E-Book, Deutsch, 304 Seiten
Reihe: Ullstein eBooks
Seebohm Die Perle 2
10001. Auflage 2010
ISBN: 978-3-548-92052-8
Verlag: Ullstein-Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein erotisches Magazin und andere galante Raritäten
E-Book, Deutsch, 304 Seiten
Reihe: Ullstein eBooks
ISBN: 978-3-548-92052-8
Verlag: Ullstein-Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
H.-U. Seebohm besorgte auch bereits den erfolgreichen ersten Band mit den Perlen der Erotik.
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KAPITEL 1
Der junge Mann vom Lande
Charles Warner, der Sohn eines reichen Grundbesitzers in den Midlands, war soeben in der Stadt eingetroffen und hatte Wohnung in der Gower Street genommen zu dem Behufe, das Studium der Medizin aufzunehmen, denn da er nur ein jüngerer Sohn war und ihm somit kein Anteil an dem Grundbesitz zustand, war seinem lustigen alten Herrn nichts Besseres eingefallen, womit sein aufgewecktestes Bürschchen, wie er Charlie scherzhaft nannte, am ehesten seinen Weg in der Welt machen würde.
»Sei ein guter Junge, Charlie; bleib bei deinem Beruf, und ich werde dir mit zehntausend Pfund zu einem guten Start verhelfen, wenn du ein Mädchen mit ein paar Piepen heiratest; das ist das einzige, was ein jüngerer Sohn tun kann. Sollte ich vorher sterben, werde ich dir die Summe in meinem Testament hinterlassen. Als Unterhalt zahle ich dir dreihundert Pfund im Jahr, die auf fünfhundert erhöht werden, wenn du volljährig wirst. Aber paß auf, wenn du Schande über mich bringst oder dich in Schulden stürzt, dann werde ich dich ohne einen Penny auf die Straße setzen oder dir eine Passage nach Australien bezahlen, um dich loszuwerden. Mein Junge«, fügte er schließlich hinzu, mit Tränen in den Augen und einem leichten Beben der Lippen: »Du bist immer mein Lieblingssohn gewesen; dein alter Vater rechnet darauf, daß du dich von den Mädchen und von schlechter Gesellschaft fernhältst.«
Er dachte über diese letzten Abschiedsworte seines Vaters nach, als er nach dem Tee am Kaminfeuer saß und auf seine beiden Vettern wartete, Harry und Frank Mortimer, die ihm geschrieben hatten, daß sie vorbeikommen wollten, um zu sehen, wie ihm die Räumlichkeiten gefielen, die sie ihm besorgt hatten, und ihn anschließend auszuführen.
Er klingelte, um den Teetisch abräumen zu lassen, und sofort erschien eine bemerkenswert hübsche junge Dienstmagd.
»Und wie ist dein Name? Ich werde nämlich im Hause wohnen und würde gern wissen, wie ich dich anreden soll. Ich bin ja so froh, daß Mrs. Letsam ein hübsches Mädchen hat, das den Untermietern aufwartet.«
»Fanny, Sir«, entgegnete das Mädchen und errötete bis zu den Haarwurzeln. »Ich muß alle Herren hier bedienen, und es ist ganz schön mühsam, den ganzen Tag die Treppen rauf- und runterzulaufen.«
»Nun«, sagte Charlie, »ich werde nicht öfter nach dir klingeln, als es unbedingt sein muß, allerdings ist es kein Wunder, wenn manche von ihnen dich so häufig belästigen, und sei es nur des Vergnügens wegen, dein hübsches Gesicht zu sehen. Ich nehme an, es schickt sich hier in London nicht, die Dienerschaft zu küssen, was ich zu Hause oft getan habe; die Mädchen waren älter als ich und seit langem daran gewöhnt.«
»Aber nein, Sir, das dürfen Sie nicht, das dürfen Sie wirklich nicht, wenn Mrs. Letsam das wüßte, sie würde mich im nächsten Moment vor die Tür setzen«, rief Fanny mit unterdrückter Stimme aus, als hätte sie Angst, daß jemand sie hören könnte, und wandte ihr Gesicht von seinem unerwarteten Begrüßungskuß ab.
»Willst du damit sagen, daß du etwas gegen einen Kuß von einem Jungen wie mir einzuwenden hast? Was ist denn schon dabei?«
»Ich – ich weiß nicht; ich kann es nicht sagen«, stammelte Fanny. »Aber das ist so ganz anders als bei den alten Knaben von unten, die mir hinterher immer eine halbe Krone[1] geben, damit ich nicht rede.« Hier wurde sie ganz fürchterlich rot. »Ich – ich wollte damit nicht sagen, daß ich bezahlt werden möchte, sondern daß Ihr so anders als die seid; die sind alt und häßlich, aber Ihr –«
Mehr brachte sie nicht heraus, denn Charlie preßte seine Lippen auf ihren rosigen Mund, wobei er sagte: »Nun dann, gib mir einen Kuß zur Vergebung. Wenn wir nur beide gute Freunde bleiben und du dich um meine geringen Bedürfnisse kümmerst, so werde ich dir Bänder und andere derartige Kleinigkeiten kaufen, damit du an mich denken kannst, wenn du sie trägst.«
Seine einzige Antwort, als sie seinen Kuß erwiderte, war ein sehr seltsamer Blick; dann entschlüpfte sie ihm, nahm ihr Tablett und verschwand.
»Ich habe Glück«, sagte Charlie zu sich selbst. »Mag Papa mir noch so sehr predigen, mich von den Mädchen fernzuhalten, aber Polly und Sukey zu Hause haben mich nicht umsonst geküsst. Sowohl der Anblick dieser hübschen Fanny als auch die Gedanken an die letzte Nacht, als Polly und Sukey mich zum letzten Mal zwischen sich hatten, erwecken in mir gewisse Gefühle. In der Tat, diese Fanny hat mir einen irischen Zahnschmerz[2] verpasst. Ist ja ganz nett, daß der gute alte Herr Papa mich warnt, aber, wie es so schön heißt, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, denn ich weiß zufällig, daß er einem Mädchen Zwillinge gemacht hat, bevor er achtzehn war, und von zu Hause weggeschickt werden mußte, um dem Skandal aus dem Weg zu gehen.«
Da klopfte es plötzlich an seiner Tür.
»Kommt rein, Jungs, ich weiß, daß ihr das seid«, rief Charlie, der seine Vettern erwartete, doch zu seiner Überraschung war es wiederum Mademoiselle Fanny, die eintrat.
»Bitte, Sir, da sind zwei junge Herren für Mr. Warner, sie haben ihre Karte heraufgesandt.«
»Und wo ist die Karte, Fanny?« fragte Charlie und streckte ihr seine Hand hin, um das Stück Pappe entgegenzunehmen.
»Nun, ich freue mich, sie sind früh dran«, sagte er und ergriff sie beim Handgelenk, »zumal ich dadurch Gelegenheit zu einem zweiten Kuß bekomme!«
»Schämt Euch, Sir; Ihr werdet sie doch nicht in der Halle warten lassen wollen.« Sie versuchte sich seiner Umarmung zu entwinden.
»Einen Augenblick, Fanny, ich will dir nur sagen, es sind meine Vettern, die oft hierherkommen werden und sehr viel besser aussehen als ich, also mach mich nicht eifersüchtig, indem du auch nur Notiz von einem von ihnen nimmst. Jetzt aber bitte sie herauf, und zwar schnell, dann lauf nach einer Flasche Schampus, und behalte das Wechselgeld für dich«, sagte er und reichte ihr einen Sovereign[3]. »Wir müssen bei ihrem ersten Besuch meine neue Behausung einweihen.«
Es erübrigt sich, all die Begrüßungsworte und Erkundigungen der Vettern bei ihrer ersten Begegnung wiederzugeben; doch später, als der Champagner geöffnet wurde, fragten Harry und Frank, ob Charlie zu müde zum Ausgehen sei, und setzten hinzu: »Du brauchst nicht zum Schlafen hierher zurückzukehren, sondern kannst bei uns übernachten, denn wie du dir ja denken kannst, wird unser alter Herr nur allzu erfreut sein, dich am Morgen beim Frühstück begrüßen zu können. Wir kennen drei lustige Schwestern – kleine Putzmacherinnen –, die in der Oxford Street arbeiten, gar liebestolle Mädchen, und da drei zu zwei nicht so recht paßt, wirst du die Party eben vervollständigen. Sie wohnen in der Store Street, nicht weit von hier, und wenn wir gegen neun Uhr hinkommen, werden sie uns erwarten und sich freuen, dich kennenzulernen; es ist unheimlich lustig und gar nicht teuer, wir brauchen nur für das Abendessen zu sorgen. Die Mädchen halten zu große Stücke auf sich, um Geld zu nehmen, gegen Schmuck und schöne Kleider haben sie allerdings nichts einzuwenden. Keine Derbheiten, keine unflätigen Ausdrücke, und sie gestatten Freiheiten nur, wenn das Gas gelöscht ist.«
»Ich bin dabei«, erwiderte ihr Vetter, »und wie findet ihr meine kleine Dienstbotin hier?«
»Charlie, das dürfte ein Glücksfall sein«, gab Harry zurück, »es ist ja so praktisch, ein nettes kleines Mägdelein zu haben, mit dem man manchmal schlafen kann, oder ab und zu mal mit ihr auf dem Sofa Dampf ablassen, das hält einen davon ab, zuviel auszugehen. Mein Rat, Charlie, lautet, nicht zu schnell zu leben und dein Geld aufzusparen für eine besondere Gelegenheit – sagen wir so alle zehn Tage. Wer zuviel draufmacht, kommt mit seinem alten Herrn nicht mehr so gut aus, der meckert dann nur noch. Unser Herr Papa aber denkt nur Gutes über uns, weil wir immer vor halb zwölf zu Hause sind; den Ausgleich schaffen wir uns mit den Dienstboten zu Hause, die Haushälterin halten wir bei der Stange, indem wir sie abwechselnd heimlich vögeln. Einmal hat sie uns beide im Schlafzimmer der Mädchen erwischt, da haben wir sie in das ihre geführt, um sie zu bitten, uns nicht zu verraten, und indem wir sie küßten und ihr sagten, was für eine gute Figur sie habe (sie war halb ausgezogen, als sie kam, um bei den Dienstmädchen nach dem rechten zu sehen), nahmen wir uns die eine oder andere Freiheit heraus. Als ich sah, daß sie so richtig bei der Sache war, machte ich mich davon und überließ es Frank, sie aufs Bett zu rollen. Er muß seine Sache wohl recht gut gemacht haben, denn sie behielt ihn die ganze Nacht bei sich.«
»Ach, Charlie, ich hätte nie gedacht, daß eine Frau von fünfzig noch so gut beisammen ist, so wie sie ihre Beine über meine Arschbacken warf und ihr Becken nach oben drückte, um jedem Stoß meines Johannes zu begegnen. Sie war ein Muster an Schlüpfrigkeit und entzog mir bis zum Morgen den letzten Tropfen Saft«, bestätigte Frank die Worte seines Bruders. »Du mußt sie selbst mal ausprobieren, ein blonder Bursche wird nach uns beiden dunkelhaarigen Knaben ein Festschmaus für sie sein, und Angst vor Alimenten braucht man bei ihr nicht zu haben, denn sie ist jenseits von Gut und Böse. Aber ich glaube, alle...