E-Book, Deutsch, 140 Seiten, Format (B × H): 145 mm x 220 mm
Segler Der Affenladen
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-96233-465-9
Verlag: Allitera Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Eine München-Novelle
E-Book, Deutsch, 140 Seiten, Format (B × H): 145 mm x 220 mm
ISBN: 978-3-96233-465-9
Verlag: Allitera Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Bist du bereit, die Wahrheit hinter dem Affenladen zu enthüllen?
Mysterium im Herzen Münchens: Was verbirgt sich hinter dem Affenladen? Inmitten der Edelboutiquen der Innenstadt taucht ein rätselhafter Laden auf. Wo einst Luxusmarken residierten, prangen nun handgefertigte Stoffaffen. Geführt von einem exzentrischen Schweizer, öffnet der Laden nur unregelmäßig seine Pforten und hüllt sich in Geheimnis.
Gerüchte und Spekulationen brodeln. Ist es Kunstprovokation, illegales Geschäft oder etwas ganz anderes? Die Nachbarschaft ist in Aufruhr, Proteste flammen auf, Gewalt droht.
»Der Affenladen« ist eine fesselnde Social-Fiction, die die Absurdität der Wirklichkeit übertrifft. Ein Tauchgang in die Tiefen menschlicher Verhaltensweisen, der zum Nachdenken und Diskutieren anregt.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
KAPITEL 1 Maximilianstraße Es war ein winterlicher Samstagnachmittag, als die ersten Kunden bemerkten, dass das edle Markengeschäft in der Maximilianstraße für sie nie wieder öffnen würde. Ein eilig platziertes Schild markierte das unerwartete Ende des Luxusgeschäfts: »Dear Customers: We have to close this shop and relocate. Visit our website for further information.« Das trübe Wetter schien zu der Nachricht zu passen. Die leichten Schneeflocken, die in dieser Vorweihnachtszeit zu Boden tanzten, lösten sich sogleich in braunes Wasser auf, das sich alsbald auf die Schuhe und Hosen der Passanten verteilte. Die Menschen klappten die Mantelkragen hoch und senkten den Blick auf den Asphalt. Die Metallräder der Straßenbahn quietschten lauter als sonst. Seit vielen Jahren reihte sich das Luxusgeschäft in die Phalanx der anderen Edelmarken ein und diente den Touristen und Gästen des gegenüberliegenden Hotels als Quelle teurer Geschenke. Elegant gekleidete Verkäufer und chinesisch sprechende Verkäuferinnen hatten jahrelang um die Kaufgunst wohlhabender Gäste gebuhlt, die immer wieder gerne ihre Geldbeutel für die teuren Waren zückten. Doch damit war jetzt, noch vor dem Weihnachtsgeschäft, Schluss. Das Geschenkgeld musste sich andere Lokalitäten suchen. In den benachbarten Läden erfuhren die neugierigen Kunden jedoch nicht, warum es zur Schließung gekommen war und welche Luxusmarke nunmehr nachfolgen sollte. In dem Laden, dessen Tage gezählt waren, räumte das geschulte Personal hastig die Räumlichkeiten leer, als ginge es um eine erzwungene Flucht aus dem Paradies von Geld und Prestige. Den wenigen Kunden, die das Geschäft trotzdem betraten, schenkte keiner von ihnen die erforderliche Aufmerksamkeit. Marina versuchte, durch die offen stehende Tür ins Geschäft zu gelangen. Da sie hier Stammkundin war und ein Geschenk für ihren Schwager brauchte, drängte sie sich an den Verkäuferinnen und Möbelpackern vorbei. »Verzeihen Sie, Frau Leutberger. Ich brauche dringend einen eleganten Gürtel. Könnten Sie nicht eine Ausnahme machen, um mir aus der Bredouille zu helfen?« »Frau Zehnder, wir müssen unerwartet schließen. Es herrscht Chaos, wie Sie sehen. Ich weiß nicht, warum – nur, dass wir bis zum Wochenende rausmüssen.« Die hohe Stimme der Chefin klang verzweifelt und verwirrt. »Wohin ziehen Sie denn um? Zur Not kann ich noch bis nächste Woche warten«, antwortete Marina, die ein wenig Ruhe ins Geschehen bringen wollte. »Wir haben keine Informationen bekommen – außer, dass wir den Shop räumen müssen. Ich bin ratlos. Suchen Sie sich einen Gürtel von dem Ständer dort aus. Ich rechne dann später über Ihre Kundenkarte ab.« Damit eilte sie nach hinten in die Lagerräume. Marina meinte, Tränen in den Augen von Frau Leutberger gesehen zu haben. Zwei Wochen später rückten abends an gleicher Stelle Innenausstatter an. Es war schon lange nach den üblichen Öffnungszeiten der Geschäfte. Die ersten Besucher verließen gerade die Bayerische Staatsoper am Max-Joseph-Platz und machten sich kulturbeseelt auf den Heimweg. Frauen hakten sich bei ihren Männern ein, um mit ihren hochhackigen Schuhen nicht umzuknicken. Eisiger Wind trieb die vereinzelten Schneeflocken die Straße entlang. Wer die Restaurants verließ, hielt nicht am Geschäft an, um einen Blick ins Innere zu erhaschen. Jeder hastete eiligen Schrittes fröstelnd den Gehweg entlang. Auch an den Tagen und Wochen danach wiederholte sich der Auftritt der Innenausstatter, die erst lange nach Eintritt der Dunkelheit ihre Arbeiten im Geschäft verrichteten. Weil zu dieser Zeit nur wenige Autos an der Straße parkten, konnten die Trupps die Innenausstattung über kurze Wege aus dem Transporter ins Innere des Gebäudes tragen. Von außen konnte keiner erkennen, wer die Räumlichkeiten angemietet hatte. Auch Herr Brenner, der Concierge des gegenüberliegenden Luxushotels, der wissen wollte, welche Produkte er seinen Hotelgästen hier anpreisen konnte, erhielt von niemandem eine Antwort. »Wir bauen nach einem festgelegten Plan um. Mehr wissen wir nicht. Mehr dürften wir auch nicht verraten«, lautete die monotone Antwort, mit der man Brenner abspeiste. Mit jeder verweigerten Antwort stiegen aber auch seine Erwartungen und Hoffnungen. »Welche Firma versäumt es denn, die Phase des Umbaus für Werbung zu nutzen?!«, dachte er sich. »Das muss schon eine besonders edle Marke sein.« Deshalb versuchte Herr Brenner, nun über seine verlässlichsten Quellen den Namen des Mieters zu ermitteln. Dabei erhielt er aber nur eine nichtssagende Antwort von seinem Kontakt in der Stadtverwaltung: »Monkey GmbH, Schweiz«. Auch den Hinweis, dass weitere Nachfragen nicht erwünscht seien, nahm er als Antwort mit. Brenner diente schon viele Jahre im Hotel und hatte zahlreiche Geschäfte kommen und gehen sehen – so wie viele seiner Chefs, die mit großem Elan ihre neue Stelle antraten, um dann immer wieder recht bald weiterzuziehen. Deshalb entschied Brenner sich, die Wochen abzuwarten, bis er erfahren würde, wer gegenüber einzog. Was blieb ihm auch anderes übrig, denn auch im Internet konnte er keine Einzelheiten über eine Monkey GmbH erfahren. Diese Gesellschaft verfügte über keine Website. An der Außenfassade rührte sich zunächst nichts, nur innen wurde heftig gearbeitet. Weil die anderen Räume im Gebäude nur geschäftlich genutzt wurden, schien die nächtliche Arbeit niemanden zu stören. Die Handwerker verließen morgens immer noch vor der Dämmerung das Geschäft. An manchen Tagen, wenn sie kein Material von außen benötigten, blieben sie für die Außenwelt vollkommen unsichtbar. In den darauffolgenden Tagen wurden einige Messingschilder der Mieter des Anwesens abgeschraubt, weil diese wohl ebenfalls das Gebäude verließen oder verlassen mussten. Doch das fiel außer den Mitmietern keinem auf. Die Polizeistreife lief routinemäßig ihre Patrouille. Manches Mal blieben die Beamten an den verhängten Schaufenstern stehen, konnten aber außer einem gelblichen Schein der Arbeitslampen nichts entdecken. Solange sich niemand beschwerte, richtete sich ihr Augenmerk ohnehin auf andere Ereignisse, wie falsch geparkte Fahrzeuge von Hotelgästen mit arabischen Nummernschildern, unerlaubt bettelnde Gestalten oder lärmende Touristen, welche die Innenstadt selbst im Winter mit dem Oktoberfest verwechselten. München wollte seine Ruhe erhalten – zumindest hier, zumindest in der Nacht. Und die Polizei wollte das ihre dazu beitragen, dass alles gesittet blieb. Herr Mo trat kurz vor Mitternacht aus seinem Büroraum auf die große Verkaufsfläche. Die Umgestaltung machte zu seiner Zufriedenheit große Fortschritte. Er hatte seine Aufgabe hier in München nach einigem Zögern mit voller Kraft angenommen, obwohl er wusste, welche Anstrengungen für einen Erfolg nötig sein würden. Mit einem Lächeln im Gesicht lief er zum Vorarbeiter der Ladenbaufirma, der so in die Planungsunterlagen vertieft war, dass er Herrn Mo zunächst nicht bemerkte. »Sie kommen ja wahrlich zügig voran, Herr Held. Hätte nicht gedacht, dass die Zeichnungen Ihnen eine ausreichende Basis für den Umbau bilden.« »Doch, doch. Vor allem die hervorragenden Farbkarten und die qualitativ hochwertigen Materialien machen unsere Arbeiten leicht«, antwortete der sichtlich erleichterte Vorarbeiter, der jede Möglichkeit für eine Rücksprache mit seinem Auftraggeber nutzte. Aus seiner Sicht traf er Herrn Mo viel zu selten, weil dieser sich in seinem Büro einzuigeln schien. »Wenn ich Fragen für den Endausbau habe, werde ich Sie vielleicht das eine oder andere Mal stören müssen – wenn das für Sie in Ordnung geht.« »Aber ja«, antwortete Herr Mo und verschwand sogleich wieder in seinem Zimmer. Dabei zog er die Tür so schnell zu, dass ein ausgiebiger Blick hinein unmöglich schien. Herr Held meinte, mehrere große Bildschirme erkannt zu haben, sowie eine teure feine schwarze Büroausstattung aus Leder und Holz. Sie entsprach im Stil der Erscheinung von Herrn Mo, der zu jeder Tageszeit korrekt gekleidet und gut frisiert erschien. Den Haaransatz im Nacken rasierte er täglich. Jede Woche trug er dazu ein anderes Parfum. Außerdem verfügte er wohl über eine üppige Auswahl eleganter Krawatten, die er passend zu Hemd und Anzug variierte. Ein gut situierter Schweizer durch und durch, der sich keine Schwäche leistete. Von außen konnte Herr Held nun undeutliche Stimmen vernehmen, die durch die schwere Bürotür drangen. Herr Mo startete seine tägliche Videokonferenz, die immer um Mitternacht begann. Herr Mo saß in seinem schwarzledernen Bürostuhl und blickte auf den großen Bildschirm. Er empfing Weisungen, die er sich gründlich auf einem Papierblock notierte. »Die Affen werden Ende Januar in einem Schwung geliefert. Geht das unauffällig?« »Natürlich. Wir nutzen, wenn möglich, den Hintereingang, zu dem wir mit dem Fahrzeug Zugang haben. Die Durchfahrt ist etwas schmal geraten, sodass der Transporter nicht zu...