeld, zwei Schritt weniger bei Joy. Damit waren sie noch nicht einmal halb so groß wie die Burschen, die sonst für Unruhe in Afaga sorgten. Doch keineswegs ungefährlicher. Sie selbst würden allerdings sagen, dass sie zwei ganz liebe waren. Der Rücken war stachelbewährt und der schmale Kopf lief in einer kurzen Schnauze aus. Zähne, die jeder Kuh mit einem Biss die Rippen brechen konnten, glitzerten elfenbeinfarben in der Sonne. Die Drachen besaßen vier Gliedmaßen. Zwei kräftige Hinterläufe, die in vier messerscharfen Krallen ausliefen. Erst letzte Woche hatten sie die Schärfe wieder unter Beweis gestellt, als ein wackerer Held versucht hatte, die Frau zu befreien. Der Mann war gut gewesen. Er schaffte es sogar, mit aufgeschlitztem Bauch und herausquellenden Gedärmen noch zehn Schritte zu gehen, bevor er in seiner eigenen Blutlache sein Leben aushauchte. Die Vorderläufe waren kürzer als die Hinterläufe und eher schlank. Wer aber nun glaubte, sie wären schwach, irrte. Wie vor drei Wochen. Der Held sah seinen Fehler erst ein, als sein Kopf nicht mehr auf dem Körper saß. Dicke Schuppen zierten die Drachenkörper und boten einen unglaublichen Schutz vor diversen Waffen. Seit Jahren schon bewachten sie den Turm, sorgten dafür, dass keine Flucht möglich war und töteten jeden möglichen Befreier. Und die Liste war lang. In ihrer Jugend hatten die beiden von Freiheit geträumt. Sie wollten über das Land fliegen und auf den großen Showbühnen des Landes auftreten. Leider machte ihnen eine Fremde einen Strich durch ihre Träume und belegte sie mit einem Bann. Joy, der blaue Drache, zog am Turm vorbei und erhaschte einen kurzen Blick auf die junge, blonde Frau, die noch schlief. Er stieß einen kleinen Flammenstrahl aus und briet einen Schwarm Stare. Sein Frühstück. Schritte hallten durch den Turm. Keine fröhlichen Schritte, sondern schwerfällige. Schritte, die 539 Stufen von der Küche bis zum obersten Stockwerk zu bewältigen hatten und das dreimal am Tag, seit über sechsunddreißig Jahren. Schritte, deren Klang die Hoffung verloren hatte, dass dies alles einmal aufhören würde oder einer dieser neumodischen Aufzüge eingebaut würde. Unter die Schritte mischte sich das fröhliche Kling eines Nagels, der es endlich geschafft hatte, der Ledersohle der Stiefel wenigstens halbwegs zu entkommen. Ab und an war ein Fluchen zu hören, wenn der Besitzer der Schritte an einer maroden Stufe hängen blieb und ins Straucheln kam. Die Schritte wurden lauter und kamen immer näher. Dann verhallten sie und blieben stumm. Es klopfte an der pink lackierten Tür. Ein Moment der Stille folgte, dann schwang sie leise knarrend auf. Ein Zwerg mit einer weißen Schürze und einem weißen Hut trat in den Raum. Ansonsten war alles zwergentypisch an ihm. Das Gesicht bestand aus mehr Bart als Gesicht. Die Statur war klein und gedrungen. Unter der Schürze trug er ein dickes Lederwams und ein Kettenhemd. Zwischen Haaren und weißem Hut trug der Zwerg eine Kettenhaube. Er kam sich so blöd vor mit der Schürze und dem Hut. Aber da er hier als Koch arbeitete, erschien es ihn nur logisch die kochtypische Kleidung zu tragen. Auf seinem Rücken, ebenfalls für alle Zwerge typisch, hingen eine leichte Streitaxt und eine Spitzhacke. Ja, Zwerge waren in gewissen Maßen vorausschauend, immer bereit, nach etwas zu graben, wenn sich die Gelegenheit dazu bot. Bei einigen Vertretern dieser Spezies, ging es sogar soweit, dass sie sofort anfingen zu graben, wenn etwas Glitzerndes auf der Straße lag. So entstanden bemerkenswerte Tunnelsysteme, die sehr viel später als die ersten U-Bahn-Systeme Afagas benutzt wurden. Zwerge galten auch als die Elstern der aufrecht gehenden Rassen. Der Raum, in dem der Zwerg stand, war achteckig. Die Wände aus kalten harten Stein. Das Bett aus schwerem Eichenholz – pink – stand gegenüber dem Fenster. In der Mitte des Raumes baumelte von der Decke ein ausschweifender Kronleuchter mit 9678 Kerzen, wobei aber immer nur zehn davon brannten. Frühere Gefangene, als der Turm noch nicht pink war, hatten sich immer über Sonnenbrand beschwert, wenn alle Kerzen brannten. Mückenschwärme verendeten nachts qualvoll, nachdem sie erst zwanzig Meilen auf das grelle Licht zuflogen, um dann vom Fenster aufgehalten zu werden. Ansonsten war der Raum spartanisch eingerichtet. Also spartanisch nach der Gedankenwelt einer Frau. Vier Regale für Kleidung, fünf für Schuhe. Eine kleine Frisierkommode mit einer Länge von anderthalb Schritt, also gerade groß genug, die unterschiedlichsten Cremes, Puder und Bürsten zu beherbergen. Ein Spiegel hing darüber. Ein Schreibtisch mit vielen Schriftrollen und einem kleinen Fässchen mit Schreibfeder rundete das Gesamtbild ab. Die Farbauswahl verursachte dann eher Kopfschmerzen. Der Raum vermittelte den Eindruck, als ob der Innenausstatter bei der Farbwahl an das letzte Feuerwerk zur Neujahrswende gedacht hatte. Hatte er aber nicht, nur das viele Pink ging ihm irgendwann auf die Nerven. Während er eines Abend in der Mitte des Raumes saß und genüsslich an einer Pfeife zog, die mit dem besten roten Afaganer bestopft war, holte er alle Farbreste zusammen die er fand und ließ seiner Phantasie freien Lauf. Am nächsten Tag wurde er in ein spezielles Haus der Heilung eingeliefert, noch immer den Pinsel in den Händen und irre lachend. Da kein Geld mehr für einen neuen Innenausstatter zur Verfügung stand, beließ man es bei dem Anstrich in der Hoffnung, dass der zukünftigen »Bewohnerin« nicht das Gehirn wegbrannte. Der Zwerg hielt ein Tablett in der Hand. Behutsam stellte er es auf einen kleinen, runden, pinken Tisch mit türkisen Punkten gegenüber dem Bett ab. Brötchen, Käse, Marmelade, kein Obst – Obst war der jungen Frau zuwider und da der Zwerg nicht über das Wissen eines Heilers verfügte, konnte ihr niemand sagen, dass die Zigarette am Morgen, die sie zum Kaffee rauchte, nicht den Vitaminmangel ausglich – und eine Kanne Kaffee standen auf dem Tablett. Das Frühstück. Der Zwerg sah sich um und schüttelte den Kopf. Überall lagen Kleidungsstücke herum. Nicht ordentlich zusammengelegt, sondern achtlos liegen gelassen. Leise nahm er die Wäschestücke auf, faltete sie zusammen und verstaute sie in einem der Regale. Nach einer Stunde war er damit fertig. Danach weckte er die Frau und sprang im gleichen Augenblick einen halben Schritt zurück, um nicht in Reichweite ihrer Hand zu sein. Oft hatte er erlebt, dass die junge Dame hoch schreckte und wild um sich schlug. Doch an diesem Morgen war es anders. Müde und zäh schob sie die Decke zurück und gähnte herzhaft. Sie blinzelte ins Sonnenlicht, das durch das Fenster flutete und schaute sich um, als ob sie nicht wusste, wo sie sich aufhielt. Träge begann das Gehirn zu arbeiten und sagte ihr, wo sie sich aufhielt. Stumm setzte sie sich auf und schlüpfte in pinke Puschen mit weißen Bommeln. Schnell war ein pinker Bademantel übergeworfen. Kaffeeduft ließ ihre Nasenflügel leicht beben. Wie eine Wünschelrute lief sie auf den Tisch zu, setzte sich und begann zu frühstücken. Dies erforderte ein wenig Talent, denn ihre langen goldenen Haare hatten die Angewohnheit, immer dann in der Marmelade zu baden, wenn die weißen Zähne in das Marmeladenbrötchen einschlugen. Jahre hatte es gedauert, eine Technik zu entwickeln, die Haare zu überlisten. »Was liegt heute an, Waldo?«, fragte sie den Zwerg gelangweilt, trank ihren fünften Kaffee und rauchte ihre zweite Zigarette, nachdem sie sich noch schnell zwischendurch die Zähne geputzt und eine Gurkenmaske aufgelegt hatte. Der Zwerg reichte ihr ein Bündel Schriftrollen. »Einen Bericht der letzten Vollversammlung der Drachen, eine Stellungnahme zur versehentlichen Einäscherung eines Dorfes mit dreihundert Einwohnern im Norden des Landes – der Drache hatte sich verflogen und konnte nicht mehr so gut sehen. Das eigentliche Ziel war eine zehnköpfige Rinderherde im Westen des Landes, die als Opfergabe vom König bereitgestellt wurde –, ein Kommunique mit dem Titel ›Jungfrauen für alle Drachen‹ und die neuesten Windvorhersagen für nächste Woche«, erklärte er. Die junge Frau schaute auf und wenn Blicke töten könnten, wäre Joy, der gerade am Fenster vorbeizog, vom Himmel gefallen. »In all den Jahren, die ich hier bin, haben es diese oh doch so weisen Kreaturen nicht geschafft, richtiges gutes Afaganisch zu Papier zu bringen.« »Was verlangst du? Es sind Drachen«, meinte der Zwerg verächtlich und schaute die Frau schief an: »Ich glaube, sie sind sich viel zu fein, um die afaganische Sprache zu lernen. Warum auch, sollen sie erst eine Podiumsdiskussion mit der Jungfrau führen, die sie gleich fressen werden? Nein, da reicht es doch, dass die Jungfrau das Ergebnis merkt, wenn sie den heißen Atem der Drachen spürt. Und Kühe können eh nicht sprechen.« »Wozu dann die ganze Vereinfachung der Sprache? Wozu, wenn die Wesen die kein Afaganisch können, aber dennoch hier leben, nicht die Sprache lernen? Weißt du, bis vor einiger Zeit war alles gut, und dann meinen ein paar Blödmänner, hier ist ein Buchstabe zu viel, die Kommaregelung ist doof, wird Pferd nun mit F oder Pf geschrieben? Und jeder, der bis dahin gutes richtiges Afaganisch sprach und schrieb, muss nun ständig eins dieser neumodischen...