E-Book, Deutsch, 162 Seiten
Seidel / Winter / Junker Wie ein bunter Traum: Kinderträume
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7546-4512-3
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: PC/MAC/eReader/Tablet/DL/kein Kopierschutz
Kinderträume
E-Book, Deutsch, 162 Seiten
ISBN: 978-3-7546-4512-3
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: PC/MAC/eReader/Tablet/DL/kein Kopierschutz
Ein Biss in ein Törtchen, der alles verändert. Eine Reise durchs Weltall, die dich zu dir selbst führt. Ein goldener Ritter, der nicht das ist, was er zu sein scheint. Unausgesprochene Worte, die sich in bunte Mäuse verwandeln ... Traust du dich, dich auf diese und viele weitere fantastische Abenteuer einzulassen? In diesem Buch gibt es keine Grenzen - weder für deine Träume noch dafür, wer du bist oder wen du liebst. Entdecke neun kunterbunte Geschichten, in denen Kinder in die Vergangenheit reisen, gegen Monster kämpfen und sich ihren Ängsten stellen, um zu zeigen, wer sie sind. Eine verträumte Anthologie für Leseratten ab 10 mit Geschichten jenseits aller Schubladen von Dima von Seelenburg, Ria Winter, Lydia Junker, Katharina Gerlach, Susanne Eisele, Lena M. Brand, Judith Vogt, Hanna Nolden und Juliane Seidel. Der Erlös aus den Verkäufen geht an den Verein 'Queer Lexikon', eine Online-Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche, die Fragen zu romantischer, sexueller und geschlechtlicher Vielfalt haben.
Juliane Seidel wurde 1983 in Suhl/Thüringen geboren und lebt in Wiesbaden. Neben ihrer Arbeit als Teamassistentin steckt sie viel Zeit und Herzblut in verschiedene queere Projekte und schreibt seit über zehn Jahren fantastische Kinder- und Jugendbücher. Unterdessen hat sie, neben den ersten Bänden der Kinderbuchreihe "Assjah" und der im Selfpublishing erschienenen Urban Fantasy-Reihe "Nachtschatten", auch erste Veröffentlichungen im queeren Bereich vorzuweisen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Persönliches Mars-Logbuch von Tok. Erster Eintrag. Hallo Yuri, Kapitän Rex hat uns heute in seiner morgendlichen Ansprache ermahnt. Wir sollen an die Einträge in unserem persönlichen Logbuch denken. Ein Logbuch ist eine Art Tagebuch. Er hat bestimmt im Bordcomputer gesehen, dass ich keines angelegt habe. Denn irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er mich dabei besonders streng ansah. Dabei sind wir noch nicht einmal auf dem Mars, sondern erst auf dem Weg dorthin. Seit drei Tagen, um genau zu sein. Drei Tage auf engstem Raum mit 36 anderen Menschen. Zwei davon sind meine Mutter Vonn und mein Vater Puck. Papa ist der Co-Pilot dieser Mars-Fähre. Und immer wenn Kapitän Rex keinen Dienst hat, weil er Pause macht oder schläft, ist Papa der Chef. Dann schleiche ich mich manchmal ins Cockpit und nehme auf dem Kapitänssitz Platz. Dabei komme ich mir richtig wichtig vor. Captain Tok – verantwortlich für die sechste Mars-Mission. Mama ist Botanikerin. Das bedeutet, dass sie sich super mit Pflanzen auskennt. Sie hat viele Samen und Setzlinge dabei, die dann später in den Gewächshäusern auf dem Mars wachsen sollen. Hauptsächlich handelt es sich um Nutzpflanzen, die für unsere Nahrungsversorgung bestimmt sind. Am wichtigsten sind jedoch die Oxideen. Das sind echt hässliche Gewächse mit sehr langen Wurzeln. Oxi bedeutet Sauerstoff und den produzieren sie in riesigen Mengen. Auf dem Mars gibt es viel zu wenig davon. Zu wenig, um atmen zu können. Es gibt zwar auch Sauerstoff in Gasflaschen und -tanks, aber der ist nur für Notfälle gedacht, falls die Oxideen eingehen. Dann müssten wir vorzeitig auf die Erde zurück, sonst würden wir ersticken. Im Gegensatz zu mir haben meine Eltern also sehr wichtige Aufgaben zu erfüllen. Papa hat mir erklärt, dass wir alle wichtig sind, jeder einzelne Mensch dieser sechsten Mars-Mission. Ich kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, welche Rolle ich dabei spielen soll. Ich bin doch noch ein Kind. Vor der Mission waren wir für ein Jahr in einem Vorbereitungs-Camp. Dort bekamen wir eine Ausbildung. Ich kann nun Brände löschen, Schleusen öffnen und schließen, kleine Löcher in der Außenhaut abdichten und Befehle in den Bordcomputer eingeben. Dazu musste ich die binäre Computersprache lernen, mit der man programmieren kann. Das war ganz schön kompliziert. In dieser Sprache muss man alles in Einsen und Nullen ausdrücken, damit es der Computer versteht. Das bedeutet binär nämlich: Etwas besteht aus nur zwei Einheiten. Ich habe wirklich viel gelernt, aber das haben wir alle. Warum soll also ausgerechnet ich ein wichtiges Crewmitglied sein? Einträge ins Logbuch zu schreiben, haben wir allerdings nicht geübt. Ich habe auch keine große Lust darauf. Wozu soll das gut sein? Schon auf der Erde habe ich kein Tagebuch geführt, warum jetzt? Mama hat mir erklärt, dass es von der Mars-Behörde gewünscht wird. Und dass es Situationen geben kann, in denen es hilft, seine eigenen Einträge noch einmal anzuhören oder zu lesen. »Was soll ich da denn eintragen?«, habe ich sie gefragt. »Tu einfach so, als ob du jemandem eine Nachricht diktierst oder aufschreibst. Erzähle, was du erlebst, was neu ist, was du gelernt hast, was dir gefällt oder weniger gefällt. Formuliere deine Fragen. Und wenn du sie hast, auch deine Antworten darauf. Du wirst schon sehen, nach den ersten Einträgen geht es dir ganz leicht von der Hand.« Also habe ich mir überlegt, dass ich einfach so tue, als ob ich dir eine Nachricht schicke, Yuri. Du warst mein bester Freund, bevor sich meine Eltern für die Mars-Mission beworben haben. Plötzlich ging alles so schnell. Nach der vierten Klasse musste ich meine alte Schule verlassen und die Mars-Behörde hat uns ins Camp nach Nord-Kanada geschickt. Es blieb wenig Zeit, um mich von allen so zu verabschieden, wie ich es gern getan hätte. Vor allem von dir. Natürlich ist mein Leben seither aufregend. Trotzdem vermisse ich einen Freund wie dich. Da du zwei Mütter hast, durftest du dir genauso dämliche Kommentare anhören und Fragen stellen lassen wie ich. Das hat uns verbunden. Wir mussten uns oft nur ansehen und verstanden uns, ohne miteinander zu sprechen. So jemanden könnte ich hier gut gebrauchen. Und später auf dem Mars bestimmt erst recht. Heute sind wir den dritten Tag unterwegs. Trotz der langen Vorbereitung ist alles ungewohnt und neu. Mich nervt die Schwerelosigkeit. Wenn man ihr Tag und Nacht ausgesetzt ist, ist es so, als käme der Körper nie zur Ruhe. Weil man immer schwebt. Noch müssen wir nicht in die Gravitationsschleudern. Was das ist, erkläre ich dir ein andermal. Sonst wird das heute zu viel. Seit gestern habe ich vormittags wieder Unterricht. Wir müssen uns durch verschiedene Lernprogramme klicken. Unsere Lehrerin Frau Lavendel gibt es in Wirklichkeit gar nicht. Sie ist wunderschön, aber nur ein Computerprogramm. Sie besteht also nur aus Einsen und Nullen, wie ich nun weiß. Wenn sie mit dem Unterricht beginnt, vergesse ich das nach ein paar Minuten. So echt wirkt sie! Ein kleines bisschen sieht sie meiner Mutter ähnlich. Das liegt bestimmt daran, dass sie von meinem Vater programmiert wurde. Sie macht niemals Fehler. Noch nie hat Frau Lavendel er oder sie, Junge oder Mädchen zu mir gesagt, wenn sie über mich gesprochen hat. Das ist super. Du kannst dich bestimmt erinnern, wie mich das immer geärgert hat. Dir ging es ganz ähnlich, wenn jemand »Yuri, besprich das mit deinem Vater« zu dir gesagt hat. Ich glaube, deshalb waren wir uns so nah. So, jetzt ist mein erster Logbuch-Eintrag doch sehr lang geworden. Das sollte fürs erste Mal genügen. Wenn mich Kapitän Rex morgen anspricht, kann ich ihm sagen, dass ich schon über 800 Wörter eingetragen habe. Ach was, sicher weiß er das schon. Er ist ein Mann, der immer den Überblick hat. So, wie es sich für jemanden in seiner Position gehört. Persönliches Mars-Logbuch von Tok. Zweiter Eintrag. Lieber Yuri, mittlerweile sind wir seit drei Monaten unterwegs. Kapitän Rex hat wieder mit mir geschimpft, weil meine Logbuch-Datei so klein ist. Ich soll öfters und regelmäßig meine Einträge machen. Also bitteschön. Die Erde ist nur noch als kleiner Himmelskörper zu sehen. Bald kommt der Tag, an dem der Mars größer erscheint als unsere Heimat. Noch sind beide Planeten nur leuchtende Punkte zwischen unendlich vielen anderen. Heute Morgen habe ich mich plötzlich verloren gefühlt, weil wir alles zurückgelassen haben. Oma, meinen Kater Don Camillo, der jetzt bei unserer früheren Nachbarin lebt, und alle meine Freundinnen und Freunde. In den ersten Wochen gab es ständig Neues zu erleben, nach und nach stellt sich das Gefühl von Gewohnheit ein. Die Gravitationsschleudern hatte ich bereits erwähnt. Mittlerweile müssen wir jeden Tag eine Stunde darin verbringen. Stell sie dir wie ein schmales Bett vor, auf dem man festgeschnallt wird. Dann beginnt es sich zu drehen, richtig schnell. Dadurch wird der Körper nach außen gedrückt und es fühlt sich ein bisschen so an, als ob es eine Schwerkraft gäbe. Kennst du diese drehenden Fahrgeschäfte vom Rummel? Daran erinnert mich das Ganze und macht mir richtig Spaß. Wir müssen die Gravitationsschleudern regelmäßig benutzen, damit unsere Knochen nicht brüchig werden. In der Schwerelosigkeit baut der Körper Calcium ab. Das ist ein wichtiger Knochenbaustein. Meine Mutter hasst die Schleudern. Ihr wird immer übel darin und danach hat sie eine Weile Kopfschmerzen. Dann muss ich sie in Ruhe lassen, hat Papa gesagt. Wie läuft es in der Schule? Ach so, du kannst mir ja nicht antworten, weil ich die Einträge gar nicht abschicke. An diese komische Situation muss ich mich erst noch gewöhnen. Auf der Fähre sind wir drei Kinder. Wir kennen uns schon aus dem Camp. In den nächsten zwei Jahren werden sie die einzigen Menschen meines Alters sein, mit denen ich Zeit verbringen kann. Sie sind ganz okay. Stell dir vor, sie heißen Tommy und Annika, so wie die Geschwister, mit denen Pipi Langstrumpf befreundet war. Aus dem Buch hat unsere Lehrerin in der ersten Klasse vorgelesen. Erinnerst du dich? Ist das nicht der Knaller mit den Namen? Die beiden finden es gar nicht komisch. Du fändest es bestimmt lustig und wir würden uns gemeinsam totlachen. Natürlich nur, wenn uns Tommy und Annika nicht hören können. Es ist so schade, dass du nicht hier bist. Wir hätten viel Spaß. Frau Lavendel mag ich richtig gern. Ich denke kaum noch daran, dass sie nur ein Computerprogramm ist. Ich kann sie alles fragen, sie hat immer eine Antwort. Auch zu Themen, die nichts mit dem Unterricht zu tun haben. Kennst du die Bilder vom Redbow? Natürlich kennst du sie, sie werden ständig im Fernsehen gezeigt. Redbow heißt roter Bogen und er ist längst zum Wahrzeichen des Mars geworden. Im großen Speiseraum hier auf der Fähre hängt ein faszinierendes Plakat davon. Es zeigt eine riesige, von Sandstürmen glatt geschliffene senkrechte Felswand. An deren oberem Ende verläuft ein Bogen in den unterschiedlichsten Rottönen. Von der Form her sieht er aus wie ein Regenbogen. Nur, dass er nicht bunt ist. Weißt du Yuri, auf dem Mars gibt es keine Regenbögen. Die Sonne scheint...