Seeberg | Am Meer | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 171 Seiten

Seeberg Am Meer


1. Auflage 2016
ISBN: 978-87-11-51259-3
Verlag: SAGA Egmont
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 171 Seiten

ISBN: 978-87-11-51259-3
Verlag: SAGA Egmont
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



'Am Meer' erzählt die Geschichte von Menschen, die am Wasser, dem Sinnbild der Grenzenlosigkeit, Sehnsucht und Hoffnung, zu sich finden. Ein junges Paar, deren Ehe auseinanderzubrechen droht sowie ein Jugendlicher, der schweren Herzens seine Freundin verlässt, als auch eine Frau, die nach einer außerehelichen Liebschaft zu ihrem Mann zurückkehrt, suchen unabhängig voneinander das Meer auf um dort Partnerschaft, Solidarität und Verständnis zu finden. Das Meer nimmt dabei eine metaphorische Bedeutung ein, welche die Verbindung zwischen dem Mensch und der Natur zeichnet. - Ein impressionistisch erzählter und zutiefst ergreifender Roman.

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10.15-11.56
10.15 Friedrich hatte das dünne Mädchen im weiß-gelben, weiten Kleid recht wohl bemerkt, das mit der roten Tasche mit Tragering vorm Einkaufszentrum gestanden und verzagt die Kreisstraße hinuntergesehen hatte. Nur für einen flüchtigen Augenblick, während er die Fahrbahn überquert und eilig einen der Landwege eingeschlagen hatte, die auf der siebzigjährigen Karte der Insel eingezeichnet waren und die es deshalb auch geben mußte. In der Heide verlor sich ja keine Spur. Und deshalb würde der wirklich gründliche Beobachter möglicherweise eine Karte zeichnen können, die alle Wege enthielt, die es je gegeben hatte, ja vielleicht sogar mit all den Spurrinnen, die je ein Wagen durch die Heide gezogen hatte. Und der Weg war tatsächlich da, wenn auch nur als ein Schimmer im Heidekrautteppich, als eine geringere Dichte in den äußersten Stengeln und Blüten, die gerade im Begriff standen, in die reine, herrliche Farbe umzuschlagen. Er watete vorwärts, mit Kurs auf ein kleines Gehölz an der Ostküste, wo ein paar Höfe lagen. In der Tasche hatte er die Notizbücher und ein kleines Tonbandgerät, auf das er jedoch nicht viel gab. In einer Mulde hockten ein oder zwei und pflückten Blaubeeren; davon gab es nicht viel; auf dem darübergelegenen Wall saß ein Kind im Heidekraut, oder es lief herum und machte auf etwas weiter weg aufmerksam oder betrachtete es selber, den Eltern gegenüber zögernd. Auf Blaubeeren waren die nicht aus. 10.45 Der alte Mann war zu Hause. Jes saß in der Stube an der Wand und hielt die Armlehnen umklammert. Er hatte einen offenstehenden Mund und einen Blick, der, ohne etwas zu sehen, hastig vorbeiglitt. In der Küche stand seine ältliche Tochter und nahm ein Huhn aus, und auf dem Gasherd kochte schon der Topf mit Suppengrün, bald würde es anfangen zu duften. Doch, sie hatten Brandenten gehabt. Na ja, das war sehr verschieden gewesen, aber mehr als fünfundzwanzig Stück hatten sie nie gehabt. Davon brachte jede so ihre sechs Eier, und die kosteten ja nichts. Jes kicherte ein bißchen. Nein, denn die kosteten ja nichts. Die kamen ja alles in allem nur angeflogen. Na ja, eins war Bedingung, die Brandenten waren klug, aber Menschen waren noch ein bißchen klüger. „Doch“, sagte er etwas später. Da hatte Friedrich auch schon alles, eine Zeichnung und eine Namenliste von den Stellen, wo man Brandenten gehalten hatte. „Hier auf der Insel sind wohl so an die tausend Brandenten gehalten worden“, hatte Jes gesagt und zu den Deckenbrettern aufgesehen. 11.20 Es hatte so appetitlich nach Hühnerbrühe geduftet. Das verfolgte ihn auf dem Heimweg. 11.22 Und was kam nach den Brandenten? Das Sandwurmgraben, das Aalstechen. Ob er wohl das Ganze schaffen würde? Er stieg die grasbewachsene Treppe zu seinem Haus hoch. Lillie saß auf der Seite zum Meer hin. „Ach“, sagte Friedrich außer Atem, „beim alten Jes hat es so köstlich nach Hühnerbrühe geduftet.“ 11.40 „Ich hab mir nur das Haar gewaschen“, sagte Lillie, „riech mal!“ Helene hatte nicht gewußt, was sie anfangen sollte, deshalb war sie weiter auf dem Markt herumgeschlendert und dann zur Landstraße zurückgekehrt und hatte dagestanden und eine Stunde lang den Autos nachgesehen. Hoffentlich kam keiner, den sie kannte. 11.10 Aber dann war sie quer über den Strand und nach Süden gegangen, dann weiter am Strand entlang, hinein zwischen die Autos und wieder hinaus, um einen Platz zu finden, an dem sie sein konnte. Die Autos standen in fünf oder sechs Reihen hintereinander, mit wenig Raum dazwischen, mit Wegen, um vor zum Strand zu fahren und ihm weiter zu folgen. Zwischen den Autos wurden Wälle aufgeworfen, Sonnenschirme waren aufgespannt, Menschen lagen oder saßen zwischen den Autos, jeder für sich, in Sandburgen, auf Luftmatratzen und auf Campingbetten, einige auf den Dachgepäckträgern. In den Autos saß manchmal ein altes Mütterchen oder ein Mann mit Hut und behielt eine Schar draußen im Wasser im Auge. Sie blieb zwischen den Autos stehen und schaute hinaus auf das Meer mit seinen Tausenden von Gestalten und Gesichtern in der Sonne, und sie fühlte sich so irrsinnig allein. Und dazu noch mit Stiefeln. Sie griff sich an den Mund. Das war in einem Wutanfall am frühen Morgen passiert, wo man so vieles verkehrt machen kann. Sie blickte sich um; da war keiner, der sie ansah, und sie zerrte sich die Stiefel von den Füßen neben einem alten Liebhaberstück von Auto, besser hätte es sich gar nicht treffen können. Sie nahmen nicht viel Platz ein, wenn sie erst mal ausgezogen waren, und wurden zusammengeknautscht in die unmögliche Tasche gefeuert. Nun bekam sie Mut. Sie ging los bis ganz vor zur äußersten Reihe und hielt abermals Ausschau. Zwischen allen Autos saßen Menschen und wachten über ein kleines Stückchen Sand und blickten auf, wenn sie suchend vorbeikam, und sie sah ihnen an, daß sie meinten, dies Stückchen gehöre ihnen, so ruhten ihre Blicke auf dem Sand zwischen den Autos, und etwas weiter hinten saß eine Dame und öffnete gerade die Augen, und dort war auch kein Platz. Alles war besetzt, sie war nicht willkommen. Die ungeschriebenen Gesetze waren die schlimmsten. Je weiter sie nach hinten kam, um so dichter wurde das Menschengewimmel, bis sie ganz nach hinten kam und auf unbesetztem Gebiet stand und endlose Strecken bis ganz hinauf zu den Dünen vor dem Restaurant zur Verfügung hatte. Sie hatte sich entschieden. Wenig später konnte man sie sehen, wie sie sich im Kleid vor einem schwarzen Auto mit Dieselmotor in der ersten Reihe niederließ. Dort war etwas loser Sand; da war es weich, ein Auto hatte gewendet und eine Spurrinne hinterlassen, der Sand war völlig trocken, er lief ihr durch die Finger. Dort blieb sie, die Leute konnten in allen Richtungen an ihr vorbeigehen und meinen, daß dies doch ein sonderbarer Platz sei. Dort gedachte sie zu bleiben. Zuerst saß sie in der Hocke, mit dem Kleid um sich her und mit geschlossenen Augen. Dann löste sie ihr Haar. Dann wurde ihr schläfrig. Dann zog sie das Kleid aus und ließ es einfach fallen. Dann lag sie im Badeanzug da, den Kopf auf ihrer roten Tasche. Es war unbequem, aber es war warm, da machte das nichts. 11.45 Was hatte Arnold übrigens damit gemeint, als er sagte: „Nicht noch einmal meine Worte“? 11.05 „Das ist phantastisch“, sagte Mogens und drehte sich um und ging rückwärts, „es ist nicht zu sehen, es ist einfach nicht da, und dabei wohnen dort mindestens fünfzig Menschen, und davon hat kein Sterbenswörtchen in der Zeitung gestanden. Es ist weiß Gott überhaupt nicht da, du. Aber das ist doch interessant. Und diese Menschen. Das stellt ja alles auf den Kopf.“ „Aber das läßt sich ja nur im Sommer machen“, entgegnete Villy, „und das besagt nichts, es ist nur eine besondere Art, Urlaub zu machen, genau wie die Nudisten.“ „Was für ein Strand!“ sagte Mogens und sah sich um, und die Autos rollten vor die Dünen, vor jedem Fahrzeug knorpelblaues Kunststoffblitzen, und Gestalten lösten sich heraus, auf den Dünen stehend, sich aus dem Sand erhebend, den Strand überquerend, vorm Meer aufragend. 11.40 „Das ist wie ein großes Gemälde“, sagte Mogens. „Wir müssen das Tempo wohl ein bißchen anziehen“, sagte Villy, „wir werden kaum populär sein.“ „Ach“, meinte Mogens, „wenn man bedenkt, was wir ihnen zu erzählen haben, diese Menschen ...“ Sie näherten sich dem Metallpark und sahen, daß ihr Auto auf eine der Ebbebarren hinausgefahren worden war und daß Grethe auf dem Dach saß und übers Wasser blickte. „Sieh da“, sagte Mogens, „da haben wir ja Grethe.“ „Lone ist noch nicht zurück“, sagte Villy, „ich muß ihr wohl nachgehn.“ „Guck bloß mal, wo überall die Leute sich hinlegen“, sagte Mogens. Sie wichen einem Mädchen aus, das vor einem Auto in einer flachen Sandmulde lag, die Arme schlaff ausgebreitet, der Kopf war leicht aufwärts gedreht, und ihre schön gewölbten Lippen sprangen vor wie die Knospennarbe an einem Baum, die Beine hatte sie ein wenig angezogen. 11.48 „Etwas absolut Überflüssiges“, sagte Mogens und überflog den ganzen Metallpark, „das ist doch völlig widersinnig, es ist eine große Fata Morgana. Findest du nicht auch?“ fragte er Villy. „In gewisser Weise“, antwortete Villy ein bißchen zögernd. 10.15 Rebecca war auf dem Friedhof sitzen geblieben, auf einer Bank in der nordwestlichen Ecke, wo es überwindig war und wo sie die alten Grabsteine mit den Segelschiffen sehen konnte, die auf dem Meer der Ewigkeit segelten und auf denen die Kapitäne mit ihren Gattinnen sowie ihren lebendgeborenen und frühzeitig verstorbenen Nachkommen wie Figuren in einem modernen Geographiebuch abgebildet waren. Hierher kamen sie alle, um sich die gleichen Kuriositäten anzusehen und sich darin zu vertiefen. Da kam eine Frau mit einem Kind auf dem Arm, und sie las ihrem Mann, der mit einer Minikamera in der Hand und die Arme über der Brust verschränkt voranging, aus den Inschriften vor. „Stell dir mal vor, wir würden so dargestellt“, sagte die Frau zu dem Mann, „wie wenig Platz wir mit unserem einzigen ausfüllten.“ Und sie hatte einen hastigen Blick auf Rebecca geworfen, die zu ihr aufgesehen hatte. Und später hatten sich die beiden weiter hinten in der Reihe über Rebecca unterhalten, aber sie hatten sich nicht umgesehen. 10.30 Dann kamen die Busse, und der Friedhof war voller Menschen. Manche blieben vorm Tor stehen, andere gleich...



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