E-Book, Deutsch, 190 Seiten
Sealsfield Transatlantische Reiseskizzen und Christophorus Bärenhäuter (Westernroman)
1. Auflage 2017
ISBN: 978-80-7583-571-0
Verlag: Musaicum Books
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 190 Seiten
ISBN: 978-80-7583-571-0
Verlag: Musaicum Books
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In 'Transatlantische Reiseskizzen und Christophorus Bärenhäuter', dem Westernroman von Charles Sealsfield, entführt der Autor die Leser auf eine fesselnde Reise in die unbekannte Welt des amerikanischen Westens. Durch seine detaillierten Reiseskizzen und lebendigen Beschreibungen entsteht ein realistisches Bild der Landschaft und der Menschen, die das damalige Leben prägten. Sealsfields literarischer Stil zeichnet sich durch eine fesselnde Erzählweise und eine gelungene Mischung aus Abenteuer und Geschichtsschreibung aus. Der Roman ist ein faszinierendes Zeitdokument, das den Leser in die Vergangenheit eintauchen lässt und ihm einen Einblick in die vielschichtigen Geschehnisse des Wilden Westens bietet. Charles Sealsfield, ein Pseudonym für den österreichischen Schriftsteller Karl Anton Postl, war selbst als Wanderer und Abenteurer in Nord- und Südamerika unterwegs, was seine Expertise in Bezug auf das Thema des Buches unterstreicht. Seine eigenen Erfahrungen spiegeln sich in den authentischen und detailreichen Beschreibungen wider, die dem Roman eine besondere Glaubwürdigkeit verleihen. Für alle Leser, die sich für historische Romane und den amerikanischen Westen interessieren, ist 'Transatlantische Reiseskizzen und Christophorus Bärenhäuter' von Charles Sealsfield ein absolutes Muss. Tauchen Sie ein in die Welt des 19. Jahrhunderts und erleben Sie Abenteuer, Spannung und fesselnde Geschichten, die Sie nicht mehr loslassen werden.
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Eine Nacht
an den Ufern des Tennessee.
Inhaltsverzeichnis »Könnt Ihr uns wohl sagen, ob wir noch weit von Browns-Fähre sind?« fragte ich einen Mann zu Pferde, der gemächlich in einem engen Karrenpfade auf uns zugetrabt kam. Es war an den Ufern des Tennessee32; die Nacht rückte bereits heran; die Nebel hingen über Wald und Fluß, und verdichteten sich zusehends. Die ganze Landschaft hatte ein verwildertes, chaotisches Aussehen. Es war unmöglich, fünf Schritte weit zu sehen. Beinahe so lange, wie diese Digression, war die Pause des Reiters. Endlich erwiederte er in einem Tone, der, seiner sonderbaren Modulation nach zu schließen, von einem Kopfschütteln begleitet sein mußte: Der Weg nach Browns-Fähre? — Vielleicht meint ihr Coxesfähre? Nun denn, Coxes-Fähre! erwiederte ich ein wenig ungeduldig. Ja, der alte Brown ist todt, sprach der Mann, und Betsi hat den jungen Coxe geheirathet, einen verdammt wackern Jungen. Nun, ist er's nicht? Das wissen wir nicht, erwiederte ich; aber was wir gerne wissen möchten, ist, ob wir noch weit von seiner Fähre, und auf dem rechten Wege sind. Ah! der Weg zu seiner Fähre — da liegt eben der Haken, Mann; ihr seid gute fünf Meilen davon entfernt, und mögt eben sowohl den Ohren euers Gaules eine andere Richtung geben. Ich vermuthe, ihr seid fremd in dieser Gegend? Alle Teufel, wisperte mein Freund Richard. Gott gnade uns! wir sind in den Händen eines Yankee. — Er vermuthet bereits.33 Der Reiter hatte sich mittlerweile näher an uns herangemacht, trotz Dornen und nassen Zweigen, die ihm von allen Seiten in's Gesicht schlugen. Er stand nun neben unserm Pferde. Er war, so weit wir ihn in der Dunkelheit beurtheilen konnten, noch ziemlich jung, hager, lang und dünnbeinig, mit einem wahren Leichnamsgesichte auf seinem langen Rumpfe und metallenen Knöpfen auf seinem Rocke. Und so habt ihr euch denn auf eurem Wege verirrt? sprach der Mann nach einer langen Pause, während welcher der dichte Nebel sich ganz gemächlich in einen eben so dichten Regen verwandelt hatte. Eine sonderbare Verirrung, wo die Fähre nicht fünfzehn Schritte vom Wege abliegt, der breit und ebenen Pfades hinab zum Flusse führt. Ein sonderbarer Irrthum wahrhaftig, aufwärts den Fluß, statt der Nase und dem Wasserlaufe nach zu gehen! Was meint ihr damit? fragten wir beide zugleich. Daß ihr den Tennessee auf- statt abwärts, und auf dem Wege nach Bainbridge34 seid, erwiederte der presumptive Yankee. Auf dem Wege nach Bainbridge! riefen wir beide mit einer Stimme, in welcher Staunen und Verblüfftheit sich so deutlich aussprachen, daß unser Yankee fragte: Und ihr hattet nicht im Sinne, nach Bainbridge zu gehen? Wie weit ist das verfluchte Nest von hier? fragte ich. Je, wie weit, wie weit? erwiederte der metallbeknöpfte Mann. Es ist nicht sehr weit, doch auch nicht so ganz nahe, als ihr vermuthen möchtet. Vielleicht kennt ihr den Squire Dimple? Ich wollte, euer Squire Dimple wäre beim —, brummte ich, während mein gelassener Reisegefährte mit einem: Nein, wir kennen ihn nicht, antwortete. Und wohin mag wohl eure Reise gehen? fing nun unser Peiniger an, der wasserdicht zu sein schien. Nach Florence35, war die Antwort, und von da den Missisippi hinab. Ja, eine hübsche Stadt, wie man sie nur im Lande finden kann. Nun, ist sie's nicht? fragte der Yankee ganz naiv. Und ein guter Markt. Was ist der Mehlpreis im Norden? Ihr kommt doch daher? man sagt, er sei sechs und vier Levies36, und Wälschkorn fünf und einen Fip37, Butter drei Fips. Seid ihr toll? platzte ich halb wüthend vor Aerger heraus, indem ich unwillkürlich die Peitsche hob, uns da mit eurem Mehl und Butter und Fips und Levies zu unterhalten, während der Regen in Strömen fällt! Ei, war die Antwort des Mannes, der sich nun erst recht bequem in seinem Sattel postirte: Wenn ihr Lust habt, Fäuste oder die Stiele unserer Peitschen zu messen, so kommt! Wollte den Mann sehen, der Isaak Shifty ledern könnte. Den Weg, den Weg, Mister Isaak Shifty! unterbrach ihn Freund Richards besänftigend. Wieder eine lange Pause, — endlich fragte er: Ich vermuthe, ihr seid Krämer? Nein, Mann. Und was dürftet ihr wohl sein? Die Antwort hatte eine neue Examination zur Folge. Seine Augen hingen ein paar Minuten musternd auf uns; endlich fragte er: Und so habt ihr denn im Sinne, den Missisippi hinabzugehen? Ja, im Jackson, der, wie wir so eben gehört, morgen abgeht. Ein tüchtiges Dampfboot, das muß wahr sein. Nun, ist es nicht? Aber ihr werdet doch dieß Ding da mit eurem Gaul nicht mit hinab nehmen? fuhr unser Yankee bedächtig fort, unsere Gig und Bespannung musternd. Ja, das haben wir im Sinne. Apropos, habt ihr nicht zwei Frauen in einem Dearborn gesehen? Nein, das haben wir nicht. Wohl denn, fuhr er in demselben gleichmüthigen Tone fort, es ist nun zu spät, nach Bainbridge umzukehren, und vielleicht dürfte es auch gewagt sein. So wendet denn euern Gaul, und folgt dem Wege, bis ihr zu einem dicken Wallnußbaum kommt; da theilt er sich. Nehmet den rechter Hand für eine halbe Meile, bis ihr zu Dims Zaun kommt, da müßt ihr durch die Gasse, dann rechts durch das Zuckerfeld ein vierzig Ruthen; schlagt dann in den Weg linker Hand ein, bis ihr zum Genickbruchfelsen kommt; dort wendet euch ja wieder rechts, wenn ihr nicht den Hals brechen wollt, wenn ihr überm Bache seid, links, und das wird euch geraden Weges nach Coxes-Fähre bringen. Ihr könnt nicht fehlen, schloß er im zuversichtlichen Tone, seinem Gaule einen Hieb versetzend, der ihn in Trab und uns aus den Augen brachte, so schnell es Koth und Gestrippe zuließen. Wahrlich, ich mußte während dieser nimmer endenden Directionen dem französischen Rekruten ähnlich gesehen haben, der zum ersten Male in seinem Leben von seinem Exerciermeister der Ehre gewürdigt wird, die Relation von den meilenlangen Schlangen und Crocodillen zu hören, die der graubärtige Kaisergardist in Egypten gesehen, wie sie den Regimentstambour mit Bärenmütze, Backenbart und Commandostab sammt und sonders verschlungen. Ich war so verblüfft über die Rechts und Links, daß ich ganz vergessen hatte, dem metallknöpfernen Manne zu bedeuten, daß es uns schlechtweg unmöglich sei, selbst den großen Wallnußbaum in der Finsterniß auszunehmen, geschweige denn die Karrengeleise oder den Genickbruchfelsen. Mein Blut ist eben nicht das kühlste, und Geduld ist gerade meine hervorragendste Tugend nicht; aber des Mannes unerschütterliches Phlegma inmitten der Ströme, die es goß, wirkte so erschütternd auf mein Zwerchfell, daß ich in ein lautes Gelächter ausbrach. Kehret euch rechts, dann links! Habt Acht auf den großen Wallnußbaum, doch bewahrt euch vor dem großen Genickbruchfelsen! rief ich in lustiger Verzweiflung. Ich wollte, der Yankee wäre beim T—l! sprach Richards. Doch ich sehe wirklich nicht ein, was da zu lachen ist. Und ich nicht, wie du so ernsthaft sein kannst. Aber wie bei allen T—ln, wie konnten wir nur die Fähre verfehlen, und, was das Schlimmste ist, denselben Weg zurückgehen, den wir kamen? Je nun, erwiederte ich, diese höllischen Nebenwege und Viehpfade und Karrenpfade und Scheidewege und der Sumpf: es ist ja schlechterdings unmöglich zu sehen, in welcher Richtung der Fluß läuft, und dann schliefst du, wie du weißt, und ich hatte auf Cäsar zu sehen. Und ganz einzig hast du auf ihn gesehen, versetzte Richards ärgerlich. Denselben Weg zurückzugehen, den wir gekommen sind; nein, es ist zu toll — Zu schlafen — brummte ich. Beinahe hätte es verdrießliche Gesichter gegeben; doch da wir uns kannten und herzlich liebten, hatten alle weitern Discussionen und Allusionen ein Ende. Die Wahrheit zu gestehen, war unsere Verirrung eben kein so großes Wunder. Es war in den letzten Tagen Mai's, als wir an den Ufern des Tennessee anlangten. Die Gegend rings umher ist zum Verirren wie eingerichtet. Der Weg schlängelt sich am hügeligen Felsenufer fort; jedoch kein Berg ist zu sehen, außer einem leichten Umriß der Appalachen38, die aus der blauen Ferne herüberwinken, und des Grange, der riesenartig recht als Wächter hinpostirt erscheint. Der dichte Nebel hatte uns diese Leitsterne entzogen, gerade als wir ihrer am meisten bedurften. Wir befanden uns in einer langen Flußniederung, einem ungeheuren Bottom39, um in der Landessprache zu reden, das als Zuckerfeld benutzt wurde, und gerade so viele Karrenpfade zählte, als es Eigenthümer hatte. Der Morgen war ungemein heiter gewesen, doch Nachmittags hatten sich die südlichen und südwestlichen Ränder des Horizonts mit grauen Dunstwolken überzogen, die sich allmälig verdichteten und über das Flußbette des Tennessee hinlagerten. Den grauen meilenbreiten Streifen über dem Tennessee auf der einen Seite, einen mit hundert Seitenwegen durchschnittenen Sumpf auf der andern, konnten wir noch eine Meile vorwärts gehen, bis der Nebel, der sich vom Flusse allmälig über die Niederung hinzog, statt uns über die Muscleshoals40 hinabzubringen, in den Sumpf brachte. So sicher war ich, daß wir uns in ihrer Nähe befanden, daß ich jeden Augenblick auf die Fähre zu stoßen vermeinte, bis der unglückselige Yankee meinen Hoffnungen ein Ende machte. Die Nacht war mittlerweile hereingebrochen; eine Nacht, so stockfinster, so heillos, wie sie in dieser Jahreszeit häufig über diese...