Solé | Die Fotografin von Alexandria | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 405 Seiten

Solé Die Fotografin von Alexandria

Roman | Ein ergreifender historischer Roman vor der faszinierenden Kulisse Ägyptens
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-98690-065-6
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Roman | Ein ergreifender historischer Roman vor der faszinierenden Kulisse Ägyptens

E-Book, Deutsch, 405 Seiten

ISBN: 978-3-98690-065-6
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Eine Frau gegen den Sturm aller Widerstände: Der ergreifende Ägypten-Roman »Die Fotografin von Alexandria« von Robert Solé jetzt als eBook bei dotbooks. Alexandria, Ende des 19. Jahrhunderts: Als die junge Doris den Fotografen Milo Touta heiratet, ist es die wahre Liebe - doch allein in der Rolle als Ehefrau kann sie keine Erfüllung finden. Fasziniert von der Arbeit ihres Mannes studiert Doris mit brennendem Eifer die Kunst der Fotografie - und sie lernt schnell. Schon bald verbreitet sich in Ägypten die Kunde über ihr Können, sogar der König selbst verlangt nach der talentierten Fotografin von Alexandria. Doch Doris' Erfolg hat auch seine Schattenseiten: Viele haben nur Verachtung übrig für eine Frau, die in der Berufswelt der Männer verkehrt - und selbst ihr geliebter Milo scheint sich, voll Neid auf ihre Gabe, immer mehr gegen sie zu wenden. Doris steht vor einer schweren Entscheidung: Welche Opfer ist sie bereit zu bringen, um sich ihren Traum zu erfüllen? »Dieser Roman ist eine anmutige Kombination aus Familiensaga, Geschichtsstunde und Liebesgeschichte.« Publishers Weekly Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der dramatische Schicksalsroman »Die Fotografin von Alexandria« von Robert Solé - eine gefühlvolle Geschichte voller Exotik. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks - der eBook-Verlag.

Robert Solé wurde 1946 in Kairo geboren. Mit 18 Jahren zog er nach Frankreich, wo er eine Journalistenschule besuchte. Seitdem arbeitete er bei verschiedenen Zeitschriften - unter anderem auch als Chefredakteur für die französische Abendzeitung Le Monde. Sein Durchbruch als Schriftsteller gelang Solé mit seinem Roman »Der Kaufmann von Kairo«, für den er den französischen Prix Méditerranée erhalten hat und der nun bei dotbooks neu veröffentlicht wurde. Die Website des Autors: https://robertsole.wordpress.com/ Der Autor im Internet: https://www.facebook.com/sole.robert Bei dotbooks erschienen außerdem folgende eBooks des Autors: »Die Straßen von Alexandria« »Die Fotografin von Alexandria«
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Kapitel 6


»Das ist deine Herrin«, sagte Milo zu seinem Angestellten. Bolbol sah Doris in die Augen und brach in Gelächter aus.

Sie war von dem Geschäft enttäuscht. Ihr Verlobter hatte es so ganz anders beschrieben … Die Diele mit dem grauen Tresen und den abgenützten Stühlen wirkte ebenso einladend wie das Sprechzimmer eines Gefängnisses. An den Wänden hingen ein paar vergilbte, rissige Fotografien, und sie wirkten, als befänden sie sich seit der Erfindung der Fotografie dort. Die Kunden, die die Tür zum Studio »Emile Touta, Konsulatslieferant« aufstießen, wurden zunächst von einem ohrenbetäubenden Topfgerassel empfangen und mußten fürchten, zur Begrüßung unter den zahlreichen an der Tür befestigten Gegenständen begraben zu werden.

Das Atelier, in dem die Bilder aufgenommen wurden, befand sich am Ende dieser Diele auf der linken Seite. Es war ein eisengrau gestrichener Raum, in den durch die teilweise verglaste Decke Licht fiel. Hier roch es ähnlich wie in einem Theater: eine Mischung aus Leder, Samt und lackiertem Holz. Der Fotoapparat stand mitten im Raum auf einem massiven Nußbaumsockel mit einer Kurbel und einer Vorrichtung, um den Apparat zu neigen und wieder aufzurichten. Das voluminöse Gebilde mit einer schwarzen Faltenbalgkamera, Armaturen aus glänzendem Messing und dicken gerundeten Linsen hatte schon eine recht lange Dienstzeit hinter sich: Der Italiener, der vor drei Jahren Milo das Studio abgetreten hatte, hatte es 1875 bei einem Wiener Hersteller erstanden.

»Wenn sich Madame die Ehre geben und Platz nehmen möchte …«, sagte der Konsulatslieferant überhöflich und wies auf einen Sessel, dessen Lehne mit Arabesken verschnörkelt war. Manche Kunden ließen sich lieber auf einer zweisitzigen, mit grüner Seide bezogenen Ottomane fotografieren. Sie konnten das Dekor innerhalb eines bunten Durcheinanders von Gegenständen wählen: ein Stück römische Säule aus Gips, eine falsche Treppe mit vier Stufen, Waffen, Felle und sogar ein ausgestopftes Krokodil … Als Hintergrund ließen sich große, im Trompe-l’mil-Verfahren bemalte Tafeln auf Schienen hervorziehen, die Landschaften darstellten: eine Wüste, einen Tannenwald, Felsen und ein tosendes Meer. Das Atelier war mit der Dunkelkammer durch eine kleine gepolsterte Tür verbunden.

»Vorsicht«, sagte Milo, »hier stehen äußerst gefährliche Produkte.«

Der Geruch von Aceton und Äther reizte Doris’ Nase. Die Arbeitstische standen voller Flaschen, Reagenzgläser, Trichter und Schüsseln in allen Größen. Da es kein fließendes Wasser gab, schleppte Bolbol regelmäßig Wassereimer, die an der schwarz gestrichenen Wand aufgereiht standen. Meistens entwickelte Milo seine Fotos bei Einbruch der Dunkelheit, doch manchmal auch am hellichten Tage. Um Doris zu zeigen, wie er hier arbeitete, zündete er eine kleine rote Lampe an und zog die schweren Vorhänge aus Moleskin vor den beiden Fenstern zu. »Die lichtempfindlichen Platten vertragen nur dieses Rot«, erläuterte er. »Ganz im Gegensatz zu Stieren.«

Neben der Dunkelkammer befand sich ein kleiner Raum mit einem Schreibtisch, auf dem er retuschierte. Dieser winzige Raum öffnete sich auf einen sonnigen Hof, auf dem Bolbol die leeren Eimer neben einem Wasserbehälter abgestellt hatte. Auf einer Leine trocknete Wäsche. Hin und wieder krähte ein Hahn auf einer benachbarten Terrasse. Hier konnte man vergessen, daß man sich im Herzen von Kairo unweit der Oper befand.

Das Fotostudio war mit dem ersten Stockwerk durch eine Wendeltreppe verbunden. Doris war entsetzt, als sie die trostlose Behausung ihres frisch Angetrauten mit den schmutzig braunen Wänden zu Gesicht bekam. Sessel, anderes Mobiliar und irgendwelche Gegenstände standen wahllos herum und verrieten einen ausnehmend schlechten Geschmack.

»Das ist dein Reich«, ließ Milo großzügig verlauten. »Hier kannst du tun und lassen, was du für richtig hältst.«

Er sollte seine Behausung bald kaum wiedererkennen. In den folgenden Wochen veränderten frische, warme Farben an den Wänden und ein paar neue Möbelstücke die Wohnung von Grund auf. Doris richtete ihr Reich genauso ein, wie sie sich kleidete: ausnehmend schlicht, doch phantasievoll, was sofort ins Auge stach. So hatte sie in eine Zimmerecke eine riesige Grünpflanze mit kräftigem Blattwerk gestellt. Bolbol hatte alle Mühe gehabt, dieses Ungetüm die enge Wendeltreppe hinaufzuwuchten.

»Wozu soll die denn nütze sein?« fragte Milo verblüfft.

»Zu nichts. Das ist ja gerade das Schöne.«

Da sie schon dabei war, gestaltete die junge Frau auch die Empfangsdiele um. Nachdem sie die Wände hatte neu streichen lassen, stellte sie ein niedriges Tischchen und drei kleine Sessel hinein, ersetzte die altersschwachen Fotografien durch Aquarelle.

»Aquarelle im Studio eines Fotografen?«

»Ja, so wirkt der Raum doch gleich viel freundlicher. Ein Bankier hängt ja schließlich auch keine Banknoten an die Wände. Oder hast du vielleicht schon mal einen Zahnarzt gesehen, der seine Praxis mit Gebissen dekoriert?«

Er lachte und bedeckte sie mit Küssen. Doris mußte nun jedoch ihren innenarchitektonischen Ehrgeiz zügeln, denn der größte Teil des Geldes, das sie mit ihrer Aussteuer erhalten hatte, war bereits ausgegeben.

Während der ersten Wochen ihres Ehelebens fühlte sich Doris auf berauschende Weise frei. Endlich brauchte sie die Standpauken ihres Vaters nicht mehr anzuhören, die Ängste ihrer Mutter und die täglichen Streitereien mit ihren Geschwistern nicht mehr zu ertragen. Milos Bohemeleben erschien ihr wie ein nicht endendes Fest. Jeden Morgen wachte sie verliebt auf, noch ganz unter dem Eindruck der nächtlichen Liebkosungen, und fragte sich, welche Überraschungen, welche witzige Begebenheiten sie heute erwarten würden.

Die Buchhaltung des Geschäfts sah nicht rosig aus, doch Milo überspielte solche Sorgen mit ansteckender Fröhlichkeit und unerschütterlichem Vertrauen in die Zukunft.

»Wenn ich erst meinen doppelwandigen Verschluß für die Kamera erhalte, werde ich wahre Wunder vollbringen. Malumian ist dann ein toter Mann, und selbst Jacquemart wird sich anstrengen müssen.«

Mit bissiger Freude bezeichnete er den französischen Fotografen als mittelmäßig; er kritisierte gern die Leute, die es zu etwas gebracht hatten, manchmal überraschten seine Worte, wenn sie nicht verletzten. Schenkte man ihm Glauben, so hatte Jacquemart nur deshalb Erfolg, weil er Franzose war.

»Ehrenwort, wenn ich Franzose wäre … Aber wir Syrer haben es doppelt schwer. Die Europäer verachten uns, und die Einheimischen sind neidisch.«

In seinen Wachträumen sah sich Milo schon den Khediven fotografieren. Er erzählte Doris, wie Napoleon III. im Frühjahr 1859, bevor er zur Schlacht von Solferino aufbrach, noch einen kurzen Halt im Pariser Studio von Desderi einlegte, um sein Porträt anfertigen zu lassen. »Das gesamte französische Heer der Fußsoldaten wartete auf dem Bürgersteig. Stell dir das doch bloß mal vor! Bei einem Maler hätte er nicht mal so nebenbei ein Porträt bestellen können …«

Wieder einmal stritten sie über die Vorzüge von Malerei und Fotografie.

»Für ein gemaltes Porträt sind lange Sitzungen nötig«, sagte Milo, »dagegen ist ein Foto in einer halben Stunde im Kasten und kann noch am selben Tag abgezogen werden. Und dann gibt es da noch einen zusätzlichen Vorteil: Man kann so viele Abzüge von einem Foto machen, wie man will. Wußtest du, daß Desderi neunzig Mitarbeiter hatte? Rate mal, wie viele Fotos er täglich abzog! Was meinst du …? Zweitausend! Zweitausend Fotos täglich! Eine richtige Porträtfabrik!«

»Ich überlasse dir die Fabrik«, entgegnete sie. »Meine Staffelei ist mir lieber. Abgesehen davon hat das Werk eines großen Meisters mehr Wert als zweitausend Fotos.«

Da Doris nicht mehr viel in ihrer Wohnung verändern konnte, sie weder gern durch Geschäfte bummelte noch Stunden schwatzend vor einer Tasse Tee zubrachte, blieb sie tagsüber meistens im Studio. Anstelle von Bolbol, der sich mehr und mehr im Haushalt beschäftigte, empfing die Kunden nun eine elegante junge Frau, bei der man sich durchaus Beziehungen zu den Konsulaten vorstellen konnte. Manche Männer, denen sie ausgesprochen gut gefallen hatte, warben für sie, was zusätzliche Aufträge brachte.

Niemand betrat das Atelier ohne ein gewisses Lampenfieber. Manche Kunden kamen nur in Begleitung einer Vertrauensperson. Milo ließ sie auf dem verschnörkelten Sessel Platz nehmen und legte ihnen den Bogen einer Kopfstütze um den Hals, damit sie sich nicht mehr bewegten. So ließ er sie steif und regungslos sitzen, bis er die Kamera eingestellt hatte. Wenn es dann endlich soweit war und Milos Redeströme versiegt waren, konnten sie gerade noch ein paar erleichterte Seufzer von sich geben. »Achtung, nicht mehr bewegen!«

Der Kunde, oder besser Patient, verkrampfte sich noch mehr und hielt den Atem an. Er wirkte, als habe er einen Regenschirm verschluckt.

»Lächeln!« befahl der Fotograf.

Auf dem versteinerten Gesicht erschien blitzartig eine Grimasse. Und Milo drückte auf den Auslöser.

»Sie haben sich bewegt«, ließ er manchmal verlauten. »Wir müssen von vorn anfangen.«

Das war noch entsetzlicher. Mit weit aufgerissenen Augen und völlig verstört, wirkte das Opfer eher tot als lebendig …

Doris stellte fest, daß ihr Mann der Fachmann für schmeichelnde Porträts schlechthin war; er retuschierte alle seine Fotos und sparte nicht an Bleistiften, Kratzern und Pinseln. Er ließ nicht nur die metallene Kopfstütze verschwinden, die sich manchmal zu deutlich ins Bild geschlichen hatte, sondern auch die Falten in den Gesichtern. Er füllte Narben und hobelte Wangen glatt. Linien am Mund oder Lachfalten in...



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