Slupetzky | Atemlos | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 160 Seiten

Slupetzky Atemlos

Short Stories
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7117-5433-2
Verlag: Picus Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Short Stories

E-Book, Deutsch, 160 Seiten

ISBN: 978-3-7117-5433-2
Verlag: Picus Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Satire ist oft näher an der Realität, als man meint: Kein Wunder also, dass einem so manches in Stefan Slupetzkys Short Stories merkwürdig vertraut erscheint. Was macht ein schlitzohriger Wiener Privatdetektiv in Hessen? Er wird von einem Vermögensverwalter auf die Entführer seiner Tochter angesetzt. Wie sich bald herausstellt, ist nichts an dieser Entführung, wie es sein soll ... Ein britischer Konsulent verschafft einem deutschen Seidenkrawattenfabrikantensohn mit einer absurden Idee auf unkonventionelle Weise zum größten Erfolg seines Lebens - freilich läuft das nicht ohne Kollateralschäden ab. Gruselige Gerüchte treiben zwei Internatsschüler auf den einsamen Turm hinauf. Tatsächlich finden sie dort ein eingelegtes Herz, das ganz und gar nicht tot ist und so einiges im Leben der Buben ändert. Stefan Slupetzky ist wie gewohnt scharfzüngig und scharfsinnig, seine Geschichten verführen zum Lachen und verursachen Gänsehaut.

Stefan Slupetzky, Schriftsteller, Musiker und Zeichner, wurde 1962 in Wien geboren. Zwischen 1994 und 2000 schrieb und illustrierte er mehr als ein Dutzend Kinder- und Jugendbücher, für die er zahlreiche Preise erhielt. Seither verfasst er Romane, Kurzgeschichten, Theaterstücke und Liedtexte. Im Picus Verlag erschienen seine Erzählbände 'Absurdes Glück' und 'Halsknacker', das Kinderbuch 'Pauls Reise' (2013), die Lesereise Mauritius (2016) sowie der Erzählband 'Atemlos' (2020). Im Herbst 2021 erscheinen seine fiktiven Grabreden 'Nichts als Gutes'. Stefan Slupetzky war für seinen Roman 'Im Netz des Lemming' für den Friedrich-Glauser-Preis 2021 nominiert. www.stefanslupetzky.at

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


ATEMLOS
Zum Beispiel Zähneputzen. Zehn Minuten Zähne putzen, mindestens. Die richtige Menge Zahnpasta, morgens um halb acht, das Fleisch nicht vergessen, es kreisend von außen nach innen massieren, dann das Zwischenraumbürstchen, die Zahnseide, das Ausspülen, das Nachspülen, die Kontrolle. Kontaktlinsen, meinetwegen. Man muss sie vorreinigen, dann sanft zwischen Zeigefinger und Handfläche reiben, sie mit der richtigen Menge des geeigneten Reinigungsmittels abspülen, sie nachspülen, sie kontrollieren. Hände waschen nicht vergessen. Drei Minuten Kontaktlinsen. Dann duschen, selbstverständlich. Mit flüssigem Duschgel aus der Plastikflasche: Seifenstücke, so heißt es, sind eine Brutstätte für Pilze. Also einseifen, abspülen, nachspülen und Haare waschen, mit dem richtigen Shampoo, dem einzigen, das gegen Schuppen hilft, wie man in jahrelangen Selbstversuchen festgestellt hat. Duschen und Haare waschen. Zehn Minuten. Abtrocknen, zuerst das Gesicht, den Kopf, am Ende erst das Hinterteil, wegen der Bakterien. Rasieren erst nach dem Duschen. Die Haut ist dann schon weich und aufgewärmt. Rasieren. Acht Minuten. Aftershave, vielleicht ein wenig Feuchtigkeitscreme, Nägel schneiden, Haare schneiden, auch die in der Nase selbstverständlich. Die Haare und die stumpfe Rasierklinge in den Abfall, das Handtuch in die Wäsche, die Wäsche in die Waschmaschine, die leere Shampooflasche in den Plastikmüll. Ich muss neues besorgen. Der Körper will gewartet werden. Eine halbe Stunde morgens, eine halbe Stunde abends, mindestens. Dann kommt noch der Sport dazu. Squash, Tennis, Badminton, Kniebeugen, Sit-ups, Klimmzüge, Joggen. Mens sana in corpore sano. Vielleicht eine kleine Massage, Anreise vierzig Minuten, Behandlung zwanzig, Rückreise eine Stunde, wegen der Rushhour. Ein Arztbesuch, beim Zahnarzt, beim praktischen Arzt, beim Internisten, beim Orthopäden, beim Augenarzt, beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt, beim Hautarzt, bei dieser neuen Homöopathin, von der alle schwärmen. Man sollte einen Kuraufenthalt beantragen, entspannen. Wobei, zwei Stunden Wellnesspark tun’s auch, zur Not. Der Körper will gewartet werden. Wartung ist das halbe Leben. Warten und Wartung. Warten darauf, dass alles Leben trotz aller Wartung zusammenbricht, weil es zusammenbrechen muss. Warten darauf, dass die Wartung ein Ende hat, weil der Zusammenbruch erfolgt. Wartung ist der Aufschub des Zusammenbruchs. Wartung ist Erwartung, die Erwartung des Zusammenbruchs, die Verlängerung des Wartens, die ständige Beschäftigung damit, das Unausweichliche hinauszuzögern. Wartung ist das Mantra der Todgeweihten. Nicht zu vergessen das Essen. Ausgewogen soll es sein, nährstoff- und vitaminreich. Man muss das berechnen, studieren. Was dem Körper fehlt, das führt man sich mithilfe konzentrierter Präparate zu. Man muss den Beipacktext lesen. Man muss abwägen und dosieren. Man muss die Zeit beachten. Ein gesundes Frühstück ist der beste Start in den Tag. Kleine Zwischenmahlzeiten sind anzuraten. Obst und Gemüse, fettarm, selbstverständlich. Süßes nur in Maßen und am besten ohne Zucker. Fruchtjoghurt, wertvolle Ballaststoffe. Das sollte man sich wert sein. Man muss das Angebot im Supermarkt sondieren. Sich konzentrieren. Beim Essen nicht fernsehen. Was hineingeht, muss auch wieder raus. Feuchtes oder trockenes Klosettpapier, hart oder weich, zwei- oder dreilagig? Man muss sich informieren. Man muss sich entscheiden. Nie von hinten nach vorne wischen, wegen der Bakterien. Man muss sich hinterher die Hände waschen. Man muss seine Kleider, seine Wohnung, sein Haus in Ordnung halten. Man muss Hemden bügeln, Geschirr spülen, den Boden saugen, Staub wischen, das Bettzeug wechseln, Fenster putzen, den Kühlschrank abtauen, die Möbel einlassen, die Scharniere ölen, das Gras mähen, die Pflanzen umtopfen, düngen, gießen. Man muss das Klo putzen, nicht nur, wenn Gäste kommen. Man muss auf die Zeit achten. Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige. Man sollte andere nicht warten lassen. Man muss empathisch sein. Man sollte seinen Kant gelesen haben. Man sollte auch die anderen gelesen haben. Seinen Nietzsche, seinen Hegel, seinen Freud, seinen Sartre, seinen Schiller und Goethe, Molière und Hugo, seinen Hesse, seinen Borchert, seinen Roth, seinen Fried, seinen Dostojewski. Man sollte sie alle, wegen des Geistes, gelesen haben. Man sollte auch seine Zeitungen gelesen haben, um stets auf dem Laufenden zu sein. Man sollte auch fremdsprachige Zeitungen lesen, um Überblick zu bekommen. Man sollte Sprachen lernen, seinen Horizont erweitern. Man sollte weniger fernsehen, nicht nur während des Essens. Man sollte anspruchsvolle Radiosender hören. Man sollte die wichtigsten Maler, Bildhauer und Komponisten kennen. Man sollte in der Geschichte, in der Geografie, in der Astronomie bewandert sein. Man sollte auch der Seele Nahrung geben. Die Seele muss gewartet werden. Der Mensch braucht Liebe. Der Mensch muss Liebe geben. Der Mensch muss wachsen, innerlich. Er braucht ein seelisches Bezugssystem, etwas, woran er sich festhalten kann. Man sollte beten, meditieren, sich auf das Atmen konzentrieren. Man sollte bewusster leben, sich öffnen, Vorurteile abbauen. Man sollte sich einen Besuch beim Psychotherapeuten überlegen. Eine Stunde wöchentlich, zwei mit An- und Rückreise. Man sollte sich das wert sein. Man darf auch das Leid der anderen nicht außer Acht lassen. Man sollte Bittbriefe nicht ungeöffnet wegwerfen. Man sollte spenden, für den Umweltschutz, für die Blinden, für den Tierschutz, für die Gehörlosen, für die Krebshilfe, für die Hungernden, für den Stephansdom, für die Entwicklungshilfe, für die Flüchtlinge, für die Friedensakademie, für die Kriegsopfer. Für welche Kriegsopfer? Man sollte seine Zeitungen gelesen haben. Man sollte auf dem Laufenden sein, auch in technischer Sicht. Seinen Computer, seinen Scanner, seinen Brenner, seinen Drucker sollte man bedienen können. Ein Videorekorder gehört in jeden Haushalt. Elektrische Zahnbürsten sind das Um und Auf der Mundhygiene. Man sollte die Funktionen seines Handys kennen. Die Kurzwahl spart Zeit. Die Menschheit muss zusammenwachsen. Man kann nicht nicht kommunizieren. Man muss die Betriebsanleitungen lesen. Man muss sich auskennen. Man muss die Angebote studieren, um das richtige Produkt auszuwählen. Ein DVD-Player gehört in jeden Haushalt. Man sollte seinen Videorekorder fachgerecht entsorgen. Geräte wollen gewartet werden. Man sollte das Wasser entkalken, das Flusensieb säubern, die Tonköpfe reinigen, die Festplatte defragmentieren. Man sollte seine Akkus alle drei Monate vollständig entleeren. Man sollte Bildschirme mit Antistatiktüchern putzen. Man sollte Batterien, Druckerpatronen, Scheibenwischerblätter rechtzeitig wechseln. Man darf auf den Ölwechsel, auf das Frostschutzmittel, auf das Rostschutzmittel, auf das Service nicht vergessen. Man darf auf den Klubbeitrag, auf die Überprüfungsplakette, auf den Parkschein, auf die Autobahnvignette nicht vergessen. Der Mensch muss sich fortbewegen. Das Auto spart Zeit. Man darf nicht vergessen, die Uhren auf Sommerzeit umzustellen. Man darf nicht vergessen, die Versicherung zu bezahlen. Man muss sich versichern. Falls doch, trotz aller Wartung, etwas passiert. Das beruhigt. Der Mensch braucht Ruhe. Er muss seine Wohnung, sein Auto, seine Gesundheit, sein Alter, sein Leben versichern, wenigstens. Er muss die Versicherung pünktlich bezahlen. Das spart Zeit und Ärger. Der Mensch soll sich nicht ärgern. Er muss auf die Zeit achten. Er muss seine Rechnungen pünktlich bezahlen. Er muss Gas, Strom, Miete, Betriebskosten, Plaketten, Vignetten, Versicherungen, Klubbeiträge, Fernsehgebühren, Arzt und Psychotherapeut pünktlich bezahlen. Man muss Geld verdienen. Das beruhigt. Man muss Geld verdienen und sparen. Man sollte Preisvergleiche anstellen, bevor man etwas kauft. Man sollte der Werbung nicht blind vertrauen. Man sollte ein Fahrtenbuch führen, Quittungen sammeln, um seine Steuern zu verringern. Man sollte immer wissen, welche Ausgaben man von der Steuer absetzen kann. Man muss Rechnungen verlangen und aufbewahren. Man sollte sich im Steuerrecht auskennen. Man sollte alles über Absetz- und Freibeträge, Zuschüsse, Steuerklassen, Einkommensober- und -untergrenzen wissen. Man sollte die gesammelten Belege täglich ablegen, einordnen, sortieren. Man muss seine Papiere in Ordnung halten. Man braucht ein System in seinem Aktenschrank. Man braucht einen Steuerberater. Man sollte die Angebote der Steuerberater gründlich gegeneinander abwägen, bevor man sich für einen entscheidet. Man sollte seine Steuererklärung rechtzeitig abgeben. Man sollte seine Steuern pünktlich bezahlen. Man sollte seinen Steuerberater pünktlich bezahlen. Man sollte die Rechnungen des Steuerberaters aufbewahren, ablegen, einordnen, sortieren. Auch das ist ein Teil der Lebenswartung. Ein Teil der Lebenserwartung. Man muss seinen Trieben Tribut zollen. Man darf seine Triebe nicht verleugnen. Schon wegen der Arterhaltung. Man sollte küssen. Man sollte Sex haben. Sex stärkt das Immunsystem. Mens sana in corpore sano. Man sollte für Sex nicht bezahlen. Man kann Sex nicht von der Steuer absetzen. Man muss sich Sorgen machen: um die Wirtschaft,...


Stefan Slupetzky, Schriftsteller, Musiker und Zeichner, wurde 1962 in Wien geboren. Zwischen 1994 und 2000 schrieb und illustrierte er mehr als ein Dutzend Kinder- und Jugendbücher, für die er zahlreiche Preise erhielt. Seither verfasst er Romane, Kurzgeschichten, Theaterstücke und Liedtexte. Im Picus Verlag erschienen seine Erzählbände "Absurdes Glück" und "Halsknacker", das Kinderbuch "Pauls Reise" (2013), die Lesereise Mauritius (2016) sowie der Erzählband "Atemlos" (2020). Im Herbst 2021 erscheinen seine fiktiven Grabreden "Nichts als Gutes". Stefan Slupetzky war für seinen Roman "Im Netz des Lemming" für den Friedrich-Glauser-Preis 2021 nominiert. www.stefanslupetzky.at



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