Simon | Aufstand in Berlin | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 491 Seiten

Simon Aufstand in Berlin

Roman
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-86282-667-4
Verlag: Acabus Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Roman

E-Book, Deutsch, 491 Seiten

ISBN: 978-3-86282-667-4
Verlag: Acabus Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Aufstand in Berlin Was läuft falsch im Zeitalter der Globalisierung? Eine fantastische Geschichte über Anstand und Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft - und doch möchte man, dass sie passiert, dass sie bald passiert. Was würde sich ändern, wenn sich Stadtstreicher, Studenten und Arbeitslose solidarisieren? Ist es nicht legitim zu fordern, dass jeder Arbeit hat und davon leben kann? Darf man nicht davon träumen, dass die 'Gutmenschen' den Aufstand wagen und gegen die Gleichgültigkeit und Kälte unserer Gesellschaft ankämpfen ... und hoffen, dass die Politiker wieder die Nöte und Probleme der Menschen entdecken? Jede Jugend zieht voller Enthusiasmus der Morgenröte einer besseren Zukunft entgegen. Altersarmut, Hartz IV und prekäre Arbeitsverhältnisse zeigen, dass eine neue Generation alles Recht hat, ein Umdenken einzufordern. In der Umwelt, in der Verteilung der Lasten. Jeder hat das Recht auf ein menschenwürdiges Leben. Dies darf nicht nur eine Hoffnung sein. Es gilt etwas zu tun. Lesen Sie vom Suppenkrieg in Berlin - wie eine kleine Gruppe von Zukurzgekommenen den Aufstand gegen 'die da oben' wagt. Die Bürger nennen sie 'Penner', einige von ihnen nennen sich selbst 'Berber'. Sie glauben noch, dass man siegen kann. Spannend, romantisch und vergnüglich erzählt. Ein Roman ist nur dann gut, wenn der Leser glaubt dabei zu sein.

Heinz-Joachim Simon lebt in der Nähe von Stuttgart. In spannenden Romanen ging er der Frage nach, warum die deutsche Geschichte immer wieder auf Abwege geriet. Er schrieb viel beachtete biografische Romane über den berühmten Kriegsfotografen Robert Capa, den Revolutionär Ernesto Che Guevara und den Pharao Echnaton. Daneben entstanden weitere historische Romane und Krimis. Simons Devise: Ein Roman ist nur dann gut, wenn der Leser glaubt dabei zu sein.
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1

Der Vogel kreiste über dem Tal. Es war ein großer schwarzer Vogel. Ruhig, beinahe ohne Flügelschlag zog er seine Kreise. Den Menschen unten war er vertraut; sie hatten ihn in ihr Herz geschlossen und oft sprachen sie voller Bewunderung von seiner Kraft und seiner Größe. Er war der letzte Milan in dieser Gegend. Er war schon alt und um seine Kraft war es längst nicht mehr so gut bestellt, wie die Leute glaubten. Doch was ihm durch das Alter an Kraft und Geschicklichkeit abging, machte seine Erfahrung mehr als wett. Eines Tages kamen sie mit Planierraupen, Baggern und Lastwagen in sein Tal. Immer öfter wurde der Vogel gestört und immer höher musste er fliegen, um dem Gestank und dem Lärm zu entfliehen.

Monate später erkletterten Kinder einen großen Baum am Rande der Straße. Dort, in einer Astgabel, fanden sie einen großen verwesten Vogel. Nur das prächtige Federkleid erinnerte an den Milan, der einst über dem Tal gekreist war. Die Kinder warfen den toten Vogel in hohem Bogen vom Baum herunter und noch einmal breiteten sich die Schwingen des Vogels aus, ehe sie das herbstliche Gras berührten. Noch immer konnte er fliegen.

Damals wohnte er noch in einem Haus, das auf einem Hügel allein am Rande des Grunewalds stand. Das große weiße Haus mit dem gepflegten Rasen kannte jeder in der Gegend und sonntags blieben die Spaziergänger vor der Villa stehen und sahen bewundernd auf die schier endlose Grünfläche und die Terrasse mit dem Swimmingpool und die Säulen der Veranda. Mit Hochachtung und mit ein wenig Neid sahen die Menschen auf das Haus des Eugen Singer.

Er hatte es geerbt. Dies und anderes, was ihn als reichen Mann auswies und doch nur ein Bruchteil dessen war, was die Singers einst besessen hatten. Es war das Erbe seiner Mutter, die in einer Anstalt dahin dämmerte, bis sie starb. Er hatte sie nie kennen gelernt. Er wusste nur, dass sie ihren Bruder umgebracht hatte und die Geschichte ein dunkles Geheimnis der Singers war. Aber von seiner Mutter hatte er nichts dazu erfahren. Selbst von seinem Onkel nicht, dem alten Michael Singer, der ihm die Eltern ersetzt hatte. Alle wähnten Eugen Singer glücklich und reich und mächtig. Und als Vorstand der Singerwerke mit den Stahlwerken, Gruben, Kaufhäusern, Gütern und anderen Unternehmungen, war diese Annahme mehr als verständlich. Doch er besaß nur ein kleines Aktienpaket. Der Name war es, der ihm den Vorstandsposten eingebracht hatte und – trotz der fast sprichwörtlichen Zurückhaltung – der Einfluss des alten Michael Singer, der auf seinem Gut Ritschen bei Neuruppin auf den Tod wartete.

In letzter Zeit liefen die Geschäfte nicht ganz so gut und der Aufsichtsrat war mit ihm unzufrieden und die Aktionäre verlangten nach einer aggressiveren Geschäftspolitik. Die alten Werte des Michael Singer galten nicht mehr und er war nun zu alt, um Eugen zu unterstützen und wohl auch zu gleichgültig, sich jetzt noch um das Erbe der Singers zu kümmern.

Seit einiger Zeit hatte sich bei Eugen Singer der Eindruck verstärkt, dass sich gegen ihn etwas zusammenbraute. Über sich selbst erstaunt, stellte er fest, dass es ihm gleichgültig war. Er war nun in den Fünfzigern, was man ihm nicht ansah, da er sich eine leutselige Art bewahrt hatte, und die Frauen nannten ihn charmant, was mit seiner Eloquenz, seinem

Optimismus, der distinguierten Erscheinung und dem leichten Grau seiner Schläfen zu tun hatte. Singer war, obwohl er sich dessen nicht bewusst war, ein Frauentyp, jedenfalls für die Frauen, die einen Mann nicht nach einem Waschbrettbauch und den Erwähnungen in den einschlägigen Glamourmagazinen beurteilen.

Es geschah in jenem Jahr, als ein durchaus fähiger und tatkräftiger Regierungschef von der Presse aus dem Amt geschrieben wurde und nun eine Frau die Regierung übernahm. Diese machte ihr Geschäft nicht so schlecht, wie alle erwartet hatten. Die Presse lobte sie anfangs sehr. Was bei dem alten Regierungschef Proteste ausgelöst hätte, wurde nun als sachlicher Regierungsstil gepriesen und man war mit der Kritik sehr zurückhaltend. Die Fußballweltmeisterschaft fand in dem Land statt und die Bürger feierten sich selbst und die paar verunglückten Reformen fanden wenig Beachtung. Noch immer gab es über vier Millionen Arbeitslose. Die Presseverlautbarungen der Konzerne verkündeten in wohlbegründeten Worten, dass Entlassungen unumgänglich wären, damit Deutschland weiter wettbewerbsfähig blieb. Die Aktienkurse stiegen daraufhin kräftig und niemand schien etwas dabei zu finden, dass die Wertsteigerungen mit Leid, Angst und Verzweiflung in Verbindung standen.

An einem sonnigen Herbsttag wurde Eugen Singer bewusst, dass hinter seiner Gleichgültigkeit mehr steckte: eine tiefgehende Unzufriedenheit über das, was er geworden war und was von ihm verlangt wurde. Am Anfang war es nur eine Ahnung, dass dies mit dem zu tun haben könnte, was ihm in seiner Jugend einmal als wichtig erschienen war. In seinen jungen Jahren war alles einfach gewesen und er hatte gewusst, worum es wirklich ging und was getan werden musste und dass man zwar Angst haben durfte, aber diese zu überwinden dazu gehörte. Damals war es für ihn selbstverständlich gewesen, dass sich das Dasein damit erklärte, zu Träumen unterwegs zu sein. Er war ein Achtundsechziger. Vor dem Schöneberger Rathaus hatte er einen Wasserstrahl auf das Ohr bekommen, was ihn auf der linken Seite das Gehör gekostet hatte, so dass er sich noch jetzt bei Konferenzen so setzen musste, dass er alle Teilnehmer zur Rechten hatte. Damals, als die Rolling Stones „Street Fighting Man“ sangen, war der Verlust des Trommelfells eine Auszeichnung gewesen, der Tribut dafür, dass man für das eintrat, was man für richtig hielt. Es war eine Menge Schwärmerei und Unsinn dabei gewesen und manche Torheit – aber einige Träume hatten sich verwirklichen lassen. Wenigstens den Mief aus der Nazizeit hatten sie vertreiben können. Wie der ehemalige Außenminister des alten Regierungschefs konnte er von sich sagen, dass er ein „Rock’n Roller“ war. Doch dies bedeutete nichts mehr, war nur von Erinnerungen begleitet an das „Big Apple“ in der Spichernstraße, an die „Badewanne“ und das gute alte „Riverboat“ am Fehrbelliner Platz, die damals die Tempel einer neuen Zeit waren. Heute war das nur noch Nostalgie. Die Presse, nun von jüngeren Redakteuren besetzt, nannte die Achtundsechziger Schwärmer und sie gab ihnen die Schuld am Zustand der Republik, woran manches stimmte, aber die positiven Auswirkungen außer Acht ließ.

Gefühle der Unzufriedenheit über den Sinn seiner Arbeit hatte er in letzter Zeit öfter gehabt und dies darauf zurückgeführt, dass das Geschäft härter geworden war und die Zeiten vorbei zu sein schienen, in denen ein Absatzrekord den anderen ablöste. Bisher hatte er die trüben Gedanken immer beiseitegeschoben und weiter gemacht. Er glaubte bis dahin, dass es keine Alternative zum Weitermachen gab. Bis zu diesem Herbsttag hatte er dies geglaubt.

Später dachte er oft an jenen Augenblick, als er aus dem Grunewald zur Stadtmitte fuhr. Es war ein schöner Herbsttag, und die Blätter der Bäume hatten sich bereits verfärbt und waren der Abgesang auf einen heißen Sommer, den man einen Jahrhundertsommer nannte. Aber die Meteorologen sprachen bereits davon, dass wegen der Erderwärmung viele solcher Sommer folgen würden. Zum ersten Mal hatte er keine Freude daran, wie gut sein Wagen beschleunigte. Es war ein gutes Auto mit allem Komfort und einem Motor, der in Fachkreisen als Meisterstück deutscher Ingenieurkunst gepriesen wurde und mehr Pferdestärken hatte und schneller beschleunigte, als notwendig war. Das dunkelblaue Coupé mit den hellen Ledersitzen und dem Stern vor der Motorhaube entsprach seiner Bedeutung als Vorsitzender des Singerkonzerns. Aber Singer wusste, dass dies nur ein trügerisches Abzeichen geliehener Macht war.

Während er an der Siegessäule vorbei auf das Brandenburger Tor zufuhr, grübelte er darüber, was an diesem Tag anders war. Er kam zu keinem Ergebnis. Automatisch beschleunigte Singer, überholte einige Busse und reihte sich wieder in die allmorgendliche Autoschlange ein. Singer brauchte nicht sehr Acht zu geben. Er kannte jede Kurve, jede Kreuzung, jede Unebenheit der Straßen in der Stadtmitte. Oben am Himmel zog ein Flugzeug Warteschleifen über der Stadt. Es war alles so wie an den vorangegangenen Tagen. Auch nachher, in seinem exklusiven Penthausbüro am Gendarmenmarkt erwartete ihn nichts, was von einem normalen Arbeitstag abweichen würde.

Seine Sekretärin würde ihn freundlich lächelnd empfangen und den Kaffee und die Akten bringen. Vielleicht würde sie ein paar Worte über das gestrige Fernsehprogramm verlieren, um danach mit ihm die Post durchzugehen. Oh ja, er hatte alle Tribute eines wichtigen Mannes. Das Büro hatte ein bekannter Innenarchitekt eingerichtet und an den Wänden hingen Bilder von Kandinsky und Kokoschka. Die Möbel waren vom Bauhausstil beeinflusst und nüchtern genug, um eine kühle sachliche Atmosphäre zu vermitteln. Er wusste, dass er viele Neider hatte. Aber noch schützte ihn sein Name und mehr noch … der Einfluss des Konsuls, seines Schwiegervaters.

Auch seine Frau gehörte einer mächtigen Industriedynastie an und das Haus im Grunewald war mit ihrem Geld renoviert worden. Von dem Reichtum, den man Eugen Singer zuschrieb, gehörte ihm persönlich nur das kleine Aktienpaket des Singerkonzerns, das trotz des schlechten Kurses immer noch einige Millionen wert...


Heinz-Joachim Simon lebt in der Nähe von Stuttgart. In spannenden Romanen ging er der Frage nach, warum die deutsche Geschichte immer wieder auf Abwege geriet.

Er schrieb viel beachtete biografische Romane über den berühmten Kriegsfotografen Robert Capa, den Revolutionär Ernesto Che Guevara und den Pharao Echnaton. Daneben entstanden weitere historische Romane und Krimis.

Simons Devise:
Ein Roman ist nur dann gut, wenn der Leser glaubt dabei zu sein.



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