Seibold / Eckert / Meinunger | Bildung - Chancen - Gerechtigkeit | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 184 Seiten

Seibold / Eckert / Meinunger Bildung - Chancen - Gerechtigkeit

Dokumentation des Bundeskongress Schulsozialarbeit 2019
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7557-6573-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Dokumentation des Bundeskongress Schulsozialarbeit 2019

E-Book, Deutsch, 184 Seiten

ISBN: 978-3-7557-6573-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dokumentation des Bundeskongresses Schulsozialarbeit 2019 in Jena

Kooperationsverbund Schulsozialarbeit Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit e.V.

Seibold / Eckert / Meinunger Bildung - Chancen - Gerechtigkeit jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Ein gemeinsames pädagogisches Ethos für multiprofessionelle Teams –
Der Beitrag der „Reckahner Reflexionen zur Ethik pädagogischer Beziehungen“
Prof. Dr. Annedore Prengel | Erziehungswissenschaftlerin, Professorin i.R. , Universität Potsdam;
Seniorprofessorin, Universität Frankfurt/Main
Dr. Silke Siebrecht-Grabig | Leiterin der Reckahner Museen Mit Schulsozialarbeit ist ein professionelles Feld entstanden, in dem die Angehörigen verschiedener pädagogischer Berufe zusammenarbeiten (Müller u.a. 2018). Zugleich haben sie mit Kindern und Jugendlichen zu tun, deren Lebensweisen ebenfalls vielfältig sind. So kommen zwei Generationen in Beziehung zueinander, die beide von Pluralität geprägt sind. Über diese „intragenerationalen“ Differenzen hinaus ist zu berücksichtigen, dass beide Gruppen auch „intergenerational“ verschieden sind, weil sie verschiedenen Generationen angehören (Prengel 2015). Der folgende Beitrag fragt im ersten Schritt nach der Bedeutung von Pluralität für die Ethik. Im zweiten Schritt wird mit der Initiative der „Reckahner Reflexionen zur Ethik pädagogischer Beziehungen“ ein exemplarischer Ansatz vorgestellt, der von der Pluralität der beteiligten jungen und erwachsenen Menschen im Bildungswesen ausgeht, um ein gemeinsames pädagogisches Ethos vorzuschlagen. Abschließend wird auf der Basis der Theorie des kulturellen Gedächtnisses erläutert, welche Rolle in diesem Zusammenhang dem bildungshistorisch bedeutsamen Ort Reckahn zukommt. Ethik und Pluralität in der Pädagogik Die Ausgangsfrage der Ethik lautet: „Wie sollen wir handeln?“ Sie stellt sich unausweichlich allen Angehörigen pädagogischer Berufe (Fenner 2010). Im Kontext der Aufmerksamkeit für Pluralität lässt sich die Frage auf dreifache Weise konkretisieren: Wie sollen wir pädagogisch angesichts der Generationendifferenz handeln? Wie sollen wir angesichts der Verschiedenheit pädagogischer Berufe handeln? Wie sollen wir angesichts der Heterogenität der Angehörigen von Schulklassen und Lerngruppen handeln? Auf der Suche nach Antworten auf diese Fragen bieten die Prinzipien der Menschenrechte - Gleichheit, Freiheit und Solidarität – grundlegende Orientierung, da sie über ihre rechtsstaatliche Bedeutung hinaus auch für alltägliche Lebensformen bedeutsam sind (Fritzsche 2007; van Rahden 2019). Wenn wir im Sinne der Menschenrechte danach streben, einander als gleichberechtigte, freie Menschen anzuerkennen, lassen wir Freiräume für die Entfaltung vielfältiger Lebensweisen entstehen. Diese Perspektive kann man auf die Anerkennung zwischen den Angehörigen verschiedener pädagogischer Arbeitsweisen in multiprofessionellen Teams und auf die Anerkennung verschiedener Lern- und Lebensweisen von Heranwachsenden beziehen. Darüber hinaus erfordert das Verhältnis der älteren zur jüngeren Generation sowohl die verantwortliche Anerkennung der Abhängigkeit, Erziehungsbedürftigkeit und Schutzrechte der jüngere Generation als auch die Anerkennung ihrer Eigenständigkeit und Partizipationsrechte (Pelluchon 2019). Aus der menschenrechtlichen Maxime der solidarisch vertretenen gleichen Freiheit gehen ethische Anforderungen hervor. Es geht immer wieder darum, dass alle Beteiligten lernen, sich selbst zu achten und die anderen mit dem Ziel anzuerkennen, gleichberechtigte freiheitliche Beziehungen zu kultivieren. Halten wir als zentrale These fest: In der Anerkennung von Pluralität finden wir die wesentliche ethische Orientierung (Prengel 2020b). Das Wertschätzen der Pluralität selbst bietet Orientierung bei der Suche nach Antworten auf die Frage der professionellen Ethik, wie wir beruflich handeln sollen. Dabei wird deutlich: die Vielfalt der Berufe in pädagogischen Arbeitsfeldern, die Heterogenität der Lernenden und die Differenz der Generationen steht der Entwicklung eines gemeinsamen Ethos nicht entgegen. Der Beitrag der „Reckahner Reflexionen zur Ethik pädagogischer Beziehungen“ Mit den „Reckahner Reflexionen zur Ethik pädagogischer Beziehungen“ wurden zehn Leitlinien vorgelegt – mit dem Ziel, die kinderrechtliche Qualität pädagogischer Beziehungen zu verbessern. Hervorgegangen ist dieses Manifest aus der mehr als fünfjährigen Arbeit von über 150 Fachleuten aus Praxis, Verwaltung, Politik und Forschung im Bildungswesen. Gefördert durch die Robert Bosch Stiftung werden die Leitlinien und vielseitige erläuternde Texte in großer Zahl verbreitet; sowohl in gedruckter Form als auch online abrufbar im Internet. Begründet werden die Aussagen der Reckahner Reflexionen mit den Erkenntnissen aus interdisziplinären Forschungsrichtungen. In ganz verschiedenen Ansätzen von der Bindungsforschung über die Bedürfnis-, Vertrauens- und Sozialisationsforschung bis hin zur Lernforschung wurden übereinstimmende Ergebnisse gefunden. Sie belegen, dass Kinder und Jugendliche für Entwicklung, Lernen und demokratische Sozialisation verlässliche und zugewandte Beziehungen brauchen. Zugleich weisen empirische Erhebungen nach, dass einerseits genügend gute pädagogische Beziehungen praktiziert werden. Andererseits werden in Befragungs- und Beobachtungsstudien auch verletzende Handlungsweisen der pädagogischen Fachkräfte und Lehrkräfte gefunden (Wysujack 2019). Aversives, schädliches Handeln der Erwachsenen ist von der Frühpädagogik an in allen Bildungsstufen und Arbeitsfeldern an der Tagesordnung (für Quellenangaben zu den in diesem Absatz erwähnten theoretischen und empirischen Befunden siehe Prengel 2019). Die Leitlinien der „Reckahner Reflexionen zur Ethik pädagogischer Beziehungen“ weisen zwei Teile auf; sie beginnen mit Aussagen dazu, „was ethisch begründet ist“ und kommen dann zu Aussagen zu dem, „was ethisch unzulässig ist“. Die Leitlinien lauten wie folgt (Reckahner Reflexionen 2017, S. 4): Was ethisch begründet ist 1. Kinder und Jugendliche werden wertschätzend angesprochen und behandelt. 2. Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte hören Kindern und Jugendlichen zu. 3. Bei Rückmeldungen zum Lernen wird das Erreichte benannt. Auf dieser Basis werden neue Lernschritte und förderliche Unterstützung besprochen. 4. Bei Rückmeldungen zum Verhalten werden bereits gelingende Verhaltensweisen benannt. Schritte zur guten Weiterentwicklung werden vereinbart. Die dauerhafte Zugehörigkeit aller zur Gemeinschaft wird gestärkt. 5. Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte achten auf Interessen, Freuden, Bedürfnisse, Nöte, Schmerzen und Kummer von Kindern und Jugendlichen. Sie berücksichtigen ihre Belange und den subjektiven Sinn ihres Verhaltens. 6. Kinder und Jugendliche werden zu Selbstachtung und Anerkennung der Anderen angeleitet. Was ethisch unzulässig ist
7. Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte Kinder und Jugendliche diskriminierend, respektlos, demütigend, übergriffig oder unhöflich behandeln. 8. Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte Produkte und Leistungen von Kindern und Jugendlichen entwertend und entmutigend kommentieren. 9. Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte auf das Verhalten von Kindern und Jugendlichen herabsetzend, überwältigend oder ausgrenzend reagieren. 10. Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte verbale, tätliche oder mediale Verletzungen zwischen Kindern und Jugendlichen ignorieren.“ Für die Auseinandersetzung mit den zehn Aussagen in diesem Beitrag ist folgende Frage relevant: Welche Bedeutung kommt den Reckahner Reflexionen im Hinblick auf die Generationendifferenz, im Hinblick auf die Pluralität der berufstätigen Erwachsenen sowie im Hinblick auf die Pluralität der Kinder und Jugendlichen zu. Bei der Lektüre der Sätze fällt auf, dass in ihnen ein besonderes Verhältnis zu den Gegebenheiten der Pluralität in pädagogischen Arbeitsfeldern zu erkennen ist. Zur Gleichheit und Differenz der Generationen Die Leitlinien richten sich auf der Ebene der Generationenbeziehungen an die erwachsenen Berufstätigen in pädagogischen Arbeitsfeldern und fordern sie auf, sich den Angehörigen der jüngeren Generation gegenüber wertschätzend zu verhalten und sie in ihren heterogenen generationalen Besonderheiten anzuerkennen. Aspekte der Gleichheit zwischen den Generationen werden anerkannt, indem die jungen Menschen von klein auf in ihrer Würde ernst genommen und wertgeschätzt werden. Aspekte der Freiheit zwischen den Generationen kommen darin zum Ausdruck, dass den jungen Menschen zugehört wird und dass ihre Bedürfnisse und Erfahrungen von den Erwachsenen ernst genommen werden. Die Leitlinien machen bewusst, dass Übergriffe unzulässig sind. Zugleich wird die Verantwortung der Erwachsenen nicht geleugnet, sie werden in ihrem Erziehungsauftrag und in ihrer...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.