E-Book, Deutsch, Band 878, 64 Seiten
Reihe: Jack Slade
Slade Jack Slade 878 - Western
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7325-8075-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Der Höllenengel aus Texas
E-Book, Deutsch, Band 878, 64 Seiten
Reihe: Jack Slade
ISBN: 978-3-7325-8075-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Lou Morris, der Höllenengel aus Texas, ist engelhaft schön - und verdorben. Nachdem sie den Großrancher Iron Ron Tilghman in ihren Bann gezogen und geheiratet hat, reitet sein Vormann Clyde Dumarest nach Mexiko, um die Wahrheit über Lou herauszufinden. Es wird ein Ritt durch tausend Gefahren, und in Arizona spinnt Lou ihre Intrigen und plant ihre höllischen Spiele.
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Ein Mexikaner trat hinten in den Gang. Es war Juan Delmonte, der Broncobuster und Zureiter. Ein schlanker, mittelgroßer Mann, kühn und verwegen, im seinem besten Charroanzug. Er war wie alle anderen in der Kirche waffenlos. Es gehörte sich nicht, ein Gotteshaus mit dem Colt an der Seite zu betreten.
Ron Tilghman, der Bräutigam, fragte: »Was soll das, Juan? Bist du verrückt geworden.«
»Nein, Rancher. Ich will dich vor einem schweren Fehler bewahren. Die du da heiraten willst, ist eine Hure, ein kaltherziges, berechnendes Weib. Sie hat es nur auf dein Geld abgesehen und wird dich betrügen und hintergehen. Sie hat mehr Männer gehabt als du Pferde auf deiner Koppel – oder sogar Rinder. Ich meine es gut mit dir.«
An Tilghmans Stirn schwoll die Zornesader. Er wurde krebsrot im Gesicht. Der Rancher war Ende Vierzig, ein stattlicher, breitschultriger Mann. Er trug einen schwarzen Anzug. Neben ihm stand die Braut, eine Blondine, die aussah wie ein Unschuldsengel. Blauäugig, mit zartem, wunderschönem Gesicht und einer atemberaubenden Figur.
Mit Abstand die schönste Frau weit und breit, zwanzig Jahre jünger als Tilghman.
»Du lügst!«, fauchte der Rancher den Broncobuster an. Er schaute Louella an, seine Braut. Der Priester war mit der Zeremonie fast fertig gewesen. Gleich hatte er beide für Mann und Frau erklären wollen und sollten die Ringe getauscht werden. »Lou, kennst du diesen Mann?«
»Ja.« Gemurmel erhob sich in der Kirche. »Er lügt. Er verleumdet mich, bewirft mich an einem Hochzeitstag mit Schmutz, weil ich ihn habe abblitzen lassen. Er näherte sich mir, machte mir einen schmutzigen Antrag. Ich wollte es dir nicht sagen, Darling, denn ich weiß, wie zornig du werden kannst.«
»Allerdings. Juan, ich fordere Genugtuung von dir. Sobald die Trauung beendet ist, sollst du dich mir draußen stellen – mit dem Revolver. Was du gesagt hast ist eine tödliche Beleidigung für die Frau, die ich liebe, und für mich. Du blamierst mich vor der ganzen Stadt. – Warte draußen auf mich, oder schnapp dir ein Pferd und reite, so weit wie du kannst, und kehre nie wieder zurück.«
»Ich spreche die Wahrheit«, sagte der Mexikaner trotzig. »Frag sie nach ihrer Vergangenheit. Und von wegen ich hätte ihr einen Antrag gemacht. Sie ging mir an die Hose und konnte es nicht abwarten, bis sie meinen Pint in ihrer Spalte hatte. Das geschah nach dem Rodeo vor ein paar Wochen.«
Wieder wurde in der Kirche gemurmelt. Kommentare wie »Unerhört« und »Ein Unding« fielen.
»Heirate sie nicht!«, meldete sich abermals der Mexikaner.
Hilfesuchend schaute der Rancher den Priester an. Der zuckte die Achseln und meinte, es würde ein Einspruch vorliegen. Ob dieser allerdings stichhaltig wäre, wisse man nicht. Überhaupt sei ihm ein solcher Fall in seiner langjährigen Praxis als methodistischer Priester nie vorgekommen.
»Auch«, sagte er, »gelten als Gründe für einen Einspruch, wenn ein naher Verwandtschaftsgrad der Heiratswilligen vorliegt, der eine Ehe verbietet. – Seid ihr miteinander verwandt?«
»Nein, zum Teufel.«
In der Kirche herrschte Unruhe. Juan Delmonte hatte die Hochzeitsmesse empfindlich gestört. Die Männer und Frauen in Festtagskleidung unterhielten sich aufgeregt. Der Organist, der die Zeremonie mit leisen Tönen untermalt hatte, spielte nicht mehr. Missbilligend schaute er von der Empore herunter.
»Auch, wenn einer der beiden Partner bereits verheiratet ist …«, fuhr der backenbärtige, mild dreinblickende Priester in seinem Talar mit der Stola über den Schultern fort.
Tilghman, ohnehin nicht für seine Geduld bekannt, unterbrach ihn.
»Ich bin verwitwet, Pfaffe, und Lou ist ledig und unbescholten!«
»Ha!«, lachte der Broncobuster bei dem Letzteren höhnisch. »Sie hat mehr Männer gevögelt als sämtliche Ranchmannschaften in Arizona zusammen.«
In der Kirche erschallten empörte Rufe.
»Was für eine Ausdrucksweise in einem Gotteshaus!«, riefen welche. »Eine Schande ist das! Ein Eklat!«
»Werft den Mex raus.«
Delmonte zog ein Messer und drohte damit in die Runde.
»Wagt nicht, mich anzufassen!«
Ein Trauzeuge war der Vormann von Tilghmans Lazy T Ranch. Der andere der Mayor von Tucson. Dieser stand fassungslos und wischte sich, es war heiß in der Kirche und es roch stark nach Weihrauch, mit einem Tuch die Stirn. Er rang nach Luft.
»Unerhört!«, stammelte er. »Ein Skandal.«
»Ich erwürge den Kerl!«, schrie Ron Tilghman. »Ich dreh ihm den Hals um und stopfe ihm sein Schandmaul!«
Er traf Anstalten, auf Delmonte loszugehen. Clyde Dumarest, sein Vormann, hielt ihn zurück. Dumarest war 28, hochgewachsen, mit schulterlangen dunkelblonden Locken und einem Bärtchen. Er wirkte wie eine Frohnatur und ein Draufgänger nach dem Motto: Was kostet die Welt? Er war aber ein erstklassiger Cowboy und ein tüchtiger Vormann.
In seinem Job machte ihm keiner was vor. Von Rindern und Pferden verstand er eine Menge. Von Frauen, genau wie sein Rancher, nicht gerade so viel. Männer konnte er beurteilen.
Jedenfalls auf ihre Tüchtigkeit bei der Arbeit und meist noch auf ihren Charakter hin.
Dumarest hielt den wütenden Rancher zurück, vom Altar aus auf den Störenfried loszugehen.
»Das ist dein Hochzeitstag, Rancher. Da solltest du nicht gewalttätig werden. Der Kerl hat ein Messer.«
»Das nehme ich ihm ab und stopfe es ihm in sein Schandmaul. Ich breche ihm die Knochen. Ich werfe ihn hinaus.«
»Lass mich das regeln«, verlangte Dumarest. »Es ist in deinem Interesse. Wie sieht denn das aus? An deinem Hochzeitstag, vor dem Altar willst du dich prügeln?«
»Ich bringe ihn um! Diese Sau!«
»Beruhige dich, Rancher.«
Dumarest hielt seinen Rancher an einem Arm zurück, die schöne Lou am anderen.
»Die nahe Blutsverwandtschaft, die eine Ehe verbietet, bezieht sich auch auf uneheliche Kinder«, sagte der Priester.
»Was?«, fragte Tilghman konsterniert. »Was?«
»Auf Bastarde«, erklärte ihm der Priester. »Wenn der Vater des Bräutigams zum Beispiel uneheliche Kinder gezeugt hat. Oder jener Braut. Diese nichts voneinander wissen, und das kommt zutage, dann darf keine Ehe geschlossen werden, oder wenn eine geschlossen wurde, wird sie für ungültig erklärt. Bei Kindern der Mutter aus einer früheren Ehe oder einem Verhältnis verhält es sich ebenso. Allerdings müssen klare Beweise vorliegen, zum Beispiel aufgrund einer eidesstattlichen Versicherung von Personen, die es genau wissen und das beschwören können.«
»Erzähle mir nicht das Kirchen- und Familienrecht, Pfaffe!« wütete Tilghman. »Da setzt man kaum jemals, nur alle Jubeljahre, einen Fuß in die Kirche. Und dann, wenn man die Kirche mal braucht, gibt es so ein Durcheinander. – Fahr mit der Trauung fort!«
»Nein!« Lou Morris schluchzte. Die Tränen liefen ihr aus den unschuldsvoll blickenden blauen Augen und rannen über das schöne Gesicht. Lou war im weißen Brautkleid, mit Schleier und Schleppe. Sie hatte einen Myrtenkranz im Haar und hielt ihren Brautstrauß in der Hand. »Unter den Umständen kann ich dich nicht heiraten, Ron. Nicht, wenn ein solcher Verdacht gegen mich besteht.«
»Es besteht keiner. Das ist völlig absurd. Ich liebe dich, Lou. Ich will dich heiraten. Du bist die Frau meines Lebens.«
Der Rancher wendete sich an den Priester. In der Kirche ging es drunter und drüber. Juan Delmonte, die Klinge in der Faust, stand unangefochten im Mittelgang. Er war ein gefährlicher Mann, mit dem nicht zu spaßen war. Das wussten alle.
»Quatsch hier nicht rum von Bastarden und untergeschobenen Kindern und was weiß ich noch was!«, fuhr Tilghman den Priester an. Der war völlig durcheinander, geschockt. »Das trifft hier alles nicht zu. Lou kommt aus Kansas. Wir sind nie und nimmer verwandt. – Du sollst uns verheiraten! Pronto, sofort!«
»Tu es nicht, Rancher!«, rief Delmonte und fuchtelte mit dem Messer.
Clyde Dumarest trat auf ihn zu.
»Das reicht jetzt. Ich übernehme das. Nimm dir einen anderen Trauzeugen, Ron.«
Während er auf Delmonte zuschritt winkte der Rancher einem Mann in der ersten Reihe der Hochzeitsmessebesucher.
»Du da, ja, du. Flint Herlock. Komm her. Du sollst mein Trauzeuge sein.«
»Ja, a-a-aber, darauf bin ich nicht vorbereitet.«
Der Rancher verdrehte die Augen in seinem kantigen Gesicht mit dem angegrauten Schnauzbart.
»Du wirst doch wohl noch dabeistehen und nicken können. Du bist doch mein Freund, oder?«
Herlock, ein Storebesitzer, war eher geschäftlich auf Tilghman und den Umsatz, den er ihm mit seiner Mannschaft und Ranch brachte angewiesen als mit ihm befreundet. Verfeindet war er mit ihm auch nicht. Er konnte schlecht Nein sagen.
»Es ist mir eine hohe Ehre, Ron«, sagte er und trat vor.
Während Dumarest den aufmüpfigen Mexikaner erreichte weigerte sich die schöne Lou immer noch, die Trauungszeremonie fortzusetzen und Ja zu sagen.
»Ich kann das nicht, Ron. Was sollen die Leute denken? Ich bin eine unbescholtene, keusche Frau. Die Szene ist ganz entsetzlich für mich. Vor der ganzen Stadt werde ich bloßgestellt. Völlig zu Unrecht. – Nein, ich kann das nicht.«
Tilghman fasste sie an der Hand.
»Lou, ich bitte dich. Reiß dich zusammen. Gib ihm nicht noch Wasser auf seine Mühle. Wenn du jetzt einen Rückzieher machst, säst du Zweifel an deiner Redlichkeit. Ich liebe dich, ich vertraue dir. Ich weiß, dass der Hund lügt. – Wer...




