Seitz | Sommer der Liebe - Psychothriller | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 390 Seiten

Seitz Sommer der Liebe - Psychothriller


1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7554-1287-8
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 390 Seiten

ISBN: 978-3-7554-1287-8
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In einer Hippie-Kommune verschwindet eine junge Frau spurlos. Vierzig Jahre später wird die Leiche eines Mädchens, das in einer betreuten Wohngemeinschaft für Teenager gelebt hat, grausam ermordet aufgefunden. Seine Ermittlungen führen Profiler Tobi Miller von der Gegenwart in die schillernden Siebzigerjahre. Im Fokus der Ermittlungen steht die Kommune des Kunstmalers Heinrich Maier - eine Enklave der `68er-Bewegung. Als der Profiler einen weiteren Mord an einem jungen Menschen verhindern will, führt sein Weg ihn von Wien bis an die Küste Siziliens, wo einige Akteure aus den alten Zeiten ein zutiefst menschenverachtendes Geschäftsmodell aus ihren einstigen Idealen und Ideologien gemacht haben. Tobi muss schließlich auch um das eigene Leben fürchten, denn seine Gegner kennen weder Skrupel noch Gewissen und töten konsequent jeden, der sich ihrem absoluten Machtanspruch in den Weg stellt ...   Ein packender Psychothriller über Illusionen, enttäuschte Hoffnungen und Lebenslügen vor dem Hintergrund von Sex, Drugs & Rock`n Roll   Nach einer wahren Begebenheit

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Wien, Montag, 15. Oktober 2018, 13. Bezirk, Tag drei ohne das Nasenspray
Die Betreuerin heißt Brigitta Seghers; weißhaarig, verhärmtes Gesicht, und wenn mich jemand nach meiner Meinung fragen würde, würde ich ehrlicherweise antworten: „Ich bin schwul, und das ist gut so!“; diese Frau verströmt eine Wärme wie im Inneren einer Gefriertruhe. Sibirien klingt in ihrer Gegenwart wie ein Versprechen von einem Strandurlaub. „Wann haben Sie Jennifer zuletzt gesehen?“ Bruno Horvath tippt sich mit dem Zeigefinger ans Kinn, während er diese Frage an die Betreuerin richtet. Finger am Kinn – ein Mann in Denkermanier, Brunos übliche Geste, die er mal mehr mal weniger unbewusst macht. Auf alle Fälle seine Reaktion auf Momente, in denen ihm unbehaglich zumute ist. Ich kenne Bruno jetzt schon zwanzig Jahre. Manchmal sehne ich mich noch nach der Zeit in dem Gefängnis mit den Todeskandidaten zurück. Huntsville. Texas. Zwischen Wien und Huntsville liegen inzwischen dreizehn Monate. Diese Geste mit dem Zeigefinger am Kinn gehörte schon zu Bruno, bevor ich mir auf der anderen Seite des Atlantiks eine Auszeit von Österreich genommen habe; manches ändert sich eben nie. „Ich habe Ihnen doch schon gesagt, Herr Inspektor, ich weiß es nicht mehr!“, antwortet die Seghers. „Sie haben vor einer Woche Dienst gehabt und Sie haben auch gestern Dienst gehabt“, erwidert Bruno, „und in beiden Fällen können Sie sich nicht erinnern, wann Sie die Mädchen zuletzt gesehen haben?“ Er schüttelt den Kopf; als Vater einer Tochter, die im Dezember ihren achtzehnten Geburtstag feiert, hat er sich unter einer Betreuungseinrichtung für Teenager eindeutig etwas anderes vorgestellt, verrät mir seine wütende Miene. Ich bin derjenige von uns beiden, der keine Kinder hat. Ich, der Kinderlose, übernehme wohl besser das Ruder; wahrscheinlich verfüge ich über etwas mehr emotionale Distanz zu unserem aktuellen Fall als ein fürsorgender Vater und Beamter. „Haben sich die beiden jungen Frauen in letzter Zeit anders verhalten?“ Brigitta Seghers’ Falten um Augen und Mundwinkel spiegeln Empörung wider. „Es sind Teenagerinnen! Welcher Teenager in dieser Einrichtung hat keine adoleszenten Probleme? Herr Miller, wir befinden uns hier in einer Wohngemeinschaft für Jugendliche, die aus guten Gründen durch die Fürsorge des Jugendamts von ihren Eltern getrennt worden sind. Die meisten hier haben Elternteile, die entweder alkoholabhängig, suchtgiftabhängig oder gewalttätig sind. Dass eines der Mädchen aus der Einrichtung wegläuft, passiert im Durchschnitt einmal pro Woche. Und meistens kommen die Kinder auch wieder zurück. Ich weiß nicht, warum Sie diesmal einen derartigen Aufstand veranstalten, meine Herren! Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.“ Brigitta Seghers gehört eindeutig zu jenen Frauen, die schon weißhaarig zu Welt gekommen sind, nehme ich an. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass sie jemals jung war; dazu leuchtet ihr Gesicht einfach zu blass; blutleer, wie das eines Zombies aus einem Siebzigerjahre-Vampirfilm mit Klaus Kinski-du-dumme-Sau! Sie fächert sich mit einem Exemplar einer Tageszeitung genervt Luft zu und seufzt auch noch gequält. Bruno legt ein Blatt Papier auf den Schreibtisch. „Sie wissen genau, warum wir hier sind, Frau Seghers!“ Seghers ignoriert den Erpresserbrief. „Kennen Sie diese Handschrift?“ Seghers wirft einen Blick auf das Schreiben, ohne es auch nur mit der Fingerspitze zu berühren. „Nein, Herr Inspektor! Und das habe ich Ihnen bereits gesagt. Alles was ich weiß, habe ich Ihnen bereits am Telefon mitgeteilt! Sie hätten nicht extra auch noch herkommen müssen.“ Ich spüre den altbekannten Impuls, nach meinem Nasenspray zu greifen. Seit drei Tagen halte ich es jetzt ohne mein geliebtes Nasenspray aus. Ein echter Held! Immerhin bin ich süchtig nach dem verdammten Nasenspray, weil es meine Nerven beruhigt. Ich versuche, mir nichts von meiner Nervosität anmerken zu lassen; wenn man als Kriminalpsychologe arbeitet, hegen die Menschen insgeheim sehr hohe Erwartungen, die mit meiner Rolle einhergehen. Ich versuche es deshalb mit Fachjargon; vielleicht schinde ich damit Eindruck auf dieses verhärmte Exemplar einer hochaltrigen Pädagogin. „Wir wissen, die Kinder lernen am meisten am Vorbild und aus ihren Erfahrungen“, erkläre ich ihr. „Wem sagen Sie das, Herr Miller?“ Seghers zündet sich mit einem Gasfeuerzeug eine Zigarette an. „Dessen sind wir uns hier alle in der WG ja auch bewusst.“ „Und in diesem Alter suchen sie ihre Vorbilder bei den Gleichaltrigen – in der Peer-Group.“ Seghers bläst mir kalten Rauch ins Gesicht. Ich atme durch den Mund. Ich wiege über hundert Kilo – um genau zu sein: deutlich über hundert Kilo! Seit einem Jahr stelle ich mich deswegen auf keine Waage mehr. Wer braucht schon Zahlen, um an ihnen sein Wohlfühlgewicht zu definieren? Aber übergewichtige Menschen passivem Rauch auszusetzen, erfüllt eindeutig den Tatbestand der Körperverletzung; am liebsten würde ich dieser Frau mit meinem Hintern ins Gesicht springen; ich halte meinen Reizhusten zurück. Ich konfrontiere Seghers mit den Fakten: „Anastasia ist zuerst verschwunden. Gestern Jennifer! Und heute lag zufällig dieses Erpresserschreiben im Briefkasten der Zentrale Ihres Vereins!“ Ihr Pokerface lässt keinen Rückschluss über irgendwelche Emotionen zu. „Wir müssen ausschließen, dass es sich hier um einen Streich handelt“, sagt Bruno, den Finger inzwischen wieder am Kinn. Seghers lehnt sich zurück und bläst genüsslich Rauch in die Luft. Neben ihr steht ein Computer; eine Staubschicht überzieht den schwarzen Bildschirm. „Bitte, meine Herren, wenn Sie meinen, dann ermitteln Sie. Die Mädchen werden aber von selbst wieder auftauchen! So ist das bisher jedes Mal gewesen.“ „Wir würden uns trotzdem gerne die Zimmer der beiden ansehen“, beharrt Bruno. „Wie können Sie das nur von mir verlangen, Herr Inspektor?“, plustert sich Brigitta Seghers unerwartet auf. Ihre Empörung gleicht der einer Suffragette bei einem vatikanischen Konklave. Bruno senkt demütig seinen Kopf. Er ähnelt einem kleinen Jungen, und die Seghers liest ihm jetzt ordentlich die Leviten: „So leicht werden wir die Intimsphäre unserer Jugendlichen nicht preisgeben! Es geht hier schließlich um Vertrauen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Das Urvertrauen dieser jungen Mädchen und Frauen wurde in der Vergangenheit schon genug enttäuscht. Es geht hier um Professionalität und Beziehungsaufbau. Wir setzen wegen irgendwelcher fragwürdigen Ermittlungen nicht die Integrität dieser Einrichtung aufs Spiel, meine Herren!“ „Dann besorge ich eben einen Durchsuchungsbefehl!“, antwortet Bruno trotzig. Seghers widerspricht: „Den Sie im Leben nicht bekommen werden, Herr Inspektor. Oder gibt es etwa den Verdacht, dass die Mädchen ein Verbrechen begangen haben?“ Ich versuche nochmal das fachliche Gespräch unter Insidern. „Wenn es sich um eine Adoleszenzkrise handelt, weil beide durch einen Zwischenfall in ihrem Vertrauen zu Ihrer Einrichtung eine sogenannte Re-Traumatisierung erfahren haben, könnte es sich im schlimmsten Fall ja auch um Selbsttötung handeln. Nehmen wir an, Anastasia hat in irgendeiner Form Gewalt erlebt. Vielleicht in der Schule oder an ihrer Lehrstelle. Anastasia läuft davon und tut sich was an. Suizid – wird auch definiert als die extremste Form der gegen sich selbst gerichteten Aggression, wie Sie wissen.“ „Mir müssen Sie nicht erklären, was Autoaggressionen sind, Herr Miller.“ Seghers zieht an ihrer Zigarette, als handele es sich bei dem Glimmstängel um den weltweit letzten seiner Art. „Wir haben hier ständig mit Selbstverletzungen zu tun. Es vergeht kein Tag, an dem nicht eines der Mädchen sich ritzt oder sich auf irgendeine andere Art und Weise schädigt. Ich kenne meinen Job! Den müssen Sie mir nicht erst erklären.“ Ich atme tief in den Bauch und erkläre ihr meine Hypothese: „Eine Woche später läuft dann auch noch Jennifer weg und tut sich ebenfalls was an“, komme ich auf den Ausgangspunkt meines Referats zurück. Ein Referat, das ich allein deshalb halte, um diese Frau milde und zugänglich zu stimmen. Seghers lacht eiskalt. „Und von mir wollen Sie jetzt wissen, wer diesen Erpresserbrief an unsere Leitung geschrieben haben könnte, meine Herren. Und zu allem Überfluss wollen Sie auch noch die Mädchen hier als Zeugen befragen. Und herumschnüffeln. Was glauben Sie, was hier los ist, wenn hier zwei Kriminalbeamte auftauchen und den Mädchen unbequeme Fragen stellen?“ Seghers legte ihre Zigarette in den Aschenbecher. „Nein, meine Herren, unsere Zentrale hat Ihnen bereits Bilder und Daten über die beiden Mädchen gegeben. Sie haben alles, was Sie für Ihre Fahndung brauchen. Was wir uns hier nicht leisten können, ist ein Aufruhr in jeder nur erdenklichen Art. Wenn Sie weitere Fragen haben, dann wenden Sie sich bitte an die Geschäftsführung. Dieses...



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