E-Book, Deutsch, 57 Seiten
ISBN: 978-3-95655-153-6
Verlag: EDITION digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Maria Seidemann wurde 1944 auf einem Güterbahnhof in Engelsdorf bei Leipzig geboren, lebte vier Jahrzehnte in Potsdam und ist am 7. September 2010 verstorben. Sie war Historikerin und Archivarin, studierte außerdem am Leipziger Literaturinstitut und an der Potsdamer Filmhochschule. Seit 1974 arbeitete sie als freie Autorin und schrieb Romane, Erzählungen, Drehbücher, Hörspiele, Lyrik, Kinderbücher... Ihre Bücher geben besser über sie Auskunft, als diese mageren Zeilen. Auszeichnungen (Auswahl): 1982 Debütpreis des Schriftstellerverbandes der DDR 1986 Theodor-Fontane-Preis 1987 Alex-Wedding-Preis der Akademie der Künste 1988 Internationaler Hörspielpreis Terre des Hommes 1991 Buxtehuder Bulle 1998 Ehm-Welk-Literaturpreis 1992 Stipendium der Stiftung Preußische Seehandlung 1996 und 1999 Stipendium des Kultusministeriums Brandenburg 2002 Stipendium des Sächsischen Staatsministeriums
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
»Guckt mal, da ist der Helmer mit den kaputten Stinkschuhen!«, ruft Robert hämisch. »Helmer, komm ja nicht näher, du stinkst nach Pferdemist!« Ein paar Mädchen kreischen belustigt. »Du weißt genau, dass das nicht stimmt!«, schreit Leona quer über den Hof. »Warum bist du so gemein zu Helmer?« »Lass ihn doch, Leona«, sagt Helmer leise. Robert grinst. »Bist du etwa verliebt in den Stinkstiefel, Leona Leonhard?« Er biegt sich vor Lachen über seine eigenen Worte. Auf einmal platzt seine Flasche, als wäre sie eine nasse Tüte. Ein Schwall Cola ergießt sich über die weißen Turnschuhe. Es zischt und qualmt und die Schuhe schmelzen zu grünem Glibber zusammen. Die Mädchen schreien auf. Entsetzt starrt Robert auf seine Füße. »liih, was stinkt denn hier so!«, quiekt ein Mädchen. »Das sind deine Füße, Robert!« Angeekelt weichen die Mädchen zurück. Aus sicherem Abstand beobachten sie, wie Robert versucht, den stinkenden Glibber von seinen Füßen zu streifen. Aber das gelingt ihm nicht. Die Mädchen fangen an zu kichern. »Verdammt!« Roberts Stimme zittert. »Wisst ihr überhaupt, wie teuer diese Schuhe waren? Das ist das coolste Modell, das zurzeit auf dem Markt ist! Was soll ich bloß meinen Eltern sagen?!« »Roberts Eltern sind die Besitzer vom Sporthaus TEMPO«, sagt Leona leise. »Die Schuhe sind aus ihrem Laden!« »Ich weiß«, antwortet Helmer, der nicht ahnen kann, dass Leona eigentlich mit Sim gesprochen hat. »Das war dieser blöde Helmer!«, wütet Robert. »Der hat gestern schon mein Fahrrad ferngesteuert. Ich weiß ja nicht, wie der das macht, aber ich werde alles meinem Vater erzählen und dann ...« «Helmer hat damit nichts zu tun!«, sagt Leona. «Woher willst du das denn wissen!?« Leona geht auf Robert zu. «Ich kann dir vielleicht helfen«, sagt sie und hofft, dass der unsichtbare Sim neben ihr geht und den Glibber-Zauber wieder rückgängig macht. Robert starrt sie finster an. «Wie willst du mir denn helfen! Kannst du vielleicht zaubern?« Das Klingelzeichen zeigt das Ende der Pause an. Robert dreht sich um und lässt Leona stehen. Aber mit seinen glibbrigen, stinkenden Füßen wagt er sich nicht ins Klassenzimmer. Er verkriecht sich im Heizungskeller. Alle Kinder sind schon im Schulhaus. Nur Leona steht noch auf dem Hof. «Sim, bist du hier?«, flüstert Leona. «Wir müssen wieder reingehen!« Aber Sim antwortet nicht. «Sim, wo bist du?«