- Neu
E-Book, Deutsch, 144 Seiten
Sita Gott spricht: Siehe, ich mache alles neu
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-417-27132-4
Verlag: R. Brockhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Buch zur Jahreslosung 2026
E-Book, Deutsch, 144 Seiten
ISBN: 978-3-417-27132-4
Verlag: R. Brockhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Fabienne Sita (Jg. 1986) ist in der Schweiz geboren und aufgewachsen. Nach ihrem Bachelorabschluss in Fotodesign an der Hochschule München arbeitete sie einige Jahre als Art Director im 'ICF München'. Erst durch eine persönliche Krise fand sie den Weg zum Schreiben. Seitdem liebt sie es, Worte in lebendige Bildwelten zu verwandeln und Designs mit Sinn und Schönheit zu füllen. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in der Schweiz und ist als freischaffende Autorin, Grafikerin und Fotografin tätig.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Wenn Gott schweigt
Alles nur ein Märchen?
Meine Kinder bringen hin und wieder ein Freundschaftsbuch zum Ausfüllen nach Hause. Eine beliebte Frage darin lautet: »Was ist dein Lieblingsfilm oder deine Lieblingsserie?« Während ich über meine Antwort für ihr Freundschaftsbuch nachdachte, fiel mir eine Gemeinsamkeit bei meinen Favoriten auf. In jeder Geschichte vollzieht sich eine tiefgreifende Wandlung hin zum Schönen und Guten. Das Biest wird zum liebenden Prinzen, eine unscheinbare Sängerin zum weltberühmten Star, eine verfallene Hütte zum Traumhaus– die Liste berührender oder beeindruckenden Verwandlungen ließe sich unendlich fortführen.
Ich liebe diese Momente, in denen die Verwandlung förmlich greifbar wird und das Grande Finale seinen Höhepunkt erreicht. Mag sein, dass solche Szenen oft kitschig, unrealistisch oder wie ein Märchen wirken, doch sie wecken in mir eine tiefe Sehnsucht nach dem Guten, Schönen und Vollkommenen. Sie nähren die Hoffnung, dass am Ende tatsächlich alles gut wird– dass es nicht nur im Film, sondern auch im echten Leben ein Happy End geben kann.
Doch im Alltag erleben wir leider immer wieder, dass dieses Happy End ausbleibt. Das Gute und Schöne siegen nicht immer. In meinem Leben gab es jedenfalls diese Momente, in denen die märchenhafte Wendung ausblieb.
Ein Wort
Es begann alles mit einem einzigen Wort. Nur ein Wort hatte von jetzt auf gleich das Zepter meines Lebens übernommen, meine Kindheit bestimmt und den Lauf meiner Geschichte verändert. Ich hatte schon als kleines Kind von diesem Wort gehört und wahrgenommen, dass es sich hier nicht immer um ein Tier handeln konnte– es sei denn, es wäre das gefährlichste Tier der Welt. Ich konnte mir jedoch lange nicht vorstellen, dass sich hinter einem einzigen Wort so viel Zerstörungskraft verbarg. Doch da war es. Ein Wort.
KREBS.
Er hat Krebs. Sie hat Krebs.
Er– mein Vater. Ich war ein Kind, als er die Diagnose bekam, und eine Teenagerin, als er starb. Dann, viele Jahre später, sie– meine Schwägerin. Es war wie ein schlechtes Déjà-vu, eine beinahe absurde Wiederholung der Geschichte. Als würde ich von außen zuschauen und auf die große Wende warten, die den Weg, die Schmerzen und das Leid rechtfertigen würden. Ein düsteres Märchen, das wie die disharmonischen Klänge einer extravaganten Symphonie auf seinen Wendepunkt wartet– den Moment, in dem all der Schmerz sich schließlich im großen Finale– in Gottes Wunder und einem strahlenden Happy End– auflösen würde. Nur ein Wunder würde den Kreis beider Dramen schließen und ins Gute und Göttliche wandeln können. Oder?
Nur wenige Monate vor der Krebsdiagnose meiner Schwägerin schloss ich mein Fotodesign-Studium erfolgreich ab, heiratete die Liebe meines Lebens, und gemeinsam zogen wir für das Auslandssemester meines Mannes nach Australien. Alles wirkte wie im Märchen. Doch noch während wir im Flieger saßen, holten mich eine tiefe Traurigkeit und Schwere ein, die ich allzu gut, aber noch nicht in dieser Intensität kannte. So landeten wir am anderen Ende der Welt– für die meisten ein Traum, der in Erfüllung geht, für mich der Start einer Depression. Es war, als kämpfte ich gegen einen unsichtbaren Gegner, der alle meine Triggerpunkte kannte und sie nach und nach traf.
Der Traum begann bereits zu bröckeln, als auf jede Jobbewerbung eine Absage eintraf, gefolgt von vertrauten Stimmen in mir, die flüsterten: »Siehst du! Mach doch etwas Vernünftiges!« Ich versuchte, das Leben im vermeintlichen Paradies zu genießen, doch das Geld schwand, die Suche nach einer sinnvollen Beschäftigung blieb erfolglos und das Gefühl des Versagens wuchs. Einsamkeit und eine bittersüße Melancholie legten sich wie ein bleierner Schleier über mich, während zugleich körperliche Beschwerden tief verborgene Ängste in mir weckten. Mitten in dieses zerbrechliche Gefüge traf gnadenlos das Wort, das ich so lange verdrängt hatte: Krebs. Sie hat Krebs.
Wir packten unsere Koffer und flogen zurück, in der Hoffnung, dass alles nur ein böser Traum wäre. Doch die Traurigkeit, Angst und Schwere folgten mir wie ein schwarzer Schatten im Handgepäck.
Da saß ich in einem gewöhnlichen Gottesdienst. Meine Schwägerin sang ihr neuestes Worship-Lied »Legacy« und ich konnte meine Tränen beim besten Willen nicht zurückhalten. Verzweifelt schrie ich innerlich zu Gott. An Gott zu glauben, musste doch mehr für uns bereithalten als nur den Eintritt in den Himmel.
Plötzlich tauchten vor meinem inneren Auge die Worte »30 Tage im Thronsaal« auf, begleitet von Fragmenten aus Szenen und bildhaften Geschichten. Ich spürte, dass diese Bilder über meine eigene Fantasie hinausgingen. Es schien eine Einladung von Gott zu sein, ihn besser kennenzulernen– über 30 Tage hinweg, im Thronsaal– seinem Zuhause. Ausgerechnet Bilder– mein tägliches Brot, mein Beruf und meine Leidenschaft– wurden zu einem Weg, wie Gott mir ganz nah begegnete. 30 Tage lang setzte ich mich hin und schrieb auf, was sich vor meinem inneren Auge abspielte. Die Szenen ließen mich Gott mit neuen Augen sehen und schenkten mir viele Erkenntnisse. Ich bewahrte alles wie einen kostbaren Schatz in meinem Herz.
Erst einige Jahre später veröffentlichte ich diese ungewöhnlichen Begegnungen mit Gott in meinem ersten Buch »Die Treppe«. Doch ausgerechnet wenige Tage nach der Buchfeier lag ich in der 28. Schwangerschaftswoche mit Angst um das Leben meiner Tochter im Krankenhaus. Einige Wochen später, jedoch immer noch viel zu früh, fand ich mich mit unserer neugeborenen Tochter auf der Intensivstation wieder. Intensiv war nicht nur die Zeit im Krankenhaus, sondern schien zunehmend die Überschrift meines Lebens zu werden. Freundschaften wurden auf ein Minimum reduziert, qualitative Stunden als Ehepaar waren eine Rarität und Zeit für mich allein schien eine Fata Morgana statt einer realen Oase zu sein. Ich kam an meine Grenzen, bewegte mich ständig außerhalb meiner Komfortzone und fühlte mich regelrecht überrollt vom Leben.
Nach ein paar Jahren beruhigte sich das Leben ein wenig, und ich hatte mich mit meinen Umständen arrangiert. Meine Schwägerin hatte ihre Operation und Chemotherapie überstanden und ich war erneut schwanger. Alles schien auf Neuanfang ausgerichtet zu sein. Ich hatte jedoch nicht erwartet, dass nach einer weiteren Frühgeburt wieder »intensiv« vor der Station stehen würde, und schon gar nicht, dass die Intensität des Sturms so zunehmen könnte, dass er alles mit sich reißen und zerbrechen würde, was nicht fest verankert war. Sprich: alles.
Ende ohne Happy End
Der Krebs kam zurück. Die Lage spitzte sich zu. Die Hoffnung schwand. Wir wussten, dass jederzeit die eine Nachricht kommen könnte, die die tickende Zeitbombe entschärfen oder explodieren lassen würde. Obwohl ich mich genau an den Moment als Teenagerin erinnern konnte, der auf unheilsame Art eine neue Ära einläutete, so hielt ich mich diesmal voller Glauben an den Bildern, Verheißungen und Zusagen fest, dass Gott ein Wunder tun würde. Ich glaubte an einen Gott, dem alles möglich ist– sogar Tote lebendig zu machen. Ich glaubte an das eine große Wunder. Das Happy End.
Zwischen belanglosen Nachrichten kam die eine. Ich fühlte ich mich wie gelähmt. Konnte kaum noch atmen. Alles um mich herum schien auf eine unheilvolle, furchtbare Weise stillzustehen. Es waren nur wenige Worte. Doch sie waren, wie kaum etwas anderes, unwiderruflich und endgültig.
Ich war am Ende meiner Gebete. Am Ende meines Glaubens. Am Ende.
Ich hatte geglaubt, gehofft, auf Knien gebetet und gerungen um dieses Wunder. Doch nun stand ich vor einem Ende– ohne Happy End.
Das Umfeld versuchte mit gut gemeinten Ratschlägen oder Bibelversen zu erklären und zu rechtfertigen, was gerade passiert war. Doch für mich schien Gott sich in Luft aufgelöst zu haben– oder sich in der Unendlichkeit zu verstecken. Die Erde drehte sich weiter, als wäre nichts geschehen, aber in mir war ein Licht erloschen. Hoffnung. Glaube. Gott.
Was tun wir, wenn alles darauf basiert, dass Gott eingreift– ein Wunder tut, einen geliebten Menschen heilt– und genau das nicht geschieht? Was, wenn der Glaube zerbricht, der das Fundament von allem war? Was, wenn Gott schweigt, wenn es am meisten darauf ankommt? Ich fand keine Antwort. Die möglichen Erklärungen schmerzten mich nur noch mehr. Zu wenig geglaubt. Zu wenig vertraut. Und am schmerzhaftesten– das Gefühl, nicht genug geliebt zu sein.
Neben meinem inneren Schmerz nahmen auch die körperlichen Beschwerden in rasantem Tempo zu. Regelmäßig suchte ich unterschiedliche Ärzte und Therapeuten auf, unter anderem wegen Atemnot, Herzrasen, Schmerzen in der Brust, Durchfall, Bauchschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen, Panikattacken, Depression und Ängsten. Ich bekam Tipps, Tabletten und neue Termine, doch darüber hinaus änderte sich kaum etwas. Nach den Konsultationen war ich für kurze Zeit beruhigt und verspürte ein flüchtiges Gefühl von Sicherheit, doch sobald ein neues Symptom oder ein altes stärker aufflammte, kamen die Sorgen zurück. Meine Angst vor Krankheiten– vor allem vor Krebs– machte mich hypersensibel für jede noch so kleine Veränderung und jede Regung meines Körpers. Nicht nur bei mir, sondern auch über meiner Familie kreiste ich wie ein Helikopter– aus Angst, etwas...