E-Book, Deutsch, 246 Seiten, eBook
Sebald Offene Wissensökonomie
1. Auflage 2008
ISBN: 978-3-531-90848-9
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Analysen zur Wissenssoziologie der Free/Open Source-Softwareentwicklung
E-Book, Deutsch, 246 Seiten, eBook
ISBN: 978-3-531-90848-9
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Eine Arbeit wie die vorliegende verdankt ihre Entstehung nicht der solitären Leistung eines Autors, sondern kann nur vor dem Horizont einer größeren Zahl von Menschen und Institutionen gelingen. An erster Stelle denke ich dabei an die Kolleginnen und Kol- gen vom Institut für Soziologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Ohne die vielfältigen Anregungen in Diskuss- nen und Lehrveranstaltungen wäre dieses Projekt nie begonnen w- den. Besonders Jan Weyand hat das Projekt von Anbeginn an mit konstruktiver Kritik begleitet und allzu forsche Interpretationen und Formulierungen korrigiert. Die Diskussionen mit Ulrich Wenzel und Joachim Renn haben, nicht zuletzt durch das Niveau, das sie erreichten, Problemstellung und Ausarbeitung wesentlich feinkörniger gemacht. Ilja Srubar schließlich hat als Betreuer dieses ihm eher fernliegende Thema akzeptiert und nach Kräften unterstützt. Der NIE-Kreis hat durch sein unentwegtes thematischer Mäandern und den in ihm schlummernden hermeneutischen Talenten dafür - sorgt, daß der Horizont des Textes immer offen blieb und die Interp- tationen keine solipsistischen Veranstaltungen blieben. Für anregende Diskussionen zur Theorie der Software und des Wertes danke ich außerdem Fritz, Norbert, Fritjof, Karl-Heinz, Hans und Theo. Zu danken ist in materieller Hinsicht ist der Heinrich-Böll-Stiftung, für die Förderung von Oktober 2002 bis Februar 2006. Besonders Jutta Helm hat Geduld und Nachsicht mit einem säumigen Familienvater bewiesen. Und schließlich möchte ich meiner Frau, Susanne Ettlinger und den Kindern Johannes, Aron und Dorian danken, die eine schier unendliche Geduld mit dem Mann & Vater im Arbeitszimmer hatten.
Gerd Sebald ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie der Universität Erlangen.
Zielgruppe
Research
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Inhaltsverzeichnis;5
2;Glossar;7
3;Vorwort;11
4;1 Rahmungen;13
5;2 Zur Theorie der technischen Grundlagen;25
5.1;2.1 Software in der Produktion, Distribution und Anwendung;26
5.2;2.2 Schrift und Formalisierung;38
5.3;2.3 Medientheorie und computerbasierte Medien;47
6;3 Diskurs;59
6.1;3.1 Auswahl und Methode;60
6.2;3.2 Zurück ins Paradies;63
6.3;3.3 Die neutrale Technik;84
6.4;3.4 Hin zum Neoliberalismus;105
6.5;3.5 Semantiklinien im Diskurs;120
7;4 Kommunikative und produktive Strukturierungen;123
7.1;4.1 Kommunikationen;124
7.2;4.2 Strukturierungen durch Produktion;149
7.3;4.3 Strukturierungen – Zusammenfassung;176
8;5 Ökonomie;179
8.1;5.1 Win - Win?;180
8.2;5.2 Kapitalismus und F/OSS;183
8.3;5.3 Reperkussionen in der Ökonomie;202
9;6 Offene Wissensökonomie;211
9.1;6.1 Software als Ware?;212
9.2;6.2 Geistiges Eigentum und Wissen;217
9.3;6.3 Jenseits der Tauschbeziehung;226
9.4;6.4 Finis opera;236
10;Literaturverzeichnis;241
Rahmungen.- Zur Theorie der technischen Grundlagen.- Diskurs.- Kommunikative und produktive Strukturierungen.- ökonomie.- Offene Wissensökonomie.
2 Zur Theorie der technischen Grundlagen (S. 25)
Que les nombres étant réduits aux plus simples principes, comme 0 &, 1, il paroît par tout un ordre mervelleieux.
(Gottfried Wilhelm Leibniz)
Zunächst werden die Konstitutionsbedingungen der medial basierten, kooperativen Produktionsform der F/OSS untersucht, und zwar anhand des Arbeitsgegenstandes, der Software. Die Formen der Softwareproduktion können denen der herkömmlichen Wissens- und Warenproduktion gleichen, etwa in wissenschaftlichen Instituten und Laboren oder privaten Unternehmen.
Aber wenn die These stimmt, daß F/OSS eine spezi.sch neue Form der produktiven Kooperation und (Selbst-)Organisation ist, die sich in anderen Bereichen so nicht entwickelt (hat), liegt die Vermutung nahe, daß spezielle Eigenschaften des produzierten ›Gegenstandes‹ diese neue Form der Produktion ermöglichen.
Die leitende Frage für diesen Abschnitt ist jedoch nicht, inwiefern der Arbeitsgegenstand die Kooperationsform vorgibt, sondern welche Spezi.ka der Software die Wahrscheinlichkeiten für eine neue Kooperationsform erhöhen oder senken. Im Folgenden geht es also um die Analyse der spezi.schen Eigenschaften von Software, die F/OSS ermöglichen und damit auch rahmen.
Daran anschließend ist die Kommunikationsform, computerbasierte Medien, vor allem Mailinglisten und Internet Relay Chat (IRC), einer theoretischen Analyse zu unterziehen. Die Bedingungen der Konstitution der Produktionsform der F/OSS verstehe ich auch im Fall der medialen Grundlage als notwendige, nicht als hinreichende: Zum Arbeitsgegenstand Software und einer computerbasierten Kom- munikation müssen noch weitere Bedingungen hinzutreten, damit sich eine neue Form der Produktion entwickelt.
Das sind vor allem die praktische Aneignung dieser technisch gegebenen Möglichkeiten und die damit einhergehende Ausgestaltung der damit verbundenen Handlungsspielräume.
In einem ersten Schritt werden deshalb die Prozesse der Produktion, Distribution und Anwendung von Software beschrieben und daraus erste Kennzeichen dieses symbolischen Artefaktes abgeleitet. Dabei wird auch die gesellschaftliche Einordnung der Softwareproduktion und ihre ökonomische Relevanz kurz diskutiert werden.
In einem zweiten Schritt werden diese Ergebnisse durch eine genauere Analyse des Phänomens »Software« anhand der Begriffe Schrift und Formalisierung spezi.ziert. Schließlich werden aus medientheoretischer Perspektive die sich aus den verwendeten Medien ergebenden Probleme der Konstitution und Kooperation analysiert.
2.1 Software in der Produktion, Distribution und Anwendung
Gängige Theoretisierungsversuche von Software greifen vor allem auf die Charakterisierung von Software als Wissen und Technik zurück. Software ist Wissen, »programmiertes Wissen, genauer: binär reduziertes Wissen« (Degele 2000: 55). Wissen, das expliziert und wiederholbar gemacht wird, sozusagen geronnenes Verfahrenswissen. Software ist in einem ersten Analyseschritt als ein Wissensprozeß zu fassen und wird als solcher im Folgenden in Hinsicht auf die Spezifika in Produktion, Distribution und Konsumtion bzw. Anwendung analysiert werden.
Produktion
Im Produktionsprozeß weist Software einige Besonderheiten auf. Im Folgenden werden die spezi.sche Zeitlichkeit aufgrund der Symbolhaftigkeit, die Komplexität und Modularisierbarkeit, die Verschränkung der Prozesse von Produktion und Anwendung und schließlich der für die Produktion relativ geringe Material- und Energieaufwand einer genaueren Betrachtung unterzogen.
Software ist erstens eine Form der Explikation vonWissen mit Hilfe von Computersprachen. Diese »Technisierung im Medium der Symbole« (Rammert 1995: 16) hat zur Folge, daß das Produkt nicht verschleißt (Rammert 1998a: 317). Diese Verschleißfreiheit schafft eine spezifische Zeitlichkeit von Software, die durch die Nichtgebundenheit an spezifische Datenträger und die Gebundenheit an spezifische Hardware zwei Faktoren von Kontingenz erhält.