Sinn | Trump, Putin und die Vereinigten Staaten von Europa | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 112 Seiten

Sinn Trump, Putin und die Vereinigten Staaten von Europa

Ein Essay
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-451-83928-3
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Essay

E-Book, Deutsch, 112 Seiten

ISBN: 978-3-451-83928-3
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In seinem neuen Buch analysiert der renommierte Ökonom und Bestseller-Autor Hans-Werner Sinn die tektonischen Verschiebungen der Weltordnung. Er beleuchtet die Machtpolitik von Donald Trump und Wladimir Putin, stellt deren Einfluss auf Europa in den Kontext globaler Interessen und entwickelt eine pointierte Vision für die Schaffung eines europäischen Bundes. Die Ereignisse der letzten Monate und Jahre machen unmissverständlich klar, dass Europa sein Schicksal auch sicherheitspolitisch selbst in die Hand nehmen muss. Es braucht einen wirksamen militärischen Schutz vor einem expansionistischen Russland und einen ebenso wirksamen politischen Schutz vor einer wankelmütigen USA. Für Hans-Werner Sinn schlägt daher die Stunde Europas. Es muss die einst verpasste Chance, zu einer politischen Union zu werden, jetzt zügig ergreifen, und sich zu einem starken, geeinten Europa entwickeln mit einem echten Parlament und einer gemeinsamen, demokratisch gewählten Regierung, die über eigene Streitkräfte verfügt und sich innerhalb der NATO ähnlich wie die USA positionieren kann. Der Autor schlägt dazu die Gründung eines europäischen Bundes vor, der nicht Teil der EU ist und auch Länder, wie Großbritannien und Norwegen umfassen kann. Wie Deutschland in den 1990er Jahren seine D-Mark unter dem Namen Euro sozialisierte und es zuließ, dass die EZB einen fiskalischen Schutzschirm für die schwächeren Mitglieder der Währungsunion aufspannte, muss jetzt Frankreich seine Streitkräfte europäisieren und zulassen, dass seine nukleare Abschreckungskapazität Europa zugutekommt. Dabei tut Eile not. Nur die politische Union wird potenzielle Aggressoren und eigennützig agierende NATO-Verbündete wirklich beeindrucken und bewegen, einer Friedensordnung unter gleichwertigen Partnern zuzustimmen. Mit gewohnt klarer Sprache zeigt Hans-Werner Sinn, welche historische Chance die gegenwärtige Polykrise bietet. Ein Buch für alle, die hinter Schlagzeilen blicken und globale Entwicklungen verstehen wollen.

Hans-Werner Sinn, geb. 1948, war bis zu seiner Emeritierung 2016, Professor für Volkswirtschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, Präsident des ifo Instituts und Direktor des Center for Economic Studies (CES). Er hatte zahlreiche Gastprofessuren im Ausland inne (u.a. Bergen, Stanford, Princeton, Jerusalem). Seit 1989 ist er Honorarprofessor der Universität Wien sowie seit 2016 ständiger Gastprofessor an der Universität Luzern. Sinn war Präsident des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler (IIPF) und Vorsitzender des Verbandes der deutschsprachigen Ökonomen (VfS). Durch seine wirtschaftspolitischen Sachbücher, viele davon Bestseller, und seine pointierten Auftritte in den Medien ist er einer breiten Öffentlichkeit bekannt.
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1. Europe alone:
Das Ende der Sicherheitsillusion


Krieg in Europa • Das Selenskyj-Debakel • Das Ende des unbedingten Beistandsversprechens • Die Stärke der NATO • Deutschland ist heute nur begrenzt verteidigungsfähig • Wo die Bundeswehr blank ist: Die Drohnenwaffe • Ohne die USA geht es nicht

Krieg in Europa


In Europa begann am 27. Februar 2014 ein neuer Krieg, den viele für unmöglich gehalten hatten. »Grüne Männchen«, russisches Militär in Uniformen ohne Abzeichen, drangen auf die Krim ein. Ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen, eroberten sie die Flughäfen, verschiedene militärische Stützpunkte der Ukraine und das Regionalparlament. Russland gab später zu, dass reguläre russische Truppen eingesetzt worden waren. Ein Scheinreferendum ging erwartungsgemäß für Russland aus. Bereits am 18. März 2014 verkündigte die russische Führung die Annexion der Krim. Es folgten Waffenstillstandsabkommen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk, die aber nur eine Beruhigung von ein paar Jahren brachten und Russland die Möglichkeit gaben, seine Streitmacht zu formieren.

Acht Jahre nach der Krim-Annexion, am 24. Februar 2022, griff Russland dann auf breiter Front die restliche Ukraine an. Die Truppen stießen in großer Geschwindigkeit in Richtung der viel weiter im Nordwesten gelegenen Hauptstadt Kiew vor, und es schien zu einem Blitzkrieg zu kommen, der bald auch die ganze Ukraine in Russlands Hände fallen lassen würde.

Doch gelang es der Ukraine, ihre Streitkräfte in Stellung zu bringen und die russischen Truppen wieder zurückzuschlagen. Es folgten neue russische Offensiven und ukrainische Gegenoffensiven, bis hin zur Eroberung russischer Gebiete bei Kursk, die einen immer heftiger verlaufenden Krieg bedeuteten. Russland war es inzwischen gelungen, die ukrainischen Industriegebiete des Donbass im Osten des Landes im Bereich des Flusses Donez und eine Reihe von wichtigen Städten wie Mariupol, Lyssytschansk und Bachmut zu erobern. Bis zum Sommer 2025 hatte Russland etwa 15 Prozent der Fläche der restlichen Ukraine außer der Krim unter Kontrolle. Gleichzeitig war es dazu übergegangen, einen von Ferne gesteuerten Drohnenkrieg gegen die Ukraine zu entfachen, der die Hauptstadt Kiew und andere Städte unter massiven Beschuss nahm. Sogar in Lemberg (Lwiw) ganz im Westen in der Nähe der polnischen Grenze gab es Tote.

Der Krieg hatte bis zum Mai 2025 auf ukrainischer Seite 60.000 bis 100.000 und auf russischer Seite ca. 250.000 bis 300.000 Soldaten das Leben gekostet.1 Zusätzlich kamen nach Angaben des UN-Hochkommissars für Menschenrechte Volker Türk bis zum Juli 2025 ca. 50.000 ukrainische Zivilisten, darunter über 700 Kinder, ums Leben.2

Im August 2025 trafen in Anchorage in Alaska die Präsidenten Trump und Putin zu ersten Friedensverhandlungen zusammen. Trump hatte Putin den roten Teppich ausgerollt und begrüßte ihn demonstrativ herzlich. Doch konnte er noch nicht einmal einen Waffenstillstand erreichen. Der Drohnenkrieg tobt unvermindert weiter. Mit Spannung und Bangen wartet die Welt auf weitere Ergebnisse.

Das Selenskyj-Debakel


Der Ukrainekrieg ist ein Testfall für das NATO-Bündnis. Obwohl die NATO selbst nicht angegriffen wurde, offenbart der Krieg ein großes Maß an Uneinigkeit im Westen, das das NATO-Bündnis gefährdet. Die NATO hatte sich unter der Führung der USA bislang eindeutig zur Ukraine bekannt und das Land mit erheblichen Waffenlieferungen unterstützt. Doch mit dem Amtsantritt von Donald Trump als 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten am 20. Januar 2025 änderten sich die Machtverhältnisse und damit auch die Ukrainepolitik der USA auf geradezu dramatische Weise. Seine »MAGA-Bewegung«, also der Versuch, Amerika wieder groß zu machen (»Make America Great Again«), hat die Welt und die NATO erschüttert.

Das entscheidende Ereignis, das die Zweifel der Bündnispartner weckte, fand am 28. Februar 2025 statt. Vor laufenden Fernsehkameras beschuldigte Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, den Dritten Weltkrieg zu provozieren, wenn er nicht einen Vertrag unterschreibe, der vorsah, die Hälfte der Bodenschätze der Ukraine als Schutzgeld an die USA zu übertragen. Ihm liege besonders an den seltenen Erden, von denen die USA nicht genug hätten, erklärte Trump. Ohne Selenskyjs Unterschrift werde die USA die Hilfen für die Ukraine einstellen, drohte er. Selenskyj verweigerte die Unterschrift trotzdem. Es entstand daraufhin ein unwürdiger Streit, an dem sich auch Trumps Stellvertreter J. D. Vance beteiligte. Trump und Vance legten dabei ein Gehabe an den Tag, wie man es sonst nur aus Mafiafilmen kannte. Das Treffen wurde abgebrochen, und Selenskyj, der auf die Unterstützung der NATO gehofft hatte, fuhr unverrichteter Dinge nach Hause.

Das Entsetzen der anderen NATO-Mitglieder über dieses Ereignis war groß, denn Trump hatte mit seiner Erpressung und seinem harschen und gebieterischen Auftreten nun endgültig den Konsens in der Russlandpolitik der NATO aufgekündigt, die bislang eine unbedingte, wenn auch nur begrenzte Unterstützung der Ukraine vorgesehen und der Ukraine zudem in mehreren formellen Beschlüssen seit 2008 eine Beitrittsperspektive eröffnet hatte. Im Jahr 2023 war zur Konkretisierung dieser Perspektive sogar ein NATO-Ukraine-Rat gegründet worden.

Gegenüber der Ukraine gab es kein völkerrechtlich verbindliches Beistandsversprechen. Dennoch hatten die USA die Europäer im Rahmen der NATO jahrelang auf die Verteidigung der Ukraine eingeschworen. Dort werde die westliche Freiheit verteidigt, und man müsse Russland unter allen Umständen daran hindern, nach Westen vorzurücken. So die einmütige Anweisung aus Washington.

Wie er selbst darüber dachte, hatte Trump allerdings schon vorher nicht verheimlicht. Am 12. Februar 2025 äußerte er nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters, dass er den NATO-Beitritt der Ukraine für »nicht praktikabel« halte,3 und am 26. Februar, zwei Tage vor dem Selenskyj-Debakel, meinte er bei einer Kabinettssitzung, zu der auch Journalisten zugelassen waren, dass die NATO-Perspektive, die der Ukraine eröffnet worden war, der »wahrscheinliche Grund« für den Krieg gewesen sei. Die Ukraine könne »die NATO vergessen«.4

Die Kapitalmärkte reagierten hektisch auf den öffentlichen Streit. Unmittelbar nach der Ausstrahlung des Ereignisses stürzte der Dollar ab und begab sich hernach auf eine lang währende Talfahrt. Bislang hatten internationale Krisensituationen stets dazu geführt, dass das Fluchtgeld in den Dollar drängte. Diesmal war es umgekehrt. Auf einmal galten die USA als unsicherer Kantonist, und Europa, speziell Deutschland, wurde die Fluchtburg. Das verwundert umso mehr, als die deutsche Volkswirtschaft seit 2018 ähnlich stark angeschlagen ist wie zur Zeit der Schröder’schen Reformen.

Die Unruhe auf den Kapitalmärkten wurde einen Monat später, Anfang April, durch die erratische Zollpolitik der USA weiter verstärkt, über die in den Kapiteln 3 und 4 noch zu sprechen sein wird. Dass die Ankündigung von Zöllen am 4. April, den Trump »Liberation Day«, also »Tag der Befreiung«, nannte, den Dollarkurs an den Devisenmärkten ein zweites Mal einbrechen ließ, ist verwunderlich, denn eigentlich hätten die Zölle zu einer Aufwertung führen müssen, weil sie die US-Nachfrage nach ausländischen Waren und damit das Angebot an Dollars auf dem Devisenmarkt senkte. Doch die öffentliche Diskreditierung Selenskyjs hatte bereits eine Kapitalflucht aufgrund einer allgemeinen Verunsicherung bewirkt, die jetzt noch verstärkt wurde und zu einer Erhöhung des Dollarangebots auf den Devisenmärkten führte, die viel bedeutender war als die Verminderung dieses Angebots aufgrund der Handelsströme.

Das politische Durcheinander, das Trump erzeugte, führte nicht nur zum Dollarabsturz, sondern irritierte auch die Börsen. Die Zollpolitik erzeugte temporär noch stärkere Einbrüche bei den Kursen der amerikanischen Aktien als der Streit mit Selenskyj. Diese Einbrüche wurden in den Folgemonaten wieder wettgemacht, während die Dollarabwertung sich fortsetzte und offenbar hartnäckiger ist.

Aus der Sicht der anderen NATO-Mitgliedstaaten und der EU war die Nachkriegsordnung, während derer Westeuropa unter dem Schutze der USA stand, ins Wanken geraten. Dazu äußerten sich viele führende Politiker, die noch im Amt waren, diplomatisch-kritisch. Andere wurden deutlicher. Der ehemalige französische Präsident François Hollande meinte sogleich, Trump könne man nicht mehr als Alliierten ansehen.5 Der amtierende brasilianische Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva (»Lula«) sagte: »I have never seen a scene as grotesque and disrespectful as the one that took place in the Oval Office«,6 also: »Ich habe niemals eine Szene gesehen, die so grotesk und respektlos war wie jene, die im Oval Office stattfand.« Und der amtierende Premierminister Frankreichs, François Bayrou, bezeichnete im französischen Parlament Trumps Verhalten als »sidérante, marquée de brutalité et de volonté d’humiliation«7, also »erschütternd, geprägt von Brutalität und dem Willen zur Demütigung«.

Auch aufgrund vieler freundlicher und verständnisvoller Aussagen Trumps über Putin herrschte die Befürchtung vor, dass Trump seinem russischen Amtskollegen die Ukraine auf dem Tablett servieren wollte, um mit ihm einen viel größeren Deal zu machen, bei dem es darum gehen würde, sich den Rücken...


Sinn, Hans-Werner
Hans-Werner Sinn, geb. 1948, war bis zu seiner Emeritierung 2016, Professor für Volkswirtschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, Präsident des ifo Instituts und Direktor des Center for Economic Studies (CES). Er hatte zahlreiche Gastprofessuren im Ausland inne (u.a. Bergen, Stanford, Princeton, Jerusalem). Seit 1989 ist er Honorarprofessor der Universität Wien sowie seit 2016 ständiger Gastprofessor an der Universität Luzern. Sinn war Präsident des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler (IIPF) und Vorsitzender des Verbandes der deutschsprachigen Ökonomen (VfS). Durch seine wirtschaftspolitischen Sachbücher, viele davon Bestseller, und seine pointierten Auftritte in den Medien ist er einer breiten Öffentlichkeit bekannt.

Hans-Werner Sinn, geb. 1948, war bis zu seiner Emeritierung 2016, Professor für Volkswirtschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, Präsident des ifo Instituts und Direktor des Center for Economic Studies (CES). Er hatte zahlreiche Gastprofessuren im Ausland inne (u.a. Bergen, Stanford, Princeton, Jerusalem). Seit 1989 ist er Honorarprofessor der Universität Wien sowie seit 2016 ständiger Gastprofessor an der Universität Luzern. Sinn war Präsident des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler (IIPF) und Vorsitzender des Verbandes der deutschsprachigen Ökonomen (VfS). Durch seine wirtschaftspolitischen Sachbücher, viele davon Bestseller, und seine pointierten Auftritte in den Medien ist er einer breiten Öffentlichkeit bekannt.



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