Sonstiges, Deutsch, Band 1+2/2014, 376 Seiten, Format (B × H): 156 mm x 234 mm, Gewicht: 579 g
Reihe: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften
Die Kinder des Staates/Children of the State
Sonstiges, Deutsch, Band 1+2/2014, 376 Seiten, Format (B × H): 156 mm x 234 mm, Gewicht: 579 g
Reihe: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften
ISBN: 978-3-7065-5334-6
Verlag: Studien Verlag
Die strukturelle Gewalt in Fürsorgeerziehungsanstalten aller Art ist das Ergebnis der sozial- und kommunalpolitischen Ambition, in das Leben, in die Familien und in elterliche Erziehung einzugreifen. Die damit verbundene Ausdehnung staatlicher Herrschaft wurde in vielen europäischen und nordamerikanischen Ländern seit den 1890er Jahren mit den Argumenten der Eugenik bzw. der Rassenhygiene durchgesetzt. Dieser Band der ÖZG nimmt jene Humanwissenschaften in den Blick, die diese Ausdehnung staatlicher Herrschaft und Macht ermöglicht haben: Psychiatrie, Heilpädagogik und Entwicklungspsychologie. Sie zeigten ein starkes Eigeninteresse, sich im Schatten des Souveräns als Gatekeeper des „Lebenswerts“ zu etablieren. Als kategorisierende, diagnostizierende und auch experimentell in das Leben eingreifende, es sogar tötende „Lebenswissenschaften“ haben sie Anteil an der strukturellen Gewaltförmigkeit aller modernen Fürsorgepolitik und Fürsorgeerziehung. Ihr Anteil ist die epistemische Gewalt, mit der sie die Grenzen zwischen Normalität und Abweichung ziehen und zwischen wertvollem und minderwertigem Leben unterscheiden. Diese epistemische Gewalt legitimiert und provoziert die strukturelle Gewalt aller staatlichen Erziehung und insbesondere jene der Fürsorgeerziehung. Sie ermöglicht aber auch die exzessive psychische, physische und sexuelle Gewalt konkreter Erzieher/innen an den nackten Körpern der Erzogenen.
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Weitere Infos & Material
Editorial: Die Kinder des Staates. Geschichts- und erziehungswissenschaftliche Perspektiven
Verena Pawlowsky (Wien): „Überlästige und nachtheilige Kinder". Das Wiener Findelhaus 1784–1910
Martin Scheutz (Wien): Pater Kindergeneral und Janitscharenmusik. Österreichische Waisenhäuser der Frühen Neuzeit im Spannungsfeld von Arbeit, Erziehung und Religion
Anna Bergmann (Innsbruck): Historische Wurzeln der Gewalt in Kinderheimen
Maria Wolf (Innsbruck): Die eugenische bzw. rassenhygienische Begründung von institutioneller Gewalt gegen Kinder
Michaela Ralser (Innsbruck): Psychiatrisierte Kindheiten. Kinderbeobachtung und Fürsorgeerziehung
Flavia Guerrini u.a. (Innsbruck): Das Kinderheim St. Martin in Tirol (Fallstudie)
Volker Schönwiese/Sascha Plangger (Innsbruck): Heilpädagogische Kindheiten. Zur Geschichte der Heimerziehung in der Behindertenhilfe in Tirol
Thomas Huonker (Zürich): „Alle sind auseinander gerissen worden. Keines weiss, wo das andere ist." Fallanalyse eines jenischen „Niemandskindes" unter der Vormundschaft des Seraphischen Liebeswerks Solothurn
Herwig Czech (Wien): Der Spiegelgrund-Komplex. Kinderheilkunde, Heilpädagogik, Psychiatrie und Jugendfürsorge im Nationalsozialismus
Reinhard Sieder (Wien): Kindesabnahme, Heimerziehung und Gewalt im Fürsorgesystem der Stadt Wien, 1917–1971
Gudrun Wolfgruber (Wien): Wiener Pflegekinder auf dem Land (1955–1970)
Marion Wisinger (Wien): Über den Erkenntnisprozess der Kommission Wilhelminenberg
Regina Fritz/Marion Krammer/Philipp Rohrbach (Wien): Diskriminiert – Abgelehnt – Vergessen. Kinder afro-amerikanischer GIs und österreichischer Frauen nach 1945. Ein Projektbericht
Christian Schrapper (Koblenz): Systematisches Unrecht im Rechtsstaat? Zur „Heimerziehung der 1950er und 1960er Jahre" in (West-)Deutschland
Gerhard Benetka (Wien): „... dass für die Kinder nur das Beste und Schönste gerade gut genug ist." Zu Karl Fallend/Klaus Posch, Hg., Schriftenreihe zur Geschichte der Sozialarbeit und Sozialarbeitsforschung.